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Adelung, Johann Christoph. Mithridates oder allgemeine Sprachenkunde. Erster Theil – T01

Mithridates,
oder
allgemeine Sprachenkunde.
Erster Band.
Asiatische Sprachen.

Einleitung.

Asien ist zu allen Zeiten für denjenigen Welttheil
gehalten worden, in welchem das menschliche
Geschlecht seinen Anfang genommen, wo
es seine erste Erziehung genossen, und aus dessen
Mitte es seine Fülle über die ganze übrige
Welt verbreitet hat. Ob es mehrere solcher Urvölker
gegeben, welche von einander unabhängig
entstanden, oder ob man auf ein einziges
Menschenpaar zurückgehen müsse, von welchem
alle auf dem Erdboden befindliche Arten von
Menschen, von so verschiedenen Farben und
Bildungen sie auch seyn mögen, abstammen,
ist für die Geschichte der Sprachbildung einerley.
Es gibt nach der Anlage des Menschen nur
Einen Weg, Sprache zu bilden, und dieser liegt
so nahe, dass jedes Häufchen Menschen unter
jedem Himmel ihn von selbst finden konnte und
finden musste. Verfolgen wir indess die Völker
in Stämme, und die Stämme in Familien, so
kommen wir zuletzt an der Hand, wo nicht der
Geschichte, doch der Tradition aller alten Völker
auf ein einziges Menschenpaar, von welchem
nach und nach Familien, von diesen Stämme,
und von den Stämmen endlich Völker entstanden
sind. Es fragt sich nur, und hat sich
schon so oft gefragt, wer diese Familie und das
von ihr abstammende Urvolk gewesen, wo es
seinen anfänglichen Sitz gehabt, und wie es sich
3nach und nach so verbreitet, dass es vier Welttheile
von einem solchen Umfange anfüllen können.
Die Frage betrifft eine Thatsache, müsste
also von der Geschichte beantwortet werden.
Allein diese schweigt; ihre ersten Bücher hat
die Zeit zerrissen, und die wenigen Zeilen,
welche uns Moses davon aufbehalten hat, können
die Wissbegierde zwar reitzen aber nicht
befriedigen.

Bey den ersten schwachen Strahlen ihres
Morgenrothes, welche ungefähr 2000 Jahr vor
dem Anfange unserer Zeitrechnung anfangen,
aus der langen Finsterniss hervor zu dämmern,
ist bereits das ganze Asien und ein Theil von
Afrika mit einer Menge grosser und kleiner Völker
von verschiedenen Sitten, Religionen und
Sprachen angefüllet; der Krieg aller wider alle
ist schon in seinem völligen Gange, und wer
weiss, wie lange schon; hier und da schon gebildete
Staaten und in denselben eine Menge
nützlicher Erfindungen aller Art, welche grosse
Zeiträume zu ihrer Veranlassung, Ausbildung
und Verbreitung erfordern. Ausser diesen ist
der ganze übrige Theil des menschlichen Geschlechts
in eine Menge wilder wüthender Horden
getheilt, deren ganzer Erwerb in Viehzucht,
Jagd und Raub bestehet; daher der Sclavenhandel
schon zu Abrahams Zeit. Bald darauf zeigen
einige schwache Funken uns auch Europa
von dem Don an bis an die Säulen Herkules
in eben demselben Bilde der Bevölkerung; aber
auch hier schon hin und wieder Spuren von Cultur,
Kunstfleiss und Handlung; z. B. den Bernsteinhandel
an der Ostsee, wenigstens schon zu
Homers Zeit, und das Zinn der Brittischen Inseln.
Alles das zeiget sich in dunkeler Ferne, wo
4nur hin und wieder einige helle Puncte hervorschimmern,
um die ersten Keime der künftigen
Geschichte abzugeben, welche über das wenn
und wie aller dieser Wirkungen sprachlos verstummet.
Es bleibt uns also nichts übrig, als
uns ganz demüthig in den Mantel der Unwissenheit
zu hüllen, und uns allenfalls in dem grossen
Archive der Natur umzusehen, ob sich hier
nicht noch Urkunden finden, welche uns wenigstens
zu Muthmassungen leiten können. Und
zum Glücke finden sich diese.

Der ganze jetzige Bau der Oberfläche der
Erdkugel lehret uns, und selbst Moses bestätiget
es, dass sie ehedem einmahl mit Wasser
umgeben gewesen, welches ihre ganze Oberfläche
wenigstens bis zu einer gewissen Höhe bedeckte,
und sich erst nach und nach durch uns
jetzt unbekannte Ursachen verlor, und wohnbare
Erdflächen zum Vorschein kommen liess.
Die höchste trockne Fläche auf unserer Erdkugel
wird daher auch am frühesten seyn bewohnt
worden, und hier wird die Natur, oder vielmehr
ihr Schöpfer, das erste Völkchen haben
entstehen lassen, dessen Vermehrung und Verbreitung
der fortdauernden allmähligen Abnahme
des Wassers gefolgt seyn wird. Wollen wir
uns nicht ohne Noth und Absicht in eine Menge
von Schwierigkeiten verwickeln, so müssen wir
dieses Völkchen zwar mit allen menschlichen
Fähigkeiten begabt, aber noch ohne alle Kenntnisse
und Erfahrungen annehmen, deren Erwerbung
ihm in der Folge selbst überlassen
blieb, so wie Zeit und Umstände sie veranlassten
und darbothen. Aber da die Natur ihren
erstgebornen noch ganz unerfahrnen Sohn nicht
auf ein Gerathewohl in das unermessliche Reich
5der Wesen hinschläudern konnte, so musste der
erste Ort seines Aufenthaltes so gewählet seyn,
dass die Mittel seiner Erhaltung sich ihm von
selbst darbothen, und alles in seiner Nähe vorbereitet
lag, was ihm das Daseyn, zu welchem
er gerufen war, nützlich und angenehm machen
konnte; es musste ein Ort seyn, wo sich
alle Reitze und Schätze der leblosen sowohl als
belebten Natur in einem engen Raume versammelten:
es musste ein Garten, kurz es musste
ein Paradies seyn.

Eine solche Gegend findet sich nun in dem
mittlern Asien zwischen dem 30sten und 50sten
Grad Breite, und dem 90sten und 110ten östlicher
Länge, welche in Ansehung ihrer Höhe
sich in der ganzen Welt nur allein mit der hohen
Ebene Quito in dem südlichen Amerika vergleichen
lässt. Von dieser Höhe, von welcher
die bekannte Wüste Kobi oder Schamo der
höchste Scheitelpunct ist, senket sich Asien nach
allen vier Himmelsgegenden nach und nach abwärts.
Von dieser Höhe gehen die grossen Gebirgsketten
aus, welche dasselbe nach allen
Richtungen durchschneiden. An dem Abhange
dieser Höhe und ihrer Gebirge entspringen alle
die grossen Flüsse, welche diesen Welttheil nach
allen Seiten durchströmen, der Selinga, der
Ob, der Irtisch, die Lena und der Jenisei in
Norden, der Jaik, Dsjihon (der Oxus der Alten)
der Jemba gegen Abend, der Amur und
der Haungo, oder der gelbe Fluss, gegen Morgen,
und der Indus, Ganges und Buramputer
gegen Mittag. War die Erdkugel je einmahl
mit Wasser umflossen, so muss diese Höhe am
ersten trocken geworden seyn, und wie eine
grosse Insel aus den Fluthen hervorgeragt haben.
6Freylich würde die kalte und dürre Scheitelhöhe
Kobi selbst kein schicklicher Wohnplatz
für das erste Völkchen gewesen seyn; aber auf
der Südseite und unmittelbar an derselben liegt
das merkwürdige Tibet, welches durch hohe
Gebirge von der ganzen übrigen Welt abgesondert
ist, und alle Luft- und Witterungsarten
in sich vereiniget. Herrscht auf den hohen
Schnee- und Eisgebirgen die unwirthbarste
Kälte, so blühet in den Thälern und wasserreichen
Ebenen ein immerwährender Sommer.
Hier sind nicht allein der Reiss, der Weinstock,
die Hülsenfrucht, das Obst und alle übrige Gewächse
einheimisch, welche der Mensch zu seiner
Nahrung gebraucht, und seit so vielen
Jahrtausenden gebraucht hat; sondern hier werden
auch alle Thiere wild angetroffen, welche
er zu seinem Nutzen gezähmt, und mit sich
über die ganze Erde verbreitet hat, der Ochs,
das Pferd, der Esel, das Schaf, die Ziege, das
Kamehl, das Schwein, der Hund, die Katze,
und selbst das wohlthätige Rennthier, sein einziger
Freund und Begleiter in den Eiswüsten
der kalten Polar-Länder *)1. Unmittelbar an
Tibet, aber immer noch an dem nächsten Abhange
dieser Höhe grenzt das reitzende Kaschemir,
wo die hohe Lage die südliche Hitze in
einen ewigen Frühling umschafft, und wo die
Natur alle ihre Kräfte aufbiethet, Pflanzen,
Thiere und Menschen in ihrer höchsten Vollkommenheit
7hervor zu bringen. Es ist keine Gegend
auf der ganzen Erde, welche alle diese
Vortheile in einem solchen Masse in sich vereinigte,
und wo die menschliche Pflanze so schön
ohne alle Pflege hätte gedeihen können, als in
dem glücklichen Kaschemir.

Und gewiss, hat irgend ein Theil des heutigen
Asiens gerechte Ansprüche auf Moses Paradies,
so ist es Kaschemir. Dieses in seiner
Art einzige, zwischen Persien, Tibet und Indosstan
gelegene Land, oder vielmehr dieses schöne
von unzugänglichen Gebirgen eingeschlossene
Thal, ungefähr 30 Deutsche Meilen lang und
20 breit, vereiniget alles in sich, was die üppigste
Fantasie sich nur als das höchste Ideal
aller sinnlichen Genüsse erschaffen kann. Es
ist voll fruchtbarer Hügel und unzähliger Quellen
und Bäche, welche unter mehrern auch
den Fluss Behut bilden, welcher wie Mosis Pison,
das ganze Königreich langsam umfliesst,
und hernach einen der Hauptarme des Indus
ausmacht. Das ganze überaus volkreiche Land
gleicht einem grossen an einander hangenden
Garten, nur von Flecken und Dörfern unterbrochen.
Bernier fand hier alle Europäische
und Asiatische Früchte in der grössten Vollkommenheit.
Der Pisang, ohne Zweifel Mosis Feigenbaum,
wächst nirgends so gross und schön
als hier. Die Krone aller Gewächse dieses Landes
ist die Rose, die wegen des Glanzes ihrer
Farben und ihres Wohlgeruches in ganz Asien
berühmt ist, und der Üppigkeit das vortreffliche
Rosenöhl zollet. Der Anfang der Rosenblüthe
ist daher eines der fröhlichsten National-Feste
des Landes. Alle Arten zahmer und wilder
Thiere befinden sich hier im Überflüsse,
8nur keine Schlangen, Tiger, Löwen und Bäre,
(ungeachtet sie in dem übrigen Indien so häufig
sind) gleich als wenn die Natur aus diesem Paradiese
absichtlich alles hätte entfernen wollen,
was den Genuss stören und verbittern kann.
Braucht man indessen ja Schlangen in einem
Peradiese, so würde sich auch dazu Rath finden.
Die Quelle des schon gedachten Flusses
Behut, heisst Firnag, d. i. Schlange; ein Beweis,
dass dieses Thier hier wenigstens dem.
Nahmen nach bekannt ist. Selbst die Menschen
zeichnen sich vor allen Asiaten aus. Sie haben
nichts von der Tatarischen und Mongolischen
Bildung, welche den Tibetanern und Sinesen
eigen ist; sondern sie sind von den schönsten
Europäischen Formen, und übertreffen dabey
alle Asiaten an Geist und Witz. Kein Wunder
also, dass sie unter einem so wollüstigen
Himmel für alle Arten des Genusses die empfänglichsten
sind, und das Paradies noch jetzt
durch Sinnlichkeit verscherzen würden, wenn
nicht ihr Ahnherr ihnen darin zuvor gekommen
wäre. Das Land hatte ehedem seine eigenen
Könige, und ward nachmals von den Mongolen
in Indostan erobert, welche es seiner Reitze
wegen mit Milde beherrschten. Aber seit deren
Verfall schmachtet es unter dem ehernen
Zepter roher Afganen, welche den Bewohnern
jeden Segen der Natur verkümmern.

Die Abgelegenheit dieses schönen Landes
ist ohne Zweifel Ursache, dass es bisher so wenig
von Europäern besucht, und noch weniger
beschrieben worden. Der Französische Arzt
Franç. Bernier, war der erste, der sich 1664
hier befand, und in seiner Histoire des Etats du
Mogol
von dessen Lobe überfloss. Lange nach
9ihm hielt sich der Italiänische Jesuit Hippolytus
Desiderius
1714 sechs Monate hier auf; allein
weil er diese ganze Zeit gefährlich krank
war, so blieb ihm wohl wenig Sinn für dessen
Schönheiten übrig; wenigstens gehet er in der
Nachricht von seiner Reise in den Lettres édifiantes
Th. 15, der neuen Ausgabe Th. 12,
S. 434 sehr kaltsinnig darüber weg. Mehr Gefühl
verräth der Britte, George Forster, der 1782
auf seiner Reise zu Lande aus Bengalen hier
durch kam, in seinem Journey to England through
the northern part of India
, Calcutta, 1790, London
1798, 4. 2 Voll. Deutsch von C. Meiners,
Zürich, 1796, 1800, 8. Französisch von Langlès,
Paris, 1802, 8 3 Voll. Er bestätiget darin die
Nachrichten des Franzosen vollkommen. Zwar
gehet er in Ansehung der Schönheit des andern
Geschlechtes von ihm ab, und ziehet demselben
hübsche Indianerinnen vor. Allein er sahe
auf seiner kurzen Durchreise nur Personen aus
den niedern Classen, dagegen Bernier in bessern
Häusern Zutritt hatte. Gute geographische
Nachrichten sammelte der verstorbene
Sprengel in Halle in den geographischen Ephemeriden,
Th. 11, S. 351 folg. Ich bemerke noch,
dass die feinsten und kostbarsten Schahls, vielleicht
das Sindon der Alten, in Kaschemir verfertigt,
und von hier über ganz Asien verführet
werden, und dass die ersten Seidenwürmer
unter dem Kaiser Justinian aus diesem Lande
nach Europa kamen. Dass Io oder Budda, der
grosse Reformator der Bramanischen Religion,
welcher 1027 vor Christo soll seyn geboren worden,
aus Kaschemir war, verdienet vielleicht
auch angeführet zu werden.

Diese hohe Lage des mittlern Asiens bewog
10bereits mehrere Gelehrte, besonders den Schuckford,
de Pauw, Pallas und Zimmermann *)2, das
erste Urvolk der Welt auf derselben entstehen,
und sich ausbilden zu lassen, ohne sich doch
über die eigentliche Gegend näher zu erklären;
und hat eine auf hohe Wahrscheinlichkeit gegründete
Muthmassung, über einen Gegenstand,
worüber man doch weiter nichts als
muthmassen kann, einigen Werth, so hat es
diese. Hätten sie Kaschemir und dessen Vorzüge
genauer gekannt, oder wäre es ihre Absicht
gewesen, in eine genauere Bestimmung
der Gegend einzugehen: so würden sie gewiss
keinen Augenblick Anstand genommen haben,
sich für dieses Land zu erklären. Ward das erste
Stammvölkchen unter dessen reitzenden
Himmel gebildet und nothdürftig erzogen, so
öflnete sich demselben in dem nahen Tibet,
welches hohe Schneegebirge, dürre Wüsten
und blühende Thäler in sich vereiniget, ein
weit grösserer Schauplatz. Hier ward es zu
allen Zonen und Lebensarten, in welche es künftig
bey seiner Verbreitung kommen konnte,
vorbereitet. Zugleich fand es hier, ohne seine
Bemühung alles zusammen gestellet, was das
Thier- und Pflanzenreich nur nützliches für
dasselbe hat, und durch dessen Hülfe es sich
in Zukunft unter jedem Himmel ein Paradies
erschaffen konnte. Selbst Moses setzt die milde
Gegend, in welcher sein erstes Menschenpaar
11von dem freywilligen Ertrage des Erdbodens
lebte, und sich mit seinen künftigen Gefährten
aus dem Thierreiche bekannt machte, in das
östliche zu seiner Zeit bekannte Asien, d. i. an
den Indus, welcher den beträchtlichsten Theil
seiner Gewässer aus Kaschemir und Tibet bekommt.
Seine Flussnahmen passen freylich nicht
auf diese Gegend, allein wahrscheinlich sind sie
eine spätere Deutung; denn nach den von ihm
angegebenen Flüssen müsste sein Eden das ganze
südwestliche Asien bis in die westliche Tatarey
umfasset haben. Auch der Umstand, dass
der gewöhnlichen Übersetzung zu Folge, seine
vier Paradies-Flüsse insgesammt aus Einer
Quelle entspringen, lehret, dass man seine Angabe
nicht buchstäblich nehmen müsse; denn
eine solche Quelle gibt es in der ganzen Welt
nicht. Wahrscheinlich ist die ganze Vorstellung
eine aufgelösete Hieroglyphe, welche in
Nebendingen mehr als Einen Sinn verstattet.
Vielleicht verwechselte der Auflöser die Mündungen
des Stromes, es sey nun des Indus oder
des Ganges, mit dessen Quelle. Michaelis übersetzt:
„Es quollen auch Flüsse aus Eden hervor,
den Garten zu wässern, und sie gingen
immer weiter von einander, und hatten vier
Ursprünge oder Quellen. Der Nahme des einen,”
u. s. f. Da fällt freylich dieser Einwurf
weg; aber alsdann wird auch Mosis Nachricht
mit der Natur übereinstimmender, wenn
man sich unter seinen Flüssen den Indus, Ganges,
Buramputer, und noch einen bekannten
Fluss in Tibet denkt, welche nicht weit von
einander entspringen, sich aber in ihrem Fortgange
immer weiter von einander entfernen.
Man sehe auch Phil. Buttmanns älteste Erdkunde
12des Morgenlandes
, Berlin, 1803, 8.; das vernünftigste,
was über diesen Gegenstand geschrieben
ist. Es verdient bemerket zu werden, dass die
Indische Mythologie, welche der Mosaischen
an Alter vielleicht nichts nachgiebt, wenigstens
schwerlich aus ihr geschöpft haben kann, den
Zustand der ersten Menschen und ihre Ausartung
unter einem ähnlichen Bilde vorstellt. Ihr
Paradies liegt auf dem Berge Meru, an der
Grenze von Kaschemir und Tibet. Aus demselben
entspringen die vier Flüsse Ganges, Gangra
(Buramputer,) Sindhu (Indus,) und ein
vierter, welcher sich nach Tibet wendet. In
dem Paradiese befindet sich nicht allein der
Baum des Lebens und des Todes, (der in Indien
so bekannte Baum Tschiampa, Portug. Jamba,
dessen Frucht einem Apfel gleicht, und welcher
gute und böse Früchte zugleich tragen
soll), sondern auch der Baum der Unsterblichkeit,
und die Schlange, welche das Wasser,
als den Grund aller Entstehung vergiftet. Wer
kann sich des Gedankens erwehren, dass auch
das eine aufgelösete Hieroglyphe ist, welche
sich von der Mosaischen bloss in einigen Nebendingen
unterscheidet. In dem Museo des
nunmehr verstorbenen Cardinals Borgia zu Veletri
befindet sich eine solche Indisch-Tibetanische
Abbildung der Kosmogenie und ersten
Welt, welche Paullinus a. S. Bartholomaeo in seinen
Codicibus Avensibus S. 231 hat abbilden lassen.
Allein sie ist sehr zusammen gesetzt, und
nicht hinlänglich erklärt. Kaschemir ist auch
für die Hindu ein heiliges Land, und viele Quellen
sind ihnen heilige Quellen; ein Beweis, dass
auch sie es nicht undeutlich für die Wiege ihres
Volks, ihrer Cultur und ihrer Religion halten.13

Dem sey wie ihm wolle; Moses legt den
Schauplatz seines Urvölkchens in das Östliche
Asien. Sein erstes Menschenpaar wandte sich,
nachdem es das Paradies verlassen hatte, weiter
gegen Morgen. Kains Nachkommen lebten
in Osten des Landes Eden, d. i. in Tibet.
Hier erfanden sie die ersten Künste, und unter
andern auch die Behandlung der Metalle, wozu
vielleicht in der ganzen Welt nicht so viele
Veranlassung ist, als in Tibet, wo es ganze
Magnetberge, Silber und weisses Kupfer im
Überflusse gibt. Auch das an Gold und Edelsteinen
reiche Land des Moses kann kein anderes
als Tibet seyn, von dessen Goldschätzen in
seinen nördlichen Theilen selbst die Fabel der
Alten so vieles zu erzählen wusste. Noahs Ahnen
wohnten auf der Ostseite des Indus; hier
entstand auch die grosse Fluth, und nach derselben
lebte dessen Familie noch eine geraume
Zeit in Indien, und fing erst nach und nach
an, vielleicht von Volksmenge gedrängt, sich
in das westliche Asien zu ziehen; und nun beschäftigt
sich der Geschichtschreiber bloss mit
Einem dieser Stämme, und verliert Indien, welches
kein weiteres Interesse für ihn hat, auf immer
aus dem Gesichte, doch nicht so sehr,
dass nicht im Folgenden bey ihm deutliche Spuren
einer vielleicht nie erloschenen Handelsverbindung
mit diesem Lande, der Wiege des
menschlichen Geschlechts, vorkamen.

Bailly ging in mehrern seiner Schriften *)3
noch einen Schritt weiter, und schloss aus verschiedenen
14astronomischen Bemerkungen, dass
es vor dem Anfange aller Geschichte in dem
hohen Mittel-Asien einen gebildeten Staat müsse
gegeben haben, in welchem alle Künste und
Wissenschaften, besonders die Philosophie, Physik,
Astronomie, Chymie und Medicin zu einem
hohen Grade ausgebildet worden, dass aber eine
allgemeine Zerrüttung diesen Staat zerstöret,
und dessen Bewohner zerstreuet habe, die denn
einzelne Theile ihrer Kenntnisse mit sich genommen,
und fortgepflanzet, ohne das Ganze gerettet
zu haben. So ist bey dem Anfange der
Geschichte in dem ganzen westlichen Asien die
Kenntniss des Mondeslaufes, das so schwer zu
bestimmende Sonnenjahr, die Kenntniss des
Thierkreises, die Lehre von den Planeten und
von dem Fortrücken der Fixsterne, worauf sich
die so alten Lehren von dem 6000jährigen Alter
der Welt, von dem 1000jährigen Reiche,
von der Wiederbringung aller Dinge, u. s f.
gründen, allgemein, welche lange vorher gemachte
Beobachtungen voraus setzen, , die bey
den Aegyptern, Babylonern und Persern, wo
wir sie finden, nicht gemacht seyn können. Die
so feine astronomische Periode der Chaldäer
von 600 Jahren, musste mehrere Mahle seyn
beobachtet worden, ehe man sie festsetzen konnte.
Die heutigen Hindu können vielleicht seit
Jahrtausenden die Finsternisse ziemlich genau
berechnen, und den Monds- und Sonnenlauf
nothdürftig bestimmen, ohne dass sie von den
Gründen, worauf ihr Verfahren beruhet, die
15geringste Ahndung hätten, oder jemahls gehabt
hätten, daher sie auch in ihren astronomischen
Kenntnissen bisher um keinen Schritt weiter
gekommen sind. Daraus schliesst nun Bailly,
dass ihre mechanischen Fertigkeiten nichts als
Trümmer eines ehemaligen vollendeten Ganzen
sind, welches durch eine grosse Erschütterung
der Natur zerstöret worden. Diese ist ihm die
Noachische Fluth, welche alle Süd- und West-Asiaten
aus Überlieferung kennen, und deren
Zeit sie insgesammt so ziemlich einstimmig mit
Moses anzugeben wissen. Das südliche Asien
scheint in seiner zerrissenen Gestalt, in seinen
unzähligen Inselhaufen, und in seinen vielen
Feuer speyenden Bergen noch jetzt die Beweise
einer solchen Zerstörung an sich zu tragen.

Des Bailly Darstellung hat viel Überredendes,
besonders wenn man sie bey ihm selbst
mit der ganzen Fülle seiner Gelehrsamkeit und
seines Scharfsinnes ausgestattet lieset. Nur die
hohe Breite von 49 und hernach gar von 50-60
Graden, wohin er diesen seinen blühenden Urstaat
setzet, verderbt alles wieder; denn mit
dieser Breite fallen wir in die Gegend, wohin
Dante seine Hölle pflanzt, in das Gebieth nomadischer
Barbaren, aus welchem sich zu allen
Zeiten zwar Tod und Verderben, aber nie
Aufklärung und Wissenschaft über das südliche
Asien verbreitet hat *)4. Aus Norden kommen
die bösen Genien, die Weltverherer, heisst es
16schon im Zend-Avesta. Ich weiss wohl, was
ihn so weit nordwärts führte; aber ich glaube
auch, er hätte ohne Nachtheil seiner Hypothese
um 25 Grad weiter südwärts bleiben können;
denn hier findet sich alles, was er zu ihrer Ausstattung
bedurfte.

Doch dieser Urstaat des Bailly mag nun
stehen oder fallen, so verliert der Satz von dem
Wohnplatze des ersten menschlichen Stammvolkes
in Süden des hohen Mittel-Asiens dadurch
nichts von seiner Wahrscheinlichkeit.
Sollte sich in diesen Gegenden nun gar noch ein
Volk finden, bey welchem sich noch die arme,
rohe und ungebildete Sprache erhalten hätte,
so wie man sich selbige in der Kindheit der Welt
und des menschlichen Geistes denken kann und
muss: so würde das ein beträchtliches Gewicht
mehr in der Schale der Wahrscheinlichkeit seyn.
Und es findet sich wirklich ein solches Volk,
und zwar nicht bloss Ein Volk, sondern eine
ganze Völkermasse von vielleicht mehr als
180 Millionen Menschen, deren Sprache noch
ganz das Gepräge der ersten Sprachbildung in
Mosis Eden an sich trägt. Zwar Kaschemir ist
bey den unaufhörlichen Veränderungen, welche
es in ältern und neuern Zeiten erlitten hat, in
der Ausbildung der Sprache mit der übrigen
Welt fortgeschritten, Aber nicht so das nahe
Tibet, dessen Nachbar Sina, und die an beyde
grenzenden Reiche Ava, Pegu, Siam, Tunkin
und Cotschinschina. Alle diese grossen Länder,
17und zwar nur diese in der ganzen bekannten
Welt allein, verrathen in ihren Sprachen noch
ganz das Unvollkommne der ersten Sprachbildung.
So wie die erste Sprache des Kindes ein
Lallen und Stammeln einsylbiger Töne ist, so
auch des ersten erwachsenen Kindes der Natur,
und eben so stammelt der Tibetaner, der Sinese
und beyder Nachbar in Süden noch eben so einsylbig
fort, als er es vor Jahrtausenden in der
Wiege seines Geschlechtes gelernet hatte. Nichts
von einer Absonderung der Begriffe in gewisse
Klassen, woraus in gebildeten Sprachen die
Redetheile entstehen. Eben derselbe Laut, welcher
froh bedeutet, muss ihm auch Freude und
sich freuen, und zwar dieses durch alle Personen,
Zahlen und Zeiten bedeuten. Nichts von der
Kunst, Verhältnisse und Nebenbegriffe an die
rohe einsylbige Wurzel anzuknüpfen, und dadurch
seiner armen Sprache Reichthum, Klarheit
und Wohlklang zu geben. Vielmehr stellet
er die rohen einsyibigen Wurzelbegriffe schroff
und abgeschnitten neben einander, und lässt
den Zuhörer alle Mittelbegriffe errathen. Da
seine Einsylbigkeit keine Biegung kennet, so
bezeichnet er die Casus und Zahlen entweder
gar nicht, oder er sucht sich im höchsten Nothfalle
mit der Umschreibung zu helfen. Den
Plural bildet er wie das Kind, entweder durch
die Wiederhohlung, Baum Baum, oder durch
Beyfügung der Wörter viel oder ander, Baum viel,
Baum ander. Ich viel oder ich ander ist ihm wir.
Und wer das grosse Kind stammeln höret: Seyn
Himmel ich ander Vater der, so kann nur ein
ihm ähnliches Kind errathen, dass es sagen will:
Unser Vater, welcher ist im Himmel.

Alle diese einsylbigen Völker wohnen in
18Osten des hier für die Wiege des menschlichen
Geschlechts angenommenen Kaschemir. Dass
Menschen, wenn sie einmahl zur Mündigkeit
des Verstandes gelangt sind, und den Werth
einer ausgebildeten Sprache haben kennen lernen,
sey sie übrigens so roh als sie wolle, wieder
zur ersten stammelnden Kindheit zurück
kehren sollten, lässt sich kaum als möglich annehmen.
Es bleibt also wohl nichts anders
übrig, als diese Völker müssen noch die erste
rohe Ursprache beybehalten haben, und folglich
unmittelbare Abkömmlinge des ersten Stammvolkes
seyn, welches in diesen Gegenden gebildet
und ausgebildet worden.

Wenigstens glaube ich mich dadurch hinlänglich
berechtiget, diese Völker und ihre Sprachen
an die Spitze der ganzen Sprach- und Völkermasse
zu stellen, und sie als die ehrwürdigen
Ahnherren aller übrigen Völker und Sprachen
zu betrachten. Von hier verbreiteten sich die
Menschen, so wie die Zunahme der innern Fülle
es erforderte, vielleicht auch, so wie die Abnahme
des Wassers es verstattete, in die benachbarten
Gegenden. Dass sie dabey vorzüglich
die angrenzenden reitzenden Gegenden in Süden,
Osten und Westen werden gewählet haben,
lässt sich von selbst vermuthen. Daher finden
sich in den unmittelbar an Tibet grenzenden
Ländern die frühesten Staaten, die ersten
gebildeten Reiche, und die älteste Cultur *)5.
19Die Geschichte zeiget uns die frühesten Keime
unserer meisten Begriffe, Künste und Wissenschaften
in Osten, von wannen sie sich nach
Medien, Persien und das westliche Asien verbreitet
haben. In diesem dämmert für uns die
erste Geschichte, und da es uns so gewöhnlich
ist, dasjenige, was in der Reihe unserer Kenntnisse
das erste ist, auch für das erste in der Natur
zu halten: so kann es nicht befremden, dass
man oft alles, was man von dem Ursprunge des
menschlichen Geschlechtes, von der Bildung
der ersten Sprachen und Staaten, und von den
ersten Keimen der Künste und Wissenschaften
weiss und nicht weiss, in das westliche Asien
versetzt. Aegypten, welches alle gelehrte und
bürgerliche Kenntnisse, wie die Hühner in seinen
Oefen ausgebrütet haben soll, kommt erst
später in Betrachtung, wenn gleich das enge
Nil-Thal die Volksmenge und die darin gegründete
Cultur früher begünstigt haben kann, als in
manchen weiten Ebenen des westlichen Asiens.

Alle diese Völker haben mehrsylbige ausgebildete
Sprachen, und haben sie schon in
dem höchsten Alterthum, so weit man sie nur
20in der Geschichte verfolgen kann. Da die Natur
nirgends einen Sprung thut, so ist auch nicht
zu vermuthen, dass sie auf Ein Mahl von der
einsylbigen Sprache des Kindes zu der mehrsylbigen
des Mannes werde übergegangen seyn,
sondern es muss zwischen beyden mancherley
Mittelstufen des Knaben- und Jünglingsalters
gegeben haben. So viele derselben uns auch
die Zeit und die unaufhörlichen Umstürze der
Völker auf immer verdunkelt haben, so gibt
uns doch derjenige Theil Asiens, welcher unsere
ersten Blicke auf sich zog, auch hierzu
merkwürdige Belege in der Malayischen, Mongolischen
und Mantschurischen Sprache. Alle
drey grenzen unmittelbar an das einsylbige
Sprachgebieth; die Malayische in Süden, und
die beyden letzten in Norden. Allem Ansehen
nach stammen sie von den einsylbigen Völkern
ab, und haben auch in den frühern Zeiten die
Einsylbigkeit mit denselben getheilt. Umstände,
vor welchen die Zeit einen dichten Vorhang gezogen
hat, welche sich aber zum Theil aus ihrer
Lage errathen lassen, veranlassten die Bewohner,
einen Schritt weiter zu gehen, und sich
wenigstens von der steifen Einsylbigkeit zu entfernen.
Die Malayische, Mongolische und
Mantschurische Sprachen haben abgeleitete und
zusammen gesetzte, folglich mehrsylbige Wörter.
Aber da diese in jeder Rücksicht immer
noch unbiegsam sind, folglich aller der Vortheile
entbehren, welche die ausgebildeten
Sprachen mit biegsamen Redetheilen geniessen,
so siehet man wohl, dass diese Völker auf dem
halben Wege stehen geblieben sind, und sich
noch in dem Knabenalter der Sprachen befinden.
Hätten uns nicht die Zeit, und der ewige
21Kampf barbarischer Nationen so viele Denkmahle
der Vorwelt vernichtet, so würden wir
vielleicht die Stufen näher bestimmen können,
durch welche die Menschen von den einsylbigen
Sprachen Tibets und Sina's zu den mehrsylbigen
Indiens, Persiens und des westlichen und
nordlichen Asiens übergegangen sind. Wir
würden alsdann auch die von Zeit, Ort, Lebensart
und andern Umständen bewirkten Übergänge
der letztern in einander und in die übrigen
Sprachen der Welt nachzeichnen können.
Allein das ist uns nun auf immer untersagt.
Wir haben bloss die Enden unzähliger seit Jahrtausenden
abgerissener Fäden in den Händen.
Wie wollen wir jetzt die tausend Mittelglieder
wieder finden, welche sie theils unter sich verbinden,
theils sie an den grossen einsylbigen
Mittelpunkt anknüpfen, welchen wir vor uns
sehen? Da überdiess das ganze Asien, die wenigen
Bruchstücke der Hebräer ausgenommen,
trotz seiner frühen und weit verbreiteten Cultur,
doch keine alte Geschichte hat, so bleibt uns
weiter nichts übrig, als uns mit den Überresten
der ersten unvollkommnen Sprachbildung, und
der gemeinschaftlichen Abstammung, welche
die meisten alten Sprachen noch aufzuweisen
haben, zu begnügen, übrigens aber die Sprachen,
so abgeschnitten und verschieden sie sich
uns darbiethen, nach der muthmasslichen Ordnung
der Zeit und des Ortes neben einander
zu stellen.

Dass sich die Menschen bey ihrer fortschreitenden
Zunahme über das wärmere Asien verbreitet,
und hier ordentlich eingerichtete Staaten
gegründet haben, lässt sich nun wohl leicht
begreifen, wenn gleich das wenn und wie unbeantwortet
22bleiben muss. Eher möchte es befremden,
dass sich Menschen entschliessen können,
das rauhe und dürre Mittel-Asien, und
die noch unwirthbarern nördlichern Gegenden
zu ihrem Wohnplatze zu wählen. Denn da wir
einmahl bey einem einzigen Urvolke stehen bleiben
müssen, so werden wir auch den schiefäugigen
Mongol, den halbwilden Tatar und alle
ihre Halb- und Ganzbrüder in dem höhern Norden
nicht anders als Abkömmlinge dieses Urvolkes
in dem südlichen Asien ansehen können.
Allein bey der Auswanderung der Völker kommt
es nicht immer auf eigene Wahl an, sondern
manches Völkchen wird von einem stärkern im
Rücken in Gegenden getrieben, die es nicht
kennet, und die es immer unfreundlicher und
unfreundlicher findet, bis es sich in die Eiswüsten
des Nord-Poles gedrängt siehet, wo es
nicht ausweichen kann und die Unbequemlichkeiten
der Natur den stärkern Trieben der
Selbsterhaltung aufopfern muss.

Da das mittlere und nördliche Asien der
meisten Reitze beraubt ist, welche der Bevölkerung
so günstig sind, und dadurch zu ordentlich
eingerichteten Staaten führen, so kennet dasselbe
auch nur unstäte nomadische Horden. In
den ungeheuern Ebenen findet so leicht keine
Anhäufung statt, der nur sparsam befruchtete
Boden hat keine Reitze zum Feldbau, den wirksamsten
Grund der Stätigkeit; sondern hier
ladet vielmehr alles zu einem nomadischen Hirtenleben
und der damit so gern verbundenen
Raubsucht ein, der Natur ihre sparsam verbreiteten
Schätze nach und nach abzugewinnen,
und sich bey dem leisesten Gefühle innerer Fülle
in besser begünstigte Gegenden zu drängen.23

Alle diese Völker werden dem Geschichtforscher
erst spät, dem Sprachforscher aber noch
später bekannt, und zwar zu einer Zeit, da sie
gewiss schon durch viele unbekannte Zerrüttungen,
Vermischungen und Umwandelungen gegangen
sind. Es läst sich daher über den Ursprung
und die Verwandtschaft ihrer Sprachen
noch weniger sagen. So wie die Geschichte sich
hier aufzuhellen anfängt, finden wir in den unermesslichen
Steppen des hohen Mittel-Asiens
drey herrschende Völker von ganz verschiedener
Art und Sprache, die Mantschu, Mongolen
und Tatarn, welche die Vorwelt unter dem
Nahmen der Scythen nur dunkel, das Mittelalter
aber unter dem Nahmen der Tatarn um
nichts besser kannte. Wir wissen nicht, ob sie
unmittelbare Abkömmlinge der ersten Auswanderer
aus dem südlichen Asien sind, oder ob sie
von spätern Völkern abstammen, welche sich
nach und nach aus jenen entwickelt haben.
Ihnen in Norden und Westen zeiget sich eine
Menge kleinerer Völker, oft nur Trümmer ehemaliger
grösserer, theils rein, theils mit andern
vermischt, welche von jenen herrschenden Völkern
oder deren Ahnherren aus glücklichern
Wohnsitzen vertrieben, und sich mit andern,
die mit ihnen in gleicher Lage waren, zu verbinden
und zu vermischen genöthiget worden.
Hier höret alle Genealogie der Sprachen auf,
und einige noch kenntliche Hauptstämme ausgenommen,
bleibt auch hier dem Sprachforscher
nichts weiter übrig, als sie nach der Lage
der Länder, welche sie bewohnen, neben einander
zu stellen.24

Erste Classe.
Einsylbige Sprachen.

Erste Classe.
Einsylbige Sprachen.

Der Sitz dieser Sprachen ist das südöstliche
Asien, d. i. Tibet, Sina, und das nördliche
Hinter-Indien mit den Reichen Ava, Pegu,
Siam, Tunkin, Cotschinschina, Cambocha und
Laos, welche zusammen den achten Theil von
Asien ausmachen, wo auf einem Raume von
130000 Quadrat-Meilen ungefär 150 bis 180
Millionen Menschen noch die erste Sprache der
Kindheit des menschlichen Geschlechts stammeln.
Es ist sonderbar, dass die Missionarien
zu Peking immer nur Sina, als das einzige Land
in der Welt angeben, welches eine einsylbige
Sprache habe, da ihnen doch die übrigen Länder
so nahe liegen. Ich habe von dem grammatischen
Charakter dieser Sprachen schon im
vorigen etwas gesagt, und werde im folgenden
noch mehr davon sagen. Hier will ich nur noch
überhaupt bemerken, dass die wenigen Wörter,
welche diese Sprachen haben, eigentlich noch
nicht Wörter, sondern nur der Stoff zu Wörtern,
rohe Wurzellaute sind, an welchen weder
Verhältnisse noch Nebenbegriffe bezeichnet
werden. Co ist dem Sinesen was dem Deutschen
der Wurzellaut hab ist; nur mit dem Unterschiede,
27dass dieser daraus haben, ich habe,
du hast, wir haben, ich hatte, habend, die Habe
bilden kann, jener aber die Wurzel unverändert
behalten, und alle die Nebenbegriffe entweder
übergehen oder ängstlich umschreiben
muss. Da sich bei der kleinen Zahl von Wurzellauten
die figürlichen Bedeutungen, in welchen
alle diese Völker ihren eigenen, und bey
ihrer glühenden Fantasie dem Europäer oft unerreichbaren
Schwung nehmen, sehr häufen
müssen: so hilft der Ton oder Accent, mit welchem
das Wort in jeder Bedeutung ausgesprochen
wird, der Dunkelheit so viel ab, als er
kann. Dass so dürftige Sprachen, welche nur
die nothwendigsten Hauptbegriffe unverbunden
und unverschmelzt neben einander stellen,
schon im bürgerlichen Leben ein weites Feld
für Dunkelheiten und Zweydeutigkeiten eröffnen,
und für wissenschaftliche Begriffe ganz unbrauchbar
sind, ergibt sich wohl von sich selbst;
daher auch diejenigen Völker, welche sie sprechen,
ewig Kinder am Verstande bleiben, und
es über manche gute mechanische Fertigkeiten
nicht bringen. Der Sinese mag sich anstrengen,
wie er will, so lange er nur bey seiner Sprache
bleibt, ist er ganz unvermögend, sich die Künste
und Wissenschaften des Europäers zuzueignen.

Und doch liegt der ganze Stoff zur fernern
Ausbildung ihrer Sprachen durch die Biegung,
Ableitung und Zusammensetzung schon vorbereitet
da; er dürfte nur mit Verstande angewandt
werden. Alle diese Völker drucken schon
jetzt manche sehr hervor stechende Verhältnisse
und Nebenbegriffe, denn um die feinern bekümmern
sie sich nicht, durch eigene daneben
gestellte Wörter aus. Den Plural zu bezeichnen,
28hat der Sinese die Wörter tem (ander), und poy
und muen (viel). Den Genitiv bezeichnet er
mit den Wörtern tie und tschi: Lum tie foe, des
Drachen Angriff. Im Barmanischen bezeichnet
to den Plural, und i den Genitiv (wie im Lateinischen
und Mantschurischen): Sa ken, Herr,
Sa ken i, des Herren, Sa ken to, die Herren.
Man sollte denken, sie dürften die Wörter nur
zusammen ziehen, so stehe die Declination da:
Kiaytem, Lupoy, Yunmen, Sakeni, Sakento. Allein
da tritt ihnen ihr Betonungs-System in den
Weg. In den gebogenen und abgeleiteten Wörtern
verliert die angehängte Sylbe ihren Ton,
und mit demselben zugleich die klare Bedeutung.
Das würde hier unthunlich seyn, weil
jede Sylbe mehr als Eine bestimmte Bedeutung
hat, welche von der Art des Tones abhängt.
Es kann ihr also dieser Ton nicht genommen
werden, ohne die Sprache noch mehr zu verdunkeln,
und ihren ganzen Bau zu zerstören.

Indessen haben sich doch alle übrige Völker
in der Welt, so roh und ungebildet sie auch
sonst seyn mögen, zum grossen Gewinn der
Klarheit und des Wohlklanges ihrer Sprachen
über diese Schwierigkeit hinweg zu setzen gewusst,
und es bleibt immer merkwürdig, dass
so zahlreiche Völker, welche es zum Theil sehr
frühe zu einem gewissen Grade der Cultur gebracht
haben, so viele Jahrtausende bey ihrer
armseligen Einsylbigkeit geblieben sind. Ausser
der Macht der Gewohnheit, welche unter einem
heissen Himmel, wo Unthätigkeit des Geistes
und des Leibes ein Vorzug der Götter und Herrscher
ist, immer am stärksten wirkt, liegt die
vornehmste Ursache wohl in ihrer Abgeschiedenheit
von der übrigen Welt, von welcher sie auf
29zwey Seiten durch den Ocean, und auf zwey
Seiten durch unersteigliche Gebirge getrennt
sind. Sie haben daher auch ihre Einwohner im
Ganzen nie verändert, sondern stammen in gerader
Linie von den ersten Pflanzvölkern ab,
welche sich in der Kindheit der Welt hier niedergelassen
haben. Die mächtigen Naturgrenzen
schützten sie vielleicht Jahrtausende vor den
Einflüssen ihrer ausgewanderten, und in den
weiten und rauhen Ebenen des mittlern Asiens
zu Barbaren ausgearteten Söhne. Diese Einflüsse
konnten in den ersten Weltaltern, ehe die
Auswanderer in ihren ungeheuern Gefilden
selbst den Drang der Volksmenge fühlten, ohnehin
nur schwach seyn, daher sie hinlängliche
Zeit behielten, in der Cultur und Bevölkerung
ihren Gang ruhig fort zu gehen. Als daher in
der Folge mehrsylbige Barbaren die mächtigen
Naturgrenzen überschritten, so blieben bey
ihrem grossen Umfange, und bey ihrer innern
Fülle die einmahl so fest gegründeten Sprachen
und Sitten unerschüttert. Gegen eine Volksmenge
von so vielen Millionen, als Tibet und
Sina aufzustellen haben, ist jeder, auch der
zahlreichste Eroberer nur schwach; und wenn
gleich das angegriffene Volk bey seiner weichlichen
Schwäche unter einem heissen Himmel
der wilden Tapferkeit des rohen Barbaren unterliegen
muss, so bleibt es doch immer noch zahlreich
genug, Sitten und Sprache vor ihm rein
zu behalten.

Ich will damit nicht sagen, dass die Sprachen,
welche jetzt in diesen Ländern geredet
werden, gerade noch eben dieselben sind, welche
bey dem Ursprünge des menschlichen Geschlechts
gebildet und nothdürftig ausgebildet
30worden. Aus der Verschiedenheit dieser Sprachen
und ihrer Mundarten erhellet, dass keine
Sprache so arm ist, dass sie nicht auf mancherley
Art abgeändert werden könnte. An Laut,
Ton und Bedeutung werden Zeit und Umstände
auch hier die gewöhnlichen Wirkungen geäussert
haben; aber die Form und der ganze
Bau ist gerade noch eben so, wie man sich selbige
in der ersten Kindheit des Verstandes denken
kann und muss.

Hier ist eine kleine Vergleichung einiger
Wörter dieser Sprachen.

tableau Sinesisch | Tibetanisch | Tunkinesisch | Barmanisch | Peguanisch | Siamisch | Angesicht | Mien. La | Tong | Mat | Mien | Auge | Yen | Tschien | Com-mat | Miezz-i | Mech-lun | Erde | Tu | Sa | Dat. Dia | Mié | Din | Feuer | Ke-kua | Me | Lua | Mi | Fisch | Yu | Gnia | Ca | Nga | Fuss | Ka. Su | Kanh | Chan | Kié | Keh | Hand | Tscho | Tschia.la | Tay | Lek | Leh | Herz | Seng. Sin | Sem | Lao | Zeit | Tschai | Himmel | Tien. Li | Nam-kei | Thien. Bloi | Mo | Kaun-gen | Sa-wang | Kopf | Chin | Kam.go | Dau | Gaun | Gau | Mensch | Po. Lung | Po | Nam | Bu | Pu.Kon | Mutter | Mu | Ma. Jum | Amé | Nase | Ni. Pi | Mui | Nakh-aun | Nag-au | Stern | King-seng | Ngoi-sao | Chié | Tara | Strasse | Lou-tou | Lam | Dang | Lan | Tag | Je. Chil | Tzhe. Kji | Ngai | Ne | Van | Vater | Pe. Fu. Chu | Pa. Jap | Cha | Tscha | Apà | Vogel | Miao | Pzia | Tschim | Ngek | Wasser | Tscho. Chiu | Tschiu | Na-Di | Ré | Wind | Hong | Chio | Le | Zahn | Ki-ya | Rang | Soa | Zhua | Zunge | Che | Nga. Na | Luoi | Hlia | Scha

Ich bemerke noch, dass alle diese Völker,
theils wegen des milden Himmels, theils auch
wegen ihrer innern Fülle, welche die scharfen
Ecken des rohen Barbaren sehr bald abschleift,
31im Ganzen milde und biegsam sind, und einen
gewissen mittlern Grad der Cultur besitzen, welcher
aber, was Künste und Wissenschaften betrifft,
mehr in mechanischen Fertigkeiten, in
Recepten und Formeln, als in Genie und Grundsätzen
bestehet. Abgezirkelt, und für Menschen
von wärmern Blute bis zum Verzweifeln
bedachtsam in allem was sie thun, treiben sie die
Höflichkeit und das Cerimoniel bis zur Pedanterey,
und so arm ihre Sprachen in jeder andern
Rücksicht sind, so reich sind sie, die vielfachen
Grade des Verhältnisses der Sprechenden gegen
einander zu bezeichnen. Ausser dem sind sie,
wie alle halb gebildete Menschen, habsüchtig,
misstrauisch und betrieglich, besonders gegen
Fremde, im Kriege und in der Rache aber bis
zur Unmenschlichkeit grausam.

Alle diese Völker haben, manche mehr,
manche weniger, die ausgezeichnete hässliche
Mongolische Bildung mit platten Gesichtern, kleinen
schief stehenden Augen und stumpfen Nasen.
Man könnte daher leicht auf die Gedanken gerathen,
dass diese Bildung mit der Einsylbigkeit
ihrer Sprachen in Verbindung stehe. Allein,
da die Japaner eben dieselbe Bildung haben, ungeachtet
ihre Sprache mehrsylbig ist, so ist sie
wohl nur zufällig und aus andern Ursachen herzuleiten.
Ohne Zweifel ist sie bei den Mongolen
einheimisch, und da sich keine Bildung leichter
mittheilt, und wenn sie einmahl Wurzel gefasst
hat, aller anderweitigen Vermischungen ungeachtet
fester haftet, als eben diese, alle diese
Völker aber mehrmals von ihnen bezwungen
und beherrschet worden, so muss man den
Grund derselben wohl in der Vermischung mit
ihnen suchen. Bei den Hinter-Indiern ist diese
32Bildung theils nicht so allgemein, theils auch
nicht so hervorstechend, ohne Zweifel, weil die
Einflüsse der Mongolen hier nicht so stark, oder
nur mittelbar, vermittelst der Sinesen waren,
welche Hinter-Indien mehr als Ein Mahl beherrschet
haben.

Die Art, wie Europäer, wenn es ihnen an
der gehörigen Sprach-Philosophie fehlet, die
Wörter dieser Sprachen zu schreiben und zu
übersetzen pflegen, verdienet noch eine Anmerkung,
weil sie leicht zu Missverständnissen führen
kann. Oft schreibt man zwey oder mehr
Sylben, welche in andern Sprachen nur Einen
Begriff geben, auch hier als Ein Wort, verdunkelt aber
dadurch den Bau der Sprache. Das
Sinesische ngo tem, ich ander, bedeutet nach
unserer Sitte freilich wir; aber da jede Sylbe mit
ihrem eigenen Tone ausgesprochen wird, so darf
es nicht als Ein Wort geschrieben werden. Noch
fehlerhafter ist, wenn man Sylben zusammen
ziehet, welche auch in mehrsylbigen Sprachen
keine Zusammensetzung machen können. So
war in dem Peguanischen V. U. Mo kaon als Ein
Wort geschrieben; aber da es aus einem Substantive
mit seinem Adjective bestehet, und den
leeren Himmel bedeutet, so ist diese Schreibung
unrichtig. Wo ich den buchstäblichen Verstand
auffinden konnte, da habe ich die Wörter auf
ihre wahre Einsylbigkeit zurück geführet; aber
in den meisten Fällen musste ich es lassen, wie
ich es fand. Am unschuldigsten ist es, wenn
man, wie im Tibetanischen, die Sylben, welche
nach der Sitte anderer Sprachen zusammen
gehören, durch Querstriche verbindet, weil dabey
die Einsylbigkeit, ohne Nachtheil der Klarheit
erbalten wird.33

Da die Wörter dieser Sprachen insgesammt
rohe Wurzellaute ohne Biegung und Ableitung
sind, so sollten sie, wenn man buchstäblich übersetzen
will, auch nicht anders, als durch solche
Wurzellaute wieder gegeben werden. Den Anfang
des Tunkinischen V. U. sollte man eigentlich
geben: ich viel ehr Himm Erd wahr Herr,
Aber hier musste man nun wohl dem Europäischen
gesunden Menschenverstande ein wenig
nachsehen, und die dunkeln Wurzeln durch ausgebildete
Ausdrücke aufhellen. Es bleiben dessen
ungeachtet in den meisten Formeln noch
Dunkelheiten genug übrig, welche theils von
der unbekannten Bedeutung mancher Bestimmungswörterchen,
theils von der sonderbaren
Wortfolge herrühren, welche sich von dem
Gange der Begriffe in andern Sprachen eben so
sehr unterscheidet, als alles übrige.

I. Sinesisch.

Geschichte.

Sina, dieses grosse Reich, welches ungefär
zwölf Mahl so gross ist, als Deutschland, und
in diesem Raume eben so viele Einwohner ernähret,
als das ganze Europa, war seinem nördlichen
Theile nach, nebst Tibet und der östlichen
Tatarey in dem Mittelalter unter dem Nahmen
Kathai bekannt. Es rühmet sich, eine sehr
alte Geschichte, ja die älteste in der Welt zu
haben, denn die von dem Jesuiten Joseph Anne
Marie de Moyriac de Mailla
aus dem Sinesischen
übersetzte, und von dem Abbé Grosier zu Paris
von 1777 an in zwölf Quart-Bänden heraus gegebene
Reichsgeschichte fängt mit dem Jo-hi
34an, welcher 200 Jahr nach Mosis Fluth die vielen
kleinen Horden, unter welche dieses grosse
Land damahls vertheilet war, bezwungen, und
in ein Ganzes vereiniget haben soll. Allein so
sehr auch die Europäischen Missionarien in diese
Ansprüche mit einstimmen, so fehlet es hier
doch noch ganz an der wohlthätigen Hand einer
gesunden Kritik, welche hier eben so viele dichterische
Auswüchse wegzuschneiden finden dürfte,
als in der vorgegebenen Geschichte anderer
Länder. In der alten Geschichte erfinden die
Kaiser Künste und Wissenschaften zu Dutzenden,
sie befehlen ihren Gemahlinnen, den Seidenbau,
und ihren Mathematikern, die Astronomie
zu erfinden. Ausser dem gibt es wenig
Thaten, aber lange und viele Reden der Kaiser
und ihrer Minister. 207 vor Chr. heisst es, fängt
die Sinesische Geschichte an, umständlich und
wahrscheinlich zu werden *)6. Aber auch wahr
und zuverlässig? Ich will nur eines einzigen
Umstandes gedenken. Die bekannte grosse
Mauer, welche Sina in Norden und Nordwesten
vor den Einfällen der räuberischen Nomaden
in dem hohen Mittel-Asien decken soll,
35und nicht gedeckt hat, ist nach der Sinesischen
Geschichte 240 Jahr vor Chr. vollendet worden.
Man sollte glauben, ein solches ungeheures
Werk, das einzige in seiner Art, müsste bey
dem grossen Handelsverkehr endlich doch dem
Ausländer bekannt geworden seyn; allein es
findet sich keine Spur davon. Ptolemäus zeichnet
uns eine Karavanen-Strasse aus der kleinen.
Bucharey zu den Seres sehr genau vor, weiss
aber von keiner grossen Grenzmauer. Ammian
scheint zwar auf so etwas zu deuten, wenn er
B. 23, Kap. 6 sagt: contra orientalem plagam in orbis
speciem consertae celsorum aggerum summitates
ambiunt Seras
; aber wenn er gleich darauf hinzu
setzt: appellantur autem iidem montes Annivi u. s. f.
so siehet man bald, dass er nach dem ihm eigenen
Schwulst bloss Berge bezeichnen wollen.
Dass Renaudot's Araber um 850 nichts von einer
Mauer wissen, würde sich aus dem Umstande
erklären lassen, weil sie nicht in diese Gegenden
gekommen sind. Aber dass Marco Polo,
der 1270 von dieser Seite nach Sina reisete, und
sich drey Jahre im Dienste des Mongolischen.
Khans daselbst aufhielt, ihrer nicht gedenkt, da
er doch durch dieselbe gekommen seyn müsste,
und er uns in seiner Reise weit unbedeutendere
Umstände aufbehalten hat, macht ihr hohes Alter
allerdings verdächtig, zumahl da auch ihr
ganzer Bau einen weit neuern Ursprung verräth.

Auch das graue Alter und der hohe Grad
der Cultur, welchen man diesem Volke so freygebig
beylegt, hat nach der Schätzung unparteyischer
Kenner in den neuern Zeiten vieles,
wo nicht alles verloren, und was übrig bleibt,
schränkt sich auf Geduld, überwundene Schwierigkeiten
und dadurch erworbene mechanische
36Fertigkeiten ein. Die 36 Sonnenfinsternisse,
welche Confucius von 720 bis 495 vor Chr. verzeichnet
haben soll, und worauf man so viel gebauet
hat, sind nach Desguignes ohne alle nähere
Bestimmung, als des Tages des Cyclus und
des Monaths der Jahreszeit, daher darauf nichts
zu bauen ist. Renaudot's Araber fanden hier
nichts von Wissenschafren und zogen besonders
in der Astronomie die Hindu den Sinesen weit
vor. Kublai Chan, der erste Mongolische Kaiser
in Sina, musste Astronomen aus Balk in der
Bucharey kommen lassen, weil seine Sinesen
das Jahr nicht zu berechnen wussten, und man
weiss, dass ihre Ungeschicklichkeit in der Astronomie
und Mathematik das einzige ist, was den
Jesuiten den Zutritt in Sina verschaffte, und bisher
erhalten hat. Denn das so gepriesene einheimische
Tribunal der Mathematik bestehet
bloss aus einem Haufen elender Astrologen, dergleichen
alle morgenländische Fürsten hatten.
Confucius selbst war nichts anders, und seine
so oft bewunderte Moral bestehet aus blossen
Sentenzen und unzusammenhängenden moralischen
Sprüchen, welche jeder ungebildete
aber gesunde Menschenverstand eben so gut
finden kann.

Eine der vornehmsten Bedenklichkeiten in
Ansehung des hohen Alters der Sinesischen
Schriften ist der gänzliche Mangel aller alten
Denkmähler, und die grosse Vergänglichkeit
ihres Schreibestoffes. Eine Inschrift auf eine
metallene Säule, welche du Halde sehr freygebig
in das 50ste Jahr nach Chr. setzt, ist das
einzige Denkmahl, welches dieses grosse und
wegen seiner alten Cultur so hoch gepriesene
Reich aufzuweisen hat. Das Sinesische Papier
37aber, der einzige Schreibestoff, ist unter allen
bekannten Arten gerade der vergänglichste,
welcher von Feuchtigkeit, Staub und Würmern
in kurzer Zeit zerstöret wird. Das macht nun
ein unaufhörliches Ab- und Umschreiben nothwendig,
welches durch einen Zeitraum von
2 bis 3 Jahrtausenden ohne Unterbrechung
fortgesetzt seyn müsste, wenn die Schriften das
vorgegebene Alter haben sollten. Und nun
lasse man dieses Umschreiben von unwissenden
und unkritischen Menschen geschehen, dergleichen
alle vorgegeben Sinesische Gelehrte sind,
und sehe dann, wie viele Wahrscheinlichkeit
für ihre lange und unverfälschte Erhaltung übrig
bleiben wird.

Wenn man nun aber auch dem Sinesen das
hohe Alter seiner Geschichte und Cultur, und
den vorzüglichen Grad der letztern bis auf bessere
Beweise bezweifeln muss, so erhellet doch
aus dessen Sprache, dass sein Land mit zu den
ersten bewohnten Ländern in der Welt gehöret,
dass er in gerader Linie von den ersten Sprachbildern
abstammet, und dass er sich bey aller
Zerrüttung im innern, und bey der mehrmahligen
Unterbrechung seiner Thronfolge von fremden
Barbaren, doch immer bey seiner Selbständigkeit,
Sprache und Sitten zu erhalten gewusst,
wenn gleich in Ansehung seiner frühern Begebenheiten
die Geschichte bis auf den leisesten
Laut verhallet ist.

Es ist bekannt, dass die heutigen Sinesen
die eigenthümliche Mongolische Bildung mit
kleinen schief stehenden Augen, platten Gesichtern
und Nasen und hohen Backenknochen haben.
Herrscht diese Gesichtsbildung durch ganz
Sina in allen Provinzen, oder ist sie nur das Antheil
38einiger besonders in den nördlichen? Ist
sie dem Volke schon von den frühesten Zeiten
an eigen, oder ist sie eine Folge der Vermischung,
besonders seit der Herrschaft der
Mongolen von 1210 bis 1368? Im erstern Falle
würde es auf einen frühern gemeinschaftlichen
Ursprung deuten, daher auch viele die Sinesen
von den Tatarn abstammen lassen. Allein da
dje Sprachen keine Spur einer solchen Verwandtschaft
verrathen, so ist wohl das letzte
wahrscheinlicher. Renaudot's Araber erklärt
um 850 die Sinesen für schöner als die Hindu,
und versichert, dass sie den Arabern nicht allein
in der Bildung, sondern auch in der Kleidung
und in den Sitten glichen. Das würde er wohl
nicht haben sagen können, wenn sie damahls
schon die hässliche Mongolische Bildung gehabt
hätten. Diese muss also bey ihnen wohl spätern
Ursprunges seyn. Die Gesetze des Menu, welchen
man in Indien ein noch höheres Alter beylegt,
als in Sina den King, kommen wohl der
Wahrheit am nächsten, wenn sie die Sinesen
aus Indien auswandern lassen, besonders wenn
man diesen Nahmen, wie oft geschiehet, auch
auf das nahe Tibet ausdehnet. Sie sind zwar
jetzt unter allen einsylbigen Völkern das östlichste,
und folglich von der Wiege des menschlichen
Geschlechts am weitesten entfernt. Allein
wenn man annimmt, und bey dem Mangel aller
Geschichte kann man hier doch nichts weiter als
annehmen, dass bey der ursprünglichen Vermehrung
und Verbreitung des menschlichen
Geschlechts der jüngere Nachwuchs die ältern
Stämme immer weiter gedrängt, bis endlich
mächtige Naturgrenzen, wie hier der Ocean,
dem weitern Fortrücken Ziel und Mass gesetzt,
39so werden wir den Sinesen als den unmittelbaren
Abkömmling des ältesten Menschenstammes
ansehen müssen, dagegen die in seinem Rücken
nach Westen gelegenen Völker immer jünger
werden, je mehr sie sich dem ersten Stammsitze
nähern.

Sprache.

Das bestätiget denn auch die Sprache,
welche unter allen einsylbigen die einfachste,
folglich der ersten Sprachbildung die nächste ist.
Zwar ist sie nicht mehr blosser ungeschlachter
Vocal-Laut, denn von diesem ersten rohen
Versuche ist, ausser einzelnen Wörtern in allen
alten Sprachen nichts mehr übrig; allein sie hat
doch nächst diesem die höchste nur mögliche
Einfachheit, welches mich denn bewogen hat,
sie an die Spitze aller übrigen zu setzen. Ihre
einsylbigen Wörter bestehen nehmlich aus
einem Vocale mit einem einzigen voran gesetzten
Consonanten. Nur muss man bemerken,
dass weder zwey bis drey Vocale, welche die
Wörter bekommen, wenn sie mit Europäischen
Buchstaben geschrieben werden, die Einsylbigkeit,
noch der manchen Wörtern angehängte
und vorgesetzte Nasenlaut n oder ng den Begriff
eines Vocales oder einfachen Consonanten stören.
Die erstern sind blosse Behelfe der Schrift,
den unbestimmten einsylbigen Vocal des Sinesen
nothdürftig nachzubilden: Liao, Siao, Kiun
schmelzen in der Aussprache in eine einzige
Sylbe zusammen, fast wie Lo, So, Kjun. Der
Nasenlaut aber ist ein blosser zufälliger Anhang
des Sprach-Organes: Kjun, Kjang, Ljung, Nge,
Ngo. Da nun der Sprache des Sinesen auch die
40Consonanten b, d, r, x und z fehlen, so ist die
Zahl der einfachen Consonanten, welche er seinen
Vocalen vorsetzt, sehr eingeschränkt. Statt
der beyden erstern gebraucht er die härtern
ihrer Classe p und t, statt des r ein l, und statt
der beyden letzten ein s. Auch sind ihm zwey
Consonanten hinter einander (ts und tsch müssen
als einfache Consonanten angesehen werden,
welches sie auch in der Aussprache sind) unaussprechlich;
daher er, wenn sie in fremden
Wörtern vorkommen, jeden derselben auf
einen Vocal stützet. Bey diesen Eigenheiten
bekommen die ausländischen Wörter gemeiniglich
eine sonderbare Gestalt. Will der Sinese
Crux aussprechen, so lautet es Cu-lu-su; für
Cardinalis spricht er Kja-ul-fi-na-li-su; für
Spiritus, Su-pi-li-tu-su; für Christus, Ki-li-su-tu-su;
und für Hoc est corpus meum, Ho-ke-nge-su-tu-es-ul-pu-su-me-vum *)7.

Solcher höchst einfachen Wurzellaute, denn
Wörter kann man sie kaum nennen, hat nun
der Sinese 328 **)8 (nach andern 350). Sie zu
vervielfältigen hat er nichts, als das einfache der
Kindheit des menschlichen Verstandes so angemessene
41Hülfsmittel des Tones oder Accentes.
Er hat besonders fünf solcher Haupttöne: 1. den
gleichen, nach der natürlichen Aussprache einer
Sylbe, wie der Deutsche die Zahlen eins, zwey
u. s. f. ausspricht. 2. Den tiefen gleichen, und
dieser ist in den Sylben, welche sich aspiriren
lassen, jederzeit aspirirt. 3. Den hohen, welcher
hoch anfängt, und kurz abfällt, als wenn
jemand im Zorne nein! sagt. 4. Den steigenden,
welcher etwas tief anfängt, aber steigt,
auch länger gedehnt wird, als ein anderer Ton,
als wenn jemand aus Verwunderung so sagt.
5. Den kurz abgebissenen, als wenn jemand aus
Furcht den angefangenen Laut nicht vollenden
könnte. Ausser diesen gibt es, vermuthlich nur
in einzelnen Fällen, noch mehrere zusammengesetzte,
daher die Zahl der Töne von manchen
auf 8, von andern auf 11 und 13 gesetzt wird,
wovon die meisten sowohl der Zunge als dem
Ohre des Ausländers unerreichbar sind. So bedeutet
Schu, nachdem es ausgesprochen wird,
ein Buch, einen Baum, grosse Hitze, erzählen,
Morgenröthe, Regen und regnen, Mildthätigkeit,
gewohnt seyn, eine Wette verlieren, und
wer weiss, was noch alles mehr. Tschun bedeutet
Herr, Schwein, Küche, Säule, freygebig,
zubereiten, alte Frau, brechen oder spalten,
geneigt, wenig, befeuchten, Sclave, Gefangener
u. s. f. Jede dieser Bedeutungen hat
denn wieder ihre eigene figürlichen, daher auf
manches Wort an die 30 Bedeutungen kommen,
welche auch die feinste Modulation selbst einer
Sinesischen Stimme nicht unterscheiden kann.
In solchen Fällen setzt man oft ein Wort zur
Erklärung daneben. Zu Fuh, Vater, setzt man
das Wort Tschin, Verwandtschaft. So auch
42Mu-tschin, Mutter *)9. Im Schreiben bleibt dieser
Beysatz weg, weil da schon jeder Begriff
sein eigenes Zeichen hat. Vermittelst dieser
Töne, deren nur fünf gerechnet, erhält der Sinese
aus seinen 328 Wurzeln 1625 verschiedene
Wörter. Da sich nun jedes dieser Wörter entweder
aspiriren oder nicht aspiriren lässt, so
wird sein Sprachschatz dadurch auf 3250, oder
nach der höchsten Rechnung auf 7700 Worter
erhöhet, welche das von Jugend auf daran gewöhnte
feine Sinesische Ohr immer noch als verschieden
empfindet. Man hat gesagt, dass diese
Verschiedenheit des Tones die Sprache des Sinesen
zu einem Gesange mache; allein das ist
ungegründet. Der Sinese singt so wenig, als
der Franzose, wenn er den Unterschied der
Wörter l'eau, lots und l'os auch in der Aussprache
hören lässt.

Diese 3250 oder höchstens 7700 Wörter
machen nun den ganzen Sprachschatz des Sinesen
aus, und müssen, nebst ihren oft sehr sonderbaren
figürlichen Bedeutungen, hinreichen,
alle concrete und abstracte Begriffe auszudrucken;
wie kümmerlich, kann man sich leicht vorstellen.
Da sie alle einsylbig sind, so gibt es hier keinen
Unterschied der Redetheile, sondern jedes
Wort kann ein Adjectiv, Substantiv, Verbum
oder Partikel seyn. Auch fällt hier alle Ableitung
und eigentliche Biegung weg, die so mannichfaltigen
Neben- und Verhältnissbegriffe zu
bezeichnen, folglich auch alle eigentliche, Declinatlon
und Conjugation. Indessen weiss er
43sich doch in den am meisten hervorstechenden
Fällen durch die Umschreibung zu helfen. Den
Genitiv bezeichnet er durch die Partikeln ti oder
tié, welche dem Nennworte nachgesetzet werden,
den Dativ durch ju und den Ablativ durch
tung oder tsung; die beyden letzten werden dem
Worte vorgesetzt. Geh, die Liebe, Genit. Geh
ti
, Dat. Ju Geh, Ablat. Tung oder Tsung Geh,
von der Liebe. So auch im Plural. Quih ju
tschin, theuer den Menschen. Ni-leh tung ta,
kommt mit ihm. Der Plural wird durch ein vorgesetztes
Wort bezeichnet, welches Wahrheit
bedeutet: Tuh tschin, viele Männer; Tu tu tschin,
eine Menge Männer; Tschung tschin, alle Männer.
Oder durch die Wörter tem, ander, und
poy oder muen, viel; Ngo, ich, ngo tem, ich ander,
oder ngo poy, ich viel, d. i. wir. Zuweilen
auch durch Wiederhohlung, Tschin tschin, Männer
oder Menschen. Das Adjectiv wird daran
erkannt, dass es allemahl vor dem Substantive
stehet. Ausser dem druckt man es auch durch
den Genitiv des Substantives aus: Pai, Weisse,
Pai-tié, weiss; Tsche, Hitze, tsche-tié, heiss.
Stehet es wie gewöhnlich voran, so bleibt der
Beysatz weg: Chau tschin, ein guter Mann; Pai
mah
, ein weisses Pferd. Zur Comparation setzt
man keng vor den Positiv: Jiu, sanft, keng jiu,
sanfter. Der Superlativ wird entweder durch
Wiederhohlung des Positives, oder durch verschiedene
Partikeln ausgedruckt, welche bald
vor- bald nachstehen. Die persönlichen Pronomina,
Go, oder Ngo, ich, Nih, du, , er
Ngo men, wir (ich ander) Nih men, ihr (du
ander) Ta men, sie, (er ander) werden Possessiv
durch Beyfügung des Zeichens des Genitives:
Ngo tié, mein, Ngo men tié, unser. Im Verbo
44werden nur drey Zeiten bezeichnet. Das Präsens
wird durch den blossen Wurzellaut ausgedruckt:
Ngo leh, ich komme; das Präteritum
durch lio, Ngo leh lio, ich kam oder bin gekommen;
das Futurum durch jah, welches dem
Verbo vorgesetzt wird, Ngo jah leh, ich werde
kommen; oder wenn man besser bestimmen
will, durch juen y, Ngo juen y leh, ich bin entschlossen
zu kommen. Doch sind diese Bestimmungen
nur im gemeinen Leben üblich; in der
edlern Schreibart lässt man sie weg, welches
denn die Dunkelheit vermehret.

Diese ist bey dem allen sehr gross. Denn
da so viele zur Klarheit und Bestimmtheit gehörigen
Begriffe, wie z. B. die Artikel, sehr viele
Conjunctionen u. s. f. hier gar nicht ausgedruckt
werden, so bestehet die Rede des Sinesen aus
einer blossen Zusammenstellung der rohen schroff
abgeschnittenen Hauptbegriffe ohne Verbindung,
ohne Verschmelzung der Verhältnisse und ohne
Bezeichnung der Nebenbegriffe. Englisch gut
Sinesisch besser
; heut gehen, morgen kommen; Meer
keine Grenzen
, Kiang keinen Grund. Manches ersetzt
wohl der Zusammenhang, die bestimmte
Stellung des Wortes in der Reihe der Begriffe,
die Geberde und Bewegung der Hand, und die
Umschreibung; aber bey dem allen bleibt immer
noch viel zu errathen übrig. Folgendes ist
eine übersetzte Strophe aus einer Ode des Schih
king
in Barrows Reise: (Der) Pfirschenbaum (wie)
schön, (wie) angenehm, seine Blätter (wie) blühend,
(wie) anmuthig: so (ist eine) Braut, wenn
(sie) eingeht (in ihres Bräutigams Haus und)
Achtung (gibt) auf ihre Familie. Bey dieser einfachen
Armuth würde die Sprache kinderleicht
seyn, wenn nicht der feine Unterschied der
45Töne und Accente sie dem Ausländer schwerer
als irgend eine andere machte.

In den Mémoires concernant l'Histoire — des
Chinois par les Missionaires de Peking
, Paris, 1776,
folg. in 4, befindet sich Th. 8, S. 133 folg. ein
Essai sur la langue des Chinois, welches eine so sonderbare
Lobschrift auf diese Sprache ist, dass
man in Versuchung geräth, sie für eine Satyre
zu halten. Hat aber der Verfasser es ernstlich
gemeint, so muss er dem Leser eine seltene Gutmüthigkeit
zugetrauet haben, wenn er ihn bereden
will, dass die Sinesische Sprache die
reichste, wohlklingendste und vollkommenste in
der Welt sey. Wortreich ist sie allerdings, weil
sie Begriffe, welche andere Sprachen mit einem
einzigen Worte ausdrucken, mit drey, vier und
mehrern kümmerlich umschreiben muss, (z. B.
portabam illum, ich trug ihn, ngo na chi kien tiao
ta
;) aber das ist eben der deutlichste Beweis ihrer
bittersten Armuth. Lakonische Kürze hat
sie allerdings, aber auch eine Kürze, welche
nur zu oft in die tiefste Dunkelheit ausartet. Die
Kings, oder ihre alten klassischen Bücher werden
von den Sinesen am meisten studiert, und
am wenigsten verstanden; jeder erklärt sie anders.
Dass sie für abstracte Untersuchungen,
besonders für die Metaphysik ganz unbrauchbar
ist, gestehet der Verfasser doch selbst. Aber er
rechnet es ihr auch als einen Vorzug an, weil
sie nur für nützliche Kenntnisse bestimmt sey.

Schrift.

Noch sonderbarer ist die Sinesische Schrift,
welche in ihrer Art einzig ist. Sie unterscheidet
sich von den übrigen Schriftarten dadurch, dass
sie weder natürliche noch symbolische Hieroglyphik,
46noch Sylben- noch Buchstabenschrift ist,
sondern ganze ausgebildete Begriffe, und zwar
jeden Begriff durch sein eigenes Zeichen ausdruckt,
ohne mit der Sprache in Verbindung zu
stehen. Sie spricht zu dem Auge, wie die Europäischen
Zahlzeichen, welche jeder verstehet,
und auf seine Art ausspricht. Man kann daher
Sinesisch lesen lernen, ohne Ein Wort von der
Sprache zu verstehen. Indessen scheinet doch
diese jener zum Muster gedienet zu haben.
Spielen in der Sprache die fünf oder sechs Vocale
die Hauptrolle, aus welchen mit Hülfe der
vorgesetzten Consonanten die 328 oder 330 Wurzellaute
bestehen: so liegen in der Schrift sechs
theils gerade, theils auf verschiedene Art gekrümmte
Linien zum Grunde, welche die 214
so genannten Schlüssel oder Urzeichen bilden,
mit welchen alle übrige Zeichen, deren höchste
Zahl man auf 80000 angibt, zusammen gesetzt
sind. Wäre diese Schrift ein systematisches
Werk Eines oder mehrerer dazu vereinigter guter
Köpfe, so würden diese 214 Schlüssel die
notwendigsten Haupt- oder Grundbegriffe enthalten,
aus welchen sich denn alle übrige hätten
müssen zusammen setzen lassen. Allein so bezeichnen
sie einen verworrenen Haufen unter
sich fremdartiger Dinge, so wie Laune und Zufall
sie den ersten Erfindern zugeführt zu haben
scheinen *)10. Man hat Spuren, dass sie ursprünglich
wirklich einige Ähnlichkeit mit der
47bezeichneten Sache hatten, und also wahre Hieroglyphen
waren. Sie scheinen daher der erste
rohe Versuch in der Kindheit der Cultur gewesen
zu seyn, da man noch wenig, und über wenig
zu schreiben hatte, und damahls mochten
diese wenigen Schlüssel den ganzen Vorrath von
Schriftzeichen ausmachen. Nichts beweiset die
Eingeschränktheit und den Mangel alles Genies
mehr, als dass man bey fortschreitender Cultur,
da des Schreibens mehr ward, diese lästige
Schriftart nicht verliess, sondern vielmehr auf
diesem unbequemen Wege fortwandelte, und
diese Zeichen durch Zusammensetzung und Verbindung
der Schlüssel und ihrer Theile nach
und nach bis zu einer Menge vermehrte, zu
deren Erlernung auch das längste Leben eines
Sinesischen Gelehrten, und wäre er auch ein
Leibnitz oder Newton, nicht hinreicht. Und
doch kann der Sinese mit der ganzen ungeheuren
Menge seiner Begriffszeichen bey weiten
nicht alles darstellen, was der Europäer mit seinen
wenigen Buchstaben ausdruckt. Da hier
jeder Begriff sein eigenes Zeichen hat, so dass
auf Ein Sinesisches Wort mit seinen vielen Bedeutungen
oft 243 Schriftzeichen kommen, so
ist es seltsam genug, dass hier so viele ganz einfache
Begriffe so zusammen gesetzte Zeichen haben.
Die Nacht heisst Ye; aber das Zeichen bestehet
aus den drey Schlüsseln Finsterniss, Bedecken
und Mensch, die Finsterniss anzudeuten,
in welcher sich der Mensch bedeckt, oder die
Finsternis, welche den Menschen bedeckt;
denn die Unbestimmtheit herrscht in der Schrift,
so wie in der Sprache. Das Zeichen des Hundes
mit einem andern für Wort oder Stimme
bedeutet wehklagen. Das Zeichen eines Königes
48bestehet aus den drey Schlüsseln, Zepter,
Auge. hoch. Die zusammen gesetzten Zeichen
von Mund oder Wort und Pfeil oder eindringen,
sollen verstehen oder begreifen bedeuten. Es
ist unnöthig zu bemerken, wie sehr das alles die
rohe Kindheit des menschlichen Geistes verräth,
und doch hat es dieser Schriftart nicht an Lobrednern
gefehlet *)11.

Mangelhafte Cultur.

Diese höchst unbequeme Schrift ist denn,
nebst der unvollkommnen Sprache, auch die
vornehmste Ursache, warum der Sinese es bisher
zu keinem nur erträglichen Grade der wissenschaftlichen
Cultur hat bringen können, noch
es jemahls bringen wird. Wer die beste und
thätigste Hälfte seines Lebens anwenden muss,
nur nothdürftig lesen und schreiben zu lernen,
bleibt auch für die andere Hälfte ein Kind. Die
Menge verwickelter Zeichen erschöpft alle Kräfte
des Gedächtnisses. Ein Gelehrter, der nach
langer und mühsamer Anstrengung deren 10000
erlernet hat, ist, wenn er zu einem reifern Alter
kommt, und nun erst seine Kenntnisse anwenden
sollte, schwach und stumpf am Verstande.
49Nichts ist gewöhnlicher, als dass solche Männer
von den Europäern Mittel zur Stärkung des Gedächtnisses
verlangen. Die vorgegebenen strengen
Examina derjenigen Candidaten, welche
Mandarinen, d. i. Gelehrte und Beamte werden
wollen, bestehen in langweiligen und mühsamen
Untersuchungen, ob sie ein paar tausend
Schriftzeichen verstehen und nachmahlen können.
An andere Kenntnisse wird nicht gedacht.
Ein so genannter Sinesischer Gelehrter, d. i. wer
nothdürftig lesen und schreiben kann, ist daher
in allem, was Kunst und Wissenschaft heisst,
völlig unwissend. Dazu kommt die ungebildete
Sprache, welche sich gegen alles Unsinnliche
sträubt. Es ist eine Lust, sagt ein gewisser
Schriftsteller, zwey Sinesen über wissenschaftliche
Gegenstände sprechen zu hören. Sie streiten
sich, ohne sich zu verstehen, häufen Synonymen,
und verwirren sich nur noch mehr,
und wenn sie nicht weiter können, so nehmen
sie den Fächer zu Hülfe, zeichnen den Begriff,
welchen sie andeuten wollen, in die Luft, und
stehen am Ende immer noch auf dem Punkte,
von welchem sie ausgegangen sind.

Mandarinen-Sprache.

Was bisher von der Sinesischen Sprache geesagt
worden, betrifft zunächst die Hof- Schrift- und
höhere Gesellschaftssprache, welche in Sina
Kuan hoa, in Europa aber die Mandarinen-Sprache
genannt wird, weil sie unter den Gelehrten und
obern Beamten gangbar ist. Sie ist eigentlich
die gewöhnliche Sprache der Provinz Kiang nan,
in welcher die ehemahligen einheimischen Kaiser
ihren Sitz hatten, an deren Hofe sie vorzüglich
50ausgebildet wurde. Sie wird auch noch
jetzt in dieser Provinz und den benachbarten
Gegenden im gewöhnlichen Umgange gesprochen.
Als die Mantschu sich des Reiches bemächtigten,
und den Hauptsitz näher an die
Grenze nach Peking verlegten, gebrauchten sie
zwar unter sich ihre mitgebrachte Sprache, behielten
aber in allen Reichsgeschäften die alte
Hofsprache bey, daher selbige noch jetzt in den
obern Classen zu Peking am reinsten und zierlichsten
gesprochen wird. Verschiedene Schriftsteller
unterscheiden diese Kuan hoa oder Mandarinen-Sprache,
von der Sprache Ku uan,
welche in den fünf Kings oder alten Religions-Büchern
herrscht, und von der Uan tschang,
oder der Büchersprache. Allein das sind keine
besondern Sprachen, sondern nur Arten des
Styls, welcher in den Kings erhaben und feyerlich,
in der Büchersprache reiner und ausgewählter
als in der flüchtigen Umgangssprache
erscheint.

Litteratur der Sprache.

Die Geschichte der Sinesischen Litteratur
in Europa liefern Bayer in Museo Sinico und Fourmont
in den Meditationibus Sinicis, beyde in den
Vorreden. Ein Verzeichniss der zur Litteratur
der Sinesischen Sprache gehörigen Schriften findet
man in des Hrn. von Murr Gesch. des Hao Kjoh,
Vorr. S. XIII folg. S. 622, und in dessen Litterae
patentes Imperatoris Kanh hi
, Nürnberg, 1802, 4;
eine Beurtheilung der alten Litteratur der Sinesen
aber in Jul. Klaproths Asiat. Magaz. Th. 1,
S. 455, Th. 2, S. 193; wo der Anfang der Sinesischen
Litteratur sehr freygebig in 1200 vor
Chr. gesetzt wird.51

J. Webbs historical Essay endeavouring a Probability
that the language of China is the primitive
language
. London, 1669, 8. Das ist sie nun
zwar nicht, aber doch der ursprünglichen am
nächsten. Er schliesst selbiges sehr richtig,
theils aus der Natur und Einfachheit der Sprache,
theils aus dem hohen Alter des Volks und dessen
Abgeschiedenheit von andern Menschen. Ich
finde nicht, dass jemand nach ihm von dieser
Behauptung Gebrauch gemacht hätte.

Lettre de Pekin (von dem P. Amiot) sur Ie Génie
de la langue Chinoise et sur la nature de leur Ecriture
symbolique (das ist sie nun gewiss nicht) comparée
avec celle des anciens Egyptiens
. Brüssel,
1773, 4; 1782, 8; vorher Englisch in den Philosoph.
Transact
. Sonderbar, dass von den vielen
Jesuiten, welche seit dritthalb Jahrhunderten
in diesem Reiche gelebt haben, uns beynahe
keiner eine gründliche Übersicht dieser Sprache
gegeben hat, ungeachtet sie es an Lobpreisungen
nicht haben fehlen lassen. Befürchteten sie
etwa, dass eine getreue Darstellung die beste
Widerlegung ihres übertriebenen Lobes seyn
würde? Am tiefsten ist noch der Britte Barrow,
der Begleiter Macartney's in seiner Reise nach
Sina, in die Sprache eingedrungen.

Franc. Varo arte de la lengua Mandarina, Canton,
1703. S. von Murr Gesch. des Hao Kjoh
Vorr. S. XIII.

Theoph. Siegfr. Bayeri Museum Sinicum. Petersburg,
1730, 2 Bände in 8, enthält eine
Sprachlehre und ein Wörterbuch, doch nur
von 2200 Wörtern. Bayer erklärte nachmahls
selbst diese Arbeit für sehr unvollkommen, welches
doch nur die Schriftzeichen betrifft.52

Steph. Fourmont Meditationes Sinicae. Paris,
1737, fol. Eben desselben Linguae Sinarum
Mandarinicae hieroglyphicae
(was ist das für eine
Sprache?) Grammatica duplex. Eb. das. 1742,
fol., wo er S. 345-516 auch ein vollständiges
Verzeichniss der in der öffentlichen Bibliothek
zu Paris befindlichen Sinesischen Handschriften
liefert. Fourmont dachte, wie alle Jesuiten und
Jesuiten-Freunde viel zu vornehm von der unvollkommnen
Sinesischen Schrift und Sprache.
Von seinen noch ungedruckten Sinesischen
Wörterbüchern s. von Murr l. c. S. 638, und
Journ. Th. 4, S. 203.

Dictionnaire Chinois et François von F. S.
Dalquié
in der Französischen Übersetzung von
Athan. Kirchers China illustrata, Amsterd. 1670,
fol. im Anhange, u. 324-367 mit Lateinischer
Schrift.

Christi. Mentzelii sylloge minutiarum Lexici
Latino-Sinici characteristici
. Nürnberg, 1685, 4.
Sein Lexicon characteristicum, welches doch nur
8000 erklärte Schriftzeichen enthält, und aus
des Diaz Vocabulario de la letra China gezogen ist,
befindet sich handschriftlich in der Königlichen
Bibliothek zu Berlin.

In den neuesten Zeiten haben sich zugleich
zwey Gelehrte mit der Sinesischen Litteratur
beschäftiget und Wörterbücher angekündiget,
D. Joseph Hager, ein Deutscher, jetzt in Paris,
und Ant. Montucci, ein Italiäner, jetzt in London.
Man sehe Klaproths Asiat. Magaz. Th. 2,
S. 78 und 473. Eine strenge Beurtheilung des
erstern befindet sich in der Jenaischen Litterat.
Zeit
. 1804, Jun.53

Mundarten.

Indessen kann es in einem so grossen Lande
an zahlreichen Mundarten, und vielleicht auch
an eigenen Sprachen nicht fehlen, nur Schade,
dass man so wenig bestimmte Nachrichten davon
hat. Die Europäischen Missionarien, die einzigen,
von welchen man umständliche Nachrichten
erwarten kann, drängen sich nur immer
um den Mittelpunct der Macht zusammen, lernen,
wenn es hoch kommt, die Hofsprache,
und bekümmern sich wenig um die Volkssprachen.
Diese heissen im Lande selbst Hiang tan,
und aus einigen Spuren lässt sich schliessen,
dass auch sie insgesammt einsylbig sind, welches
denn auf einen gemeinschaftlichen Ursprung
hinweiset. Sina bestehet aus 15, nach andern
aus 18 grossen Provinzen, und diese wiederum
aus mehrern Abtheilungen. Alle diese Provinzen,
und in jeder fast jede beträchtliche Stadt
mit ihrem Gebiethe haben ihre eigenen Mundarten.
Besonders sollen in den südlichen Provinzen
die Mundarten zahlreich und abweichend
seyn. Nach Kämpfers Japanischen Reise gibt es
in den drey an der östlichen Küste gelegenen
Provinzen Nankin, Tschaktsju und Foktsju
(Kiang nan, Tsche kiang und Fo kien,) gar
drey verschiedene Sprachen. Du Halde bestätiget
das von der Provinz Fo kien. Dieser Dialect
ist uns noch am bekanntesten, indem sich
eine Sprachlehre und ein Wörterbuch desselben
handschriftlich in der Königl. Bibliothek zu Berlin
befindet, woraus Bayer in Museo Sinico Th. 1.
S. 139 folg. die Sprachlehre hat abdrucken lassen.
Er nennet die Provinz zwar Chin-Cheu;
allein es ist diese keine andere als Fo kien, aus
54deren Hauptstadt Tschang tscheu ein starker
Handel nach Japan, Formosa, den Philippinen
und den Ostindischen Inseln getrieben wird.
Die Spanier nennen die Einwohner verderbt
Chincheos, woraus andere eine Sprache Chincheu
gemacht haben. Sie gleicht an Einsylbigkeit
und der übrigen Einrichtung der Mandarinen-Sprache
völlig, nur dass die Wörter hier anders
lauten, und andere Bedeutungen haben, auch
das b, d und r hier angetroffen werden, welche
der Mandarinen-Sprache fehlen. Der Genitiv
wird hier nicht durch ti, sondern durch gue
ausgedruckt. Ich heisst hier nicht ngo, sondern
gua, und guan, wir. Übrigens zerfällt diese
Sprache wieder in fünf Neben-Dialecte. Ausser
dem gibt es in den Gebirgen noch manche wilde
und halb wilde unbezwungene Stämme, von
welchen man nur überhaupt weiss, dass sie ihre
eigenen Sprachen oder Mundarten haben. Dahin
gehören die wilden Mau lao, Waldratzen,
welche sich durch sechs Provinzen verbreitet
haben; die Miao tse mitten in dem Reiche in
vier Provinzen, welche 1776 sollen seyn bezwungen
worden; die Lo los in der Provinz
Yun man, und andere mehr. Auf der Insel
Hai nam im 19ten Grad Breite, redet man an
der Küste gemein Sinesisch; aber die wilden
Bergbewohner im Innern haben ihre eigene
ganz unbekannte Sprache.

Sprachprobe.

Die folgenden Formeln in der Mandarinen-Sprache,
wovon die beyden ersten bloss in der
Übersetzung verschieden sind, sind ein hinlänglicher
Beweis, wie ungelenk und unbehülflich
die Sprache ist, wenn sie sich ungewohnten und
55besonders abstracten Begriffen anschmiegen soll.
Die erste ist aus des Angeli Roccha Bibliotheca Vaticana
S. 376, aber so, wie Andr. Müller in seiner
Orat. Domin. Sinica sie verbessert, mit Tonzeichen
versehen, und mit einer doppelten Übersetzung
begleitet hat. Die vierte Bitte scheint
mangelhaft, kann aber doch leicht aus der folgenden
Formel ergänzet werden. Die Tonzeichen
habe ich weggelassen, weil sie ohne mündlichen
Unterricht doch niemanden nutzen. Müller
vermuthet, dass Roccha seine Formel von
dem Mich. Rodriguez, dem Gefährten des Jesuiten
Ricci, bekommen habe. Aus dem Roccha
hatten selbige schon Megiser, Grammaye,
d'Avily und andere, aber sehr fehlerhaft. Eine
andere Formel lieferte John Wilkins im Essay towards
a real Character; und zwar zwey Mahl,
S. 435 und 451. Er hatte sie von einem reformirten
Geistlichen, daher sie auch die Doxologie
hat. Übrigens kommt sie mit der folgenden
zweyten vollkommen überein, ausser dass die
sechs ersten Wörter anders geordnet sind, daher
ich sie übergehe, aber doch die Doxologie
aus ihr beybehalte.

Die zweyte Formel schreibt sich von dem
bekannten Jesuiten Mart. Martinius her, von
welchem sie Jac. Golius, und von diesem vermuthlich
Andr. Müller bekam. Der letzte gab
sie nicht allein in seiner unter Thom. Lüdekens
Nahmen veranstalteten Sammlung, S. 26, sondern
auch einzeln sowohl mit Sinesischer als
Lateinischer Schrift, und allerley nützlichen
Zusätzen und Anmerkungen, unter dem Titel
Oratio dominica Sinica ohne seinen Nahmen, und
ohne Jahr und Ort auf zwey Quart-Bogen heraus.
Es sollte eine Probe seyn, wie er seine
56V. U. Polyglotte bearbeiten wollte, welche er
aber nicht erlebte. Aus des Golius Papieren
lieferte selbige auch Chamberlayne, S. 18, aber
da sie bey ihm sehr fehlerhaft ist, so gab Greg.
Sharpe in des Thom. Hyde Syntagma Dissertatt.
Oxford, 1767, 4, selbige im Anhange zum
zweyten Theile Tab. III richtiger in Kupfer
gestochen, sowohl mit Sinesischer als Lateinischer
Schrift, und einer Übersetzung. Diese
Formel des Martinius befindet sich auch unter
Hrn. D. Hagers Nahmen in der neuesten Pariser
Sammlung, sowohl mit Sinesischer als Lateinischer
Schrift. Die letztere weicht nur in der
Aussprache einiger Wörter ab, z.B. teng, ming,
für tem, mim, und ist dabey mit Tonzeichen
versehen. Da die Aussprache mir hier die richtigere
zu seyn scheinet, so bin ich ihr gefolget.

Ich füge noch eine dritte bey, welche aus
dem Munde eines Sinesen zu S. Petersburg
nachgeschrieben worden, und welche ich meinem
Neffen, dem dasigen Hofrath, Fridr. Adelung
zu danken habe. Sie unterscheidet sich
von der zweyten bloss durch die Aussprache und
Schreibung.

Die letzte Formel ist in der Sprache der
Provinz Chin-cheu, oder vielmehr Fo kien, aus
der vorhin gedachten Handschrift eines Spanischen
Missionarii, woraus sie sich in Bayers
Museo Sinico, Th. 1, S. 161 befindet. Aus einem
Briefe Bayers in den Preuss. Zehenten, Th. 2,
S. 154 erhellet, dass sich in dieser Handschrift
noch eine andere Formel in eben derselben
Mundart befindet, deren Abweichungen aber
unbedeutend sind, ausser dass das erste Wort
Lan, unser, hier Guan heisst.57

1. Mandarinen-Sinesisch.

Aus Andr. Müllers orat. domin. Sinica.

Welt Mensch gross Vater Herr seyn Himmel bitten.
Ich bitten gross Vater Nahme seyn machen heilig;
Ich bitten Vater Mensch all Mensch Reich kommen;
In Himmel wie Herz seyn gross Vater ich bitten gross
Vater geschehen auch zu ich;
Ich bitten gross Vater geben ich Tag welcher
Ich bitten gross Vater vergeben ich Schuld, wie
vergeben Schuld ich ich welche
Ich bitten gross Vater versuchen ich lassen fallen nicht
in Böses;
Ich bitten gross Vater befreyen ich von Elend. Amen.

Schi ghin ta Fu Tschu ssay Tien kim.
Ngo yuen ta Fu Mim yeu tschim khim;
Ngo yuen Fu Ghin tschuen Ssieu Kue kei ye;
Yu Tien ju Sin ssay ta Fu ngo yen ta
Fu too ye you ngo;
Ngo yen ta Fu yu ngo Je tsche…
Ngo yen ta Fu khe ngo tschi Tschai, ju
khe Tschai ngo ngo fu tsche tschi;
Ngo yuen ta Fu yeu ngo hiu hien pu
yn yu Oo;
Ngo yuen ta Fu kieu ngo yu Nan. Yamen.

Syntaktische Übersetzung.

Dieser Welt Menschen grossen Vater (und) Herrn,
welcher ist in den Himmeln bitten wir.

Wir bitten von dem grossen Vater, dass sein Nahme
sey und werde heilig;

Wir bitten von dem Vater aller Menschen, dass sein
Reich komme;58

Im Himmel wie der Wille des grossen Vaters geschiehet,
bitten wir von dem grossen Vater, dass er auch
geschehe bey uns;

Wir bitten von dem grossen Vater uns zu geben diesen
Tag…

Wir bitten von dem grossen Vater, dass er vergebe unsere
Schulden, wie wir vergeben denen, die unsere
Schulden tragen;

Wir bitten von dem grossen Vater, dass er uns nicht
lasse fallen in Böses;

Wir bitten von dem grossen Vater, dass er uns befreye
von dem Elende. Amen.

2. Dasselbe.

Von dem Jesuiten Mart. Martinius in Andr. Müllers
Orat. domin. Sin.

Herr Gebeth.

Seyn Himmel ich ander (wir) Vater welcher;
Ich ander (wir) bitten du Nahme machen heilig;
Du Reich kommen zu:
Du wollen machen auf Erde wie im Himmel: (.)
Ich ander erwarten du dieser Tag geben ich ich Tag
brauchen Speise;
Du vergeben ich Schuld wie ich auch vergeben tragen
ich Schuld welcher;

Tschu Kyng.

Tsai Tien ngo teng Fu tsche;
Ngo teng yueu ull Ming tschim khing;
Ull Kue lin-kei;
Ull Tschi tsching-hing yu Ti, ju yu Tien yen;
Ngo teng uang ull kin Je yu ngo ngo Je
yung Leang;
Ull mien ngo Tschai yu ngo ye khe fu
ngo Tschai tsche;59

Und nicht ich lassen fallen in Versuchen;
Sondern befreyen ich von Böses.
Reich, Macht, Glückseligkeit seyn du in nicht Ende
Zeit Zeit. Amen.

Yeu pu ngo hiu hien yu Yeu-kan;
Nai kieu ngo yu Hiung.
Kue, Nem, Fo, ssjy ull yu uu Kheong
khi tschi khi. Yameng.

Syntaktische Übersetzung.

Unser Vater, welcher ist im Himmel,

Wir bitten, dein Nahme werde heilig;

Dein Reich komme;

Dein Wille geschehe auf der Erde wie im Himmel;

O, wir erwarten, du an diesem Tage gebest uns unsere
tägliche Speise;

Du vergib uns unsere Schuld, wie wir auch vergeben
(den) tragenden unsere Schuld;

Und nicht uns lass fallen in Versuchung;

Sondern befreye uns vom Bösen.

(Denn) Reich, Macht und Herrlichkeit ist dein in
ohne Ende Zeit der Zeiten. Amen.

3. Dasselbe.

Aus dem Munde eines Sinesen zu S. Petersburg
nachgeschrieben
.

Im Himmel wir von uns Vater seyend,
Wir von uns wünschen dein Nahme sey heilig;
Dein Reich möge gekommen seyn;
Dein Wille geschehe auf Erde wie im Himmel;

Dsai Tyan vo tinn Fu tge,
Vo tinn yuan el Minn tsian schenn;
El Go lin ke;
El Tgy tchinn jui Ti jou jui Tyan;60

Du mögest heute geben uns Tag der Tage Brot;
Und vergib uns Schuld wie wir auch vergeben unsern
Schulden seyend;
Und nicht uns führe in Versuchung;
Sondern erlöse uns vom Übel. Amen.

Yan tschin gy jui vo Gy Yun Lian;
El myan vo Tjay you vo j myan vo
Tjay tge;
Yu bu vo soui yui Ju Gan;
Nai tsyu vo yui Ssunn. O.

4. In der Sprache der Provinz Fo-kien.

Bayers Museum Sin. Th. 1, S. 161.

Unser Vater, der seyn im Himmel,
Du verstatten uns dass ehren dein Nahme;
Dein Reich gib kommen zu uns;
Du verstatte zu uns so diese Erde gehorsam
annehmen dein Befehl, so wie im
Himmel;
Tägliche Speise auf jeden Tag du gib zu
uns;
Du vergib unsere Sünde, so wie wir
vergeben denen, welche (beleidigen) uns Menschen;

Lan Tia, lu tu ti Tschio,
Lu su kit guan, ching suan lu Mia;
Lu Cog su lay kit guan;
Lu su kit guan tschi tey Tschiö sun
sui lu Beng, tschim tschio tu ti
Tschio;
Jit-jit Sei ong je nai kin toa Jit lu su kit
guan;
Lu ya sia guan Tschue, tschin tschio guan
sia teg, tsche guan Lang;61

Teufel nicht verführe unser Herz;
Auch du nicht lass fallen auf uns thun Übels;
Befreye uns elende.

Mo-cui po bee guan Sim;
Tschum lu bo pang kit guan tscho Leng;
Kuiu guan cou-lan. Amen.

Als Sprach- und Sachprobe zugleich will
ich noch den Anfang eines in Sina sehr beliebten
Schulbuches hersetzen. Es ist das Siao Ul Lun,
nach welchem diejenigen Knaben, welche zu
Mandarinen, d. i. Gelehrten und Beamten bestimmt
sind, in der alten Sinesischen Geschichte,
welche hier wie bey allen alten und ungebildeten
Völkern mit der Kosmogenie verbunden ist,
bis in ihr fünfzehntes Jahr unterrichtet werden.
Es dienet zur Bestätigung dessen, was im vorigen
sowohl von der Unbehülflichkeit der Sprache,
als der ärmlichen wissenschaftlichen Cultur
gesagt worden. Auch bestehet der ganze Unterricht
darin, dass die Lernenden sich die Wortzeichen
fest einprägen, und selbige fertig wieder
nachmahlen lernen. Ich entlehne dieses Stück
aus Theoph Siegfr. Bayers Museum Sinicum,
Th. 2, S. 259.

Parvi filii institutio.
Succedentium magnorum Imperatorum regum universalis
memoria.
Magna antiquitas. Aqua adveniens, fluens, pacifica, composita,
subsedit, divisit superiora secula, eo produxit

Siao Ul Lun.
Lie ta ti vam ssum
ki.
Tay ku. Hum lieu, ni tun
tschi Tuen kham khi ku ssiven tschi62

formam rerum. Coeli Augusta familia fratres (fuere) maiores
minores (que) tredecim homines; singuli (vixere) myriadem
unam, octies (que) mille annos. Terrae Augustae familia,
fratres majores (fuerunt) minores (que) undecim homines.
Singuli (vixerunt) myriadem unam octies (que) mille annos.
Hominum Augusta familia fratres majores minores (que) novem
homines, singuli quatuor myriades quinquies mille sexies
centum annos. Habens fructum familia, docuit hominem
terram colere, arbores habere fructus (que) ad aedificia (et)
mansiones. Ignem (tractans) hominum familia, terebrando
lignum concepit ignem, docuit (que) homines metalla fundere.
(et) coquere. Trium Hoam (et) quinque Ti recensio (haec est).
Tay Hao Fo Hi familia, Spiritus generavit serpentem
(quoad) corpus, hominem (que) (quoad) caput,
docuit sonos musicos, (in) Pi kien, medicus (fuit) instituit
octo sortes. Fuit honoratus (i. e. regnavit) unum centum
unum decem quinque annos. Niu kua familia spiritus
generavit (eam) simul complexam decem quinque familias

y. Tien Hoam khi hium
ti khe san chin; ko ye
van, pa ssien sui. Ti Hoam khi
hium ti khe ye chin.
Ko ye van pa ssien sui.
Chin Hoam khi hium ti nieu
chin, ko su van u ssien lo
pe sui. Yen quo khi, kiao chin
ti mo gvei quo y kiu
tschu. Sui chin khi ssuon
mo ssui ho, kiao chin pem
chu. San Hoam v Ti ki.
Tay Hao Fo Hi khi, fum sem khe
khun, chin kheu,
hoai Pi kien, tschi, tem
pa qua. Ssai hoei ye pe
ye khe v nien. Niu kua khi fum
sem ssiam tschim khe v khi63

simul unum mille ter centum sexaginta superstites
(fuerunt) annos. Jeni Ti Tschini Nungi familia,
ex optima regia domo natus homo (quoad) corpus, bos
(quoad) caput aravit sulcos fecit (per) colles, medicus (fuit)
fecit medicorum librum, fuit regnans unum centum
quadraginta annos. Ti Ling Quei Kin Nungi
filius fuit regnans octoginta annos

kum ye ssien san pe lo khe yn
mien. Yen ti tschin Num khi,
kiam sem chin khin yeu
kheu ssai kio feu, tschi
sso y khu ssai gvei ye pe
su khe nien. Ti Ling Quei Kin Nung
ssu ssai gvei pa khe nien etc.

II. Tibetanisch.

Tibet, dieses merkwürdige grosse Land von
ungefär 17000 Quadrat-Meilen und 30 Millionen
Menschen, welches sich uns als der erste
Ausflug des frühesten Urvolkes aus dem Garten
seiner ersten Bildung dargestellet hat, liegt unmittelbar
an dem hohen Mittel-Asien, daher hier
auch die grossen Flüsse Ganges, Burumputer,
Indus, Nukian u. s. f. entspringen. Es grenzet
in Osten an Sina, in Westen an Kaschemir und
die Bücharey, in Norden an die Mongoley und
an die grosse Wüste Kobi, und in Süden an Indostan
und das Birmanische Reich. Die Nahmen
Tibet und Tangut hat es von den Mongolen,
die Einwohner selbst nennen es Bod, oder, da
sie kein b in ihrer Sprache haben, Put oder Pegedu,
sich selbst aber Pod-pa. Bey den Sinesen
heisst es Tsan, Tsang-li und ein Tibetaner Kiang.
Wenn manche, besonders Engländische Schriftsteller
64es Butan nennen, so entlehnen sie den
Nahmen von einem der südlichen Königreiche, welches
unmittelbar an Bengalen grenzt, und
seinen eigenen König hat, der zwar auch ein
Lama oder Priester, aber von einer andern Secte
ist, und zu Tassisudon wohnet. Bei den ältern
Schriftstellern kommt es unter dem Nahmen
Indo-Scythien vor, da denn dessen Bewohner
auch wohl für Scythen oder Tatarn pflegen ausgegeben
zu werden. Das rühret ohne Zweifel
von den vielen Einflüssen her, welche die angrenzenden
Tatarn und Mongolen zu allen Zeiten
auf dieses Land gehabt, und dasselbe sogar
mehr als Ein Mahl beherrscht haben, wie wenigstens
von den Tufanen oder Koschöt, einem
kalmuckischen Stamme, bekannt ist. Der Vermischung
mit ihnen haben die Einwohner denn
auch wohl die so eigene Mongolische Gesichtsbildung
zu danken; denn dass sie nicht ursprünglich
von Mongolen oder Tatarn abstammen, beweiset
ihre Sprache, welche von den nördlichern
wesentlich abweicht, und welche sie bey
allen Einflüssen barbarischer Völker, wie die Sinesen
und Hindu, rein und unvermischt zu erhalten
gewusst haben. Es wird in Gross-Tibet,
Klein-Tibet und Lassa, nach andern in Hoch-,
Mittel- und Nieder-Tibet, am richtigsten aber
in eilf Königreiche eingetheilet, welche Georgi
und Hakman angeben.

Tibet gehöret in Ansehung unserer immer
noch zu den weniger bekannten Ländern Asiens.
Was die Mönche Joh. de Plano Carpini, und Wilh.
von Rubriquis
, ingleichen der Venetianer Marco
Polo
im 13ten Jahrhundert davon bekannt machten,
verdienet kaum Erwähnung, zumahl da sie
nicht selbst nach Tibet gekommen sind. Was man
65von den in Peking angestellten Jesuiten, welche
Tibet im 17ten und 18ten Jahrhundert bereisen
mussten, erfuhr, ist auch nur sehr dürftig. Der
Capuciner, Horazio della Penna Bella, welcher sich
von 1732 an 17 Jahr als Missionar in der Hauptstadt
Lassa aufgehalten und die Sprache erlernet
hatte, hätte diese Lücke ausfüllen können, wenn
er weniger Capuciner gewesen wäre. Seine Reise
erschien Italiänisch, Rom, 1742, 4. Die Britten
wurden wegen ihrer Nähe in Bengalen aus
Handelsabsichten auf Tibet aufmerksam, und
schickten 1774 den Georg Bogle, 1784 den Sam.
Turner
, und 1785 einen Braminen Gosseyn Purondschir
dahin, deren Nachrichten gedruckt,
und in mehrere Sprachen übersetzt sind, aber
bloss ihre Aufnahme bei dem Tischu-Lama betreffen.
Des Adjunct Hakman Nachricht in Pallas
Nord. Beytr
. Th. 4, S. 271, und ein anderer Aufsatz
eben daselbst Th. 1, S. 201 gehören zu dem
besten, was über Tibet geschrieben ist. Des
Englischen Wundarztes Saunders Nachricht in
den Philosoph. Transact. Th. 79 und Deutsch in
Sprengel's und Forsters neuen Beytr. ist ganz botanisch
und mineralogisch.

Tibet hat, so viel man jetzt noch weiss,
keine alte Geschichte, denn was Georgi davon
liefert, fängt erst mit 790 an, einer Geschichte
ähnlich zu sehen. Auch Sina's Geschichte gedenkt
dessen erst in den spätern Zeiten. Es bestand
ehedem, wie noch aus der heutigen Eintheilung
erhellet, aus mehrern kleinen Reichen,
von welchen sich immer eines über das andere
zu erheben suchte. Im nächsten Jahrhunderte
vor Chr. drangen Scythen, wahrscheinlich Türken
oderTatarn, in das nördliche Indien, d. i. Tibet
ein, welche Arrian, Dionysius Periegetes und
66Ptolemaeus Indo-Scythen nennen. Ein Jahrhundert
darauf flüchteten die aus Indien vertriebenen
Buddisten hieher, und führten den noch bestehenden
Lama-Dienst ein. Um 547 gedenkt
Cosmus hier der weissen Hunnen; vermuthlich
noch die vorigen Türken. Um 720 bemächtigten
sich die an der Sinesischen Grenze um den
See Kokonor wohnenden Sifanen oder Tufanen,
welche bei den Russen Koschöt heissen, ein Mongolischer
Stamm, desselben, und scheinen es
bis 907 beherrscht zu haben, da das Reich durch
innere Zwietracht in mehrere Staaten zerfiel.
Ohne Zweifel benutzten die Lama's oder Geistlichen
diese Gelegenheit, sich zu weltlichen Fürsten
zu erheben, und die sonderbare Hierarchie
zu stiften, welche, so wie die ganze Lamaische
der Römischen so ähnlich ist, aber ausser dieser
auch keine ihres gleichen hat. Auch hier fehlte
es an innerer Eintracht, daher es noch 1414 acht
Lama Fürsten oder Oberpriester gab, bis Sina
den zu Lassa zum Gross- oder Dalai-Lama erhob.
Da einer derselben um den Anfang des
I7ten Jahrh. auch das weibliche Geschlecht in
den geistlichen Stand aufnehmen wollte, so entstand
eine neue Spaltung, und mit ihr zwey
Gross-Lama's, der Dalai-Lama zu Lassa in Norden,
und der Boydo- oder Tischu-Lama in Süden.
Beyde Lama's verketzerten und verfluchten
sich anfänglich, wie zwey Päbste, aber jetzt
leben sie sehr friedlich und geben sich gegenseitig
den Segen. Der erste stehet unter Sinesischem
Schutze, der zweyte aber ist unabhängig.
Da der Lama sich mit keinen weltlichen Geschäften
befassen darf, so hat jeder einen Tipa
oder weltlichen Vice-König.

Die Sprache ist nur nach einzelnen Bruchstücken
67bekannt. Man weiss nur überhaupt,
dass sie aus wenigen hundert einsylbigen und
unbiegsamen Wurzellauten bestehet, wie die
Sinesische, mit welcher sie mehrere Wörter gemein
hat. Indessen ist sie nicht mehr so einfach
wie diese. Denn ob sie gleich noch viele
Wörter hat, welche bloss aus einem Vocal mit
einem vorgesetzten Consonanten bestehen, Su,
Leib, Go, Kopf, Pa, Kuh, Zo, Schatz, Po, Mannsperson;
so hat sie doch eben so viele, wo der
Wurzellaut durch einen Consonanten am Ende
schon mehr ausgebildet ist, Ser, Gold, Sar, Haus,
Deb, sprechen, sagen, Den, Sitz, Kong, Ey,
Ming, Nahme. Auch duldet sie schon einige
doppelte Consonanten am Anfange, Prul, Schlange,
Pru, Donner, Pre, Reiss, Dre, Teufel,
und darunter manche harte, Sre, Sohn, Srungh,
Aufseher, Sgiah, stellen, Rnam, Geist, Rta, Zeichen,
Rtsa, Gefäss, Rpa, raffen, rapere. Auch
scheinet die Sprache sich schon zur Ableitung
vermittelst gewisser Nachsylben zu neigen.
Ton-ghen, Prahler, Tra-khen, Feind, Sam-then,
Beschauer, Nu-bhe, Macht, Cih-va, der Tod,
Khor-va, Wanderung, Dro-va, Wanderer; nur
dass der bestimmte Ton dem Begriffe der Ableitung
noch im Wege stehet. Denn Ton und
Accent spielen hier eben dieselbe Rolle, wie im
Sinesischen. Man hat deren auch hier fünf Hauptarten,
der Nebenarten nicht zu gedenken, die
Bedeutungen zu unterscheiden. Da diese nicht
allemahl hinreichen, die Dunkelheit zu heben,
so helfen sich die Sprechenden mit den Fingern,
und schreiben die Buchstaben in den Sand. Die
am meisten hervorstechenden grammatischen
Verhältnisse werden, wie im Sinesischen,
durch eigene Wörter ausgedruckt. Der Genitiv
68durch hi, hei, hoi, khì, ji, eei, bei oder vei. Go
hi
, des Kopfes, Con bei, der Klöster, Ke vei,
der Tugenden; der Dativ und Accusativ durch
lhu la, welches eigentlich die Praepositio in ist.
Den Infinitiv zu bezeichnen, hängt man ein bha
an: Si bha, sehen, Den bha, geben, Tor bha,
machen, Dar kje bha, getheilet werden. Die
Wortfolge ist hier nicht so bestimmt, wie im Sinesischen,
sondern mehr willkührlich, indem
die Bestimmungswörter hier nach Belieben vor- und
nachgesetzt werden können, Thron me oder
Me thron, brennende Lampe. Wie schwierig
und dunkel das bey dem gänzlichen Mangel alles
Unterschiedes der Redetheile den Sinn der
Rede machen muss, siehet man aus des Georgii
weitläuftigen Commentar über die in Sibirien
gefundenen Tibetanischen Schriften, wo er oft
das Koptische, Aethiopische, Semitische u. s. f.
zu Hülfe nehmen muss, um nur einigen Verstand
heraus zu bringen oder hinein zu tragen.

Man fand nehmlich unter Peter dem Grossen
im südlichen Sibirien am Irtisch in einem ehemaligen
Kalmuckischen Kloster einige Schriften
mit unbekannten Schriftzügen, welche dieser
Kaiser 1721 nach Rom und Paris zur Entzieferung
schickte. La Croze in den Act. Erud. 1722,
und Bayer und Müller in den Comment. Petropol.
Th. 3, 4, und 10, letzterer auch in einer besondern
Schrift, de Scriptis Tanguticis in Sibiria
repertis, Petersb. 1747 erkannten Schrift und
Sprache für Tibetanisch, und die Gebrüder
Fourmont zu Paris wagten es sogar, sie vermittelst
eines handschriftlichen Wörterbuches (S. Bayers
Museum Sinic
.Vorr. S. 109,) zu übersetzen, welche
Übersetzung nachmals Georgi in seinem Alphabeto
Tibetano
verbesserte. Die Geschichte dieser
69Bemühungen erzählen Bayer am angef. Orte,
Petity in der Encyclop. élément. Th. 2, Band 2,
S. 584 folg. wo auch umständlich von der Tibetanischen
Schrift und deren Lesung gehandelt
wird, und Aug. Ant. Georgius im Alphabeto Tibetano,
Rom, 1762, gr. 4. Dieses sonderbare
Gemisch mythologischer und etymologischer
Auswüchse betrifft, dem grössten Theile nach, den
Lamaischen Religions-Begriff und dessen seltsame
Herleitung aus dem Aegyptischen und Manichäischen.
(Man sehe, was davon im folgenden
bey Indien gesagt worden.) Der zweite
weit schwächere Theil handelt von der Tibetanischen
Schrift. Von der Sprache findet man
nichts, als die obigen Schriften, das V.U., den
Englischen Gruss, den Glauben und die zehn
Gebothe mit, und verschiedene Urkunden ohne
Übersetzung. Einen Auszug besonders des mythologischen
und etymologischen Theiles lieferte
Gatterer in der histor. Bibliothek Th. 5, 6, 7,
einen andern J. C. C. Fabri in seiner Samml. von
Stadt- Land- und Reisebeschreib
. Th. 1. Des Capuciners
P. Cassiano Beligatti da Macerata Alphabetum
Tangutanum s. Tibetanum
, Rom. 1773, 8,
von Jo. Cph. Amaduzzi herausgegeben, betrifft
auch nur die Schrift, welche eigentlich eine
Buchstabenschrift ist, aber wegen der vielen Abbreviaturen
einer Sylbenschrift ähnlich siehet.
Von der Sprache hat man ausser einigen handschriftlichen
Wörterbüchern, deren Petity l. c.
S. 591, und Georgius Praef. S. 58 gedenken, so
viel als nichts. Einige einzelne Wörter findet
man in Strahlenbergs Tab. Polygl. und in dem Vocabul.
Petrop.
No. 165; die Zahlwörter in John
Bell's Travels from Russia to divers parts of Asia
,
Glasgow, 1763, 4.70

Die ältern Religions-Schriften der Tibetaner
sind in einem Dialect des Sanscrit, zu einem
Beweise, dass sie mit den Buddisten und der
Buddistischen Religion, welche aber in Tibet
eine eigene Gestalt gewonnen hat, aus dem vordern
Indien herstammen. In dem Reiche Amboa,
welches auch die meiste Cultur und die meisten
Schulen hat, wird das Tibetanische am reinsten
und besten, in dem Königreiche Kombo aber am
gröbsten und schlechtesten gesprochen. Es gibt
in diesem grossen Reiche gewiss noch mehrere
wilde und halbwilde Völker mit eigenen Sprachen
oder Mundarten; allein es ist nichts von ihnen
bekannt. Die Duc-ba in Butan kennet man
auch nur dem Nahmen nach. Die Sifan oder
Tufan in den rauhen Gebirgen zwischen Sina
und Tibet, welche das letztere eine Zeit lang
beherrschten, und aus welchen noch jetzt der
Dalai-Lama gewählet wird, sind keine Tibetaner,
sondern ein Mongolischer Stamm.

Ich entlehne die folgende Formel aus des
Cassiano Alphab. Tangut, aus welcher auch Hervas
im Saggio prattico S. 150 und die neueste Pariser
Polyglotte sie hat. Die in Georgii Alphab. Tibet.
S. 643 weicht nur in einigen Wörtern ab.

5. Tibetanisch.

Jesu Christi mit eigenem Munde gelehrtes
Gebeth.
Unser Vater Himmeln der in
sitzest,

Jesu Kristho-ji rangh Schel ne lap-behi
Mon-lam.
Nge - nam khji Jap Nam- khei longh tu
sgiu-bhehi,71

Euer Nahme allen von geheiliget sey;
Euer Reich bald komme;
Euer Wille wie Himmel in
so Welt in gethan sey;
Tägliches unser Brot heute
uns gegeben werde machet und;
Wie wir unsern
Schuldnern vergeben so
uns unsere Schulden
vergebet und;
überlasset;
Sondern uns Bösen von befreyet.
So geschehe es!

Khje-khji Tren tham-tschieh ne sanghkje-bare ghjur;
Khje-khji Jul-kham dschiom-bhare-schio;
Khje-khji Thu-do tschi-tar Nam-kha la,
te-thar Dschik-then tu tze-bhare ghiur;
Gnin-re-schin nghe-nam khji Pah-leb to-rin
nghe-nam la nangh-vare tzo-hha tangh;
Tschi-tar nghe-nam-khji nghe-khji
Pu-lon-ken la zo-bhare-tschje, te-thar
nghe-nam la nghe-khji Pu-lon
zo-bhare-zo-bha tang;
Uns Versuchung geschehe nicht
Nghe-nam-la Khjul-va ghjungh-vei ma
thangh-vare;
Ma-se nghe-nam Mi-le-bha le trol-vare-tzo.
Te-thar jin-bha jin!72

III. Bomanisch, Birmahnisch
oder Avanisch.

Boman, nebst Arrakan und die folgenden
Länder mit einsylbigen Sprachen machen das
nördliche Hinter-Indien aus, welches in Norden
an die beyden vorigen Reiche grenzt, und vermuthlich
auch Einwohner und Sprache daher
erhalten hat. In allen herrscht die Bramanisch-Indische
Religion nach der Secte des Budda,
welche sich im ersten Jahrh. der christlichen
Zeitrechnung hierher geflüchtet hat, hier aber
andere Namen bekommt. Ihre heiligen Bücher
sind in einer Mundart des Sanscrit geschrieben,
welche hier Pali oder Bali genannt wird, und
von welcher ich bei Vorder-Indien handeln
werde. Assam und Tipra gehören zwar der
Lage nach auch noch zu Hinter-Indien; allein
da ihre Sprachen mehrsylbig und Dialecte des
Indostanischen sind, so muss ich sie bis dahin
versparen.

Das Königreich Boman, welches von der
Hauptstadt auch Ava heisst, wird oft auch Birmah,
Barman und Burman genannt, von Buraghmah,
welches nach Dalrymple der wahre
Nahme ist. Nach dem Alphabeto Barmano hingegen
ist Boman die richtige Form. Es soll nämlich
gegen das Ende des 16ten Jahrhunderts ein
ungeheurer Schwarm Tatarn (etwa Mongolen
von dem See Kokonor her?) man sagt 700000
Mann, nachdem er vergebens Sina angegriffen,
in Hinter-Indien eingefallen seyn, und diese
wären Bomani genannt worden, von Bo mas,
grosses Volk oder tapferer Mann. Die Sinesen
nennen das Land So mien; die Einwohner selbst
73aber nennen sich Myammau. Es liegt zwischen
Bengalen und Pegu, mit welchem letztern es
von je her, wenigstens seit 1459, in den blutigsten
Kriegen verwickelt gewesen, welche sich
immer mit der Unterjochung des einen oder des
andern Theils endigten. In der ersten Hälfte
des 18ten Jahrhunderts war Pegu der herrschende
Theil; allein 1753 empörte sich Alompra,
ein gemeiner Avaner, und eroberte ausser
Pegu auch Arrakan, Tongho, Kassay und verschiedene
andere Länder. Sein Sohn beherrschte
selbige noch 1795. Symes gibt dem Bomanischen
Staate mit Pegu, aber ausser Arrakan,
eine Bevölkerung von 14½ Millionen. Das Land,
welches noch ein Mahl so gross wie Frankreich
seyn soll, könnte deren weit mehrere fassen,
wenn es nicht so sehr mit Wäldern angefüllet
wäre. Die Einwohner gleichen in der Bildung
mehr den Sinesen, als den Hindu, sind weniger
gebildet, als die Peguaner, übrigens lebhaft,
neugierig, sanft, gütig und gefällig, aber im
Kriege unmenschlich grausam. Budda heisst
hier Gaudma, und ihr vornehmstes in Bali geschriebenes
Gesetzbuch Derma Sath oder Sastra.
Symes fand in dem Pallaste des Königes zu Ava
eine zahlreiche Bibliothek in fast hundert Kisten,
über Gegenstände aller Art, sowohl in Bali, als
in der Bomanischen Landessprache *)12.74

Diese ist einsylbig; denn die mehrsylbigen
Wörter sind entweder aus dem Bali entlehnet,
oder auf Europäische Art als Zusammensetzungen
geschrieben. Doch finden sich auch hier,
obgleich noch selten, die Anfänge von Ableitungen.
So kann der Bomane vermittelst der
Vorsylbe a Substantiva aus Verbis bilden: Pio,
sprechen, Apio, ein Ausspruch, eine Rede.
Die Sprache hat ausser vielen Kehl- und Nasenlauten
allein sechs Hauchlaute, welche der Europäer
schwer nachbilden kann; und doch klingt
sie sehr melodisch, besonders weil das letzte
Wort jedes Satzes mit einer musikalischen Cadenz
verlängert wird. Diphthongen und Triphthongen
sind hier, wenigstens für das Auge,
so häufig, als im Sinesischen. Bey der Einsylbigkeit findet
weder ein Unterschied der Redetheile,
noch eine eigentliche Biegung statt. Doch bezeichnet
der Bomane in manchen Fällen sowohl
den Plural durch to oder do, als auch die Casus
durch eigene Wörter. Da die Wörter hier eben
so viele Bedeutungen haben, als in andern einsylbigen
Sprachen, so werden sie auch hier
durch den Accent unterschieden; wenn aber
dieses nicht hinreicht, so hilft man sich durch
Synonymen, sehen erblicken; wovon in dem folgenden
V. U. mehrere Beyspiele vorkommen.
Den Mangel an Wörtern ersetzen sie theils
durch Umschreibungen, die denn wie Zusammensetzungen
aussehen, theils durch Tropen,
75welche dem Ausländer oft sehr gesucht und
dunkel scheinen. Sii heisst das Licht, und figürlich
die Schönheit, und pak der Mund; daher
Sii-pak, die Lippen, weil sie die Schönheit des
Mundes ausmachen. Der Ruhm des Holzes bedeutet
die Blüthe. Das Wort Kind bezeichnet
figürlich etwas kleines; daher Gewichtkind ein
kleines Gewicht. Da die Sprache in manchen
Fällen den Artikel hat, so schliesst Montegatio
daraus, dass sie aus zwey Sprachen zusammen
geflossen sey, deren eine den Artikel hatte, die
andere aber nicht. Daher denn auch wohl die
doppelten Zahlwörter. Statt der Praepositionen
hat man hier Postpositionen in besondern
Wörtern. Die Verhältnisse, welche in mehrsylbigen
Sprachen durch die Conjugation ausgedruckt
werden, werden durch einzelne Worter
bezeichnet; aber nur sehr kümmerlich, auch
nicht allemahl, und oft werden die Zeiten verwechselt.
Aus Neutris oder Passivis werden
durch die blosse Aspiration Activa gebildet: Kia,
fallen, Khia, werfen, absetzen. Adverbia entstehen
durch Verdoppelung des Adjectives: kiat,
tapfer, kiat kiat, auf tapfere Art, fortiter. Von
Conjunctionen weiss man hier nichts, daher die
Rede zerschnitten und zerstückelt da stehet.
Der Syntax ist kurz und einfach. Das Adjectiv
folgt seinem Substantive, dagegen es im Sinesiischen
voran stehet. Aber die Wortfolge ist sonderbar
und verwickelt, wie aus der folgenden
Formel erhellet. Was der Sprache bey diesen
Umständen an Klarheit und Bestimmtheit abgehen
muss, sucht der Bomane durch einen
Schwall von Wörtern zu ersetzen, besonders
wenn er mit Achtung und Ehrerbietung sprechen
will. Vater unser der du bist im Himmel würde
76einfach und nach Europäischer Sitte lauten:
Mo ma ne do ba, Himmel in ist unser Vater;
aber das würde ihm unerträglich unhöflich seyn.
Man sehe den Complimentarius in der folgenden
Formel.

Von der Sprache hat man: des Capit. John
Towers
Belehrung von dem Alphabeth der
Sprache von Ava und Rechain (Arrakan,) in den
Asiat. Research. Th. 5. Alphabetum Barmanum s.
Bomanum regni Avae
, Rom, 1776, 8; von dem
Barnabiten und Missionarius Melch. Carpanius,
mit Jo. Chph. Amaduzzi Vorrede. Eine verbesserte
Ausgabe veranstaltete der Paulaner Cajet.
Montegatio
unter dem Titel: Alphabetum Barmanorum
s. regni Avensis
, Rom, 1787, 8. Es betrifft
aber bloss die Schrift, welche syllabisch ist,
und aus bey nahe 500 Zeichen bestehet. Francis
Buchanan's Vocabulary of some of the languages
spoken in the Burma Empire
, in den Asiat. Research.
Th. 5. In Hervas Vocab. Polygl. befinden sich 63
Bomanische Wörter; einige auch im Vocabul. Petrop.
No. 180, welche aber eben dieselben sind,
welche in dem Orient. und Occident. Sprachmeister,
S. 212, als Peguanisch aufgeführet werden.
Paulini a S. Bartholomaeo Musei Borgiani Velitris
Codices Avenses, Peguani, Siami, Samscrudanici
etc.
Rom, 1793, 4, beschreibt unter andern auch
die Bomanischen Handschriften in der Bibliothek
des Cardinals Borgia. Catechismus pro Barmanes
eorum lingua primisque nunc litterarum typis escusus
— opera Clericorum regularium S. Pauli, in regno
Avae Missionariorum
, Rom, 1785, 8; erst in Bomanischer
Sprache und Schrift, dann Lateinisch.

Das Königreich Arrakan, von welchem Symes
S. 104 einige Nachricht gibt, liegt in Süden
von Ava und in Südosten von Bengalen. Bey
77den Eingebohrnen heisst es Yih Kein, bey den
Hindu in Bengalen Rossaun, bei den Mongolen
und Persern Rechan. Die Einwohner nennen
sich Maramas, bey den Europäern heissen sie
auch Mugs, von Mogo heilig, welches Wort
eigentlich von den Priestern und Königen gebraucht
wird. Es hat nach Symes zwey Millionen
Einwohner, und war ehedem ein eigenes
Königreich, ist aber mehrmals und zuletzt 1783
von den Bomanen unterjocht worden. Die
Sprache ist ein Bomanischer Dialect, von welchem
aber nichts weiter bekannt ist. An der
Küste liegen die beträchtlichen Inseln Cheduba
und Ramrih, welche die Bomanen Magou-Kioun
und Yam-dschih-kioun nennen.

Kassay in Nordwesten von Ava, wird von
demselben durch den Fluss Kihn-dschuem geschieden.
Die Einwohner heissen in Ava Munniporeans,
von der Hauptstadt Munnipore. Es ist
noch sehr unbekannt, so wie Katschar zwischen
Kassay und Assam, und das grosse und volkreiche
Königreich Tongho. Alle diese Länder
hat der Bomanische Staat verschlungen.

Die Karianer, ein friedliches Volk in den
Wäldern zwischen Ava und Pegu, welches von
dem Feldbau und der Viehzucht lebt, haben,
nach des Amaduzzi Vorrede vor dem Alphabeto
Barmanorum, eine eigene Sprache, quae sibilis
scatet et ex monosyllabis coalescit
; allein nach Symes
sprechen sie einen Bomanischen Dialect, so
wie die Kähns, Kolonus oder Yuh zwischen Ava
und Arrakan, von welchen sich einige Wörter
in den Asiat. Research. Th. 5. befinden. Was
für eine Sprache die Lisse, ein wildes Volk zwischen
Ava und Tibet, und die Kadun in Ava und
Pegu sprechen, ist unbekannt.78

In dem Alphabeto Romano befindet sich S. 63
das V. U. in Bomanischer Schrift, und mit einer
Lateinischen Übersetzung ohne Lesung. Daraus
hat es Hervas im Saggio prattico S. 135 mit Lateinischer
Schrift und einer Italiänischen Übersetzung.
Da eine Deutsche eben so unverständlich
ausfallen würde, als es die Lateinische ist,
so wähle ich dafür die Italiänische, welche am
genauesten zu seyn scheinet, lasse aber die Lateinische
nachfolgen. Die mehrsylbig geschriebenen
Worter konnte ich nicht auflösen, gebe
sie also wie ich sie finde.

6. Bomanisch oder Avanisch.

Aus des Hervas Saggio prattico, S. 135.

Cielo vacuo ampio in resta che servi di Padre,
Dominatore di Nome eccelso al viventi tutti
Onore Riverenza abbiamo;
Facciasi Signore di Gracia fermi che Regno
Servi in arrivera;
Perciochè giovi favorisca prego aureo Cuore
con egualmente Cielo vacuo ampio in abbia si
come questa Uomini Regione in adempiasi;

Mo kaun ghen hnaik ne-do-mu so akiunoup-to Apà,
Schen-zo Nama-do miat-co su kasséim-do
Rosé Lemiat-kien ski-ghia-si;
Pphizzese Saken-i Kiezu ti hu so Naingan-do-
si Akiu-noup-to hnàik rauk-mi;
Akiáun kemà sana-do mu-ba skioe Zeit-to
hne agni Mo kaun ghen hnaik ski-sa
ke-so i Lu Pu hnaik pi-zun-ba;79

Accio soccorra prego sempre Giorno non
eccettuato necessario, avere conviene che cosa Cibi
li ancora servi a' oggi dare;
Misericordia abbia servi di toccano
morsicano transgrediscono che Huomo altri di
colpa la servi perdono perdoniamo
come parimente servi di colpe alle
ancora perdono perdoni prego;
Tentazioni di affari in ser-
vi unione ingresso non avendo;
Non buone non covengono cose tutte quando
siamo liberati. Faccisi-faccia.

Aun zaun-ma-do mu-ba azzin Ne ma
piát aló ski ap sso arà Aza-do-
go li akiu-noup-to-ah jene pe;
Sanà-do mu-ba akiu-noup-to-ah thi
khaik kiu-lun so Su taba - do - i
apit co akiu-noup-to kagna hlut-si
hne agni akiu-noup-to apit-to-go
li kagnà hlut-to mu-ba;
Hnàum-schek-kien a mu-do hnàik akiu-
nòup-to pa òen-ghien maki-be-liek;
Ma kàun ma sen arà hu-sa-mia hne
ken lut-ra-si. Pphizzeso!

Lateinische Übersetzung.

Coelo firmamento in morari dignatur qui famulorum
pater,

Dominatoris nomen excelsum ad gentes omnes honorem
reverentiam habeant;

Contingat fiat Domini gratia constituit, quod regnum
famulos in perveniat;

Quare adjuvet misereatur quaeso aureo corde cum
aeque coelo empyreo in est, quemadmodum hac
hominum regione in adimpleatur;80

Ut auxiliari dignetur semper die non excepto opus habere
decet quibus res cibos quoque famulos ad
hodie dare;

Faveto famulos mordent offendunt qui aliorum culpam
ad famuli vindictam non vices reddentes
sustinemus, quem modum ad famulorum culpas
ad quoque veniam dimittas quaeso;

Tentationis opera in adhaesionem ingressum non
habentes;

Non donant non decent quae rebus quibuslibet cum
liberari solvi contingat fiat. Amen.

Einige Anmerkungen.

Aus Hervas Saggio prattico, S. 135.

Mo heisst Himmel; aber es muss allemahl
einen Beysatz haben, wie hier kaun ghen, der
leere, weite. Im Peguanischen heisst der Himmel
gleichfalls Mo-kaon.

Do ist eine erweiternde und verstärkende
Partikel vor Verbis und Nennwörtern; mu ist erweiternd
vor Verbis allein. To bezeichnet den
Plural. Apa, Vater, im Peguanischen Pa-sien.

Nama, der Nahme, ein sehr vielen ganz verschiedenen
Sprachen gemeinschaftliches Wort.
Co bedeutet er, sie, und sie im Plural durch
alle Casus. Do bezeichnet den Plural der Nennwörter,
wie to. Kien ist eine Partikel, welche
aus Verbis Substantiva bildet. Ghia bildet den
Plural der Zeitwörter. Die Sylbe si wird an das
Ende der Zeitwörter gesetzt, hat aber auch noch
andere Bedeutungen.

Pphi-zze-se, lass machen, von pphi, machen,
seyn, geschehen, und ze, lass.81

Saken-i, des Herrn, von Saken, Herr, und i,
dem Zeichen des Genitives. Ti, befestigen,
gründen. Hu-so ist nicht das Relativum, sondern
ein Determinativum des Verbi Rauk-mi;
mi ist die Partikel des Futuri.

Naingan-do-si, das Reich. Die verstärkende
Partikel do wird von Dingen gebraucht,
welche Gott angehören.

Ba bedeutet eine Bitte, Entschuldigung,
Höflichkeit. Skioe, golden, göttlich. Zeit, das
Herz, Wohlgefallen. Mo, der Himmel, hier
mit zwey andern Wörtern verbunden. Hnain, in
Ski, haben. Sa bedeutet eigentlich zu, auf;
Ke, die Art, Sa-ke, auf die Art, d.i. gleichwie.
I, dieser, diese; Pu, Sitz, Region. Das vorhergehende
Lu bedeutet Menschen. Der Sinn
ist: in diesem Wohnplatze der Menschen, d. i.
auf der Erde.

Sso, welcher, welche. Das erste a in den
Wörtern Ara und Aza bildet Substantiva aus den
Verbis ra und za. Za bedeutet essen, Aza, Speise.
Ra hat verschiedene Bedeutungen nach Beschaffenheit
des beygefügten Wortes. Hier bedeutet
Ara, Sache. Do bildet den Plural von Aza, Speise,
Aza-do, Speisen; go bedeutet der, die. Im
Peguanischen heisst die Speise Sanado. Das
mehrmahls vorkommende Akiou-noup bedeutet,
wenn man mit Vornehmern spricht, wir Knechte,
uns Knechten. To ist das Zeichen des Plurals.

Sana, sich erbarmen. Do-mu die erweiternden
und verstärkenden Partikeln. Ba, Zeichen
der Bitte. Thi khaik, beissen, beleidigen,
wo eins das andere erklären muss. So, welcher,
welche, wie Sso. Tabá, anderer; taba-do, andere
im Plural; taba-do-i, anderer im Genitiv.
82Apit-co, die Schulden; co ist der Artikel, welcher
hinten angehängt wird. Hlut-si, wir ver-geben;
hlut-to-mu-ba, vergib, mit den vorigen
Partikeln der Demuth und Bitte.

Akiou-noup-to, uns Knechten. Ghien macht
Substantiva, wie oben kien.

Hu-sa-mia, alle. Arà, Sachen, Dinge.
Ra bezeichnet das Passivum von ken-lut, befreyen. Si ist die Schluss-Partikel.

IV. Peguanisch.

Pegu, bey den Eingebohrnen Beguh, in Ava
mit einem Sanscrit-Nahmen Henzawuddy, grenzet
in Westen an Arrakan und Ava, welchem
letztern es jetzt unterworfen ist, in Norden an
Sina und in Osten an Siam. Die Einwohner,
welche von den Avanern Talain genannt werden,
sich selbst aber Moan nennen, sind gesitteter
als die Avaner. Pegu ist weder von Reisenden
noch von Missionarien unbesucht geblieben *)13,
allein dessen Sprache ist noch sehr unbekannt.
83Man weiss nur überhaupt, dass sie zu
den einsylbigen gehöret. Nach dem Percoto ist
sie von der Bomanischen gänzlich verschieden;
wenn man aber nach der folgenden Formel, das
einzige, was mir von ihr bekannt ist, urtheilen
darf, so ist sie ein Dialect der Bomanischen.
Schade, dass sie mit keiner Übersetzung begleitet
ist, und dass die meisten Wörter nicht nach
der Eigenheit der Sprache einsylbig, sondern
nach der Sitte gebildeter Sprachen mehrsylbig
geschrieben sind. Wo die Vergleichung mit
der vorigen mir den buchstäblichen Verstand errathen
liess, da habe ich die Sylben wenigstens
durch Querstriche getheilt.

7. Peguanisch.

Von Benj. Schulze in der Leipziger Samml. S. 94,
und daraus Hervas, S. 135.

Do Pa-sien zo pura Mo kaon ghen naik
sam do mu so,

Nama-do mrat si kio zo ten sia si prit zozo;

Sikenne-do murà aratka si kianatto-so kiuua
do mu-ba;

Sue cit to sci si atain prit rasi prit ze so Mo
kaon ken naik pantsen-do mosiatain
si in lapri naik pansen-do ma-ba;

Kane sana-do masi a kake soli ne dain ma
prapsana-do mu-ba;

Kiunat tuko su ma kaon kiam - do likiam
ghien ma kiam lutsake-so kie nulto ma
kaon ma a picko likania luat to mu-ba;84

Mu kaon so cit tu pien ma naon siek si
pie rue;

Ma kaon humi sa mia nen ken rasi plie
se so. Amen.

V. Annamitischer Sprachstamm.

Annam oder Anam bedeutet Westland, und
dieser Nahme wird von den Sinesen und Eingebornen
den Reichen Tunkin, Kotschinschina,
Kambocha und Laos gegeben. In allen herrsehet
eine einsylbige Hauptsprache in verschiedenen
Dialecten.

1. Tunkin.

Tunkin, Sinesisch Tun-kin, östlicher Hof,
grenzet in Norden an Sina, in Westen an Laos,
in Süden an Kotschinschina und in Osten an den
Sinesischen Ocean. Es ist ein sehr volkreiches
Land, welches aber an den Grenzen grosse mit
Wald bedeckte Gebirge hat, worin halb wilde
Völker von verschiedener Herkunft wohnen.
Sina hat sich mehrmahls bemühet, sich dieses
Reich unterwürfig zu machen, musste sich aber
nach vielen blutigen Kriegen und Empörungen
endlich doch mit der Zinsbarkeit begnügen. Es
wird von einem Dova oder Könige regieret, der
aber nur den Nahmen hat, indem sich alle Gewalt
bey dem Chova oder ersten Feldherrn befindet.
Die Sineser nennen die Einwohner
Mansos, d. i. Barbaren. Nun das sind sie eben
nicht, so arm und unwissend sie auch bei dem
Drucke der despotischen Regierung seyn mögen.
85Die Religion ist hier wie in Sina dreyfach; doch
ist die Religion des Fo oder Budda, welche im
ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus
Vorder-Indien hier eingewandert ist, die herrschende.
Die wissenschaftliche Cultur stammet
aus Sina, daher das Sinesische hier auch die gelehrte
Sprache und Schrift ist.

Die vornehmsten Nachrichten von diesem
Reiche liefern: Alex. de Rhodes relatione del regno
di Tuncino
, Rom, 1630, 4, im Auszuge in den
Allgem. Reisen Th. 10, S. 76. Des P. Giov. Phil,
de Marini historia e relazione del Tunkino e del
Giappone
, in das Französische übersetzt, Paris,
1666, 4, wird gerühmt, ist mir aber nicht weiter
bekannt. Des Engländers Baron, welcher
im Lande geboren war, Nachricht davon von
1685 stehet in Churchill's Samml. von Reisen
Th. 3. und in den Allgem. Reisen Th. 10, S. 90.
Des P. Horta Brief von ungefär 1765 in den
Lettres édifiantes. Des 1766 zu Paris verstorbenen
Missionarii S. Phalle Histoire naturelle, civile
et politique de Tonquin
, wurde von dem Abbé
Richard Paris, 1778, 8, heraus gegeben, und
von dem Bibliothekar Reichard zu Gotha im Auszuge
übersetzt. Auch Grosier handelt in seiner
Description de la Chine umständlich von diesem
Lande Eine gute Geschichte befindet sich in der
allgem. Welthist. neuerer Zeiten Th. 6, S. 224-272.

Die einheimische Hof- oder Mandarinen-Sprache
ist einsylbig, aber auch nicht mehr so
einfach, als die Sinesische. Denn ob es gleich
hier auch noch Wörter gibt, welche aus einem
blossen Vocal-Laute bestehen, Ai, Weg, faul,
Ao, Fischteich, E, Schmerz, Eo, Kürbis,
Oui, schiefes Holz, 0u, Grossvater; noch mehrere
86aber aus einem Vocal mit einem vorgesetzten
Consonanten, Bao, Last, Bau, Gehülfe,
Bi, Theil, Bo, Ochs, Bou, Ähre: so fehlet es
doch auch nicht an mehr ausgebildeten Wörtern,
Bac, Nordwind, Bach, weiss, Ban, Tageszeit,
Bap, hauen; selbst mit doppelten Consonanten,
doch nur mit bl, d und ml, Bla, betriegen,
Blai, Frucht, Mla, närrisch, Mlac, Schelle,
Miam, Fehler, Mlo, Wort. Indessen sind die
End-Consonanten eingeschränkt, indem nur c,
g, ch, h, m, n, ng, p und t am Ende vorkommen.
Übrigens hat die Sprache alle Buchstaben,
welche die Lateinische hat, ausser z und x.
Ausser dem hat sie eine Abänderung des b und
eine des d, auch zwey Vocalen mehr, als Abänderungen
des o und u. Die Vieldeutigkeit ist
hier so gross als in andern einsylbigen Sprachen,
welche durch die sechs Accente oder Töne
nicht allemahl gehoben werden kann. Ba bedeutet
Herr, verlassen, etwas verächtliches, drey,
Geschenk, Beyschläferinn eines Fürsten. Wenn
man nun dasselbe mit seinen verschiedenen
Accenten sechs Mahl wiederhohlt, so bedeutet
es: „drey Herren gaben ein Geschenk der verlassenen
Beyschläferinn eines Fürsten; eine
verächtliche Gefälligkeit”! Bey der Einsylbigkeit
fällt denn auch aller Unterschied der Redetheile,
und der Biegung weg. Der Ablativ wird
durch ein vorgesetztes boy, der Plural aber durch
die Partikeln tschung, mo, ngung oder dung bezeichnet.
Toi, Ta, ich, Tschung oder Mo toi,
wir, boy tschung toi, von uns. Spricht man mit
Ehrerbiethung, so ist pho die Partikel des Plurals,
pho ou, Herren. Eben so geschiehet die
Conjugation mühsam durch Partikeln; toi ieo,
87ich liebe, tschung toi ieo, wir lieben; da ve, er
ist gekommen, da noi, er hat gesprochen; se di,
ich werde gehen. Conjunctionen gibt es doch
einige, aber nur wenige.

Die im vorigen angeführten Schriftsteller
sind in Ansehung der Sprache sehr unfruchtbar.
Von derselben hat man weiter nichts, als des
Alex. de Rhodes Dictionarium Annamiticum, Rom,
1651, 4; woran sich auch ein brevis declaratio linguae
Anamiticae
, oder kurze Sprachlehre befindet.
Eben desselben Catechismus pro illis qui volunt
suscipere baptismum
, Rom, ohne Jahr, aber
um 1651, 4, ist mehr ein zusammen hangender
Lehrbegriff mit biblischer Geschichte verbunden,
in Tunkinischer und Lateinischer Sprache,
als ein eigentlicher Katechismus. 63 Wörter
befinden sich in Hervas Vocabul. Polygl. In dem
Vocabul. Petrop. sind No. 182 unter dem Nahmen
Tunkinisch, Annamitische und Sinesische Wörter
unter einander gemischt.

Ausser dieser Hofsprache gibt es mehrere
Mundarten, besonders in den Provinzen, welche
an Kotschinschina grenzen. In den Gebirgen
soll es noch manche eigene Sprachen geben.

8. Tunkinisch.

Aus des Hervas Saggio prattico, S. 134.

Wir verehren Himmel Erde wahren Herrn
stehend über Himmel und Vater unser,
Wir bitten Nahme Vaters allgemein glänze;

Tschung-toi lai Thien Dia tschenTschua
o tren Bloi la Tscha tschung-toi,
Tschung-toi nguyen DeantTscha ca sang;88

Reich (welches) Vater regieret komme;
Gehorchen Wille Vaters so Erde, wie oben
Himmel so;
Wir bitten Vater heute geben
uns jeden Tag Nothdurft genug;
Und vergeben Schuld unsere wie wir
auch vergeben die haben Schuld;
Wir bitten nicht lassen uns
fallen in Versuchung;
Sondern befreyen uns von Sache böse.

Cuoc Tscha tri den;
Bung I Tscha duoi Dat, bang tren
Bloi bai;
Tschung-toi tschin Tscha rai tscho
tschung-toi hang Ngay Dun du;
E tha No tschung-toi, bang tschung-toi
cun tha ke co No;
Tschung-toi tschin tscho dee tschung-toi
sa tschung Cam-do;
Ben tschua tschung-toi tschung Su du.

2. Kotschinschina.

Es stösst gegen Norden an Tunkin, gegen
Westen an Kambocha, gegen Süden und Osten
aber an den Sinesischen Ocean. Es heisst bey
den Sinesen gleichfalls Anam, Westland, weil
es ihnen in Westen liegt. Daher nennen es
auch die Japaner Kotschi (Cochi,) woraus die
Portugiesen Kotschinschina (Cochin-China,) westliches
Sina, machten. Die ursprünglichen Einwohner,
ein wildes, sehr schwarzes Volk, welches
den Kaffern gleicht, heissen Moys, nach
andern Kemois, und sind jetzt in die Gebirge
zwischen Kotschinschina und Kambocha getrieben.
89Es hatte mit Tunkin immer einerley
Schicksale. In den neuern Zeiten machte es
sich Ein Mahl frey und durch Bezwingung der
Könige von Tschiampa und Kambocha mächtig,
ist aber jetzt doch wieder an Sina zinsbar. Der
südlichste Theil heisst Tschiampa (Ciampa,) dessen
Einwohner aber Loys. Die Einwohner von
Kotschinschina gleichen an den platten Nasen
und kleinen schiefen Augen den Sinesen, sind
aber gefällig, liebreich und gastfrey. Die Sprache
ist ein Dialect der Tunkinischen, folglich
einsylbig und vieldeutig, daher die Bedeutungen
durch Ton und Accent unterschieden werden.
So hat das Wort Dai 23 Bedeutungen.
Wie verschieden sie von der Sinesischen ist,
erfuhren Macartney's Sinesen, welche sich den
Einwohnern auf keine Weise verständlich machen
konnten. Indessen bedient man sich doch
der Sinesischen Schrift, von welcher aber nur
3000 Zeichen gangbar sind.

An Nachrichten von diesem Lande fehlet es
dem Anscheine nach nicht, welche der ältere
Forster in der Vorrede vor Rochons Beschreibung
von Madagaskar und Kotschinschina in seinem
Magazine Th. 8, S. 203 beurtheilet. In diesem
Theile befindet sich auch Tho. Bowgards
Nachricht von 1696, und Rob. Kirsops von 1750,
beyde aus Dalrymple's Oriental. Repository. Chph.
Borro
eines Italiänischen Jesuiten und Missionarii
vorzüglich gute Relazione della nuova missione
nel regno de Cocincina
, Rom, 1631, 8, Französ.
Lille, 1631, 12, Holländ. Löwen, 1632, 8, Lat.
Wien, 1633, 8, stehet Deutsch in der Berliner
Samml. von Reisebeschreib. Th. 6, und im Auszuge
in Sprengels und des jüngern Forsters neuen Beytr.
90Th. 11, S. 27; Chapmann's Reise aber in dem
Asiatic Annual-Register, 1801, Misc. Tracts S. 62
und Deutsch in den Geogr. Ephemeriden, Th. 11,
S. 523. Man sehe auch Grosier's Description de
la Chine
. Die neueste Nachricht befindet sich in
Macartney's Reise, welcher sich 1793 zwey Wochen
zu Turon an der Küste aufhielt; und in
Jo. Koffler historica Cochinchinae descriptio, ed. Chr.
Theoph. Murr
, Nürnberg, 1803, 8. Aber von
der Sprache melden alle diese Verfasser wenig
oder nichts. Doch hat man einen Katechismus
in derselben, von dem Missionar und Bischof
Adran, welcher 1752 gedruckt seyn soll.

3. Kambocha und Laos.

Das erste, nach Portugiesischer Schreibart
Camboja, ist ein grosses schönes Thal zwischen
Kotschinschina und Siam. Laos liegt weiter
nördlich zwischen Tunkin und Siam. Von beyden
hat man nur wenige, und von ihren Sprachen
oder vielmehr Mundarten noch weniger
Nachrichten. Das beste befindet sich noch in
den Holländischen Zusätzen zu den allgem. Reisen
in der Deutschen Übersetzung, Th. 18,
S. 196-201, und so viel die Geschichte betrifft
in der allgem. Welthist. neuerer Zeiten
Th. 6, S. 208-224, und von Laos Th. 5,
S. 628 folg. In Kambocha soll die Sprache sehr
mit Malayischen, Japanischen und Portugiesischen
Wörtern vermischt seyn. Laos war erst
den Sinesen, dann den Siamern unterworfen.
Jetzt hat es mehrere unabhängige Könige. Die
Bewohner des südlichen Theiles werden Lanjanen
genannt. Nach la Loubre sind sie mit den
91Siamern Eines Stammes, und das scheinet auch
Kämpfer in seiner Japanischen Reise zu bestätigen,
wenn er die Sprache für eine Mundart der
Siamischen erklärt. Andere rechnen sie dagegen
zu der Tunkinischen. Vielleicht ist sie eine
Mischung von beyden. Hier liegt auch das Königreich
Jangoma oder Jankona zwischen Laos
und Ava, dessen Einwohner aus Laos herstammen
wollen, und einen Tunkinischen, nach
andern einen Siamischen Dialect sprechen.

VI. Siamisch.

Das Königreich Siam, Malayisch Tziam,
grenzt gegen Norden an Laos, gegen Osten an
Kambocha, Tunkin und den Meerbusen von
Siam, gegen Süden an Malacca, und gegen
Westen an den Bengalischen Meerbusen, und
liegt zwischen zwey Reihen Bergen, als in einem
langen Thale, welches 170 bis 180 Deutsche
Meilen lang, aber nirgends über 50 breit ist.
Die Einwohner nennen sich Tay noe, die kleinen
Freyleute. Ihnen in Norden wohnen Tay yay,
die grossen, von welchen sie abstammen wollen,
ob sie gleich, wie alle Süd-Asiaten, von je her
dem härtesten Despotismus unterworfen gewesen.
In Ava heissen sie Myetapschan, in Pegu
Sawn, Sioner, und in Sina Paweich. Die Einwohner
gleichen in der Gesichtsbildung den
Sinesen, mit welchen sie auch viele Wörter gemein
haben, und sind die gebildetsten im östlichen
Asien. Das Land ward gegen das Ende
des 17ten Jahrhunderts durch eine Schwindeley
92des Siamischen Ministers Constantin, eines gebohrnen
Griechen, in welche der damahlige
Französische Hof nur zu leicht einging, vorzüglich
bekannt *)14. Seit 1767 stand es unter dem
Reiche Birmah; es soll sich aber wieder frey
gemacht haben.

Die Sprache ist, wie ihre übrigen Schwestern,
fast ganz einsylbig, arm an Wurzelwörtern,
aber reich an Tropen, daher auch hier
vieles auf den Ton ankommt, mit welchem das
Wort ausgesprochen wird. Doch hat sie schon
einige Zusammensetzungen, von welchen das
Eine Wort, ausser der Zusammensetzung nicht
mehr üblich, folglich auch wahrscheinlich tonlos
ist. Die Wörter sind unbiegsam, daher sehr
hervorstechende Neben- und Verhaltnissbegriffe
sehr kümmerlich durch Partikeln ausgedruckt
werden, welche auch die Conjugation bilden
müssen, und alsdann dem Verbo bald vor- bald
nachgesetzt werden. Pen heifst seyn; raou pen,
ich bin, und wir sind; tan tang lai pen, ihr seyd;
kon tang lai pen, sie sind; da denn tang lai, alle
oder viel bedeutet. Moua nan rao pen, ich war,
buchstäblich, Zeit diese ich seyn. Moua tan
ma, raou dai kin sam red leou
, als ihr kamet, hatte
ich schon gegessen, buchstäblich, Zeit ihr kommen,
93ich schon essen aufhören. Wenn der
Siamer sagen will: wenn ich zu Siam wäre, so
würde ich vergnügt seyn; so kann er das nicht
anders ausdrucken, als: wenn ich seyn Stadt
Siam, ich Herz gut viel. Bey aller dieser Armuth
ist doch die Sprache reich, wenn es auf
eine genaue Bezeichnung des Verhältnisses der
Sprechenden gegen einander ankommt. So hat
sie acht Wörter ich oder wir auszudrucken;
denn beyde sind hier Eins *)15.

Nach den Asiatic Researches Th. 5. hat sie
drey Dialecte, den von Slam, den der Tai yay
oder grossen Tai, und den von Tai lung. Eben
daselbst befindet sich eine Sprachprobe von
einem angrenzenden Volke, das sich Moi tay
nennet, bey den Engländern Meckley heisst, und
dessen Hauptstadt Munnypura ist. Die Jangona
oder Jankoma in dem Lande dieses Nahmens,
welches an Siam und Pegu grenzt, sollen gleichfalls
einen Siamischen Dialect reden; desgleichen
die Bewohner der nach Siam gehörigen
Insel Jan Sylan. Ob auch die Bewohner der an
der Küste von Siam liegenden Mergui-Inseln,
weiss ich nicht.

Die folgende Formel ist aus dem la Loubere.
Man hat zwar noch eine im Chamberlayne, S. 22,
ohne, und in der Vorrede mit der Übersetzung.
Es heisst daselbst, er habe sie von dem la Croze
empfangen, der sie aus einem Briefe des Ludw.
Picquet
an den Ludolf abgeschrieben habe.
Theoph. Siegfr. Bayer verbessert das in einem
94Briefe in den Preuss. Zehenten, Th. 2, S. 149
dahin, dass la Croze selbige aus einem Briefe
des Picquet an Menzeln in der Königl. Bibliothek
zu Berlin abgeschrieben habe. Picquet
hatte sie von einem jungen Menschen aus Tenasserim,
einer der 15 Provinzen in Siam. Allein,
man siehet leicht, dass es keine andere
als die vorige ist, nur fehlerhaft gesprochen,
geschrieben und abgetheilt, daher ich sie übergehe.
Dav. Wilkins gibt in der Vorrede zum
Chamberlayne die Sprache für Bali aus, welches
auch hier die Sprache der heiligen Bücher ist;
allein das ist ein Irrthum, denn das mehrsylbige
Bali ist ein Dialect des Sanscrit.

9. Siamisch.

Aus des la Loubere Royaume de Siam,
Th. 2, S. 94.

Vater uns seyn Himmel,
Nahme Gott werde preisen all Ort Leut all
bringen Gott Lob.
Reich Gott ich bitte werde finden zu uns;
Werde enden gemäss (dem) Herz Gott (im) Reich
der Erde wie (im) Himmel;

Po ráu yu Sawang,
Scheu Pra hä prakot tuk Heng kon tang-láï
twái Pra Pon;
Mewang Pra co háï dáï ke ráu;
Háï léou ning Tcháï Pra Mewang
Pen-din semo Sawang;
95Nahrung uns all Tag bitte werde finden von uns
Tag dieser;
Bitte vergeben Beleidigung uns wie wir vergeben Leut
machen Beleidigung zu uns;
Nicht lass uns fallen in Sache (der) Sünde;
Lass befreyen von Böse all.

Ahak rau tuk Van co háï dáï ke ráu
Van ni;
Co prot Bap ráu semo rau prot Pu
tam Bap ke ráu;
Ya háï ráu tok náï Kuan Bap;
Háï pun kiak Aneráï tang-poang. Amen.96

Zweyte Classe.
Mehrsylbige Sprachen.97

Zweyte Classe.
Mehrsylbige Sprachen.

I. Süd-Asien.

1. Malayisch.

Die Muttersprache der Malayen, d. i. der Bewohner
der Halbinsel Malaya oder Malacca,
welche den südlichen Theil des hintern Indiens
ausmacht, und in Norden unmittelbar an das
einsylbige Siam grenzt. Die Einwohner müssen
theils durch die innere Fülle auf ihrer schmalen
Halbinsel, theils durch die nahe Nachbarschaft
der Indischen Inseln sehr frühe seyn zur Auswanderung
bewogen worden, wenn es gegründet
ist, dass die sämmtlichen gelbbraunen Bewohner
dieser Inseln dem Blute und der Sprache
nach von ihnen abstammen. Allein zu dieser
Behauptung reicht denn doch die Übereinstimmung
weniger Wörter noch nicht hin. Gewisser
ist ihre Auswanderung in den spätern Zeiten,
besonders gegen die Mitte des 16ten Jahrhunderts,
welche die Tyranney der einheimischen
Könige veranlasste, die Volksmenge im eingeschränkten
Räume und der ihnen eigene Hang
zur Handlung unterstützte. Damahls verbreiteten
sie sich und die Mahomedanische Religion,
99zu welcher sie sich um 1276 bekannt hatten,
über alle Indische Inseln, wo sie sich der Küsten
bemächtigten, und die alten Einwohner
theils neben sich duldeten, noch häufiger aber
in das Innere drängten. Seit dem sind sie im
östlichen Asien das, was die Araber in Westen
sind, die thätigsten Handelsleute, aber dabey
von schlechtem Rufe in Ansehung ihrer sittlichen
Bildung, wovon ein grosser Theil der Schuld auf
den unverträglichen und selbstsüchtigen Islam,
zu welchem sie sich bekennen, fallen mag *)16.

Man kann die Malayische Sprache, welche
ursprünglich gleichfalls einsylbig gewesen zu
seyn scheint, nebst der Mongolischen, Mantschurischen
und einigen wenigen andern, als
den Übergang von den einsylbigen zu den mehrsylbigen
ansehen, wovon der Grund ohne Zweifel
in der Lage und dem frühen Verkehr mit
mehrsylbigen Sprachen zu suchen ist. Die
Sprache ist leichtflüssig und wohlklingend, weil
sie viele Vocale und flüssige Buchstaben hat,
und keine Verbindung harter Consonanten duldet.
Die Wurzelwörter haben hier nicht so
viele Bedeutungen als in den einsylbigen Sprachen,
daher fällt auch das ganze Betonungs-System
der letztern hier weg, und es hat jedes
mehrsylbige Wort den Ton nur auf Einer Sylbe,
welches hier gemeiniglich die vorletzte ist. Die
Mehrsylbigkeit rühret theils von der Zusammensetzung
her, welche hier sehr häufig, aber dabey
100noch sehr roh und ungeschlacht ist, unter
andern auch in Ansehung der figürlichen Bedeutungen;
theils von der Ableitung, sowohl durch
Vor- als Nachsylben, welche hier sehr fruchtbar
ist. So können durch die Vorsylben Pem und
Ka, und durch die Nachsylben aun und an Substantiva
aus Verbis gebildet werden: Brih, geben,
Pembrih, ein Geber; Hendakh, wollen,
Kahendakh, der Wille; Suka, sich freuen, Sukaaun,
die Freude; Larij, laufen, Larijan, die
Flucht. Was diese Sprache noch von ihrer ersten
Einsilbigkeit beybehalten hat, ist theils
der Mangel des Unterschiedes der Redetheile in
manchen Wurzelwörtern, z. B. Sala, bedeutet
sowohl fehlen, irren, als Fehler, Irrthum, und
fehlend, fehlbar, schuldig; theils der Mangel
der Biegung, indem weder die Declination noch
die Conjugation an dem Worte selbst geschiehet,
sondern dasselbe in allen Verhältnissen unverändert
bleibt. Der Plural wird durch Verdoppelung
bezeichnet, Oran oran, Männer, Menschen;
die am meisten hervorstechenden Casus
aber durch Präpositionen. Eben so die Conjugation
durch allerley Partikeln, wobey das
Wort, welches das Verbum vorstellet, unverändert
bleibt. Pukol, schlagen; ako pukol, ich
schlage, dia souda pukol, er hat geschlagen, dia
mauw pukol
, er wird schlagen; Ako kassih, ich
liebe, ako suda ber kassih, ich werde geliebt.
Die Nennwörter sind geschlechtslos, auch kennet
man den Artikel nicht. Die Pronomina
possessiva und Adjectiva werden den Substantivis
nachgesetzt: Rumah, Haus, Rumah ku, mein
Haus, oder unser Haus. Die Mahomedanische
Religion hat viele Arabische Wörter in die Sprache
gebracht, aber ausser dem hat sie auch,
101ihrer ursprünglichen Armuth abzuhelfen, viele
Persische und Indostanische Worter aufgenommen.
So sind in der folgenden Formel die
Wörter Surga, Himmel, und Bumi, die Erde,
aus dem Sanscrit. Das Malayische wird in Malacca
und auf der Malabarischen Küste am reinsten
gesprochen, welche Mundart daher auch
Hoch-Malayisch, Malay-Tallam genannt wird,
zum Unterschiede von dem Nieder-Malayischen,
Malay-Passer, auf den Ostindischen Inseln, wo
es sich wieder in mehrere Mundarten theilt,
worunter die auf Java und den Molucken die
vornehmsten sind. Um ihres lebhaften Gebrauches
in der Handlung willen, ist diese Sprache
von den Engländern und Holländern am meisten
bearbeitet und durch Schriften verbreitet
worden.

Die vornehmsten Hülfmittel zu ihrer Erlernung
sind folgende:

Jo. Raimonds (Lat. Romanus) Grond efte
kors Bericht van de Maleysche Taal
, Amsterdam,
1674, 4; woraus Jo. Chph. Lorberi Grammatica
Malaica
, Weimar, 1688, in 8, ein blosser Auszug
ist.

Ge. Hendr. Werndly Maleysche Spraakkonst,
Amsterdam, 1730, 8; 1732, 12; 1736, 8, ist
sehr ausführlich, und enthält zugleich litterarische
Nachrichten von gedruckten und ungedruckten
Malayischen Schriften, welche fast die
Hälfte des Buches ausmachen. Eine Nachricht
von des Verfassers Leben befindet sich in den
Dän. Missions-Berichten, B. 3, S. 352.

A Grammar of the Malay tongue with the Characters,
as spoken in the Peninsula of Malacca, the
Islands of Sumatra, Java, Borneo etc. compiled from
102Bowrey's Dictionary and other Documents, by John
Howlson
. London, um 1800.

Fr. de Houtman Maleyisch ende Madegaskarisch
Spraak- ende Woordboek
. Amsterdam, 1603, 4.

Casp. Wildens von Seb. Dankaerts verbessertes
Holländisch-Malayisches und Malayisch-Holländisches
Wörterbuch
, Haag, , 1623, 4; welches Dav.
Haex
zu Rom, 1631, 4, unter seinem Nahmen
heraus gab, und dabey nur das Holländische
mit dem Lateinischen vertauschte. Er bemerkte
zwar in der Vorrede, dass er es aus dem Holländischen
übersetzt habe, überging aber die Verfasser
mit Stillschweigen. Es ward unter des
Haex Nahmen zu Batavia, 1707, 4 wieder aufgelegt.

Dictionar in de Duytsche en Maleysche Taal,
Amsterdam, 1673, 8.

Frid. Gueynier Malayisches Vocabularium, Batavia, 1677, 4.

Justus Heurnius Vocabular, ofte Worden-Boek
in't Duytsch ende Maley
, Batavia, 1677, 4.

Thom. Bowrey Dictionary English and Malayo,
London, 1701, 4; mit einer Sprachlehre und
Gesprächen. Der Verfasser hatte sich 19 Jahr
auf den Ostindischen Inseln aufgehalten.

Andr. Lamb. Loder Maleysche Wordenboekzamelinge,
Batavia, 1707, 1708, 2 Bände in 4. Von
diesen und andern bis 1736 von Holländern
heraus gegebenen Sprachlehren und Wörterbüchern
handelt umständlich Werndly in der gedachten
Sprachlehre, S. 276-307.

Nieuwe Wordenschat in Neder-Duytsch, Maleyisch
en Portugeisch
, Batavia, 1780, 8.

James Howlson Dictionary of the Malay tongue,
English and Malay, and Malay and English
. London,
1031801, 4; enthält auch viele Sanscrit und
Arabische Wörter.

Von dem grossen Sprachkenner Will. Marsden
in London hat man vielleicht bald ein vollständiges
Malayisches Wörterbuch zu erwarten;
wenigstens war es 1797 seiner Vollendung nahe.

Gelegentliche Wörtersammlungen befinden
sich in Hadr. Relands Dissertatt. miscellan. Th. 3,
S. 57; in Dappers Asia, S. 51, Ern. Cph. Barchewitzens
Reise
, S. 555; Thunbergs Reise, Th. 1,
Abth. 2, S. 222-234; la Billardiere Voyage à la
recherche de la Peyrouse
, Th. 2, Anh. S. 1-44;
und Parkinson's Voyage, S. 184-196.

Von den Übersetzungen biblischer Bücher
in das Malayische handelt Werndly, S. 227-276;
S. I. Baumgarten's Nachr. von merkw. Büchern,
Th. 4, S. 388 folg. und Lork's Catal. Bibliothecae
suae
, Th. 1, S. 150. Eine Arabische Übersetrung
des ersten Buches Mosis mit einer Malayischen
Version zwischen den Zeilen befindet
sich handschriftlich zu München und Leiden.
S. Eichorns Biblioth. Th. 3, S. 663.

Es gibt mehrere Gebetsformeln in dieser
Sprache, von welchen ich fünf der vornehmsten
liefere. Die erste ist aus des Justus Heurnius
verbesserten Übersetzung der vier Evangelisten,
1651, Oxford, 1677, 4. Die zweyte ist aus
Chamberlayne, der sie von Franc. Valentyn's dreyzehnjährigen
Tochter Cecilia hatte, welche wegen
ihrer grossen Sprachgelehrsamkeit gerühmet
wird. Dav. Wilkins versichert in der Vorrede,
sie sey stilo maxime puro et elegantissimo geschrieben.
Das muss auch von der dritten, aus dem
Malayischen N. T. Amsterdam, 1731 gelten.
104Werndly, der an dieser Ausgabe selbst vielen
Theil hatte, versichert, sie liefere die gemeine
Malayische Sprache, so wie sie in Büchern erscheine.
Wörtlich eben so befindet sie sich
auch in seinem Malayischen Katechismus, Amsterdam,
1732, 12, S. 164. Die vierte Formel
von Thom. Bowrey auf der letzten Seite seines
Wörterbuches scheint in einer besondern Mundart
zu seyn, so wie die letzte Formel die Malayische
Mundart auf den Molucken darstellet.

10. Malayisch.

Aus Justi Heurnii vier Evangelisten, von 1651.

Vater unser, der seyn im Himmel,
Nahme dein seyn heilig;
Reich dein kommen;
Wille dein werden auf Erde wie
im Himmel;
Brot unser auf jeden Tag geben
uns an Tag diesen;
Und vergib an uns Sünden
unsre, wie wir vergeben an
welche sündigen an uns;

Bappa kita, jang adda de Surga,
Namma-rau jadi bersakti;
Radjat-mu mendatang;
Kandhati-mu menjadi de Bumi seperti
de Surga;
Roti kita derri sa haro hari membrikan
kita sa Hari inila;
Makka berampun-la pada kita Doosa
kita, seperti kita berampun akan
siapa bersala kapada kita;105

Nicht führen uns in Versuchung;
Sondern befreyen uns von dem Bösen;
Weil du besitzen Reich, und
Macht, und Herrlichkeit bis
zur Ewigkeit.

Djang-an hentar kita kapada Tjobahan;
Tetapi lepasken kita dari jang D'jakat;
Karna mu ampunja Radjat, daan Kau-
wassahan, daan Berbassaran, sampey
ka Kakal. Amen.

11. Dasselbe.

Aus Chamberlayne S. 19.

Vater unser, der seyn im Himmel,
Nahme dein heilig seyn;
Reich dein kommen;
Wille dein geschehe auf Erde wie
im Himmel;
Speise unsere auf jeden Tag geben
an uns in Tag diesen;
Und vergeben an uns Sünden unsere,
wie wir vergeben an allen,
denen welche sündigen an uns;

Bapa kami, jang ada di Surga,
Nama mu disutsjiken;
Karadjaan mu didatangi;
Kahendak mu djadilah di Bumi, seperti
dalam Surga;
Reziki kami deri sa hari-hari debrikan
akan kami pada Hara ini;
Daan mengampon akan kami Dosa kami,
seperti kami mengampon akan barang,
siapi jang bersalah akan kami;106

Und nicht führen uns in Versuchung;
Sondern befreyen uns von dem
Bösen.

Daan djangan bawa kamí pada Perrsjoban;
Hanja dilepasken kami deri pada jang
Djahat. Amen.

12. Dasselbe.

Aus dem N. T. Amsterdam, 1731, 4.

Vater unser, der seyn im Himmel,
Nahme dein geheiligt werde;
Reich dein komme;
Wille dein geschehe wie im
Himmel, so auf Erde;
Brot unser tägliches gib an uns
an Tag diesen;
Und vergib an uns alle
Sünden unser wie auch wir diese
vergeben an Menschen, welche
sündigen an uns;
Und nicht führen uns in
Versuchung;

Bapa kamij, jang aila di Sawrga,
Nama mu depersutjilah kiranja;
Karadjaan mu datang-lah;
Kahendakh mu djadi-lah seperti didalam
Sawrga, demikijen-lah diatas Bumi;
Rawtij kamij sa-harij beri-lah akan kamij
pada Harij ini;
Dan amponi-lah pada kamij segalah
Salah kamij, seperti lagi kamij ini
meng-amponij pada Awrang, jang
bersalah kapada kamij;
Dan djanganlah membawa kamij kapada
Pertjaubaan;107

Sondern befreye uns von dem
Bösen.
Weil du besitzen Reich und
Macht und Ehre durch
alle Ewigkeit.

Hanjah lepaskan-lah kamij deri-pada jang
Djahat.
Karana angkaw purja Karadjaan, dan
Kawasa, dan Kamulijaan, sampey
salama Pnija. Amin.

13. Malayisch.

Aus Thom. Bowrey Dictionary, am Ende.

Vater unser der seyn im Himmel,
Geehret werde Nahme dein;
Komme Reich dein;
Wille dein geschehe auf Erde wie
im Himmel;
Gib an uns Tag diesen Nahrung
welche nöthig jeden Tag;
Auch vergib an uns besitzen Sünden
wie wir vergeben an welche
sündigen an uns;

Bapa kami jang adda de Surga,
Berhormat mendschäddi Nama mu;
Mendatäng-la Radschaaun mu;
Kandati mu mendschäddi de Bumi, seperti
dedalam Surga;
Brikan pada kami Arri eni Makanan
jang patat tiop-tiop Arri;
Lagi ampun-la akan kami punya Dosa-Dosa,
seperti kami berampun akan siappa
bersala kapada kami;108

Auch nicht führen uns in
Versuchung;
Sondern befreyen uns vom Bösen.
Denn du besitzen das Reich und
die Macht und die Grossehre
bis zur Ewigkeit.

Lagi dschangon antar kaini kapada
Tschobaaun;
Tetapi lepaskan kami derri-pada Dschahat.
Karna tuan punya jang Radschaaun, daan
jang Kawasaaun, daan jang Mahamuliaaun,
sampi ka Kakal. Amin.

14. Malayisch auf den Molucken.

Aus dem Holländisch-Malayischen Katechismus in
Ern. Chph. Barchewitzens Reisebeschreib
. S. 450.

Vater unser der seyn im Himmel,
Nahme dein werden heilig;
Reich dein kommen zu uns:
Wille dein werde auf Erde
wie im Himmel;
Speise unsere von Tag zu Tage gib Tag diesen;
Auch vergeben Sünde unsere wie wir
vergeben an denen welche sündigen
an uns;

Bapa kami nang ada di Sorga,
Nama mu gadi bugi;
Ala mu datang bada kami;
Kantate mu gadi begattu di Dunga,
begimana di Sorga;
Regioki kami deri sa Hari Hari bri Harini;
Lagi ampon Dosa kami, begimana kami
ampon kapata sicapi nang sala
bada kami;109

Nicht Versuchung uns in
Sondern befreyen uns vom Bösen allen.
Denn dein die Macht, die Grösse
auch du besitzen von nun
und bis auf immer.

Gangan tgobba kami bada…
Bon lapas-kan kami deri Gahat samua.
Garna allam dang Kawassa, dang Berhesarang
suda tuang bunga sa garang
lagi sampe sa ummur. Amen.

Grammatische Anmerkungen über alle fünf Formeln.

Bappa kita, Vater unser. Kita, in den übrigen
Formeln kami, ist das persönliche Pronomen
der ersten Person, ohne Unterschied der
Casus und Zahlen. Es bedeutet also ich, meiner,
mir, wir, uns, und vertritt zugleich die
possessiva mein und unser. Doch wird kita wenig
mehr, kami aber am häufigsten im Plural gpbraucht.
Ausser dem hat man noch Aku und
Bejta in eben dem Verstande, ersteres gegen
geringere, und letzteres gegen seines gleichen.

Jang, in andern Formeln nang und dang,
ist das Pronomen relativum der, welcher. Adda,
ada, ist das Verbum seyn, welches durch alle
Zeiten, Zahlen und Personen unverändert
bleibt, also ich bin, du bist u. s. f. De, di, in.
Surga, Sawrga, Sorgo, der Himmel, ist aus
dem Sanscrit entlehnet.

Nama-mu, Nahme dein. Man bemerke
das Nama, welches in eben derselben Bedeutung
so vielen ganz fremden und entlegenen
Sprachen eigen ist. Mu ist das verkürzte Pronomen
der zweyten Person, welches du, dir,
110ihr, euch, dein und euer, bedeutet, und allemahl
hinten angehänget wird.

Jadi, djadi, men-djadi, men-dschaddi, bedeutet
als ein Verbum, seyn, werden, geschehen,
herstammen, durch alle Personen und
Zahlen; als ein Substantiv, Zufall, Betrag, Geburt,
Herkunft und als ein Adjectiv, zufällig.
Die Vorsylbe men, welche vor Lippenbuchstaben
mem und vor Vocalen meng lautet, ist oft
eine müssige Verstärkung. In der dritten Formel
stehet dafür kiranja,

Ber-sakti, heilig. Sakti, heisst schon allein
heilig. Die Vorsylbe ber macht theils Passiva
aus Activis, theils wird sie auch, wie hier bloss
um des Nachdrucks willen gesetzt. Die vierte
Formel hat dafür Ber-hormat, von Hormat, ehren,
Ehre. Die zweyte und dritte Formel übersetzen
das werde geheiliget durch Ein Wort Disutsji-ken,
und Dispersutji- lah. Di ist eine Vorsylbe,
welche unter andern auch Passiva aus
Activis macht. Die Nachsylbe lah ist ein Zeichen
des Imperatives, welches aber auch häufig
verschwiegen wird, wie schon aus dieser Formel
erhellet. Oft wird es auch andern Redetheilen,
selbst Adverbiis um des Nachdruckes
willen angehängt.

Radjat-mu, Reich dein. Radja, Reich,
regieren, ist aus dem Indischen. In der zweyten
Formel hat es die Vorsylbe ka und Nachsylbe
an, Ka-radja-an, und in der dritten nur
die letzte Radscha-aun. Beyde machen, entweder
jede allein, oder auch zusammen Substantiva
aus Verbis, obgleich Radja schon allein
sowohl Reich als König bedeutet. Das Ala der
fünften Formel ist wohl Alla, überwinden, ingleichen-Sieg,
Herrschaft.111

Men-datang, von datang, kommen, mit der
Vorsylbe men. Di-datangi, in der zweyten Formel
ist dasselbe mit der Vorsylbe di, und in der
dritten datangla mit dem Character des Imperatives.

Kandhati-mu, Wille dein, in der fünften
Formel Kantate. In der zweyten stehet dafür
Ka-hendak-mu, von hendak, wollen, und der
Vorsylbe ka, welche Substantiva bildet. Men-jadi,
geschehe, in der zweyten und dritten Formel
Djadi-lah, in der vierten Men-dschäddi, in der
fünften Gadi (Jadi) begattu.

De oder di Bumi, auf der Erde, in der dritten
Formel di-atas Bumi, von di, in, und atas,
oben. Bumi ist auch in dem Sanscrit die Erde.
In der fünften stehet dafür Dunga. Seperti, wie,
dafür in der fünften Formel Bagi-mana, gleichwie.
Das Demikijen-lah in der dritten, ist die
Partikel de-meken, di-mikijen, so, mit der
Nachsylbe lah, welche auch Adverbiis angehänget
wird.

Roti kita, Brot unser, in der dritten Rawtij
kamij
. Die zweyte hat dafür Reziki, und die
fünfte Regioki; beyde bedeuten Speise. Das
Ma-kanan, Nahrung, in der vierten, ist von
makan, essen, und der Vorsylbe me, welche
Substantiva bildet.

Derri, deri, an, auf. Sa Hari Hari, alle
Tage. Das Sa bildet Adverbia. Die Verdoppelung
des Substantives Hari, oder Arri bezeichnet
den Plural. In der dritten stehet dafür
Saharij, täglich. In der vierten ist es umschrieben:
jang patut tiop-tiop Arri, welche nöthig
jeden Tag. Tiop bedeutet eigentlich schlagen,
stossen, ingleichen einen Schlag, Stoss tiop-tiop,
figürlich jeden, alle.112

Mem-brik-an, geben, gib; in der zweyten
De-brik-an, in der vierten Brik-an, in der fünften
gar nur Bri; alle das Brih, Brik, geben.
Das Beri-lah in der dritten, ist das Beri, verstatten,
mit dem Zeichen des Imperatives.

Sa Hari inila, an Tag diesen; in der zweyten
und dritten Pada Hari ini; in der vierten
Arri eni, Tag diesen, in der fünften Harini, alle
für heute. Sa und pada bedeuten an, auf; eni,
ini, ini-la, dieser.

Makan, und, in den folgenden Formeln
Dan, Daan, in der fünften Lagi, auch, und.

Ampun, vergeben, vergib, erscheint in der
fünften Formel ganz einfach; in den übrigen mit
allerley Vor- und Nachsylben, Ber-ampun-la,
Meng-ampon, Amponi-la.

Pada und Akan, in der fünften Formel
Ka-pata, sind Praepositionen, welche an, gegen,
wider bedeuten, und den Dativ des folgenden
Nennwortes bilden.

Dosa, Sünde, Dosa-Dosa, Sünden im Plural.
In der dritten Salah, und Segalah Salah,
alle Sünden. Das Punga vor Dosa in der vierten
Formel bedeutet eigentlich besitzen, verstärkt
aber auch die possessive Bedeutung der
persönlichen Pronominum, und vertritt die
possessiven oft allein.

Akan siapa ber-sa la, denen, welche sündigen;
in der zweyten Formel, akan barang siapi
jang ber-sala, an allen denen, welche sündigen;
in der dritten, pada Awrang jang ber-sala, an
Menschen, oder denen Menschen, welche sündigen;
in der fünften, kapata siapi nang sala,
denenjenigen, welche sündigen. Siapa, Siapi,
Pronomen determinativum, oft auch relativum,
wie jang, dang oder nang. Barang, einige, alle.
113Awrang, Orang, Mensch. Sala, Ber-sala, Sünde,
sündigen, beleidigen.

Djang-an, Gangan, nicht, Dan djang-an,
Dan djang-an-la, Lagi dschang-on, und nicht.
Hentar, in der vierten Antar, führen. Bawa und
Mem-bawa in der zweyten und dritten, bedeuten
gleichfalls führen, tragen, bringen, aber
auch unter, unten, niedrig.

Tiobah-an, Per-tsjob-an, Per-tjauba-an,
Tscho-ba-awn, Versuchung. An, awn, macht
Substantiva aus Verbis. Per ist die Vorsylbe ber,
welche vor dem t per lautet. In der fünften
Formel ist diese ganze Bitte mangelhaft und
versetzt.

Tetapi, sondern, eigentlich befestigen; in
der zweyten und dritten Formel hanja, sondern;
in der fünften bon.

Lepas-ken, Di-lepas-ken, Lepas-kan-la,
von Lepas, befreyen, mit allerley oft müssigen
Vor- und Nachsylben. Dari, deri, deri-pada,
von. Djakat, Djahat, Dschahat, Gahat, böse,
das Böse. Jang ist eigentlich das Relativum der,
welcher, wird aber auch zuweilen um des Nachdrucks
willen statt des Artikels der gebraucht,
wie hier. Gahat samua, in der fünften Formel,
alles Böse. Samua, all, nähert sich dem veralteten
Deutschen sam, welches noch in sammeln,
sämtlich, zusammen, u. s. f. lebt.

Karana, Karna, Garna, bedeuten eigentlich,
reden, ingleichen Ursache, figürlich aber
auch denn, weil.

Mu am-punya, du besitzest, dir gebühret.
In der dritten Formel Angkaw punja; angkaw bedeutet
gleichfalls du, dir, ihr, euch. Tuan in
der vierten bedeutet eigentlich Herr, wird aber
auch aus Ehrerbietung gegen Vornehmere für
114du gebraucht. Das Allam in der fünften weiss
ich nicht zu erklären, wenn es nicht das Arabische
Allah, Gott, ist, welches hier auf ähnliche
Art gebraucht seyn könnte.

Kau-wassa-an, Ka-wasa, Ka-wasa-aun,
die Macht, von Wassa, Wasa, Macht, ingleichen
vermögen, können, mit den Substantiven
Vor- und Nachsylben ka-an. Das in einigen
Formeln vorgesetzte jang, dang, stellet um des
Nachdruckes willen hier gleichfalls den Artikel
vor.

Ber-bassar-an, Ber-besar-ang, die Herrlichkeit,
Grösse, von besar, gross. Das Kamulija-an
in der dritten, und Maha-mulija-aun,
in der vierten, ist von Mulija, Ehre, ehren.
Maha ist das Indische gross, grosse Ehre.

Sampey, Sampi, bis, durch. Ka Kakal, zur
Ewigkeit; saluma Pnja, alle Ewigkeit. Sa ummer,
auf immer in der fünften, erinnert an das
Deutsche immer.

2. Vorder-Indischer Sprach- und Völkerstamm.

Einleitung.

Unmittelbar an das Gebieth der einsylbigen
Sprachen grenzet in Süden das vordere oder
diesseitige Indien, welches sich von dem Indus
oder Sind in Westen, bis zu dem Ganges oder
vielmehr Buramputer in Osten; und von den
Tibetanischen Schneegebirgen in Norden bis
tief in das Indische Meer erstreckt, und in einem
Flächenraume von ungefär 80000 Quadrat-Meilen
über 100 Millionen Menschen enthält. Es
hat den Nahmen von seinem westlichen Grenzflusse
115Indus, bey den Eingebohrnen Hind oder
Sind, durch welchen es den Ausländern am
ersten bekannt geworden. Man nennet die eingebohrnen
Bewohner gemeiniglich Indier, richtiger
Hindu. Der Engländer Gentoos (spr. Dschentuhs)
ist ein Überbleibsel des Portugiesischen
Gentios, von dem Lat. Gentes, Heiden.

Da es seine Bewohner wahrscheinlich unmittelbar
aus der ihm so nahen Wiege des
menschlichen Geschlechts, wenigstens aus dem
Gebiethe der einsylbigen Sprachen erhalten hat,
so scheinet es auch die mit ihnen erhaltenen
Keime der Cultur am frühesten gepflegt und erzogen
zu haben. Zwar nennet Moses dasselbe
in seiner ohnehin sehr unvollständigen Völker- und
Ländertafel nicht, zum Beweise, dass ihm
von dem Volke und dessen Sprache und Verwandtschaft
nichts bekannt war, ob er gleich
manche von dessen Erzeugnissen zu nennen
wusste. Michaelis vermuthete einmahl, dass
der 1 Mos. 10, 22 genannte Semite Lud der
Stammvater der Hindu seyn könnte, und dass
dessen Nahme für Hid oder Hind verschrieben
sey; allein er nahm diese Vermuthung im
Spicileg. Geogr. Th. 1, S. 256 als unhaltbar billig
wieder zurück. Nur Gatterer liess sich dadurch
nicht abhalten, die Sache von nun an als gewiss
zu behaupten, so unstreitig es auch ist, dass der
Nahme Indiens den biblischen Schriftstellern
erst unter der Herrschaft der Perser Esth. 1, 1
bekannt geworden, wo es Hidu heisst. Dessen
ungeachtet weiset uns doch Moses mit seiner
ältesten Geschichte des menschlichen Geschlechts
deutlich in den entfernten Osten hin, wie bereits
im vorigen bemerkt worden. Mögen doch
die vorgegebenen Züge des Bacchus, der Semiramis
116und des Sesostries weiter nichts als den hohen
Begriff beweisen, welchen man von je her
von diesem Lande und seinen Schätzen hatte:
es gibt genug andere nicht so zweydeutige Merkmahle
seiner frühen Cultur, wozu der reine
Himmel, der reiche Boden, der Überfluss der
Nahrungsmittel, kurz alles einladen musste.
Schon zu Jacobs Zeit war der Karavanen-Handel,
welchen die Völker Kanaans aus dem Persischen
Meerbusen über Arabien nach Aegypten
und dem westlichen Asien trieben, nicht allein
im völligen Gange, sondern er war bereits aus
seiner Kindheit getreten; er war nicht mehr
Tauschhandel, man schätzte die Waaren schon
nach Silber, von je her das einzige, was Indien
für seine Reichthümer nahm. Die Phönicier,
welche sich schon vor Abraham von dem Arabischen
oder vielmehr Persischen Meere an das
Mittelländische zogen, wurden ohne Zweifel
durch den Handel dazu bewogen, der über Babylon
auf dem Euphrat und Tigris, wo schon
Hiob der lebhaften Schifffahrt gedenkt, nach
der Phönicischen Küste ging, und zu dessen Erleichterung
in der Folge Salomo die Stadt Tadmor
oder Palmyra in der Wüste anlegte oder
erneuerte. Man sage nicht, dass dieser Handel
seine Nahrung aus Arabien gezogen habe. Dieses
hatte zu wenig eigene Waaren, ihn in solcher
Thätigkeit zu erhalten. Über dies weiss
man, dass man so manche von den frühesten
Zeiten an gangbare Waaren, z.B. das Aloe- oder
Calambak-Holz (4 Mos. 24, 6,) das Ebenholz,
das Zinn, den Zimmt, die Gewürze, das
Rauchwerk zu den Opfern, (der Arabische
Weihrauch ist schlecht und sparsam,) Edelsteine,
kostbare Zeuge u. s. f. nirgends anders,
117als aus dieser unerschöpflichen Fundgrube aller
Gegenstände der Lüsternheit haben konnte,
wenn man gleich das Volk nicht kannte, dem
man sie zu danken hatte. So kannte und
schätzte man den Bernstein mehrere Jahrhunderte
im westlichen Asien, ohne das Volk zu
kennen, von welchem er kam.

Wenn man erwäget, wie viele Zeit erfordert
wird, ehe ein Land, fast so gross wie Europa,
auf dem gewöhnlichen Wege der Natur
seine nothdürftigen Einwohner erhält, ehe diese
die Schätze ihres Bodens kennen, würdigen und
gebrauchen lernen, ehe selbige dem Ausländer
bekannt und von ihm gesucht werden, kurz
welch ein Grad der Cultur und selbst des Luxus
erfordert wird, ehe ein solcher Handel, welcher
ohne Städte weder entstehen noch bestellen
kann, zur Blüthe und Reife gelangt: so wird
man gestehen müssen, dass er zu der Zeit, da
er in der Geschichte aufdämmert, nicht erst von
gestern her seyn konnte, sondern dass er die
Folge einer frühen und lange vorher gegangenen,
und noch länger vorher vorbereiteten Cultur
gewesen seyn müsse. Vielleicht war die so
frühe Kenntniss und Begierde, welche auch die
entlegensten Völker von und nach den Schätzen
Indiens hatten, eine Folge des lebhaften Andenkens
an das glückliche Land, welches sie
durch Volksmenge oder innere Unruhen gezwungen,
zu verschiedenen Zeiten hatten verlassen
müssen.

Der Sitz des ersten Völkerverkehrs ist denn
gewöhnlich auch der Sitz der Cultur des Geistes,
und es fehlet nicht an Spuren, dass Indien es in
den Wissenschaften schon zu einem beträchtlichen
Grade der Höhe gebracht hat, als die
118berühmtesten Nationen des Alterthums noch
nicht lesen und schreiben konnten, 1 Kön. 4, 31
wird Salomo's Weisheit über die Weisheit des
Morgenlandes und Aegyptens erhoben. Unter
dem erstern verstehet man gewöhnlich Arabien,
welches wohl sonst auch unter diesem Nahmen
vorkommt. Allein da dieses, so viel man weiss,
nie durch eine vorzügliche Weisheit geglänzet
hat, so wird man wohl ein Paar Schritte weiter
nach Osten gehen müssen. Ich berufe mich
nicht auf den Zend-Avesta des Zoroaster, auch
nicht auf den Pythagoras, welcher einen Theil
seiner Kenntnisse, und besonders die Seelenwanderung
in Indien geschöpft haben soll, weil
beyde noch bestritten werden können. Die
sorgfältigen Untersuchungen eines le Gentil,
Paullini a S. Bartholomaeo, der Engländer zu
Calcutta und anderer haben gezeigt, dass die
Astronomie, gewiss eine der schwersten Wissenschaften,
welche die Cultur so vieler andern
voraus setzt, mit ihrem ganzen Gefolge des
Thierkreises, der Wochentage, u. s. f. in Indien
einheimisch ist, und nicht erst von aussen dahin
gebracht worden. Der frühen Ausbildung der
Religion werde ich sogleich gedenken. Wäre
es zu verwundern, wenn sich vermittelst des
Handels von dem hier leuchtenden Lichte auch
manche Funken zu den entferntesten Völkern
verbreitet haben sollten, selbst zu einer Zeit,
da man Indien nur noch als ein dunkeles Fabelland
kannte? Nur schreibe man nicht alles
Einem bestimmten Lande ausschliesslich zu, was
der Mensch unter gleichen Umständen überall
selbst erfinden kann und muss.

Ein anderer Beweis der frühen und vorzüglichen
Cultur Indiens sind die grosse Menge ungeheurer
119Denkmähler, welche kein Land Asiens
in der Masse aufzuweisen hat, welche aber über
ganz Indien zerstreuet sind, und an Alter, Umfang
und Kunst, den Aegyptischen nichts nachgeben,
selbige aber wohl in Ansehung der letztern
übertreffen. Sie bestehen theils in alten
Tempeln in Gestalt grosser Pyramiden von ungeheurer
Grösse, wie die zu Deoger, Tanschore
und in Carnate, theils in grossen Säulen, wie
am Flusse Gondek, zu Dehli, Bettieh, Illahabad
und Sindschi; theils aber auch und vornehmlich
in einer Menge grosser in den härtesten
Granit aufgehauener Tempel mit vielen
und weitläufigen Zimmern und einer Menge
aus dem Felsen selbst gehauener Säulen und
Bildwerke, welche die ganze noch heutige Indische
Mythologie darstellen.

Die bekanntesten sind: (1.) Auf der Insel
Elephanta bey Bombay, beschrieben in Anquetils
Reise, S. 613; beschrieben und abgebildet, in.
Niebuhrs Reise, Th. 2, S. 32 f. (2.) Auf der
Insel Salsette, zu Keneri, Poniser und Monpesar.
Ein Kenner versicherte, dass 40000 Menschen
sie kaum in 40 Jahren hätten vollenden
können. Femelli Carreri Voy. Th. 3, S.31. Anquetils
Reise S. 566, 567. Grose Reise nach OstIndien.
Vorzüglich: A comparative View of the
ancient Monuments of India, particularly those in
the Island of Salset near Bombay
, by Rich. Gouch.
Lond 1785, 4 (3.) Zu Mavalipuram auf der
Küste Coromandel zwischen Cavelong und Madras,
von W. Chambers beschrieben in Asiat.
Research
. Th. 1, und von Goldingham, eb. das.
Th. 5. S. Paullini a S. Bartholomaeo Viaggio
S. 340, und Will. Jones Abhandl. von Kleuker
Th. 3, S. 3 f. (4.) Alles aber übertreffen die
120zu lllora, nicht weit von Aurengabad im Lande
der Maratten. Beschrieben von L. W. Maler in
Asiat. Research. Th. 6, n. 10. Anquetils Reise,
S. 332. Vortreffliche aber auch theure Abbildungen
derselben enthalten folgende Blätter:
Hindoo Excavations on the mountain of Ellora near
Aurengabad in the Decan, in 24 Views engraved
from the Drawings of Jam. Wales, by Thom. Daniel
.
Lond. 1804, 24 Roy. Bl. mit einer Beschreibung
in gr. 8. Hier ist das ganze Granitgebirge mehr
als zwey Stunden weit mit einer Reihe Tempeln
in drey Stockwerken über einander ausgehöhlt.
Es ist ein wahres Pantheon, wo alle Götter ihre
Tempel, und manche deren sehr viele haben.
So hat Schiwa deren zwanzig. Der Styl in den
unzähligen Bildwerken ist zwar noch nicht der
schöne Griechische, aber auch nicht die harte
ausdrucklose Manier der Aegypter und Perser.
Besonders verdienen die Säulen die Aufmerksamkeit
des Kenners. Die Hindu wissen nichts
von ihrem Alter; aber sie müssen zu einer Zeit
gemacht seyn, da man noch an Wohnungen in
Höhlen gewohnt war. Wenn man diese ungeheuren
Denkmahle menschlichen Fleisses und
menschlicher Geduld betrachtet, so kann man
sich des Gedankens nicht erwehren, dass dasjenige
Volk, welches sie ausführte, ein ganz
anderes Volk von grösserer Macht und Kunst
gewesen, als das heutige.

Alle diese Denkmähler und ihre vielen Bildwerke
beziehen sich auf eine Religion, welche
zu den gebildetsten in der alten Welt gehöret,
und gewiss durch sehr viele jetzt unbekannte
Stufen gegangen seyn muss, ehe sie diejenige
Höhe der Geistigkeit erklimmen können, auf
welcher wir sie wirklich erblicken. Denn dass
121die Religionsbegriffe des Hindu in demjenigen
frühen Weltalter, in welches diese Denkmähler
gehören, schon ganz die heutigen sind, erhellet
aus den mythologischen Vorstellungen, welche
bis auf die geringsten Kleinigkeiten mit den heutigen
überein kommen, und folglich eben dieselben
aufgeklärten Begriffe voraus setzen, zu
welchen sich noch jetzt die vernünftigsten und
gelehrtesten Braminen bekennen. Auch hier
sind, und vielleicht in der ganzen Welt hier
zuerst, die Entstehung der Körperwelt, und
der Urspung des Übels in derselben, nebst den
Mitteln, demselben abzuhelfen, die zwey
grossen Puncte, worum sich des Hindu ganze
Religion und Philosophie drehet, denn beyde
sind ursprünglich nur Eins *)17. Es ist werth, ein
Paar Augenblicke dabey stehen zu bleiben, und
zu sehen, wie er sich dieses grosse Räthsel gelöset
hat.

Die Gründe seiner Religion sind, wenn wir
sie von allen rohen Volksbegriffen reinigen,
die Lehren von einem einzigen Urwesen, dem
Schöpfer aller Dinge; von der Entstehung aller
sichtbaren und unsichtbaren Dinge als Ausstrahlungen
aus diesem Urwesen, erst der Geisterwelt
und der Empörung eines Theils derselben,
dann der Entwickelung der Körperwelt aus dem
Chaos, zur Wiederherstellung der gefallenen
Geister durch die Seelenwanderung; von der
122unter mehrere theils gute theils böse untergeordnete
Wesen vertheilten Regierung der Welt;
von einem ursprünglichen vollkommnen Zustande
des Menschen und einer darauf erfolgten
Zerrüttung; von der Wiedererlangung des verlohrnen
Zustandes durch vermittelnde Wesen,
durch Büssungen, und durch Läuterungen vermittelst
der Seelenwanderung; von dem Untergange
der Welt durch Feuer; von einem neuen
Himmel und einer neuen Erde; von ewigen Belohnungen
und Bestrafungen u. s. f. Lehren,
in welche sich der gelehrte Britte Holwell so
verliebt hatte, dass er gern die ganze Welt auf
diesen Glauben zurück geführet hätte, ohne sich
zu erinnern, dass er das nicht erst aus Indien
hohlen dürfe, was er zu Hause schon näher und
besser hatte.

Dass dieser Lehrbegriff in Indien einheimisch
ist, und weder von Aegyptern noch Chaldäern
entlehnet worden, lehret dessen Hülle,
die uralte Mythologie, welche ganz auf einheimische
Flüsse, Berge und Tempel, deren Lage
und Nahmen noch jetzt bekannt sind, gegründet
ist, auch ganz einheimischen Geist und
Himmel athmet.

Beurtheilet man diesen Religions-Begriff
nach seiner eben gedachten Hülle, d. i. nach
der Mythologie und der darauf gegründeten
Dichtung, so bekommt er freylich eine sehr abschreckende
Gestalt, Figuren mit drey Köpfen
und vier Armen, Ungeheuer, welche Menschen
zerfleischen u. s. f. Vorstellungen, die die Fülle
des Ausschweifenden und Abgeschmackten enthalten,
und nicht einmahl, wie doch zum Theil
die Griechischen und Römischen, das kleine
Verdienst einer blühenden Fantasie haben. Daher
123erklären auch Paullini und andere diese Vorstellungen
allegorisch. Aber auch als Allegorie
würden sie höchst abgeschmackt seyn und bleiben,
und uns das Gefühl der Indischen Dichter
in einem sehr nachtheiligen Lichte zeigen, weil
es ja bey ihnen stand, die Hülle ihrer Lehren
mit mehr Geschmack zu wählen. Mir ist das
Rohe und Widersinnige vielmehr ein Beweis
des hohen ehrwürdigen Alters dieser Vorstellungen,
deren Ursprung in eine Zeit fällt, da man
noch keine Buchstabenschrift kannte, und kein
anderes Mittel hatte, seine Gedanken den Zeitgenossen
und der Nachwelt mitzutheilen, als
die symbolische Hieroglyphe. Siehet man sie
aus diesem Gesichtspuncte an, so werden sie
nicht allein sehr verzeihlich, sondern selbst ehrwürdig.
Man unterschied in dem einzigen höchsten
Unwesen drey Urkräfte, die schaffende, die
erhaltende und die zerstörende, oder vielmehr
die auflösende und in einer andern Gestalt wieder
hervor bringende, welche man mit den
drey Nahmen Brama, Wischnu und Schiwan
belegte. Ich wüsste doch nicht, wie man sie
vor der Erfindung der Schrift anders hätte vorstellen
wollen, als durch ein Brustbild mit drey
Angesichtern. Die nähere Betrachtung dieser
drey Urkräfte führte zu einer neuen Reihe von
Vorstellungen. Man bildete die erhaltende Kraft
(Wischnu) als eine sitzende Person mit vier
Händen. Die Lotus-Blume, das bekannte
schöne Wassergewächs, in der einen, bezeichnete
die Entstehung aller Dinge aus dem Wasser;
das Blasehorn in der andern, ihre Macht,
alles was sie will, aus dem Nichts hervor zu
rufen; die Keule in der dritten, ihr Vermögen,
die Bösen zu strafen, und das Rad in der vierten
124den Kreislauf aller Dinge und deren Erhaltung;
die dreyfache Krone auf dem Haupte ihre
dreyfache Herrschaft über das Meer, die Erde
und den Lufthimmel. Wie konnte die erzeugende
Kraft der Natur deutlicher vorgestellet
werden, als durch das Lingam, und zwar zu
einer Zeit und unter einem Himmel, wo diese
Theile um nichts anstössiger waren, und zum
Theil noch sind, als ein jeder anderer Theil des
Leibes. Die zehn Verkörperungen, richtiger
Erscheinungen, des Wischnu oder der erhaltenden
Kraft Gottes, sind Vorstellungen so vieler
Hauptbegebenheiren aus der menschlichen, besonders
Indischen Geschichte *)18.

Von dieser Seite betrachtet, liegt in der
Indischen Mythologie mehr Verstand und Zusammenhang
als in dem Bilderkram der Griechen
und Römer, welche zu einer Zeit, da dergleichen
Vorstellungen längst nicht mehr nothwendig
waren, noch immer in diesem Geschmacke
fortfaselten, und die Religions-Lehre
zu einem armseligen Spiele der Fantasie, und
nicht selten der Wollust und der Liederlichkeit
machten. Die Griechische und Römische Mythologie
bestehet aus einem Chaos abgerissener
Fragmente, dem Willkühr jedes Dichters und
Künstlers überlassen; die Indische hat Einheit,
Zusammenhang und einen leicht zu findenden
Verstand, und ist sich so viele Jahrhunderte
125hindurch immer gleich geblieben. Und noch
jetzt, wenn Abbildungen aus der Götterlehre
gemacht werden sollen, darf solches nicht anders
als unter der Aufsicht mehrerer Braminen
geschehen, welche der verschönernden Kunst
allen Einfluss versagen, und sorgfältig wachen,
dass nichts an den alten Formen geändert werde,
weil hier alles seine bestimmte Bedeutung hat.
Der Fehler war nur der, dass man über der
Schale den Kern vergass, und dass Priester und
Volk, erstere aus Eigennutz und Unwissenheit,
letzteres aus Dummheit bey diesen Bildern stehen
blieben, alles sinnlich nahmen, und die
darunter verborgenen Lehren personificirten,
woraus denn ein so weitläuftiges, sinnloses und
lästiges Religions-System entstehen musste, als
das Indische, wenn man es nach dem Volksglauben
beurtheilt, wirklich ist.

Und dieses so alte, so gebildete Volk hat
keine Geschichte; eine Erscheinung, welche
uns befremden müsste, wenn nicht die Erfahrung
lehrte, dass wahre Geschichte, die erstgebohrne
Tochter der historischen Kritik, immer
erst ein Werk der höhern Grade der Cultur
ist, zu welcher jedes Volk erst sehr spät, manches
nie gelangt. Dem Hindu fehlt es so wenig,
als andern Asiaten an den übertriebensten Begriffen
von dem hohen Alter seines Landes und
seiner Cultur; auch hat er eine grosse Menge
Schriften aller Art, welchen er ein ungeheures
Alter beylegt. Das vornehmste einheimische
Werk für die Geschichte ist die Maha-Bharada,
oder grosse Geschichte, ein Werk von etwa
120000 vierzeiligen Strophen, welches 4000 Jahr
alt seyn soll, und die ganze alte Geschichte Indiens
in sich fasset. Schon der Umstand, dass
126es, wie alle wissenschaftliche Bücher der Hindu,
in Versen geschrieben ist, ist kein günstiges Vorurtheil
für die Wahrheit der Geschichte. Auch
enthält es eine Menge Begebenheiten, wo die
Dichtung überall vorblickt, und welche zum
Theil aus missverstandenen Hieroglyphen entstanden
sind. Bey dem allen scheinen doch
manche merkwürdige Züge wahrer Geschichte
mit durch, z. B. von Alexanders Einfall, wo
Umstände erzählt werden, welche alles Gepräge
der Wahrheit haben *)19. Hier könnte wohl noch
manches historische Goldkorn verborgen seyn,
wenn nur nicht alles so sehr mit Dichtung untermischt
wäre, und nicht die Zeitbestimmung,
wie in allen solchen poetischen Aftergeschichten,
überall fehlte, daher die Indische Geschichte,
so weit wir sie jetzt kennen, sich ohne fremde
Beyhülfe bey weitem nicht genug ist. Mit dem
Tode des Königes Vikramaditya, welcher im
Jahre 56 vor Chr. starb, fängt sich zwar die bestimmte
Indische Jahrrechnung an, nicht aber
die bestimmte Indische Geschichte, weil auch
nach diesem Zeitpunct ohne alle Zeitbestimmung
fort erzählet, und alles in ein dichterisches
Gewand gehüllet wird. Da es in Indien eine
sehr grosse Menge alter Schriften über alle nur
mögliche Gegenstände gibt, so ist zu hoffen,
wenigstens zu wünschen, dass durch den Fleiss
127der Engländer in Zukunft brauchbarere historische
Schriften werden entdeckt werden, als
man jetzt noch aufzuweisen hat.

Wir sind also in Ansehung dieses merkwürdigen
Landes bloss auf die auswärtige Geschichte
eingeschränkt, welche aber bey dessen Entlegenheit
von den westlichen Staaten Asiens, ungeachtet
alles Handelsverkehres, sehr ärmlich
ist. Bis auf Alexandern war Indien das berühmte
Fabelland, wo Greifen, goldgrabende Ameisen,
so gross wie Füchse und andere Ungeheuer hauseten.
Mit diesem Griechischen Eroberer wird
es etwas heller, aber das wenige Licht ist, wie
immer bey den Griechen, durch Dichtung verdunkelt.
Doch siehet man, dass Indien schon
damahls (320 vor Chr.) alles das war, was es
jetzt noch ist. Philipps Sohn fand das nördliche
Indien, denn nur dessen westlichenTheil betrat
er, von mehrern zum Theil mächtigen Fürsten
beherrscht. Die Einwohner waren, wie viele
andere alte Völker, in Casten oder erbliche
Stände getheilt. Schon war die Religion in zwey
Haupt-Secten gespalten, die Bramanen und die
Buddisten oder Schamanen, welche die Griechen
Gymnosophisten nennen.

Die Zeit, wenn und die Art, wie diese
grosse Trennung geschehen, ist noch eben so
dunkel, als fast alles übrige in der Indischen Geschichte.
Die Bramanische Religion, welche
durch Missbrauch der hieroglyphischen Vorstellungsart
unter dem Volke in den abgeschmacktesten
Bilderdienst ausgeartet war, fand schon
frühe einen Reformator, welcher die sinnlosen
Auswüchse wegzuschaffen, und die Religion auf
eine mehr geistige Beschäftigung zurück zu führen
suchte. Er stürzte die furchtbare Theokratie
128der Braminen, hob den Unterschied der Casten
auf, verwarf den Bilderdienst, besonders der
drey Gottheiten Brama, Wischnu und Schiwan,
und lehrete einen einzigen unkörperlichen Gott
unter dem Nahmen des Budda (der Weisheit)
verehren, und die Leidenschaften und Begierden,
der Quelle alles moralischen Übels, durch
Beschauung und Bussübungen bekämpfen; daher
seine Anhänger den Nahmen der Schamanen
oder Sanftmüthigen bekamen, weil sie unter
andern auch wider die damahls noch üblichen
blutigen Opfer eiferten. Sein Nahme ist unbekannt.
Die meisten behaupten, dass er Budda
geheissen, und nach seinem Tode göttlich verehret
worden. Allein da seine Anhänger alle
Verehrung körperlicher Wesen verwarfen, so
ist das nicht sehr wahrscheinlich. Er soll aus
Kaschemir gebürtig gewesen seyn und 2101,
nach andern 1014 vor Chr. gelebt haben. De
Guignes nimmt seine Geburt aus wahrscheinlichen
Gründen in 683 an, also 350 Jahr vor
Alexandern. Dem sey wie ihm wolle, so scheint
er vielen Anhang bekommen zu haben. Endlich
gelang es den Bramanen, vielleicht nach
manchem Kampfe, im ersten Jahrhundert der
christlichen Zeitrechnung, mit Hülfe des Kriegesstandes
eine blutige Verfolgung wider die
Buddisten zu erregen, da denn, was dem
Schwerte entrann, auszuwandern gezwungen
ward. Die Verfolgten wandten sich im Jahre 40
nach Ceylon, 65 nach Tibet und Sina, und 66
nach Japan und Korea, und pflanzten hier ihre
Lehre fort, wo sie auch noch herrscht, obgleich
wieder sehr ausgeartet, indem sie unter den
Mongolen und andern rohen Asiaten zur elendesten
129Gaukeley herab gesunken ist. Die Schamanen,
deren es noch einige auf der südlichen
Halbinsel gibt, sollen sich während ihres Flores
vorzüglich der Mathematik, Astronomie und
der abstracten Wissenschaften beflissen haben,
und die meisten der noch übrigen wissenschaftlichen
Bücher sollen von ihnen seyn. Übrigens
erreget der Geist des Buddismus in Indien, da
wo er noch lebt, Schaudern. Er athmet nichts
als schreckliche Furcht, grausame Bussübungen
und unmenschliche Strenge. Wahrscheinlich
ist das nur Ausartung unter einem heissen Himmel,
und bey einem rohen Volke, denn ursprünglich
scheint er milder gewesen zu seyn.
Auch hat er in Tibet, Sina, und dem hintern
Indien viel von dieser Strenge nachgelassen.
Übrigens wird Budda, der höchste Gott dieser
Secte, in Sina Fo, in Japan Schaka und Buts, in
Tibet La und Schaka, in Tunkin But und Thica,
und in Siam Somono-kodam genannt.

Auch die Sprache war zu Alexanders Zeit
schon das heutige Sanscrit, wie aus den Orts- und
Personen-Nahmen erhellet, welche zu seiner
Zeit und bald nach ihm vorkommen. Es ist
uns also jetzt ohne neue Hülfsquellen nicht möglich,
den Stufengang nachzuzeichnen, welchen
Indien von seiner ersten Bevölkerung an, bis zu
seiner völligen Ausbildung genommen hat. So
wie Minerva völlig angekleidet dem Haupte Jupiters
entsprang, so tritt auch Indien auf Ein
Mahl in dem ganzen Glanze seiner Cultur in der
Geschichte hervor. Ja es muss ehedem, selbst
in den wissenschaftlichen Kenntnissen auf einer
weit höhern Stufe gestanden haben, als jetzt,
wie unter andern auch aus der grossen Menge
130noch übriger Schriften aller Art, selbst in der
speculativen Philosophie erhellet, wo es eben
so viele Systeme gibt, als es in Griechenland
nur gegeben haben kann.

Sey dem, wie ihm wolle, so herrscht in
diesem ganzen grossen Lande, die fremden Einflüsse
abgerechnet, so viel man jetzt noch weiss,
nur eine einzige grosse Nation, welche einerley
Sprache, einerley Religion und einerley Sitten
hat, aber nie unter der Herrschaft eines einzigen
verbunden war, auch von sehr ungleichen
Graden der Cultur ist. Dass sich dieses Volk,
trotz allen Stürmen barbarischer und gesitterer
Völker seit bey nahe drey tausend Jahren, in
einem noch so hohen Grade der Selbstständigkeit
erhalten hat, ist allerdings eine merkwürdige
Erscheinung, obgleich nicht die einzige
ihrer Art. Ich glaube, sie rühret zum Theil von
der grossen Volksmenge her, welche der reitzende
Himmel und die so ergiebige Natur hier sehr
frühe versammelte und beysammen erhielt, gegen
welche auch der zahlreichste Eroberer immer
noch schwach war, und sich daher genöthiget
sahe, das Volk seinen Gang ruhig fortgehen
zu lassen. Zum Theil auch von den
Casten oder erblichen Ständen, wodurch aller
Ausartung, aber auch allen Fortschritten auf das
kräftigste vorgebeuget wird. Damit ist zugleich
die unüberwindliche Anhänglichkeit des Hindu
an seine Sitten, Religion und Verfassung verbunden,
daher er von den vielen Fremden, von
welchen er seit Jahrtausenden überschwemmet
wurde, nie etwas, selbst nicht die auffallendsten
Bequemlichkeiten angenommen hat. Der
Hindu sägt mit seinen armseligen Werkzeugen
131noch jetzt zwey bis drey Tage an einem Brete,
welches er den Europäer in wenig Stunden
vollenden siehet. Es ist daher auch nicht wahrscheinlich,
dass die Hindu von den Griechen,
mit welchen sie auch noch nach Alexandern von
Baktrien aus, eine Zeit lang in Verbindung standen,
je etwas entlehnet haben sollten. Das
Feuergewehr ist vielleicht das einzige, was sie
von dem Ausländer angenommen haben. Aber
dazu zwang sie auch die Selbsterhaltung.

Der heutige Indier ist schwach, sanft und
menschlich. Er kennet viele Leidenschaften,
welche den Europäer zu seinem grossen Ärgernisse
herum treiben, kaum dem Nahmen nach.
Er liebt Unthätigkeit und ruhigen Genuss seines
genügsamen Lebens; und wiederholt oft, was
einer seiner Lieblingsschriftsteller sagt: sitzen ist
besser als gehen, schlafen besser als wachen,
aber der Tod gehet über alles. Indessen gilt
das nur von der arbeitenden und handelnden,
und allenfalls, doch mit grossen Ausnahmen,
von der gelehrten oder Priester-Caste. Denn
der herrschende oder kriegerische Theil bestehet
aus wilden Barbaren, welche nicht bloss im
Kriege Tod und Verderben um sich her verbreiten,
sondern auch aus Hab- und Raubsucht,
und sogenannter Politik sich der kältesten Grausamkeiten
schuldig machen. Solche Ungeheuer
waren in den neuern Zeiten Hyder Ali und
Tippo Saib, und ihre Genossen. Von dem letztern
sagt Donald Campbell so schön: „so lange
noch ein Tropfen Blut unvergossen, eine
Thräne ungeweint, und eine Todesqual ungekämpft
ist, so lange sind seine natürlichen
Triebe gehemmt, und die Wollüste des Lebens
132buhlen vergebens um seinen Genuss.”
Aber auch ausser dem Kriegsstande der gebildetem
Staaten gibt es in diesem grossen mit so vielen
Gebirgen und Wäldern angefüllten Lande
eine Menge wilder und halb wilder echt indischer
Stämme, welche von Raub und Plünderung
leben, wenig von der Religion ihrer Brüder
wissen oder üben, und wenn ihnen die Umstände
günstig waren, ansehnliche Reiche gestiftet
haben. Dergleichen sind im nördlichen
Indien die Rasbuten mit ihren Stämmen, die
Dschaten, Kant, Mewatti und andere, im südlichen
aber die Nairen, Kuhleri, Canariner und
Maratten.

Diese Raubzüge ungebildeter Völker, die
Hab- und Raubsucht fremder sowohl als einheimischer
Beherrscher, das zerstörende Joch des
Islam, die unruhige ganz zu Empörungen gemachte
Verfassung, wo der Tod jedes Fürsten
das Signal zu Ränken, Bestechungen und Verheerungen
ist, die tyrannische Einrichtung,
nach welcher der Regent der einzige Landeigenthümer,
und der fleissige Landbauer bloss
Pächter ist, der bey der Habsucht aller Ober- und
Unterbeamten nichts als das Leben, und
auch das nur sehr kümmerlich davon bringt,
und wo alle einheimische, und auswärtige Schätze
am Ende in die Casse des Fürsten fliessen, haben
aus diesem reitzenden Lande, welches die Natur
zu einem Paradiese der Welt bestimmt hatte,
zu allen Zeiten einen Schauplatz des tiefsten
Elends gemacht, welchem nur selten ein Beherrscher
von Geist und Herz einen vorüber gehenden
Ruhestand verschaffte.133

A. Alte Sprachen.

a) Sanscrit.

Das Sanscrit, nicht so richtig Hanscrit, vollständig
Sams-krda, im Neutro Sams-krdam, d. i.
genau verbundene, vollkommene Sprache, heisst
im Indostanischen Samscrit und Sanscrit. Da die
letztere Form der Deutschen Zunge am bequemsten
ist, so werde ich sie in der Folge beybehalten.
Sie wird auch die Bramanische Sprache
genannt, weil nur noch die Bramanen davon
Gebrauch zu machen wissen, Dewa-Nagara, die
göttliche Sprache, und Grandhamisch oder Grandonisch,
Büchersprache, woraus die Tamulen
Kirendum gemacht haben. Die Hindu sind es
nicht allein, welche von der Vollkommenheit
dieser Sprache die ausschweifendsten Begriffe
hegen. Auch Europäer haben nur zu oft mit
eingestimmt *)20, und selbst der verdiente Will.
Jones war von dieser Übertreibung nicht frey.
Man verstehet darunter diejenige alte Sprache
der Hindu, worin nicht allein ihre Religions- und
Gesetzbücher, sondern auch eine grosse
Menge Schriften aller Art **)21 abgefasset sind,
134welche Sprache aber nirgends mehr lebt, sondern
wie eine jede andere ausgestorbene Sprache
erlernet werden muss. Anquetil versichert
zwar, dass sie noch jetzt in den Gebirgen zwischen
Indien und Persien gesprochen werde;
allein das war wohl nur eine so hingeworfene
Behauptung. Dort hausen ja seit so vielen Jahrhunderten
die Afganen, deren ganz eigene
Sprache nothdürftig bekannt ist.

Das Alter mancher dieser Schriften wird
sehr hoch hinauf gerückt. Das Wedam, ihr vornehmstes
liturgisches Buch, welches aus 100000
vierzeiligen Strophen bestehet, soll seinen drey
ersten Büchern nach so alt als die Schöpfung
seyn, und Will. Jones glaubt noch sehr bescheiden
zu seyn, wenn er dessen Abfassung in 1580
vor Chr. setzt. Das Gesetzbuch des Menu, welches
die Engländer zum Behuf der Hindu heraus
gegeben haben, soll so alt als das menschliche
Geschlecht selbst seyn. Es fängt, wie alle alte
Gesetzbücher, mit der Schöpfung an, und enthält
Religions-, Polizey- u. s. f. Gesetze *)22. Da
darin der Feuergewehre gedacht wird, so macht
Ge. Forster daraus den übereilten Schluss, dass
selbige den Hindu schon lange vor den Europäern
bekannt gewesen. Einer nur mässig nüchternen
135Kritik würde das ein Beweis seyn, dass
das Gesetzbuch, wenn es gleich nicht ganz in
die neuern Zeiten gehöret, doch nach Zeit und
Umständen erweitert und vermehret worden;
wie sich auch aus andern Umständen erweisen
lasset. Das von Anquetil du Perron zu Paris,
1800, 2 Bände in 4 Französisch heraus gegebene
Upnekhat, ein vollständiges System der Indischen
Philosophie und Religion, soll nach ihm
2000 Jahr vor Chr. Geb. ein Theil sogar gleich
nach der Sündfluth geschrieben seyn. Von dem
schon gedachten Maha-Bharad versichert Will.
Jones, dass es, seiner besten Überzeugung nach,
3000 Jahr vor Chr. geschrieben worden; ohne
uns auch nur Einen von den Gründen dieser
seiner Überzeugung mitzutheilen. Er erinnerte
sich dabey vermuthlich wohl nicht, dass in dieser
Geschichte des Einfalles Alexanders, und
vielleicht noch späterer Begebenheiten gedacht
wird, wodurch das vorgegebene Alter schon
allein gar sehr herab gestimmet wird. Manche
dieser Schriften sind allerdings alt. In den Wedams
verräth schon die harte und rauhe Sprache *)23
ein vorzügliches Alter. Wenn, wie
Will. Jones irgendwo behauptete, in den Gesetzen
des Menu und in den Wedams die Biegung
noch sparsam und mangelhaft seyn sollte,
so wäre das allerdings ein merkwürdiger Beweis
ihres hohen Alters, indem ihre erste Abfassung
in eine Zeit fallen würde, da die Sprache noch
nicht völlig ausgebildet worden. In einer
23 Jahr vor Chr. gegebenen metallenen
136Urkunde *)24 wird schon des Schasta, d. i. der ganzen
Sammlung aller weltlichen sowohl als religiösen
kanonischen Bücher, und der geschriebenen
Gesetze gedacht, welche also schon damahls
müssen vorhanden gewesen seyn. Die
noch jetzt in Tibet, Ceylon und dem hintern
Indien befindlichen Religions-Bücher der Buddisten
kamen wahrscheinlich schon im ersten
Jahrhundert mit ihren Anhängern dahin; nur
dass sich ihr Alter noch nicht nach Jahrhunderten
bestimmen lässt, auch wenn man abnehmen
könnte, dass sie bey dem mehrmaligen Abschreiben
nicht verjünget worden. Denn dazu
hat die Kritik noch zu wenig vorgearbeitet. Die
Wahrheit zu sagen, so hat sie hier eigentlich
noch gar nichts gethan, sondern es bisher bey
blossen Lobpreisungen und Bewunderungen bewenden
lassen. In Europa beurtheilt man das
Alter einer Schrift zuerst nach dem Alter der
Handschrift, worin sie aufbewahret wird. Allein
dieser Bestimmungsgrund fällt hier ganz weg,
Schon zu Alexanders Zeit schrieb man in Indien,
und schreibt noch auf Palmblätter, einen
137sehr vergänglichen Stoff. Die gewöhnlichen
dauern nur wenige Jahre; aber auch die Ceylonischen,
als die besten, werden schwerlich
einer Zeit von einem halben Jahrhunderte widerstehen
können. Wie oft muss da nicht ein
Werk ab- und umgeschrieben werden, wenn
es nur wenige Jahrhunderte fortleben soll? Und
wie viele Veränderungen und Verfälschungen
sind da nicht möglich, ja unvermeidlich, zumahl
wenn die Abschreiber entweder unwissende
oder überkluge, allemahl aber unkritische
Braminen sind. Der Russische Nestor ist
erst wenige Jahrhunderte alt, aber seine Geschichte
ist in den Abschriften so verändert worden,
dass bey nahe keine der andern ähnlich
siehet. Paullinus selbst klagt bitterlich, dass
die Dichter und Abschreiber in Indien die Abschriften
so gern verändern, und immer etwas
von dem ihrigen hinzu setzen. Wie kann man
da mit einiger Sicherheit von dem Alter einer
Schrift urtheilen?

Eben dieser Gelehrte gibt in dem Examine
historico-critico Codicum Jndicorum Bibliothecae
Congregationis de Propag. fide
, Rom, 1793, 4,
S. 23 folg. sechs Regeln an, alte ächte Indische
Handschriften von untergeschobenen zu unterscheiden.
Die meisten sind bloss negativ, alle
aber beweisen die blosse Möglichkeit, dass sie alt
seyn können. Dass sie es wirklich sind, und wie
alt, erhellet daraus nicht. Auch der Satz, dass
alle ächte Sanscrit-Bücher über 50 Jahr vor Chr.
geschrieben worden, weil seit dieser Zeit Künste
und Wissenschaften in Verfall gerathen, und
die Sanscrit-Sprache aufgehöret habe, dürfte
schwerlich die Probe der Kritik aushalten. Liesse
er sich erweisen, so würde der Verfall der Wissenschaften
138von der schon gedachten Vertreibung
der Schamanen herzuleiten seyn, welche
sich ihrer vorzüglich beflissen haben sollen.
Allein die Zerstörung der Indischen Schulen von
Mahomedanischen Barbaren gegen das Ende des
12ten Jahrhunderts gibt eine nähere und gewissere
Veranlassung dazu. Und dann weiss
man ja, dass gelehrte Braminen noch jetzt in
dieser Sprache schreiben, und da wäre denn
das erste Geschäft, das neue von dem alten zu
sondern, und jedem sein gehöriges Zeitalter
anzuweisen.

Nimmt man alles zusammen, was von diesen
Schriften und ihrer Sprache bisher mit Grund
oder Ungrund behauptet worden, und vergleicht
man damit die bekannten Analogien anderer
Sprachen, so wird man sehr bald überzeugt,
dass diese Schriften nicht allein von sehr verschiedenem
Alter, sondern auch aus sehr verschiedenen
alten Mundarten sind. Ein so grosses
Land, als das vordere Indien ist, musste
schon von den ersten Zeiten seiner Bevölkerung
an in mehrere Mundarten zerfallen. Zur Zeit
seines Flores und seiner einheimischen Könige
gab es sehr frühe in allen Provinzen Schulen,
wo alle ihnen bekannte Wissenschaften gelehret
und durch Schriften fortgepflanzt wurden. Natürlich
schrieb jeder Verfasser in der Mundart
seiner Provinz. So wie der Islam überall nur
zerstöret, so vernichteten auch die Mahomedanischen
Barbaren diese Schulen und Akademien,
besonders die so alte und durch ganz Indien so
berühmte Akademie zu Benares, wie besonders
von dem Mahomed Ghovi im Jahr 1194 bekannt
ist. Die bisherige wissenschaftliche Cultur verschwand,
und es blieben nur noch die Schriften
139übrig, welche bei dem gewöhnlichen Laufe der
Dinge und der Sprachen dem heutigen ungelehrten
Braminen eben so unverständlich seyn
müssen, als dem gemeinen Deutschen die Sprache
eines Ottfried oder Kero. Indessen gibt es
auch gelehrtere unter ihnen, welche diese veraltete
Sprache nicht allein studieren, sondern
auch von Zeit zu Zeit Bücher in derselben
schreiben. Das verschiedene Alter der noch
vorhandenen Schriften erkannte schon Will. Jones;
nur hätte er es noch nicht nach Jahrhunderten
bestimmen sollen. An den Unterschied
der Mundarten aber ist noch wenig gedacht, und
doch ist derselbe bei einer auch nur oberflächlichen
Vergleichung unverkennbar. In einem
gewissen Schauspiele Sakontala, oder der entscheidende
Ring, *)25 reden die Vornehmen und
Gelehrten das reine Sanscrit ihrer Zeit und ihres
Landes, die Weiber aber Prakrit, d. i. das durch
eine weichere Aussprache verschmelzte Sanscrit.
Die übrigen Personen des Schauspieles sprechen
die damahligen gemeinen Dialecte ihrer Provinz.

Aus dieser nothwendigen Mannigfaltigkeit
des Sanscrit nach Massgebung der Zeit und des
Orts lässt sich denn auch theils die vorzügliche
Schwierigkeit der Erlernung dieser Sprache erklären,
140indem man in ihr mehrere alte Mundarten
eines grossen Landes zugleich studieren
muss, theils ihr grosser Reichthum an Synonymen.
So hat die Sonne 30, der Mond über 20,
ein Stein 6 bis 7, ein Baum 10, ein Blatt 5,
der Affe 10, der Rabe 9 Nahmen. Gesetzt, dass
das nicht alles figürliche Benennungen, auch
nicht Nahmen der Dinge unter besondern Verhältnissen
sind, so rühren sie gewiss von den
verschiedenen Mundarten her. Es erhellet dieses
auch daraus, dass in den heutigen Indischen
Mundarten bald dieser bald jener Nahme üblich
ist, keine aber sie alle vereinigt. Es hat also
die Kritik noch sehr viel zu thun, ehe man von
dieser Sprache den Gebrauch machen kann,
dessen sie fähig ist. Auch fehlet es uns in
Europa noch gar sehr an den zu ihrer Erlernung
nöthigen Hülfsmitteln.

Und doch verdienet sie vor vielen andern
studieret zu werden, theils wegen ihrer reichen
grammatischen Formen, als eine mehrere Jahrhunderte
hindurch durch Schriften aller Art ausgebildete
Sprache; theils wegen ihres hohen Alters,
indem sie unmittelbar an die Wiege des
menschlichen Geschlechts grenzet, daher sie die
verlohrnen Bestandtheile vieler andern Sprachen
aufbewahret; theils endlich auch wegen
des innern Gehaltes der vielen darin vorhandenen
Schriften, welche der Europäischen Wissbegierde
noch eine reiche Ernte versprechen.
Von den beiden ersten Stücken werde ich am
Schlüsse noch etwas sagen.

Das wenige, was man davon hat, bestehet
in folgendem: Hadr. Relandi Diss. de veteri
lingua Indica
in seinen Dissertatt. miscell. Th. 1,
S. 207-232 erklärt die bey den alten Schriftstellern
141vorkommenden Indischen Wörter, wovon
doch, wie er selbst gestehet, viele Persisch
sind. Man vergleiche damit die Dänischen Missions-Ber.
B. 3, S. 757 folg. B. 4, S. 427. Der
Schrift des schwärmerischen du Pons ist bereits
im vorigen gedacht worden. Über die
Shanscrita von M. Hissmann
im Götting. Magaz.
1780, St. 5, S. 269-293, enthält bloss einige
allgemeine Betrachtungen über das Geheimniss,
mit welchem die Braminen ihre Sprache und
Schriften verhüllen, welches doch aufgehöret
hat, seitdem man sie mit Milde und Schonung
behandelt. Franz Carl Alter über die Samskrdamische
Sprache
, Wien, 1749, 8, ist bloss das Verzeichnifs
der im Vocabul. Petrop. befindlichen
Sanscrit-Wörter von Fra Paolino berichtiget,
und von ihm und Alter mit andern Indischen
und morgenländischen Sprachen verglichen.
H. T. Colebroke über die Sanscrit- und Prakrit-Sprache
in den Asiat. Researches Th. 7 habe ich
noch nicht gesehen.

In Indien hat man mehrere Sprachlehren
und wenigstens 17 Wörterbücher, von welchen
Fra Paolino und Will. Jones Nachricht geben.
Alphabetum Grandonico - Malabaricum s. Samscrudonicum
Rom, 1772, 8, von dem ungeschuhten
Carmeliter Clemens Peanius, mit Joh. Chr. Amaduzzi
Vorrede, dienet bloss zum Lesen. Fr. Paullini
a S. Bartholomaeo Sidharubam s. Grammatica Samscrdamica
,
Rom, 1790, 4; aus dem Sanscrit
übersetzt. Aber dem Verfasser und Herausgeber
fehlet es an Sprach-Philosophie und Kritik.
Sie hat auch noch das Unbequeme, dass alle
Indische Wörter und Beyspiele in der so schweren
einheimischen Schrift geschrieben sind, die
man also erst muss lesen lernen, ehe man diese
142Sprachlehre gebrauchen kann. Eb. dess. Amarasinha
s. Dictionarii Samscrudamici
, Sect I. Rom,
1798,4; ist bloss der Anfang eines nach den
Sachen geordneten Wörterverzeichnisses, welcher
nur noch die Nahmen und Beynahmen der
Götter enthält. Es war das letzte Werk, welches
bey der Propaganda gedruckt wurde. Jones
setzt es in 56, Fra Paolino aber in 500 vor Chr.
Des PJ. E. Hanxteden Malabarisches Sanscrit-Wörterbuch
befindet sich geschrieben in der
Propaganda zu Rom. Des Tiefenthaler und Anquetil
versprochene Wörterbücher sind nicht erschienen.
Die zu Calcutta errichtete Akademie
der Engländer hat zwar um 1803 daselbst auch
sowohl eine Sprachlehre als ein Wörterbuch für
die Sanscrit-Sprache drucken lassen; allein beide
sind bey uns noch nicht bekannt.

An Gebethsformeln in den Indischen Sprachen
waren die ältern Sammlungen sehr arm.
Das Brachmanische V. U. in Kirchers China illustrata
S. 162 und daraus in Andr. Müllers Samml.
S. 24 und Chamberlayne S. 21, ist das Lateinische
Paternoster mit Indischer Schrift. Der bekannte
Dänische Missionarius zu Tranquebar, Benj.
Schulze
war der erste, welcher das V. U. in den
verschiedenen Indischen Sprachen in den Jahren
1728 und 1729 sammelte (s. Dän. Miss. Ber. Th. 3,
S. 267 und 398) und sie 1740 an den Lutherischen
Prediger an der Schwedischen Kirche zu
London D. Heinr. Walther Gerdes schickte, welcher
mit einer solchen Sammlung umging. (S. eb. das.
Th. 5, S. 1351.) Da diese nicht zu Stande kam,
so bereicherte er die Leipziger Sammlung von
1748 damit, woraus sie auch Hervas und von
143Bergmann
beybehalten haben. Der Englische
Sammler Edm. Fry hat in seiner Pantographia
keine derselben, weil ihm die nächst vorhergehenden
Sammlungen unbekannt waren; aber die
neueste Pariser Polyglotte hat sie aus der Leipziger
Sammlung mit allen Fehlern beybehalten.

In der gedachten Leipziger Sammlung befindet
sich unter dem Nahmen Sanscrit eine
dreyfache Formel, die eine S. 83 mit der Überschrift
Dewa-Nagaram s. Hanscret, die zweite
S. 89 Samscrutanica, und die dritte Granthamica
S. 92. Die beyden ersten sind bis auf einige
Kleinigkeiten einerley und bloss um der verschiedenen
Schrift willen wiederhohlet worden;
sie sind auch nicht Sanscrit, sondern rein oder
Hoch-Indostanisch, daher ich sie für die Folge
verspare. Die dritte allein ist Sanscrit. In den
Dän. Miss.-Berichten von 1733 wird S. 18 einer
andern Übersetzung gedacht, aber nur der Anfang
und die vierte Bitte daraus mitgetheilet.
Der erste lautet so:

In den Lüften seyender unser Vater,

Augasangälil iruckira nammud'a Appa,

Die vierte Bitte aber:

Brot

Njangald e anana Appam inum njangalcu.

Die zwey ersten Zeilen der folgenden Formel
hat Paullinus a S. Barthol. in seinenMusei
Borgiani Velitris Codices Manuscripti Avenses, Peguani,
Siamici, Malabarici, Indostani
, Rom, 1793, 4,
S. 52 aus den bey der Propaganda gedruckten
Schriften angeführet, und mit grammatischen
Anmerkungen erläutert, welche ich gleichfalls
beygefüget habe. Schade, dass sie sich nicht
über das Ganze erstrecken.144

15. Sanscrit.

Von Benj. Schulze in der Leipziger Samml. S. 93.

Himmel in seyende unser Vater,
Dein Nahme geheiliget sey;
Dein Reich komme;
Dein Wille Himmel in wie er geschiehet,
Erde auf so geschehe er;
Tägliche unsere Speise
uns diesen Tag gebet;
Unsern Schuldnern wir wie vergeben
ihr auch so unsere Schulden
uns vergebet;
Uns Versuchung in nicht führen lasset;
Sondern dem Bösen aus uns befreyet.
Denn das Reich und die Macht und
die Herrlichkeit und euch Ewigkeit in der
Ewigkeiten ist. Amen.

Paramandale stidaha mat Tataha,
Ton Nama pudsidam-stidam-bawatu;
Twa Radschiam agatam;
Tawa Manasam Paramandale iatlia-kaxotu,
Bumi-antu tatha kuru;
Aharaharwidiamanam asmatu Bodsanam
asma kammi-Danim praitscha;
Asma Drunadatrunam weiam iatha sahischia-
maha, bawam-tobi tatha asrua Drunam
asmakam sahischiemtu;
Asmanu Schotanajam na-prawattanam kuru;
Ewamschetu Ashubatu asmánu rarakscha
Kimittiukkute Radschintscha, Balantscha,
Mahimatscha usmakam Satatam Wid-
diamanam astu. Bawatu.145

Anmerkungen.

Bey dem Fra Paolino lauten die beyden
ersten Zeilen so:

Paramandalè stidà nà Tàda,
Tava Nama pùdschidam bhavadu.

Paramandala bezeichnet den materiellen
Himmel, von Mandala, Gegend, Boden, Gebieth,
und Para, hoch, erhaben; Vana, den
Lufthimmel; Aagaska, den ätherischen Himmel;
Svargga, den Himmel der Götter; Veigunda, den
Himmel des Wischnu; Arthaloga, den Himmel
der Seligen.

Stida ist das Participium des Verbi Tistadi,
er stehet, stellet; Tistasi, du stehest; Tistami,
ich stehe. Die heutigen Mundarten haben dafür
die Participia Irikuna, Irikra, Aghia, welche
alle seyend bedeuten.

Na, unser; nach Benj. Schulze mat. In
den heutigen Sprachen Namude, Umude, Namma,
Ngangelude, Engöl, Engelude, unser.

Tada, Vater, auch Pida, und Genaga, Zeuger.
In den heutigen Sprachen Appa oder Appen,

Tava, dein, deine, dein. In den gemeinen
Mundarten Ninde, Ninude, Tanude, dessen
oder dero, Ummude, euer.

Nàma, und Nàmadheya, der Nahme.

Pùdschà, verehret, das Participium von
Pùdschiadi, er verehret, Pudschiasi, du verehrest,
Pudschiami, ich verehre.

Bhavadu, ist der Imperativ des Verbi Bhavadi,
er ist, existiret.

Character des Sanscrit.

Aus dem vorigen erhellet schon, dass dasjenige,
was wir jetzt Sanscrit nennen, nicht als
146ein untrennbares Ganzes behandelt werden
sollte. Indessen, da es den einheimischen
Sprachlehrern nun einmahl so gefallt, so muss
der Ausländer wohl nachfolgen

1. Die Sprache hat 52 Buchstaben, worunter
viele sind, deren Laut man mit Europäischen
Buchstaben nicht nachbilden kann. Da
nun die Schrift auch viele Abkürzungen für
ganze Sylben hat, (Fra Paolino kennt deren
8004,) so ist schon die Lesung sehr schwer.

2. Sie hat im Ganzen ein gutes Verhältniss
der Consonanten zu den Vocalen, und liebt
unter den letztern mehr die mittlern, a und e,
als die tiefen und hohen, daher sie sanft und
wohlklingend ist. Doch fehlt es auch nicht an
harten Verbindungen der Consonanten, nur
dass sie selten sind. Nripa, Nrszata, ein Stein,
Nrtaqui, feile Tänzerinn.

3. Es ist eine mehrsylbige Sprache, welche
so wie jede andere nur wenige hundert einsylbige
Wurzeln zählet, woraus durch die Biegung,
Ableitung und Zusammensetzung der ganze
mehrsylbige Sprachschatz entstehet. Die Biegung
ist sehr reich; doch davon hernach. Noch
reicher ist die Ableitung sowohl in Ansehung
der Vor- als der Nachsylben. In beyden finden
sich viele, welche das Sanscrit mit andern Sprachen
gemein hat, z. B. das a privat. a-kal, ohne
Zeit. Unter den Endsylben kommen besonders
die Sylben -ar, -er, -ur, -ta, -ami mit den
Deutschen und Lateinischen -er, -tas, -imus
überein: Adig-ari, Aufseher, Pit-er, Vater,
Dew-ta Gottheit, Deitas, Dui-dia, zweyte,
Dasch-ami, der zehnte, decimus. Dadurch bekommt
sie einen grossen Reichthum an Ableitungen,
selbst für Abstracta: Maha, gross, Mahischi,
147die grosse, Mahima und Mahatua, die
Grösse.

4. Die Zusammensetzung ist so frey, wie
im Griechischen und Deutschen. Oft werden
zwey Wörter in der Zusammensetzung mit dem
s verbunden: (Liebe-s-dienst,) Sam-s-krda. Da
das Sanscrit ohne Absonderung der Wörter,
wie in andern alten Sprachen, geschrieben
wird, so verleitete das Unkenner zu dem Vorgeben,
ee gebe hier Wörter von 150 und mehr
Sylben.

5. Die Redetheile sind wie in andern
Sprachen.

6. Die Nennwörter haben ein dreyfaches
Geschlecht, das männliche, weibliche und
sächliche.

7. Der Declinationen gibt es so viele, als
es Vocale oder Consonanten gibt, worauf sich
die Nennwörter endigen.

8. Es gibt ausser dem Vocativ sieben Casus,
und darunter drey Ablative und zwey Dative.

9. Der Zahlen sind drey, der Singular,
Dual und Plural. Der Dual, welchen auch die
Verba haben, gehet durch alle Casus.

10. Die Verba sind in zehn Classen getheiit,
das heisst, es gibt 10 Conjugationen.
Das Verbum ist entweder Activum, oder Passivum
oder Deponens. Modi sind zwey, Indicativus
und Optativus; Zeiten sind fünf, Praesens,
Praeteritum, Perfectum, Plusquamperfectum
und ein dreyfaches Futurum. Die Conjugation
geschiehet an dem Verbo selbst, ohne
Hülfswörter, und ist sehr regelmässig. Alles
gehet nach Einer Form. Die Grammatiker fangen
mit der dritten Person an.Bhavadi, er ist,
existiret, bhavasi, du bist, bhavami, ich bin.148

11. Die Sprache ist reich an Partikeln
aller Art; ein Beweis ihrer Cultur. Statt der
Praepositionen sind Postpositionen üblich: Apu,
Wasser, Apzu, im Wasser.

12. Die Wortfügung und Folge der Wörter
ist so frey wie im Lateinischen.

Übereinkunft

vieler Wörter des Sanscrit mit den Wörtern
anderer alter Sprachen *)26.

Das hohe Alter dieser Sprache erhellet unter
andern auch aus der Übereinkunft so vieler
ihrer Wörter mit andern alten Sprachen, welches
wohl keinen andern Grund haben kann, als
dass alle diese Völker bey ihrem Entstehen und
vor ihrer Absonderung zu einem gemeinschaftlichen
Stamme gehöret haben; denn an eine
spätere Entlehnung oder Vermischung ist bei so
sehr entfernten Völkern wohl nicht zu denken.
Das Sanscrit hat dabey den Vorzug, dass manche
Wörter, welche in andern Sprachen so einzeln
da stehen, und durch die Länge der Zeit ihre
ganze Verwandtschaft verloren haben, selbige
149hier unvermuthet wieder finden. Ich liefere
hier ein kleines Verzeichniss solcher Wörter, bemerke
aber dabey. 1. Da wir in Europa noch
kein Wörterbuch des Sanscrit haben, so habe
ich nur solche Wörter benutzen können, welche
mir zufälliger Weise in den Schriften des Fra
Paolino, Will. Jones, der Dänischen Missionarien,
Anquetil, Alter u a. entgegen gekommen
sind. 2. Die Vergleichung mit andern Sprachen
ist ohne mühsames Aufsuchen geschehen,
so wie das Gedächtniss oder der Zufall die übereinstimmigen
Wörter darboth. 3. Ich habe nur
solche Wörter ausgehoben, deren Gleichheit
sowohl im Klange als der Bedeutung sogleich
einleuchtet. Diejenigen, welche erst eine etymologische
Auflösung erforderten, oder wo sich
die Ähnlichkeit auf Figuren gründete, habe ich
übergangen. Dennoch ist dieses Verzeichniss
schon beträchtlich. Wie reichhaltig würde es
erst werden, wenn man alle diese Sprachen Wort
für Wort mit einander vergleichen könnte!

Aala, der Hof; Dew-aala, Götterhof, d. i. Tempel.
Kopt. Auli. Türk. Awli. Griech. αυλη.
Lat. Aula.

Aascha, Begierde, böse Lust. Deutsch heischen,
Ottfr. eiskon. Niedersächs. esken, eschen. Angelsächs.
ahsian. Engl. ask, fragen.

Ab, von, Aba-nayam, die Wegführung. Gr. ἀπο,
ἀφ᾽ Lat. ab. Deutsch ab, af.

Abi, mit. Zend Epé. Pehlvi Ava.

Abitaba, die Sonne. Zend Abi-tap.

Ada, die Ziege; Hebr. Athid, einjähriger Bock;
Jad, Vieh, Bock, Lamm; Gedi, Bock. Lat.
Haedus.150

Ada, ich esse. Gr. Ἒδω, Ἒϑω; Ἀδος, Sättigung,
Lat. edo. Nieders. eten. Ulph. itan Angelsächs.
etan. Engl. eat.

Addia, Adja, Addeja, heute. Lat. hodie.

Adima, der erste, besonders der erste Mensch.
Hebr. Adam.

Adir, die Grenze; Decan. Hedur. In Schwaben
bedeutet Etter noch jetzt die Grenze einer
Flur, den Zaun. Alt-Schwed. Ettur, das
Ende. Vielleicht gehöret auch das Hebr.
Athar, eine Art Dornen mit langen Stacheln
hierher, so fern sie zur Befriedigung der
Grenze dienten, oder Gedara, ein Zaun von
Gadar, sepsit.

Aduna, jetzt. Zend Ethè, Hedé. Pehlvi Edun.
Pers. Eidun.

Agam, ich, εγω, ego, und so viele andere
Sprachen.

Aghil, ein kostbares Holz, welches aus Assam
kommt; Adlerholz; vermuthlich das Athalim,
und Ahalot der Hebr. Bibel. Lat. Agallochium.

Aghni, das Feuer; Bengal. Aag, Ogin; Malab,
Ag, Akini. Lat. Ignis. Slav. Ogn.

Agui, die Schlange. Lat. Anguis.

Aham, ich; Bengal. Hom. Zend, Om

Aho, wie. Griech. ώς.

Aiun, die Zeit. Hebr. הנוע, (Ona). Griech. ἀιων.

Ajam, bewegend; Ajana, die Bewegung. Griech.
αγειν. Lat. agere, vermuthlich ursprünglich
auch bewegen.

Akitta, einzig. Hebr. Echad, eins.

Akschi, das Auge. Armen. Acxk. Lat. mit der
Endung eines Diminutivi Oc-ulus.

Allava, das Waschen. Lat. Lavare, Lavatio. Das
vorgesetzte a gehöret nicht zur Wurzel.151

Ama, feucht. Gr. ὔειν, befeuchten, ύμη, das
Befeuchten. Lat. Humidus, Humor.

Amara, Heerführer, Steuermann. Arab. Amir,
Emir, Befehlshaber, Herr. Daher der Admiral.

Amba, Amma, Mutter. Hebr. Amma, Em; Amma,
ernähren. Hesych. Αμμας. Deutsch Amme,
und so in vielen andern Sprachen.

Amisza, Fleisch. Armen. Mis. Slav. Miaso. Bey
dem Ottfr. ist Maz, Brot, Speise. Lett.
Maise Daher Mast, ehedem Speise überhaupt;
Griech. μασϑειν, fressen. Schwed. Mat. Altdeutsch
Mett, Fleisch. Daher Mettwurst, Metzger,
Fleischer. Böhm. Massar.

An- in Zusammensetzungen, ist das a privativum
vor einem Vocal, ohne, wie das Deutsche un-;
An-anga, unkörperlich Ana-pads-ja, ohne
Kinder; und viele andere.

1. Anda, das Jahr. Lat. Annus.

2. Anda, Anta, das Ende, die Grenze, Oberd.
Anta. Daher Din-anda, des Tages Ende,
der Abend; an-anta, unendlich.

1. Andara, Absonderung, Änderung; Andara, ein
anderer; Desh-andara, eine andere verschiedene
Gegend.

2. Andara, das Innere; Andar-udara, das Innere
des Bauches.

3. Andara, ein Wanderer; Pur-andara, der die
Stadt durchwandert, ein Pflastertreter. Ital.
andare, gehen, von dem Deutschen wandern.

Anga, ein Glied, Gelenk. Griech. Αγκων, der
Ellbogen, das Gelenk. Deutsch Anke, Enkel
die untere Biegung des Fusses, ehedem ein
Gelenk überhaupt.

Anguli, der Siegelring. Tunkin. An, Lat. Annulus,
im Diminutivo.152

Anila, der Wind, Griech. Ανεμος. Beyde nur in
der Ableitungssylbe unterschieden.

Antara, zwischen, der Zwischenraum. Lat. lnter,
interea, interim.

Antu, in. Lat. intus. Gr. ἐνδον.

Apaha, Apu, Wasser. Zend Apem, Apo, Apesch.
Pers. Abisch, Ab. Kurd. Ap.

1. Appen, Vater. Syr. Abba. Hebr. Ab.

2. Appen, der Ochs. Daher vielleicht der Aegyptische
Apis.

Apra, rauh, asper.

Aredsch, der König, im Schachspiele; Aredschia,
das Reich; Aredschidum, regieren. Lat. Rex,
regnum, regere. S. auch Radschia.

Ari, der Feind; Arina, Zwietracht, Feindschaft.
Alt-Pers. Ahrima, das böse Principium.
Gr. έξιννυειν, zürnen, έξινυειν, zornig machen,
ἐξίννυς, die Rachgöttinn, Furie.

Arivi, das Ufer, ripa.

Arka, die Sonne. Armen. Arekan.

Arna, Wasser. Harn, welches im Deutschen
keine Etymologie hat.

Arogja, gesund. Armen. Arogtsch.

Arm, der Fluss. Armen. Arn. Copt. Jaro. Celt.
der Nahmen der Aar.

Aru, im Tamul. der Widder. Aries.

Arun, die Morgendämmerung, Aurora, Hebr.
Or, Licht.

Arzihz, Zinn, Erz.

Aschta, acht. Zend Aschte. Pehlvi Ascht. Parsi
Hascht. Kurd. Ahst.

Aschwa, Aswa, das Pferd. Zend Aspahé, Aspo,
Pers. Asp, Ösp.

1. Aster, Wastra, der Wurfspiess, Hasta.

2. Aster, Feuer. Zend Athré, Ateresch. Parsi Ader.
Pers. Atesch. Hebr. Esch. Chald. Eschta.
153Daher die Ἐςία der Griechen, und Vesta der
Römer. Alt-Deutsch Eit, Feuer, eiten, brennen,
Eiternessel, heiss, Hitze. Aestus.

1. Asti, er ist, ἐςι, est. Zend Aschti. Pers. Est,
Jest, Hest.

2. Asti, Asta, der Knochen. Zend Astem. Pehlvi
Ast. Pers. Astevan, Ostakam, Istakam. Kurd.
Hesti. Armen. Oskor. Lat. Os. Der Ast, der
Knochen des Holzes.

Atma, die Seele. Gr. Ἀτμη, ἀτμος, Dunst,
Dampf. Athem.

Avi, feine Luft. Pers. Ava.

Ayam, Tage. Hebr. Yom, der Tag.

Badi, Padi, Wadi, Petir, Botti, Befehlshaber,
Herr; Sena-badi, Feldherr; Sar-vadi, Statthalter.
Zend Peto, Georg. Pathoni, Herr.
Pers. Badjah, Herrschaft. Altd. Both, in
Wald-both, Mar-bod, etc. von biethen, in gebiethen.

Bala, Balaga, Kind, Knabe, Mädchen. Copt.
Falu. Gr. τταλλαξ. Lat. Filius, Filia.

Bala, Balam, Bali, Kraft, Stärke, Macht, Gewalt,
ingleichen Befehlshaber; Vali, ein unumschränkter
Fürst; Balia, Valia, gross; Belam,
Macht, Gewalt. Semit. Baal, Bel, Herr,
König, Gott. Hebr. Pillel, Richter. Gr. Βαλην,
König. Lat. Validus, valere, valde. Germ. bald,
bold, kühn; wehlig, stark, Walt, Walten.

Bara, gross; Para-bara, der Allerhöchste.

Barani, der Elephant. Hebr. Phar.

Barbara, Barbarya; ganz im Sinne des Griech.
und Lat. Barbarus.

Bareru, Bharta, Ehemann; Barja, Ehefrau. Lat.
Vir. Lex Sal. Barus. Alt-Germ. Baro.

Baswa, der Ochs. Bos, Βους.154

Bendhu, bindend, verbindend, ein Freund.
Pehlvi Bavend, Bund, gebunden; Bande,
vollendet. Zend Beandao, zusammen binden.
Pehlvi Band. Germ. Band, Bande, binden, Bund.

Bhadra, gut, bider; A-batta, Elend. Altd. Bat,
Nutzen, Vortheil; daher besser, Niederd. beter.

Bhagavan, glücklich. Parsi Babacan.

Bharadi, tragen, Bharami, ich trage, φεφειν.
Ferre, Port-are. Altd. Bären.

Bokaha, Buge, der Fuchs.

Brader, der Bruder, Frater. Pers. Bradar. Pehlvi
Berur.

Bruwan, die Augenbraunen. Pers. Abru.

Bumi, die Erde. Pers. Bum.

Bun, das Kind. Semit. Ben, der Sohn.

Bura, Buri, die Stadt. Pers. Chald. Bar. Engl.
Bury. Deutsch Burg. Sanscr. Go-bura, der
Kuhstall. Bauer, Käfich.

Cabala, Kopf. Κεφαλη

Cada, der Wald. Altd. Quad. Daher die Quaden,
Waldbewohner. Viell. auch die Catten.

Caliana, Güte. Καλος.

Canda, hell, durchsichtig. Cand-idus, Candor,

Codam, Gott. Pers. Choda.

Cula, der Teich. Niederd. Kule, die Grube.
Κοιλος.

Cumbha, ein Gefäss, Wasserkrug. Κομβος, Cymba,
Cumera, Kumme, Kumpf, Kumpe, Gumpen.

Da, Datu, gib; Dadhatu, geben; Datta, ein
Geber; Dodami, ich gebe, Dodasti, du gibst,
Dodati, er gibt. Gr. Διδωμι, Διδωσι, Διδωτι.
Das Praeter. bekommt ein Augment, Ododom,
wie im Griech. έδιδουν. Lat. Da, Dare, Dator.
Zend Dad, Dedaeté, gib. Pehlvi Da, Dabunad.

Danam, Dina, Gabe, Geschenk. Donum.155

Danda, Dendha, der Zahn. Zend Dentano. Pehlvi
Dandan. Pers. Dandun, Dend. Hebr. Schen.
Gr. Οδος, οδοντος. Lat. Dens, Dentis. Germ.
Zahn, Niederd. Tahn, Ulph. Tuntus.

Dandu, Vetter. Fr. Tante, Celt. Ursprungs.

Dani, der Hof. Tenne.

Dara, Darani, die Erde. Terra.

Darana, Gabe, Geschenk; Daranam, geben,
Gr. Δωρον, Δωρεα, Δωρημα, Δωρεειν.

Dascha, zehn; Daschami, zehnte, decimus. Zend
Dese. Pehl. Das, Deh. Armen. Tasch, Task.
Slav. Desjem. Δεκα. Lat. Decem.

Deha, Doha, gediegen, dicht; ingl. Leib, Körper.
Niederd. dege.

1. Deva, Gott; Diwja, göttlich; Dewta, Dewatuam,
die Gottheit. Zend Diw. Aegypt. Θευς.
Gr. Θεος. Lat. Deus, Divus, Divinus, Deitas.
Malab. Dejwa, Dejwara.

2. Deva, Devada, böser Genius. Gr. Δαιμον.
Pers. Div. Syr. Daah. Germ. Teufel.

Dewta, Deitjas, Söhne des Diti, die Riesen, mit
welchen die Götter Krieg führten, die Titanen.

Dhu, Dhuma, Dunst, Dampf, dumpfig.

Dihp, Land, Insel. Pers. Dip.

Dina, Diwasa, der Tag. Armen. Tiw. Lat. Dies.

Diwes-petir, der Vater der Götter; Dies-piter.

Djo, Djau, Luft, Himmel. Sub dio, Sub diu.

Dschenaka, Vater; Dschenai, Mutter; Dschent,
Dschentu, Mensch. Γενω, γαναω, γενος. Geno,
gigno, Genitor, Gens.

Dschiagara, Zuckerrohr. Σακχαρον.

Dschiami, Erde, Land. Zend Zemo, Zemeno.
Pers. Zemen. Slav. Zemlja.

1. Dschiwa, die Zunge. Pers. Zubon. Pehl. Guobia.
Kurd. Sebàn.156

2. Dschiwa, das Leben. Zend Dschëueté, er lebt.
Pehl. Zivad, Zived, das Leben. Vivus, Vivere.

Due, Schmerz. Δνη, Unglück, Elend, Schmerz.

Dugida, Tochter, Mädchen. Pers. Dochtar. Gr.
Θυγα-θηρ.

Dui, Dwaja, zwey, Nied. twe; Duidia, Dwidia,
der zweyte, twete. Pers. Du. Δνο. Duo. Slav.
Dwa.

Dupar, doppelt. Duplum, Duplex.

Dura, die Länge, Dauer. Pers. Turaz, Durazi.
Kurd. Turas. Lat. Durare.

Dwar, die Öffnung; Tuwara, Dura, Dihara, die
Thür, das Thor; Nasa-dwara, die Nasenlöcher;
Dura-warti, Thor-wärter. Pers. Ter,
Dar, Thür. Armen. Turu. Slav. Dwer.

Ega, eins. Hebr. Echat. Pers. Jek, Hek. Kurd.
Jah, Aka. Mantschu Yga. Ungar. Ecki, Eki.
Finn. Yx. Wogul. Aku.

Ege-dewa, ein einziger Gott. Zend Yeg-dew.

Gana, die Gesellschaft, Verbindung. Gan-erbschaft.
Gana-jadi, singen; jadi ist die Endung des Infinitives.
Lat. Canere. Pers. Khandam. Pehl.
Gina, der Gesang. Daher Gandarva, Genien,
welche im Himmel Musik machen. Cantores.

Ganesa, der Gott der Weisheit, von Gana, Gesellschaft
der Götter, und Isa, Führer. In
Ceylon Gones. Daher vielleicht Janus.

Gaur, weiss. Pers. Gahr, Ghebr, Guebr, die
weissen Bergbewohner, die Gebern, d.i. die
Feuerdiener.

Gaut, der Weg; Geda, welcher gehet; A-gada,
unbeweglich. Gasse. Nied. Gate.

Gehennum, die Hölle. Syr. Gehinam. Arab. Gehin,
Gehennen, Chald. Gehinnam. Das Wort ist
Hebräisch, bedeutet eigentlich das Thal Hinnom
157bey Jerusalem, wo dem Moloch geopfert
wurde, und wird erst im N. T. für Hölle gebraucht.
Wie es in dieser Bedeutung nach
Indien gekommen ist, weiss ich nicht. Indessen
kommt es schon in den Gesetzen des
Menu vor, welche über 4000 Jahr alt seyn
sollen.

Gena, die Ehefrau, Gr. Γυνη; Genaga, der Vater,
Genitor; Gena, Mensch, Mann, Person; Ganega,
der erste Mensch. S. oben Dschenaka.

Genu, das Knie, Genu. Gr. Γονυ.

Ger, Kar, am Ende vieler Substantiven, wie das
Lat. -ger: Pala-ger, Befehlshaber; Proti-har,
Aufseher der Thore; Gem-kar, ein Schmid;
Thscherm-kar, Schumacher.

Giri, der Berg; Giribu, der Hügel. Hebr. Hor,
Har. Slav. Gor.

Go, die Kuh; Gau, der Ochs; Goba, Godama
Govina, Kuhhirt; Gopala, eben dass., letzteres
ein Beynahme des Krischna, als er die
Herden des Gund-Nose, wie Α-πολλων die
des Admet weidete. Gorasa, saure Kuhmilch.
Zend Gjai, die Kuh, Gueem, das Rind. Alt-Pers.
Guia-wan, Kuhwasser. Germ. Kuh, Nied.
Ko. Die Wurzel scheinet das Hebr. Gaah, mugivit,
zu seyn.

Godima, das Getreide. Zend Gandom. Pers.
Jendum.

Gola, Gula, Bengal. die Kehle. Lat Gula.

Gora, das Pferd. D. Gorre, Gurre, schlechtes
Pferd.

Grehipan, Malab. nehmen, greifen. Nied.gripen.

Gula, die Kugel. Nied. Kaul. Armen. Kulla.
Hebr. Chul, im Kreise herum drehen.

Guru, der Herr, Lehrer. Gr. Κυριος.158

Hara, zerstören, verheeren; Hara, der Nahme
des Schiwa, der zerstörenden Gottheit. Hebr.
Charab; Chereb, Schwert, Krieg, Choreb,
Ruinen. Samscr. Sam-hara, Vernichtung,
ingleichen der Löwe.

Haränia, Gold. Aurum.

Harida, grün; Haritta, das Grüne. Viridis, Viriditas.

Harina, der Hirsch. Cervus.

Hasta, die Hand. Pers. Dast, Test. Germ. tasten.

Herda, das Herz. Cor.

Hima, kalt, die Kälte; Him-anda, die kalte Jahreszeit,
der Winter, Hiems; Himala, der
Schneeberg, Imaus. Zend Zianm, Winter.
Pehl. Zemestan. Slav. Zima.

Himala, der Himmel.

Homa, das heilige Feuer. Pers. Oman. Hebr.
Chammanim, die heiligen Feuer der Perser.

Hrda, die Brust. Parsi Erda.

Ido, siehe! Gr. Ιδον.

Ira, der Wein. Pers. Arak.

Ischa, der Herr, Mann; Ischi, Ischani, die Frau;
Pur-uscha, der erste Mann. Hebr. Isch, der
Mann, Ischa, die Frau. Im Sanscrit ist Ischa
auch ein Nahme der Parvadi, der Isis der
Aegyptier. Beyden war die Kuh heilig.

Ita, ja. Lat. Ita.

Itscha, die Liebe. Zend Ischk.

Iwa, gleich, eben. Indost. Iw. Malab. lwam.

Ja, Jo, welcher. Zend Keïè. Slav. Koy, Koya.

Jada, wenn. Zend Aad.

Jahran, das Jahr. Zend Jaré.

Joni 1. Die weibliche Scham, Cunnus. 2. Das
Geschlecht, Genus. Dewa-joni, göttlichen Geschlechts.159

Jonidge (spr. Dschonidge,) Verbindung;
Gemeinschaft; Dschjuncta, vereinigt. Junctus,
Jungere, Jugum.

Juga, Joch, Jugum. Slav. Igo. Ulph. Juka.

Jugam, ihr, Niederd. ju, ji.

Juwa, Juwana, jung; Juwadi, Jüngling. Juvenis.

Iva, ähnlich; deutsch eben.

Kabi, gelehrt, weise. Daher viell. die Καβειροι
S. Paulini a S. Bartholomaeo Codices Avenses,
S. 160 folg.

Kaboda, die Taube. Pers. Kubeder.

Kala, schwarz. Kohle. Im Pers. ist Kuhl die
schwarze Farbe, womit die Augenbraunen
gefärbt werden.

Kalaha, das Geräusch. Chald. Chala, die Stimme.
Pehl. Kala. Hebr. Kalah, rufen. Καλειν, Calare,
Gallus, Galt, gällen, Schall.

Kalla, Stein, Fels. Callus. Galle, in manchen
Bedeutungen.

Kalpa, das Schuldopfer. Culpa.

Kama, Üppigkeit, Wollust. Hebr. Cama, Chamad,
begehren, verlangen. Pehl. Kameh, das Verlangen.
Gr. Κωμος, Schmaus, Lustbarkeit,
Lat. Comere, schmücken; Comis.

Kanja, Kani, Jungfrau. Ulph. Quino. Alt-Isl.
Kona, weibliche Person, Ehefrau, ehedem sehr
häufig. Engl. Queen. Ulph. Kuens, Ehefrau.

Kanna, das Auge, jetzt Karu Daher viell. kennen.

Kapi, der Alte. Hebr. Koph. Gr. Κηπος.

Kara, die Hand. Gr. χεις.

Karanam, Korono, machen, wirken; Karma,
Werk, Handlung. Zend Kereté, welcher
macht. Pehlvi A-kareh, ohne Handlung, unnütz,
Hebr. Carah, graben, zubereiten. Altd.
gärben. Daher vielleicht das so dunkele Caerimonia,
160eine weise oder heilige Handlung.
Muni ist in Sanscrit ein Weiser.

Karen, Karta, Malab. ein Aufseher, Befehlshaber.
Curare. Pers. Kares, ein Beschützer.

Karena, die Ursache. Malayisch Karana.

Karkidaga, das Gestirn des Krebses. Gr. Κχφχινος.

Ketta, das Band, ingl. die Ehe; Kettunu, binden;
Penn-kettunu, heirathen; Kettiastri, eine ver-
heirathete Frau; Kettiaven, Ehemann. Germ.
Kette.

Kida, das Niederfallen. Parsi Kidda, das Neigen
mit dem Kopfe.

Koil, ein Tempel. Gr. Κοίλος, hohl, Κοιλη, Höhle.
Die ältesten Tempel waren in Indien wie in
Aegypten in Felsen gehauene Höhlen.

Koska, das Geschrey. Armen. Chuxan.

Kreh, ein wirkendes Wesen; Kruh, Handlung,
Wirkung; Kuru, Krijetté, es geschehe; Kriti,
die Natur. Lat. Creare.

Krida, Krone, Kreis.

Kritaga, Kritiko, der Untersucher; Kritanta, der
Richter der Unterwelt; Maha karta Kritiko, der
oberste Untersucher aller Dinge, auf einer
kupfernen Urkunde 23 Jahr vor Chr. Κςιτης,
Κξιτιχος.

Krschra, das Geheul; Krtschra, der Schmerz.
Chald. Karas, rufen. Zend. Khresio, der
schreyet. Gr. Κηξνστειν. Kreissen, kreischen.

Kschira, Milch. Pers. Schir. Kurd. Scher.

Kudara, Beil, Hacke. Altd. kutten, hauen, schneiden.
Caedere.

Kuka, der Hahn; Kukada, die Henne. Gökelhahn.
Slav. Kokosch.

Kukura, der Hund. Pers. Kukur.

Kum, womit. Cum.

Kunam, die Art. Genus. Altd. Kunne.161

Kundha,die Kanne.

Kuru, der Lehrer, Meister, Herr. Gr. Κύφος.

Lakki, die Glücksgöttinn. Für Glück, sagte man
vor Alters nur Luck.

Lakku, geschwinde; Leccha, schnell: Lachima,
Schnellheit. Altd. lecken, springen. Ulph.
Laikan; daher Lackey.

Lasa, Faulheit. Lassus, lass.

Leka, Lecha, leicht. Imirett. Lekiu. Slav. Legok,
Lehek, Lehky.

Loab, Begierde. Liebe.

Lokhan. Tri-lokhan, dreyäugig. Altd. lugen,
sehen.

Ma, Mama, mein, meus. Zend Ma.

Ma, Maha, gross; Mahima, Grösse. Zend Maé.
Pehl. Mee, Maza. Armen. Mec. Pers. Meh.
Gr. ᾽Μεγας. Lat. Magnus. Ulph. mikil.

Mada, nagend. Made.

Mada, Madra, Moda, Mutter. Pers. Mader. Zend.
Mediche. Pehl. Madee. Copt. Mau. Gr. Μητηφ.
Lat. Mater. Slav. Mater.

Madhyam, der mittelste; Medhi, die Mitte;
Madh-yana, der Mittag; Matja-nika, die Mittagszeit;
Med-jama, der Mittelpunct. Zend
Meïao, in der Mitte. Pehl. Miavad. Lat. Medius.
Germ. Mitte, mitten.

Madja, Palmwein. Zend Medo, Wein; Madu,
Milch. Slav. Mjod, Med, Wein, Meth. Hebr.
Matak, dulcis fuit. Sanscr. Mad, Mada,
anmuthig.

Madjama, Tochter, Mädchen.

Mahar, Licht; Mihira, die Sonne. Parsi Meher,
Licht, Sonne.

Mahat, stark, mächtig.

Maja, die Göttinn der schönen Täuschung; die
Einbildungskraft. Μαια, die Mutter des Hermes.
162Der Monath Majus, Das Lat. l-mago,
für Im-mago. Die Wurzel im Sanscrit ist May,
Farbe. Daher Majam, Täuschung, Falschheit,
Betrug; Majen, ein Betrieger. Mein in Meineid.

Mala, ein Berg. Epirot. Mal. Alb. Malli Wend.
Mohl. Pohln. Mohila, Mogila, Hügel. Lat. Mala,
die Backe, von der Erhöhung. Germ. Meiler,
Maulwurf.

Mala, befleckt; Nir-mala, unbefleckt. Das Mahl,
Flecken.

Mali, schwarz; Mata, Übel, Böses, Sünde.
Gr. Μελας, schwarz. Lat. Malus, Malum.

Man, Mensch, Mann; Shri-man, ein glücklicher,
reicher Mann; Pu-man, Erdmann,
d. i. Mensch.

Man, Mana, Herz, Wille, Gedanke, Neigung;
Abi-mana, Hochmuth; Men, verstehen; Mun,
der Verstand; Manasa, der Wille. Zend Meno,
Gesinnung. Μην, Mens. Meinen, ehedem auch
lieben; Minne.

Mana, das Maass, Mensura.

Manawa, das menschliche Geschlecht; Manu,
Menu, der erste Mensch; Manuscha, der
Mensch, Malab. Manusijah. Zend. Meschio.
Aegypt. Manes. Taciti Mannus.

Marana, Mrt, der Tod; Mrita, sterblich; a-mrita,
unsterblich; Murichi, Sterblichkeit; Murto,
die Erde, der Wohnort der Sterblichen.
Zend Mreté, gestorben. Slav. Mertiwi. Pehl.
Murdan, sterben, Murdeh, sterblich. Zend
Mret, der Tod, Pehl. Murt. Pers. Merk, Marg.
Armen. Merak. Lat. Mors, mori. Germ. Mord,
morsch.

Marataka, der Smaragd. Gr. Μαραγδος.

Marcca, Grenze, Mark.163

Marthia, der Mensch, viell. der Sterbliche. Zend
Merethé. Pehl. Mard. Pers. und Armen. Mard.
Kurd. Muruth.

Masi, der Mond; Masa, Masam, der Monath.
Μην, Mensis. Ital. Mese.

Mastaka, der Kopf. Zend Mesteregnu. Pehl.
Masterg.

Matha. Man-matha, die Seele berauschend. Gr.
Μαθαιος, albern, thöricht.

Matja, Lehrer. Gr. Μαθητευς.

Me, meiner, mich, von Ajam, ich. Lat. Me, mei.

Meddra, die Bärmutter. Μητρα. Matrix.

Medha, Gabe, Opfer; Nera-meda, Menschenopfer.
Germ. Miethe, Gabe, Geschenk.

Misra, mischen, miscere.

Mita, messen, messbar; a-mita, unermesslich,
Zend Meeté, Mate, das Maass. Hebr. Mad, das
Maass; Madad, er hat gemessen. Μετρειν, Metiri.

Nied. meten.

Mithra, die Sonne. Zend, Parsi Mitra. Javan.
Matar, die Sonne.

Mrita, sterblich. S. oben Marana. Gr. βροτος,
sterblich, welches im Griech. keine Ableitung
hat; dass m und b gern in einander übergehen,
ist bekannt. Αμβροτος, unsterblich, Αμβροσις,
Unsterblichkeit, ingl. Götterspeise.

Muni, ein Einsiedler, Mönch, Weiser. Μονος,
Μοναχος.

Na, No, nein, nicht, vulg. na, ne. Zend Na, Nued.
Pehl. Na, Lo. (Hebr. Lo.) Pers. Na, Ni.

Naba, die Luft; Nibu, der Himmel der Seligen.
Νεφελη, Nubes, Nebula, Germ. Nebel.

Nabha, der Nabel, Nabhen, das Innere. Zend
Nafo, Pehl. Naf, Kurd. Nif, Nafka, der Nabel.
Hieher auch Nabe.164

Nadu, der Fluss, Wasser, Bengal. Nudd. Zend
Nuddi, Lat. Natare, Natrix. Germ. Nass,
Nied. Natt.

Naga, Nachara, der Nagel am Finger. Pers.
Nachunga.

Naga, die Schlange. Nied. Schnake.

Nagnaha, die Nackten: ein Beynahme der Schamanen
oder Gymnosophisten.

Nāma, Nōma, Nāmadeya, der Nahme. Pers.
Namé, Nam, Nom. Armen. Anum. Gr. Ο-νομα.
Lat. Nomen. Germ. Nahme. Hingegen Namā,
ist Anbethung, Pers. Namah.

Naptri, die Nichte. Neplis, Niftel. Gr. Νηπιος,
Kind.

Nar, Nara, Mensch, Mannsperson, Mann;
Nir, männlich. Zend Nar, Neresch, Mensch.
Pers. Nar. Gr. Α-νηρ; a und o sind im Griechischen
oft müssige Verlängerungen. Zend
Naeré, die Frau, Pehl. Naerik, Hebr. Naara,
das Mädchen.

Nara, Wasser; Narajam, sich auf dem Wasser bewegend,
der Geist Gottes bey der Schöpfung.
Hebr. Nahar, fliessen und Fluss. Gr. Νηρος,
nass; Νηρευς, ein Seegott; Νηρεις, seine Tochter.
Daher die Nereiden.

Narak, die Hölle. Malayisch Naraka.

Nasa, die Nase; Schu-nasira, grossnäsig; Nasadwaram,
die Nasenlöcher; Nasiga, der Geruch.
Lat. Nasus. Gr. Νησος, die Insel, eigentlich
etwas hervorragendes. Schwed. Nos, ein
Vorgebirge.

Nata, entsprossen, Natus.

Nau, ein Schiff; Nawiga, der Schiffer. Ναυς,
Navis, Naviga. Pers. Naodan. Armen. Naw,
Schiff.

Nawa, neu, Νεος,Novus.165

Nawa, neun; Nawami, der neunte. Novem,
Novenus.

Nerupp, Feuer. Pehl. Nira, Hebr. Nur.

Ni, verneint in der Zusammensetzung, wie das
Griechische und Lateinische.

Nischa, niedrig. Kurd. Nezim. Slav. Nisan.

Nischa, die Nacht, Νυξ, Nox. Slav. Notsch.

Nischt, vernichten. Vulg. nischt, für nichts.

Om, es werde, geschehe; das grosse Schöpfungswort
des Ischwara. Gott fragt seine Allmacht:
Hum? willst du, dass ich die Welt schaffe?
Diese antwortet: Om, es sey; und es ward.
Es ist noch jetzt das grosse Kraftwort im Indischen,
Tibetanischen und Persischen, womit
sich alle Gebethe schliessen; wie bey Juden
und Christen das Hebr. Amen. S. Paullini
a S. Bartholomäo Vorr. zu seinem Simaruba.

Oruma, Eintracht. Im Zend und Parsi ist
Ormuzd der Nahme des guten Principii.

Oschda, der Mund. Os.

Oschna, die Hitze. Aestus, heiss.

Ottu, einsam, öde. Gr. ότος, einsam, ότοθι,
allein, ότοειν, verwüsten. Ulph. Authids,
Wüste, Finn. Authia.

Pa, Pi, Mädchen; Go-pa, Hirtinn; Go-pi,
Milchmädchen. Παις, Pu-er, Pu-ella. Dän.
Schwed. Piga, Mädchen. Brem. Bigge, Kind.
Engl. Boy, Knabe. Finn. Pois, Knabe.

Pad, Fuss, Schritt; Pada, der Fuss in der Poesie;
Padaca, ein Soldat zu Fuss; Pāduca,
Schuhe. Zend Padé, Pezem, der Fuss. Pers.
Pai, Paa. Armen. Wot. Grusin. Peschi. Kopt.
Bat, Fat. Gr. Πους, ποδος. Lat. Pes, pedis,
Pedites. Ulph. Fotus, der Fuss. Niederd.
Foht.166

Padi, Pattaha, Withi, der Weg, Pfad. Zend
Petho, Pate. Βαδης. Vadere, Vadum. Πατεειν,
treten. Niederd. pedden. Πατος, Pfad.

Padi, Herr. Zend Peto; Peeteeté, Peted, Befehlshaber.
Pehl. Pad. Aegypt. Poti-phar,
Königsvater nach Jablonsky.

Padsja, Kinder; Ana-padsja, kinderlos. Pers.
A-pos, Aposan. Griech. Παις, παιδος, ἀ-παις.

Pala, Hirt, Führer; Ko-bilen, Kuhhirt, Pales,
Gott der Hirten. Α-πολλον.

Pala, Pala-ger, Befehlshaber; Cotta-pala, Befehlshaber
einer Stadt. Fehlen in befehlen.

Palya, Wohnung, Haufen, Stadt; daher -palya,
eine Endung vieler Städtenahmen. Πολις.

Pan, Pani, Panir, Wasser. Altd. Wand.

Pana-jadi, trinken; jadi ist die Endung des Infinitives.
Πινειν.

Pana, peinigend. Poena. Pein.

Panscha, fünf. Pers. Pansch. Kurd. Bensch,
Paunsch. Nepal Pontzonitz. Zend Pcantiché.
Gr. πεντε.

Par, Para, hoch, empor; Para, Ufer; Param,
gross; Parama, der höchste; Perum, hoch,
gross; Pura, Berg. So auch in Zusammensetzungen,
Para-bara, der höchste Gott;
Para-brama, die höchste Weisheit; Paramandola,
der höchste Boden, der Himmel.
Germ. Bären, heben, empor, Berg.

Parasah, ein Pferd, Reiter; ingleichen ein Perser.
Chald. Pars, Pferd, Reiter. Germ. Pferd,
Niederd. Perd.

Partika, Theilbarkeit; a-partika, Untheilbarkeit.
Pars, partiri.

Pascha, die Kuh. Βους, Βος, der Ochs. Kurd.
Bas.

Paschida, Fleisch. Pers. Pescht. Kurd. Puscht.167

Patacam, Sünde. Peccatum.

Patra, die Schüssel, das Gefäss. Patera. Patina.

Patri, der Vogel. Πεταειν, fliegen.

Paulastja, Pallast. Palli, Tempel. Palatium.

Pavi, arm. Paup-er.

Phil, der Elephant. Hebr. Phil. Arab. Fiil. Pers.
Pil. Schwed. Island. Fil.

Piciandha, Bauch, Wanst, Panzen.

Pida, Pidra, Pitir, der Vater; Pitri, die Vorältern.
Pehl. Abider. Pers. Peder. Πατηρ. Pater,
Ju-piter, Dies-piter, Mars-piter, Vater.

Pili, die Feder, Pers. Pal. Lat. Pilus, das Haar.
Wolle.

Pipala, der heilige Feigenbaum, Ficus religiosa
L. hat lange zugespitzte Blätter, welche von
dem leisesten Winde zittern, Populus. Pappel.

Poda, ein Schiff. Both.

Pothre, Putri, der Sohn. Zend Pothre. Parsi
Potre, Posir. Pers. Puser.

Pra, Para, in der Zusammensetzung, das erste,
vornehmste. S. Para. Gr. Παρα, vor; Προ-Βρι-βριμηνις,
grosser Zorn. Zend Pero, Perovïé,
vor. Slav. Pered, Perod, Pred. Lat.Pro, prae.

Prata, der Morgen; Pratama, der erste, Gr.
Πρωτος.

Pria, Geliebte; Priam, Liebe; Pri-jadi, lieben,
freyen. Ulph. Frijun. Braut, welches im Deutschen
keine Etymologie hat.

Prida, Friede, Freundschaft.

Pur, vor, vorher, alt; Purana, alte Geschichte.
Zend Pero, vor. Pers. Pir, Piri, alt.

Pura, Stadt, Burg. Engl. Bury.

Put, Puttu, die Höllengrube. Puteus. Pfütze,
Nied. Pütt.

Putscha, die Katze. Vulg. Puse.168

Radini, der Blitz; Raschmi, der Strahl. ῾Ραδιος.
Radius. Pers. Rachmon.

Radschja, der König; Radschiam, das Reich;
Jata Radschja, tata Pragdsjaga, qualis Rex,
talis grex. Hebr. Rak, König, Roch, Reich,
Rosch, Oberhaupt. Pehl. Ruis-man, König.
Lat. Rex, Regnum, regere. Ulph. Reiks, Fürst.

Raga, Raja, Leidenschaft. Rache. Pers. Rachg,
zornig.

Raja, geschwinde, rasch.

Rakschasa, Riesen. Pers. Rokh, Helden. Zend
Rasem, hoch. Hebr. Rasa, Riese, Altd. Recken,
Helden, Riesen.

Ranha, geschwinde, rennen.

Ratha, der Wagen. Lat. Rheda.

Rawa, die Stimme. Rufen.

Riti, der Dienst; Pram-riti, der Feldbau. Lat.
Ritus.

Rohida, Racti, roth; Rudhira, Blut.

Rotschi, das Licht. Zend Reot-schengem. Pehl.
Roschness. Pers. Ruschnoi, Rowscheni.

Rudida, das Geheul; Rudrani, die Göttinn des
Weinens. Lat. Rudere, Rudor.

Sa, Saha, So, er, daher das Deutsche sie; Sa,
San, Tat, derselbe etc. (Nied. Dat,) San, sie,
illa: Ta, fämin. die. So asti, er ist, Ulph.
So ist, Finn. Se, dieser.

Sahasra, tausend. Pers. Kurd. Armen. Hazar.
Sanscr. Sahasra-taba, die Sonne, eigentlich mit
tausend Strahlen brennend. Zend Hazar-taba.

Sakka, Zweig, Zacken, Pers. Schach.

Salila, das Wasser; Salam, Urin. Lat. Salum,
Saliva.

Sam, mit einander, zugleich; Sam-bhashana,
das Gespräch; Sam-skrda, verbunden. Germ.
zusammen, samt, sammeln.169

Sama, Sanftmuth; Samam, sanftmüthig; Samana,
ein Orden der Buddisten, welcher
sich der hohen Beschauung widmet. Sines.
Sam-men, der seine Leidenschaften, besonders
den Zorn bekämpft hat, die erste Pflicht
der Samanen. Chald. Samana, himmlisch,
vom Arab. Scham, hoch, erhaben. Gr. Σεμνος,
heilig, ehrwürdig.

Sapta, sieben; Saptami, siebente. Zend Hapte.
Pehl. Haft. ῾Επτα. Septem, Septimus.

Saril, der Fluss. Pehl. Kurd. Zari.

Sarpa, die Schlange. Serpens, Serpere.

Schafana, anordnen. Oberd. Schaffen. Schaba,
der anordnet, Schaffer.

Schad, Schata, Schet, hundert. Zend. Seté. Parsi
Sad. Pers. Sjad, Slav. Set.

Schala, der Hof. Pers. Chjauli. Auch der Saal;
Mandra-Schala, der Raths-Saal. S. auch
oben Aala.

Schala, die Schule. Σχωλη, Schola.

Scharkara, Zucker. Σακχαρον, Saccharum. Es
stammet von dem Tibetanischen Sa-kar,
weisse Erde.

Schaschta, sechs. Pers. Schesch. Slav. Shest. Sex.

Schastra, das Gesetz. Zend Sadder, Sadé.

Schebbi, die Nacht. Zend Kschefe. Pers. Schab.

Schira, Siram, das Haupt, der Kopf. Pers. Sar,
Ser. Hebr. Schar, Fürst, König.

Schiva, die Sonne. Zend Schiv, Tschiv.

Schiwa, der zerstörende, vielmehr auflösende,
die Formen ändernde Gott.

Schrada, Wehklage; Schrudi, Gerücht, Ruf.
Schreyen, Schrey.

Schranga, das Horn. Zend Sreono.

Schubam, gut. Pers. Gub, Chubi. Kurd. Chub.

Schun-aka, der Hund. Armen. Schun. Κυων, Canis.170

Sigia, siegend; Mana-sigia, seinen Willen beherrschend.
Sieg, siegen.

Sindu, Fluss, Meer. Altd. Sund.

Sita, gegessen. Satt.

Sjada, geschwinde. Bengal. Sitao. Pers. Zudi,
Sud. Kurd. Sut. Lat. Citus.

Skanda, Abschnitt in einer Schrift. Secare.

Sodary, Sodarya, Schwester. Nieders. Süster.
Soror. Finn. Sisa.

Sris, die Göttinn des Segens, welche in den Indischen
Tempeln mit vollen Brüsten und
einem zusammen gerollten Strick, wie ein
Füllhorn, unter dem Arme vorgestellet wird.
Ceres.

Stabatu, Stidaha, stehen; Stannu, fest, beständig;
Stida, stehend, existirend. Pers. Istadan,
stehen; Estam, ich stehe; Estad, er stehet;
Stare, stehen. ῾Ιςαω, ῾Ιςημι.

Stala, Ort, Stelle, Stall.

Stamma, stirps, Stamm.

Stana, Ort, Wohnung, Land; Staniya, Wohnort,
Hof; Stania, Stadt. Malab. Stanam. Daher
Stan, die gewöhnliche Endung der Ländernahmen
bey Persern und Armeniern. Verwandt
das Deutsche Stand.

Steja, stehlen.

Stira, die Erde, Terra.

Stri, die Ehefrau. Parsi Streé, Strim.

Sua, sein, suus.

Sugara, das Schwein. Zend Chuk. Pers. Chuk.
Sau, Nied. Söge.

Sumana, das Getreide. Semen.

Sunu, der Sohn; Manuscha-Sunu, Menschensohn.

Sura, Surya, die Sonne. Zend Shir, Shur. Pers.
Churschid. Aegypt. O-siris, der die Sonne
171abbildete. Dahin auch ῾Ηλιος, Wallis. Houl.
Lat. Sol. Ulph. Sauil.

Surgo, die Höhe; Ma-surgo, die grösste Höhe,
der Himmel. Surgere, Sursum.

Swad, süss. Engl. Sweet. Angels. Swaete. Lat.
Suavis.

Swapa, der Schlaf, Lat. Sopor.

Tada, Tataha, Vater. Vulg. Tatta. Finn. Taat.

Tadini, ein Fluss. Zend Tedjèno. Pehl. Tedjera.

Tama, schwarz; Tamaha, Dunkelheit; Tamisra,
Finsterniss. Engl. Dim, trübe. Germ. Dämmern,
Dämmerung. Finn. Tumma, dunkel.

Tanghi, ein heiliger Teich. Lat. Stagnum. Japan.
Tange, Teich.

Tanu, der Leib. Zend Teno. Pers. Tan. Verwandt
mit dehnen, ausdehnen, wie Deha, mit
gediegen, dicht.

Tara, der Stern. Bengal. Stara. Decan. Dscharra.
Zend im Plur. Staranm. Pehl. Setaram. Pers.
Setareh, Sitarie, Stara. Daher der Pers. Nahme
der E-sther. Gr. Ά-ςηρ. Lat. Stella. Germ.
Stern. Engl. Star.

Tarani, das Mädchen. Dirne, Ottfr. Thiarna,
welches im Deutschen keine Etymologie hat.

Tareki, Finsterniss. Engl. Dark.

Taru, der Baum. Pehl. Pers. Deracht. Gr. Δρυς.
Slav. Drewo, Drewko, Baum, Holz.

Tatra, dort.

Tiru, heilig, theuer.

Tögei, der Pfau. Hebr. Tucki. Gr. Ταως.

Ton, dein.

Topu, der Ort. Τοπος.

Trea, Tri, drey; Tridea, Tritaja, dritte; Treita,
dreyfach, Trija. Dreyheit.Τρεις, Tres, Trias,
Drey.172

Tscha, oder. Zend Dschéesch. Pehl. Dschaw.
Pers. Dscha, Schav.

Tscharida, Arbeit. Schar-werk. Altd. Schar,
Mittel-Lat. Scara, Frohne. In Baiern ist
noch jetzt scharen, arbeiten.

Tscharu, gut, schön. Vulg. schier, schön, glatt.
Isl. Skyr. Engl. Sheer.

Tschatwar, vier. Zend Tschatuwar. Pehl. Tschahar.
Pers. Tschehar, Tschar. Armen. Tschorword.
Slav. Tschettari. Gr. Τετταρα, Τεσσαρα.

Tschaura, das Barbieren, Scheren, die Schur.

Tschesanta, das Haarabschneiden. Caesio, Caesum,
Caesura, -cisio.

Tschianda, die Schande; Tschiandata, schändlich,
abscheulich; ein Beynahme der verworfensten
Menschen-Classe in Indostan, welche in
Malabar Parriar heissen.

Tschiangalam, der Ring. Cingulum.

Tuam, du; Tava, dein. Συ, Τυ. Tu, Tuus.

Tuam, eine Ableitungssylbe, Abstracta zu bilden,
wie das Deutsche -thum. Deva-tuam,
Gottheit; Brama-tuam, der Stand eines Braminen;
Tschear-tuam, der Stand, die Würde.

Tudadi, schlagen. Tundo, tutudi, Tudes.

Tulluni, das Tanzen, Springen. Tollere.

Tuwara, die Thür. S. Dwar.

Uda, Oda, Udadhi, das Meer Udakam, Wasser.
Lat. Udus, nass. Unda.

Udara, der Bauch. Uterus, ῾Ουθαρ, Euter.

Udru, die Fisch-otter.

Ukscha, der Ochs. Armen. Ös.

Upar, über; ὑπερ, Supra, Super.

Ur, Ort, Flecken, Stadt. Hebr. Ir. Urbs. Ort

Urscha, der Stier. Urus.

Ustram, das Kamehl. Pers. Qschter.173

Utta, gut; Uttama, der beste. Optimus. Der
Lateiner hat den Positiv von seinem Superlativ
verloren, welchen noch der Hindu aufbehalten
hat.

Uttara, Norden, das äusserste, Nied. ütterste.

Vahana, der Wagen; Vahadi, fahren. Malab.
Vaganam, der Wagen. Vehi, Vehiculum.

Vahné, der Fun-ke. Ulph. Fon, Fun, Feuer,
funa, brennen. Isl. Fun, Feuer. Gr. φαινειν,
leuchten. Dahin auch Fenestra, Fenster.

Vamathu, das Speyen. Vomere, Vomitus.

Vamscha, das Geschlecht. Familia.

Vana, leer, Wüste; Vana-prasta, ein Einsiedler.
Vanus.

Varaha, Wara, ein Schwein. Pers. Kurd. Baras,
Verres.

Varma, Vartha, Wahrheit. Veritas.

Vartha, Wort, Verbum. Ulph. Vaurd.

Veda, Wissenschaft, (Nied. weten,) Gesetz; Veda-vali,
Gesetzgeber; Ved-anga, Gesetzbuch;
Vedya, Gesetzkundiger. So fern Gesetz den
Begriff des Befehls in sich schliesset, kann auch
biethen in gebiethen dahin gehören. S. Badi.

Vidhava, Wittwe, Vidua.

Vigea, der Sieg. Victus, Vincere, vici.

Vira, tapfer, stark; Viria, Stärke. Vis, Vires,
Vir. Ulph. Vair, ein Mann. Lett. Wyras.

Waihu, Vayu, Wada, Waja, Wjana, der Wind,
die Luft, wehen, Zend Vatem. Slav. Wiatr.
Gr. Άειν, Άημι. Pehl. Wad, der Wind. Pers.
Kurd. Paat, Bad.

Wairi, fremd; Indost. Beeri; Tamul. Bairi. Daher
Βαρ-βαρος, ein Fremder, Ausländer.

Waje, Kampf; Wahini, Krieg; A-wiakta, Einigkeit.
Altd. Wig, Krieg.174

Walja, gross, stark. Vulg. wählig.

Warja, Angesicht. Altd. wahren, sehen, gewahr,
wahrnehmen.

Wartana, Pflege, Besorgung, Wartung; Warti,
ein Wärter, ehedem Wart; Dura-warti, Thorwärter.

Was, das Verlangen. Zend Weso, Wesmo, Waeté.

Wastara, Wastra, das Kleid, Vestis. Zend Vastrè.
Pehl. Vasterg.

Wastrada, Gras, Kraut. Zend Westrad, Vastrem.
Pehl. Vasterg.

Wei-, Wi-, Wia- bezeichnet in Zusammensetzungen
eine Beraubung: Wei-ragjam, Wi-raga,
ohne Begierde; Wei-tarani, nicht durchzuwaten;
Wia-pekscha, ohne Bedürfniss, sich
selbst genug. Wie das Lat. ve, in Vegrandis,
nicht sehr gross, Vedius, böser Gott, Vejovis,
böser Jupiter.

Weischwa, alle. Zend Veso, Vesh, Vestan. Pehl.
Vos, Voust. Slav. Wsho.

Wejam, wir. Nied. wi.

Wel, Spiess; Willa, der Pfeil. ΒίλσΓ, Pilum, Pfeil.
Daher wohl Pallas, mit dem Spiesse bewaffnet,
und nicht von τταλλν, wo das Substantiv
erst hinzu gedacht werden muss.

Werta, die Gegend, wärts.

Widara, der Sturm. Wetter. Slav. Wiatr.

Wida, Witi, Art, Weise.

Widi, Breite, Weite.

Widja, Wissenschaft, Witz. Tunk. Biet, wissen.
Nied. Weten. Zend Wedem, verständig.

Wila, Acker, Feld; hat im Deutschen keine
Etymologie.

Wilala, der Kater, Felis.

Wina, ohne, das alte noch Niederd. wahn,
wahnschaffen, ungestalt.175

Wintscha, zwanzig, Viginti. Ego-na-wintschi,
wie das Lat. unum de viginti.

Yana, was da gehet, beweglich. Gehen, Gang.

Yuam, ihr, Nieders. yie, yu. Ulph. Jus.

Zaga, ein Zeichen.

b) Bali.

Was dem Braminen das Sanscrit im vordern
Indien ist, das ist das Bali dem Buddisten im
hintern Indien und Ceylon, nehmlich seine Religions- und
gelehrte Sprache. Ihr Nahme erhält
noch den Nahmen der Buddisten selbst,
welche ehedem in Indien Bali genannt wurden,
daher auch dieses selbst, zur Zeit ihres Flores
Balistan, das Land der Bali, genannt wurde.
Indessen ist sie keine eigene Sprache, sondern
ein blosser Dialect des Sanscrit, vermuthlich so
wie dasselbe ehedem in den südlichern Theilen
der Indischen Halbinsel gesprochen wurde.
Das versichern Fra Paolino und der Missionar
Lolliere *)27. Es erhellet dieses auch aus der Vergleichung;
Maha heisst in beyden Sprachen
gross, Pra in beyden ehrwürdig. Der Fuss
heisst in Sanscrit Pad, in Bali Bat, der Tag dort
Var, hier Varu, u. s. f. Man kann sie daher
auch nicht, wie von einigen geschehen, für die
176Mutter der Hinter-Indischen Sprachen ansehen,
denn diese sind einsylbig, das Bali aber ist wie
das Sanscrit mehrsylbig. Ohne Zweifel brachten
die Buddisten, als sie im ersten Jahre unserer
Zeitrechnung aus dem vordern Indien vertrieben
wurden, diese Sprache mit ihren Religions-Büchern
mit nach Hinter-Indien, Tibet
und Ceylon. Auf dieser Insel ist es nicht allein
als Religions-Sprache üblich, sondern es wird
auch die Candysche Hofsprache Bali oder Mangada
genannt, daher sie wohl nur ein Dialect
desselben seyn wird. In Siam ist sie nach
la Loubere so beliebt, dass nicht allein die Ausdrücke
der Religion und der Rechte, sondern
auch die Nahmen der Würden, ja aller Schmuck
der gemeinen Sprache aus ihr entlehnet werden,
und die Siamschen Gelehrten noch jetzt ihre
besten Lieder in Bali verfertigen. Bey dem allen
kennen wir diesen Dialect nur sehr unvollkommen,
und bloss aus einzelnen hin und wieder
angeführten Wörtern *)28.

B. Heutige Sprachen.

Aus dem vorigen erhellet nunmehr, in welchem
Verstande man sagen könne, dass das
Sanscrit die Mutter aller heutigen Mundarten
im vordern Indien sey. Jede heutige Mundart
stammet nehmlich von ihrer ältern unter dem
Nahmen des Sanscrit begriffenen Mundart ab,
denn eine allgemeine, sich durchaus gleiche,
177alte Mundart hat es hier so wenig gegeben, als
in irgend einem andern grossen Lande. Diese
neuern Mundarten sind nun zahlreich, und zum
Theil sehr von einander abweichend, so wie es
die Grösse des Landes, und die Menge der vielen
kleinen Staaten und Völker, worein dasselbe
von je her getheilet war, und noch getheilet ist,
erwarten lässt *)29; nur Schade, dass sie einem
grossen Theile nach noch so unbekannt, und
die Nachrichten davon nicht selten so verworren
sind. Doch ist zu hoffen, dass die um 1798
zu Calcutta gestiftete neue Universität, auf welcher
das Sanscrit, das Indostanische, das Bengalische,
das Talenga, das Marattische, Tamulische
und Canarinische gelehret werden, in
Zukunft mehr Licht auch darüber verbreiten
wird. Nach einer Nachricht in den Asiatic Annual
Register und den Göttingeschen gel. Zeit.
1805, S. 249 hatte diese Akademie bis 1804 bereits
66 Bücher in allerley Indischen Sprachen
heraus gegeben. Verschiedene Schriftsteller
geben drey Haupt-Dialecte an, Patanisch, Indostanisch
und Daknisch. Diese Eintheilung ist
in so fern unrichtig, als das Patanische, d. i. die
178Sprache der Patanen oder Afganen eine eigne
Sprache ist und nicht hierher gehöret. Ich will
die drey Hauptthejle des Landes, Indostan,
Dekan und die Insel Ceylon zum Grunde legen,
und bey jedem, was von dessen Mundarten bekannt
ist, bey bringen.

a) Indostan.

Indostan kann sowohl das Land an dem
Indus, als das Land der Hindu bedeuten. Im
erstem Falle lautet es in Sanscrit Sindhustana,
von Sindhu, der Indus, und Stana, Land, Wohnung,
Pers. Stán; im letztern richtiger Hindustan.
Der Nahme ist zuerst durch die Perser
bekannt geworden, und da diese nur mit dem
nördlichen Theile Indiens Verkehr hatten, so
ist er auch auf diesen eingeschränkt geblieben,
da er sonst, zumahl wenn er das Land der
Hindu bedeuten sollte, dem ganzen vordern
Indien zukommen müsste. Dieser nördliche
Theil erstreckt sich in Westen von dem Indus
an bis über den Ganges an den Burumputer in
Osten, und von den Tibetanischen Gebirgen in
Norden bis an die Halbinsel Dekan, bestimmter
bis an den Fluss Nerbudah in Westen, und bis
an die südliche Grenze von Bengalen und Behar
in Osten, und begreift folglich einen Landstrich
bey nahe so gross als das halbe Europa ausser
Scandinavien.

Ursprünglich war derselbe unter eine Menge
kleinere Fürsten und Horden vertheilt, deren Unverträglichkeit
und Schwäche nebst den eigenen
Reitzen des Landes sehr bald benachbarte
Eroberer anlockte, hier ihr Glück zu versuchen.
Die Versuche des Cyrus, Darius, Alexander.
179der Seleuciden, Parther und Indo-Scythen oder
Mongolen waren indessen nur vorüber gehende
Streif- und Raubzüge, von welchen sich das
Land bey seiner innern Güte sehr bald wieder
erhohlte. Auch der Einfall des Khalifen Walid
708 war von keiner Dauer. Renaudots Araber
kannten hier 850 und Masudi noch 947 mehrere
einheimische Könige. Allein seit den Gazneviden
997 hat sich dieses unglückliche Land unaufhörlich
unter das eiserne Joch des Islam beugen
müssen. Auf die Türkischen Gazneviden
und Guriden von Bactrien aus, folgten die grausamen
Afganen, und auf diese nach den unmenschlichen
Verheerungen der beyden Wütheriche
Dschingis-Chan und Timur-Leng endlich
1525 die beständige Herrschaft der Mongolen,
seit welcher Zeit es das Reich des grossen
Mogols (richtiger Mongols) hiess. Zum Glück
zeigte sich unter diesen der morgenländische
Despotismus von der besten Seite, deren er nur
fähig ist, bis nach dem Einfalle des grausamen
Nadir Schach 1739 Anarchie, Verwirrung und
Elend wieder ihre alte Rolle spielten. Mit dem
unglücklichen Schach Allum 2 erlosch endlich
1790 die Linie der Mongolen, und seit dem
herrschen hier Maratten, Sihks und Britten,
jene mit ihrer gewohnten Grausamkeit, diese
zwar mit mehr Ordnung, aber nicht weniger
drückend.

Alle diese Mahomedanischen Beherrscher
zogen nicht allein zahlreiche Heere von ihrer
Nation in das unterjochte Land, sondern besetzten
auch alle wichtige Stellen mit ihren Glaubensgenossen,
ohne Unterschied, ob sie Afganen,
oder Mongolen, oder Perser, oder Türkische
Sclaven waren. Alle diese Mahomedaner
180werden von den Europäern, nach dem Vorgange
der Portugiesen, Mauren oder Mohren genannt,
welche sich nach und nach so vermehret
haben, dass Orme ihre Zahl in ganz Indien auf
zehn Millionen angibt; und doch sollen sich
diese zu den Eingebohrnen nur wie 1 zu 10 verhalten.
Die Selbsterhaltung nöthigte also die
Eroberer, sich zusammen zu halten, und sich
bloss dem Kriegesstande zu widmen, und da
sie, nicht alle Gebiethe mit ihren Statthaltern
(Nabobs) besetzen konnten, so mussten sie
mehrere einheimische Fürsten (Raja's, spr.
Raddschjas) dulden, und sich mit einem jährlichen
Tribute und Kriegesdiensten begnügen.
Ausser diesen blieben in den Gebirgen noch
mehrere einheimische wilde und halbwilde
Stämme unabhängig, welche ihre Nachbarn mit
Raubzügen plagten, und mitunter oft ansehnliche
Eroberungen machten.

Dass die fremden Eroberer ihre Sprache
mitbrachten, verstehet sich von selbst. Aber
da sie gegen die Eingebohrnen der Zahl nach
so schwach waren, so konnten sie weder die alte
einheimische Sprache noch den Indischen Gottesdienst
ausrotten, so sehr sich auch manche
abergläubige Beherrscher in Grausamkeiten deshalb
erschöpften. Unter der langen Herrschaft
der Afganen blieb ihre Puschto-Sprache wohl
nur unter ihren Stammesverwandten gangbar,
wie sie es noch jetzt zu seyn scheinet. Die
Monguln hingegen vergassen ihre mitgebrachte
Sprache sehr bald, und nahmen dafür die Persische
zur Hof- und höhern Umgangssprache
an, weil ein grosser Theil ihres Adels von Persischen
Abenteurern herstammete. Zum Verkehr
mit den Eingebohrnen aber bildete sich aus der
181Volkssprache ihrer Residenz-Provinzen Agra
und Dehli eine mit dem Persischen und Arabischen
gemischte Sprache, welche man bald
Indostanisch, bald Mohrisch oder Hoch-Mohrisch,
bald aber auch Hoch-Mongolisch nennt.

Die Schriftsteller, selbst diejenigen, welche
am besten unterrichtet seyn wollen, drücken
sich über das, was sie Indostanisch nennen, so
schwankend und widersprechend aus, dass es
schwer fällt, Verwirrung zu vermeiden; besonders
da man dabey immer so gern die Schrift
mit der Sprache zu verwechseln pflegt. Nach
vielen mühsamen Untersuchungen glaube ich
die Sache am richtigsten so vorstellen zu können.
Indostan war als ein so grosses Land von
je her in mehrere Mundarten getheilt, von welchen
die vornehmsten nothdürftig bekannt sind.
Aber da es ein zusammen gehöriges Ganzes ausmacht,
so hat es auch eine allgemeine Sprache
oder vielmehr Mundart für die Schrift und die
höhere Gesellschaft, welche Indostanisch heissen
mag, und mit Recht heissen würde, wenn es
deren, wie in andern Ländern nur Eine gäbe.
Allein hier ist diese Schrift- und höhere Gesellschaftssprache
von gedoppelter Art: diejenige,
welche sich unter den Eroberern zum Verkehr
mit den Eroberten bildete, und diejenige, welche
unter den letztern für den Umgang in den
gebildetern Classen entstanden war. Die erstere
will ich Mongolisch-Indostanisch, unrein Indostanisch,
oder nach der gewöhnlichen Sprechart
Mohrisch nennen; die zweyte aber Rein- oder
Hoch-Indostanisch. Beyde werden häufig verwechselt,
und sogar von Benj. Schulz, der doch
selbst eine Indostanische Grammatik schrieb,
wenn er behauptete, das Mohrische heisse auch
182Dewa-Nagara, und sey die Mutter aller übrigen
Sprachen in Indien.

α) Allgemeine Sprachen in lndostan.

(1) Mongolisch-Indostanisch oder Mohrisch.

Diese Sprache, welche sich vielleicht schon
von den Patanen herschreibt, ist eine Vermischung
der einheimischen Sprache in den Provinzen
Agra und Dehli mit dem Persischen und
Arabischen. Sie war unter den Mongoln in
ihrem Verkehr mit den Hindu üblich, daher
sich auch alle Eingebohrne, welche mit jenen
zu thun hatten, daran gewöhnen mussten, so
wenig auch die übrigen davon verstanden. Sie
war daher durch ganz lndostan verbreitet, und
ist gewisser Massen noch jetzt die allgemeine
Hof- und Schriftsprache für alle Nicht-Hindu.
Um dieser ihrer Vermischung willen ist sie sehr
unbehülflich, rauh und arm, indem sie für die
Verba nicht über hundert Stammwörter hat,
sondern sie gemeiniglich mit den Wörtern seyn,
machen, geben, bringen, nehmen, umschreibt,
der widrigen Zusammensetzungen und Häufung
schwankender Bedeutungen nicht zu gedenken.

Die Substantiva haben nur zwey Geschlechter,
das männliche und weibliche; die Declination
zwey Zahlen, den Singular und Plural.
Die Wörter werden zwar gebogen, aber es gibt
in jeder Zahl nur drey Casus. Der Genitiv endigt
sich im Singular und Plural allemahl in ka,
der Dativ in ku; der Accusativ ist nach Art der
Perser, wie der Dativ. Der Ablativ bekommt
eine Postposition. Der Nominativ im Plural
endigt sich allemahl in e oder a. — Die persönlichen
Pronomina werden wie die Substantiva
183declinirt. Die possessiva werden dem Substantiv
vorgesetzt, und richten sich nach dessen
Geschlecht; so auch die Adjectiva. — Die
Verba haben nur drey Zeiten, das Praesens,
Praeteritum und Futurum. Der Conjunctiv
wird durch Partikeln ausgedrückt. Das Passivum
wird mit hona, werden, und karna, machen
umschrieben. Die Pronomina werden in der
Conjugation voran gesetzt. Der Infinitiv endigt
sich allezeit in na, das Praesens in ta, im Fäminino
in ti. — Die Construction gehet wie im
Tamulischen und Telugischen.

Hülfsmittel dieser Sprache sind:

Benj. Schulzens Grammatica Indostana. Halle,
1745, 4.

A short Grammar and Vocabulary of the Moor's
language
, von Ge. Hadley. London, 1771, 8.

Hadleys grammatical Remarks on Indostan language,
commonly called Moors
. Lond. 1772, 8;
zweyte Ausg. 1784, 8.

A compendious Grammar of the current corrupt
Dialect of the Jargon of Hindostan, commonly called
Moors, with a Vocabulary, by Ge. Hadley
, London,
1801, 8; ist die fünfte Ausg. der obigen
short Grammar.

John Ferguson's Dictionary and Grammar of
the Hindostan language
. London, 1773.

Grammatica Indostana a mais vulgar, que se
pratica no Imperio do Gran Moyol
, Rom, Propag.
1778, 8; Portugiesisch, mit einem nach den
Materien geordneten kleinen Wörterbuche,
S. 55-134.

A Grammar of the pure and mixed East Indian
Dialects with Dialogues affixed spoken in all the
eastern countries, methodically arranged at Calcutta,
according to the Brahmenian System of the Shamscrit
184Language
u. s. f., von dem jetzigen Russisch-Kaiserlichen
Hofrathe Terasfim Lebedeff. London,
1801, 4; gehöret wohl vorzüglich hierher,
indem der Verfasser mehrere Jahre Schauspiel-Director
des grossen Monguls war. Dieser
merkwürdige Mann ist aus dem Bauernstande
und aus der Ukraine gebürtig. Da er in seiner
Jugend Anlage zur Musik zeigte, so nahm ihn
sein Gutsherr, der Graf Rasumowsky, der als
Russischer Gesandter nach Neapel ging, mit
nach Italien, wo er es besonders auf dem Violoncello
zu einer grossen Fertigkeit brachte.
Nach einiger Zeit verliess er seinen Herrn und
ging nach Paris, und, da es ihm hier nicht
glücken wollte, nach London, wo er in die
Dienste eines nach Indien als Gouverneur bestimmten
Lords trat. Er begleitete nun seinen
neuen Herrn nach Calcutta, lernte dort bald
die Landessprache, und erwarb sich durch sein
musikalisches Talent ausgebreitete Bekanntschaften,
welche er zu allerley Unternehmungen zu
benutzen wusste. So ward er Unternehmer
eines Liebhaber-Theaters, und zuletzt Schauspiel-Director
des grossen Mongols. Nach
einem Aufenthalte von 20 Jahren kehrte er aus
Indien nach Europa zurück. Auf der Überfahrt
hatte er nähere Bekanntschaft mit einigen gelehrten
Engländern gemacht, deren Papiere
ihm die Herausgabe obiger Indischen Sprachlehre
erleichterten. In London wurde er dem
Russischen Ambassadeur, Grafen Woronzow,
bekannt, der ihn mit den besten Empfehlungen
nach Petersburg sandte, wo er bey dem Collegio
der auswärtigen Geschäfte mit einem Gehalte
von 1800 Rubeln angestellt wurde, und
ein kaiserliches Geschenk von 20000 Rubeln zu
185Anlegung einer Sanscrit-Druckerey erhielt, aus
welcher nächstens ein Russisches Werk über die
Quellen der Bramanischen Weisheit erscheinen
wird. — Die Hoffnung, von ihm einige Aufklärung
über die Sprachen Indiens zu erhalten,
ist mir fehlgeschlagen.

John Gilchrist Dictionary English and Hindostanee.
Calcutta, 1787, 4. 2 Voll.

The Indian Vocabulary. London. 1788, 8;
ist ein blosses Verzeichniss solcher Persischer
und Indostanischer Wörter, welche in den damahligen
vielen Schriften über Ostindien vorkamen.

H. Harris Dictionary English and Hindostany.
Mudras, 1790, 2 Voll. 4.

Indostanische Zahlwörter befinden sich in
John Bell Travels from S. Petersburg, Glasgow,
1763, 4; mehrere Indostanische Wörter aus
Dekan, in dem Vocabul. Petrop; und daraus in
Prof. Alter's Sanscrit.

Benj. Schulzens Übersetzung des N. T., der
Psalmen, und einiger andern biblischen Stücke
in das Indostanische besitze ich in sehr schönen
Handschriften.

Da dieses eine so gemischte Sprache ist,
so ist es kein Wunder, dass es mehrere Mundarten
derselben gibt. Ich kann davon folgende
nennen.

1. Der Dialect von Bombay, welcher gleichfalls
Mohrisch genannt wird, und noch verderbter
ist, indem er selbst Englische und Portugiesische
Wörter in seine Mischung aufgenommen
hat.

2. Der Tuluckische oder Tulugische, welcher
mit der Telugischen Sprache auf der Halbinsel
nicht verwechselt werden muss. Die Malabaren
186nennen die aus dem Mongolischen herkommenden
Mahomedaner Tulukken, d. i. die Stolzen.
Sie selbst nennen sich Patanigöl, vermuthlich,
weil sie eigentlich Patanen sind, daher ihr Dialect
auch Padtani-Paschei, der Patanische, genannt
wird. Er soll von dem Hoch-Mongolischen
wie das Plattdeutsche von dem Hochdeutschen
verschieden seyn.

3. Der Daknische. Nachdem die Mongolen
nicht allein das Königreich Dekan, sondern
auch den ganzen nördlichen Theil der Halbinsel
Dekan erobert, und sich daselbst ausgebreitet
hatten, scheint man ihre Sprache in den südlichern
Theilen Daknisch, d. i. Dekanisch, genannt
zu haben.

Die folgenden drey Formeln scheinen bloss
in der Übersetzung und Schreibung, vielleicht
aber auch in der Mundart verschieden. Dav.
Millius
handelt in seinen Miscellan. orient. von der
Rein-Indostanischen, Sprache, und doch ist
seine Formel sichtbar Mongolisch-Indostanisch.
Die dritte Formel heisst nur darum Braminisch-Indostanisch,
weil sie mit der unter den Braminen
zu Kasi oder Benares in Indostan üblichen
Schrift geschrieben ist; denn auch hier werden
Schrift und Sprache verwechselt.

16. Mongolisch-Indostanisch.

Aus Dav. Millii Miscellan. oriental. S. 488.

Unser Vater der Himmel in ist,
Geheiligt werde dein Nahme;

Hammara Baab, ke who Asmaan-me he,
Paak hoee teere Naom;187

Es komme uns Reich dein;
Geschehe Wille dein wie Himmel in so
Erde in;
Brot unser tägliches uns gib;
Und vergib Schulden unsere, wie wir ver-
geben Schuldnern unsern;
nicht führe uns in Versuchung;
Sondern uns befreye vom Bösen;
Dein ist das Reich, die Macht, die Herrlichkeit,
ewiglich.

Auwo hamko Moluk teera;
Hoe Resja teera, sjon Asmaan, ton
Sjimienme;
Rooti hammare nethi hamkon aasde;
Oor mafkaar Taxier apne hamko, sjon maf-
karte apre Karresdaar onkoin;
Ne daal hamko is was Wasjeme;
Belk hamko gh'askar is Boerayse;
Teera he Patsjayi, Soorrauri, Alemgiere,
keametme. Ammen.

17. Dasselbe.

Von J. Benj. Schulze in seiner Indostan. Sprachlehre,
S. 73, und der Leipz. Samml. S. 82.

Himmel in seyend der unser Vater,
Dein Nahme geheiliget sey;
Dein Reich komme;
Dein Wille Himmel in geschehe wie
Erde in so geschehe er;

Asman-po rahata-so hamara Bap,
Tumara Naun pakkarna-hone deo;
Tumari Padaechai ane deo;
Tumara Dil Asmän-po karna huesarka
D unia - me ki karna - hone - deo;188

Jeden Tages unser Brot uns heute gib;
Unsere Schulden uns vergib wie
auch unsern Schuldnern wir
vergeben;
Weil das Reich und die Macht und,
die Herrlichkeit und dir allezeit
ist. So sey es!

Jekjek Dinka hamariRoti hamnaku asch aeo;
Hamare Charasdaku harne maaf, kiesarka
turaebi hamare Charsaku liamna
maaf karo;
Hamnaku asmaneke ander Duchil mat karo;
Hoeto sabuni-me-su hamna sar faras karo.
Wokiakaheto Padaschahi-bi, Kodarot-bi,
Martaba-bi tumnaku mudam-lekhoko
hei. Hoe!

18. Dasselbe.

Aus dem Alfabetum Bramhanicum s. Indostanum.
Rom
, 1771, 8, S. 140.

Vater unser der Himmeln in bist,
Dein Nahme heilig sei,
Komme dein Reich;
Deinen Willen alle wollen thun wie Himmel
in, so Erde auf;
Tägliches Brot uns gib;

Bap hamara, dscho Asman mo ho,
Tubharà Nam astuti-hovi;
Ave tubhara Ragg;
Tubhara Kuschi sabhlogh karnè gesà Mukuti
mo, tesà Dschiamm mo;
Pratidin Roti hamlogonko dischiwo;189

Vergib unsern Schulden, wie wir vergeben
unsern Beleidigern;
Versuchungen vor uns bewahre;
Und Bösen von Befreyung mache. So
sey es!

Bakso hamarà Gunah, gesa hamlogh bakstehee
apne Gunahgaronko;
Aggmaisi so hamlogon bantschiavo;
Aor Burabadi so Nistar kidschiè. Eesa
hovee!

(2) Rein- oder Hoch-Indostanisch, Dewa Nagara.

In einem jeden Lande entsteht aus der gemeinen
Landessprache in den gebildetern Ständen
eine veredelte Mundart, welche denn nicht
nur im gesellschaftlichen Umgange der aufgeklärtern
Classen von Geschmack, sondern auch
in Schriften gebraucht wird. Gemeiniglich ist es
die Mundart des Hofes, weil dieser immer der
Mittelpunkt des guten Geschmackes und der feinern
Sitten in einem Lande zu seyn pflegt. Zur
Zeit der einheimischen Könige zeichnete sich die
Residenz-Stadt und Provinz Agra von dieser Seite
aus. Nach Will. Jones (Abhandl. Th. 1, S. 259)
fanden die Mahomedaner in Indostan eine gebildete
Sprache, deren reinste Mundart um Agra,
besonders auf dem dichterischen Boden von Madura
gesprochen und der Dialect Wradscha genannt
wurde. Ob davon noch jetzt in diesen
Gegenden Spuren vorhanden sind, ist mir unbekannt.
So viel ist gewiss, dass mit der Einwanderung
der Barbaren dieser Vorzug für die Residenz
auihörte, denn nun bildete sich hier das
verderbte Mongolisch-Indostanische. Dagegen
190trat die Stadt Kasi oder Benares in der Provinz
Allahabad, dieser alte und berühmte Sitz der
ganzen Gelehrsamkeit der Hindu, an die Stelle
des Hofes, und ob er gleich sehr frühe von den
Mahomedanern zerstöret wurde, so behielt er
doch noch immer einen Schatten seines ehemaligen
Glanzes, und hat ihn noch jetzt. Diese
Mundart ist nun das reine oder Hoch-Indostanische,
welches im ganzen Lande im gesitteten
Umgange und in Schriften gebraucht wird, und
dem Sanscrit in den Wörtern am nächsten kommt,
in den grammatischen Formen aber davon abweicht.
Mehrere Schriftsteller nennen diese
Mundart Dewa-Nagara, d. i. göttliche oder heilige
Schrift, denn Nagara oder Nagari bedeutet
eigentlich die Schriftzüge, womit die Braminen
diese Mundart zu schreiben pflegen, und welche
aus der Sanscrit-Schrift gebildet ist; zum
Unterschiede von dem Aker-Nagara, oder der
gemeinen Schrift. Nach einer sehr gewöhnlichen
Unart fast aller Schriftsteller von Indien,
welche Schrift und Sprache so gern zu verwechseln
pflegen, bedeutet Nagara denn auch die
Sprache oder Mundart, welche mit einer gewissen
Schrift geschrieben wird; denn in Indien
giebt es fast eben so viele Schrift- als Mundarten.
Unter denjenigen Städten, in welchen diese
Mundart in den gebildetern Classen üblich ist,
zeichnet sich vorzüglich Patna im Königreiche
Behar aus, daher sie von einigen Patnisch oder
Patanisch genannt wird, welches aber leicht zur
Verwechselung derselben mit der Sprache der
Afganen oder Patanen führen kann.

Nach dem wenigen was David Mill von dieser
Sprache sagt, hat sie von den vielen Declinationen
des Sanscrit deren nur acht, vier für die
191Masculina und eben so viele für die Fäminina,
und in jeder sechs Casus, welche an dem Worte
selbst bezeichnet werden. Der Comparativ und
Superlativ werden durch die vorgesetzten Wörter
issoe und sabsoe umschrieben: Kalla, schwarz,
Issoe Kalla, schwärzer, sabsoe Kalla, am schwärzesten.
In der Conjugation hat sie acht Zeiten,
wozu Mill aber auch den Imperativ und Infinitiv
rechnet. Die Pronomina werden in der Conjugation
vorgesetzt.

Unter dem Titel de lingua Hindostanica befindet
sich in Dav. Mills Miscellaneis orientalibus
in seinen Dissertatt. selectis S. 455-601 eine Indostanische
Grammatik, (nur die Declinationen
und Conjugationen,) in Kupfer gestochene Alphabete,
die zehn Gebothe, der Glaube, und
das V. U. in so genannter Indostanischer Sprache,
und zuletzt ein Etymologicum Orientale harmonicum
Indostanicum, Persicum et Arabicum
, alles
aus den Papieren des ehemaligen Holländischen
Statthalters zu Suratte, Jo. Josua. Ketelaer. Was
von der Sprache gesagt wird, gehet auf das Rein-Indostanische,
passt wenigstens nicht auf das
Mongolisch-Indostanische; allein die Sprachproben
sind aus diesem.

Alphabetum Bramhanicum s. lndostanum Universitatis
Kasi
. Rom, Propag. 1771, 8; von dem
Capuciner Cassiano Beligatti, mit des Jo. Chph.
Amaduzzi
Vorrede. Es betrifft nur die Schrift.
Das V. U. und die übrigen Stücke sind gleichfalls
Mongolisch-Indostanisch.

The Oriental Linguist, an easy and familiar Introduction
to the Hindustan or grand popular language
of Hindustan
. The lld Edit. Calcutta, 1802,
4; rechne ich nur muthmasslich hieher.192

Die folgende Formel von Benj. Schulz stehet
in der Leipziger Sammlung zwey Mahl. Das
erste Mahl S. 83 heisst sie Dewa-Nagarica s. Hanscret,
und das zweyte Mahl S. 89 Samscrutanica;
beydes von der Schrift, womit sie geschrieben
ist, denn die Sprache ist in beyden einerley. Fra
Paolino
, der in seinen Codd. Avens. S. 58 die zwey
ersten Zeilen davon hat, nennet die Sprache
Dewa-Nagarica in urbe Patna, Vanares et ad totum
Gangem
, daher sie wohl kein anderer als der
Hoch-Indostanische Dialect seyn kann.

19. Hoch-Indostanisch.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml., S. 83, 89.

Himmel in seyend unser Vater,
Euer Nahme geheiliget sey;
Euer Reich komme;
Euer Wille Himmel in wie er geschiehet,
so Erde auf geschehe er;
Tägliche unsere Speise uns heute
gebet;
Unsern Schuldnern wir wie vergeben,
ihr auch so unsere Sünde
vergebet;

Urdwa-loke stidaha mat Pitaha,
Pawadia Namadheiam pudsaniam pawatu;
Pawadia Radschiam agaschetu;
Jusmat Sittam Ardwa-loké iadha krijette,
tadha Buma-wapi karotu;
Anudinam mat Podsanam astmakam addia
dehi;
Asmadadha Markanam weiam iadha schaminaha,
juiam-api tadha asmat Drunam
schantawiam;193

Uns Versuchung in nicht kommen lasset;
Sondern dem Bösen aus uns befreyet.
Denn das Reich und die Macht und,
die Herrlichkeit und euer Ewigkeit in ist.
So geschehe es!

Asmam Schodhanajam na prawesiá;
Tadhascheto Duragate b'hia asmam ratscha.
Tatkhuitiukte Radschenscha, Balenscha,
Machimascha, pawatam Sarwada santtu.
Bavsischeti bawaté!

Anmerkung.

Fra Paolino verbessert in den Codd. Avens.
S. 58 die beyden ersten Zeilen so:

Arthalòghe stidà nà Pidà,
Tava Námadheya pùdschiànam bhavadu.

β) Provinz-Mundarten.

(1) Kabul und Kandahar.

Ausser diesen allgemeinen Mundarten hat
fast jede der zahlreichen Provinzen die ihrige,
von welchen aber wenig bekannt ist. Ich kann
daher nur diejenigen nennen, wovon man etwas
weiss. Da die westlichen Provinzen der Herrschaft
barbarischer Völker immer am meisten
ausgesetzt waren, so ist auch die Sprache hier
am meisten unrein und vermischt. Kabul oder
Zabulistan und Kandahar, beyde in Westen des
Indus haben bald zu Persien bald zu Indostan
gehört. Beyde werden von Afganen oder Patanen
bewohnet und beherrscht. Die Sprache ist
daher auch Patanisch, aber in Kabul mit Indischen
und Persischen Wörtern vermischt.194

(2) Kaschemir.

Die nördlichste Provinz unter den westlichen,
ein durch hohe Gebirge vor dem ersten
Anlaufe gesichertes schönes Thal, und ein irdisches
Paradies in jedem Verstande. Von hier kamen
unter dem Kaiser Justinian die ersten Seidenwürmer
durch christliche Mönche nach Europa.
In den mittlern Zeiten ist Massudi um 947,
so viel ich weiss, der erste, der dieses Landes
gedenkt. Damahls hatte es seinen eigenen König.
Aus des Persers Heider Malek, welcher 1618
lebte, fabelhaften Geschichte von Kaschemir befindet
sich ein Auszug im Tiefenthaler S. 59-67.
Auch diese Provinz wird von den Afganen beherrscht;
doch sind die Einwohner wahre Hindu,
deren gelehrte Sprache das Sanscrit ist.
Nach Akbar haben sie ihre eigene Sprache; nach
Tiefenthaler kommt sie weder mit der folgenden
Panzabischen, noch mit der Kabulschen,
noch mit der Indostanischen ganz überein. Am
richtigsten urtheilet wohl der Britte Ge. Forster,
wenn er sie für eine Tochter des Sanscrit erkläret,
welche der Marattischen ähnlich sey, selbige
aber an Härte übertreffe.

(3) Lahor.

Eine grosse Provinz in Osten des Indus, welche
auch Pandschab genannt wird, d. i. die fünf
Flüsse. Den Nahmen Lahor hat sie von der
Hauptstadt. Sie hat ihren eigenen Dialect, welcher
Panzaber, Panzabische Sprache genannt wird,
welchen man aber weiter nicht kennet, als dass
er sehr mit dem Persischen vermischt ist. In dieser
Provinz entstanden in der ersten Hälfte des
19516ten Jahrhunderts unter den Rasbuten die Sikhs,
d. i. die Sucher (Sikh bedeutet im Indostanischen
suchen, wie das Engl. seek) anfänglich eine auf
den reinen Deismus gegründete religiöse Secte,
aber bald ein eroberndes Volk. Nach dem Tode
ihres Stifters Nanek († 1539) bildeten sie sich zu
einer Räuberbande, welche trotz aller ihnen in
ihrer Religion zur Pflicht gemachten Menschenliebe
und Wohlthätigkeit keinem andern Volke
an Wuth und Grausamkeit nachstehet. Seit 1773
sind sie der mächtigste Staat in Indostan, und
1795 sollten sie aus 18 Stämmen bestehen *)30. Ihre
Sprache ist ein Dialect der Panzabischen.

(4) Multan.

Zwischen Lahor und Sind. Aus dieser Provinz
stammen die Kuttries, zu Alexanders Zeit
Katheri, von welchen die Rasbuten, und von diesen
die Dschahts (Engl. Jauts) ein Zweig seyn sollen.
Die letztern sind vermuthlich die Getes,
welche Tamerlan bekriegte. Bald nach Aureng
Sebs Tode errichteten die Dschahts einen Staat
in den Provinzen Agra und Dehli. Sie wurden
zwar in der Folge von den Maratten geschwächt,
sind aber jetzt wieder eine herrschende Nation.
In dem Vocabul. Petropol. befinden sich 262 Wörter
aus der Multanischen Mundart. Ein Recensent
196in der Allgem. Litterat. Zeitung versicherte
zwar, dass sie nicht Multanisch, sondern Maurisch
oder Hoch-Mongolisch wären. Ich dächte
aber doch; denn eben diese Wörter befinden
sich daselbst auch in der Hoch-Mongolischen
Sprache, von welchen denn doch die Abweichung
gross genug ist. Ich habe diese Wörter
mit mehrern Indischen Sprachen verglichen, und
darunter 59 Bengalische, 10 Malabarische, wenig
Afganische, aber 32 Persische gefunden. Am
meisten kommen sie mit dem Guzuratischen
überein, so dass der Dialect vermischt zu seyn
scheinet. Da sich einige hundert Banianen, d. i.
Kaufleute, aus dieser Provinz zu Astrakan aufhalten,
so hat Pallas in den neuen Nord. Beytr.
Th. 3, S. 84 einige Nachricht von ihnen und ihrer
Sprache gegeben. Da ich keine Formel aus
derselben aufweisen kann, so will ich wenigstens
die in derselben vorkommenden Wörter aus dem
Vocabul. Petrop. hersetzen.

Vater, Pucpita.

Du, Tu, Tem, Tju.

Himmel Oschman, auch Persisch, und Afganisch.

Nahme, Na.

Wie, Kewé, Bengal. Ka.

Erde, Dxemi; auch Persisch.

Tag, Degow.

Brot, Anno.

Gib, .

Wir, Asa.

Böse, Buraï, Bengal. Bura.

Ist, Hei.

Stärke, Kraft, Zurwar.

Macht, lchtijar, Bengal. Oktiar, Achtijar.197

(5) Tatta oder Sind.

Um den Ausfluss des Indus oder Sind, heisst
auch Diul oder Debul. Hier hausen ausser den
Zinganen oder Singanen mehrere wilde und halb
wilde Stämme, besonders Afganische Ballotschen
mit dem Beynahmen Calmati. Auch werden Sumcanen
und Salcanen genannt. Aber von der Sprache
ist nichts bekannt. Die Zinganen welche
sich schon im 16ten Jahrhundert durch Seeräuberey
auszeichneten, erinnern an die Zigeuner.

(6) Guzuratte oder Suratte.

Die südlichste unter den westlichen Provinzen,
zu welcher die Inseln Diu und Bombay,
und die Halbinsel Salsette gehören. Sie ist durch
die Handlung den Europäern am frühesten benannt
geworden. In den Städten haben die Parsen
ihren Hauptsitz, aber in den Gebirgen und
vielen grossen Wäldern giebt es räuberische Colier
oder Kulies, Khant und andere Wilde und
Halbwilde mit eigenen Sprachen und Sitten. Das
Guzurattische ist sehr mit dem Malabarischen
und andern Indischen Mundarten, ingleichen
mit dem Persischen und Arabischen vermischt,
welches wohl von der lebhaften Handlung herrühret,
welche hier zu allen Zeiten geblühet
hat. In der Tabula Polyglotta im Orient. und Occidental.
Sprachm
. S. 212 befindet sich ein Verzeichniss
von 36 Guzurattischen Wörtern. Des
Capuciners Franc. Maria Wörterbuch dieser
Mundart unter dem Titel: Thesaurus Linguae Indianae
besitzet die Propaganda zu Rom in der
Handschrift. S. Pauli. a S. Bartholomaeo Codd. Indici
S. 57 folg.198

20. Guzurattisch.

Von Benj. Schulze in der Leipz. Samml. S. 84.

Himmel in der bist unser Vater,
Dein Nahme herrlich werde;
Dein Reich komme;
Dein Wille Himmel in wie er geschiehet,
so Erde auf geschehe er;
Tägliches unser Brot uns heute gebet;
Unsern Schuldnern wir wie vergeben,
so ihr unsere Schulden uns
vergebet;
Uns Versuchung in nicht führet;
Sondern Bösen aus uns ziehet.
Denn Reich und Macht und Herrlichkeit und euer
in Ewigkeit ist. Amen.

Paramandalo tze amará Pitá,
Tumára Namá pusa-karwane;
Tumára Ratschia awè;
Tumára Man Paramandalo kewun karotZó,
jewutze Bumima karo;
Dinnadinna amara Prasada amone asa ápo;
Amara Dewunwalane áme kewun rakun, je-
wutze tamoo amara Dewun amone
ráko;
Amone Sankuschto karoma;
Zeto Bigadhamati amone kado.
Je Ratschia-ze, Balla-ze, Mahoto-ze tamoo
Daridaritzo. Hoe.

(7) Agra und Dehli.

Die zwey reichsten und schönsten Provinzen
tiefer im Lande sind fast seit einem Jahrhunderte
der unglückliche Schauplatz von Blutvergiessen
und Verheerung gewesen, wo Perser, Afganen,
199Maratten, Sihks, und Rohillas sich in
Grausamkeiten erschöpften; daher liegen sie
jetzt völlig verödet. Dass hier ehedem der ausgebildetste
Dialect der Hindu-Sprache einheimisch
war, ist bereits bemerkt. Die Provinz
Dehli war der Schauplatz des Krieges der Maha-Barat,
der vor etwa 5000 Jahren soll seyn
geführet worden, und der in der Indischen erdichteten
Geschichte eine so grosse Rolle spielt.

(8) Allahabad.

Im Innern des Landes, ehedem eine der
blühendsten Provinzen. Hier wohnen die Rasbuten
und die durch ihre Grausamkeiten berüchtigten
Rohillas. Berühmter ist Allahabad durch
die Stadt Benares, ehedem Kasi oder Kassi, welchen
Nahmen noch die Vorstadt führet. Hier
war ehedem die vornehmste hohe Schule der
Braminen, wo sich deren immer mehrere tausend
aufhielten, und den Wissenschaften huldigten.
Sie ist auch jetzt noch nicht ganz eingegangen,
so sehr auch der Islam an ihrer Zerstörung
gearbeitet hat, und es leben daselbst immer
noch einige hundert gelehrte Braminen.
Von ihren ehemaligen Verdiensten um die Wissenschaften
zeugen noch manche Ueberbleibsel,
z. B. ein Observatorium mit merkwürdigen aus
gehauenen Steinen zusammen gesetzten astronomischen
Werkzeugen, welche unter andern in
den Esquisses de l'Histoire des Indes, trd. de l'Anglois,
Th. 2, S. 24 beschrieben und abgebildet
werden. Die Stadt selbst, deren Bewohner den
alten Sitten noch am meisten treu geblieben sind,
beschreibt Hodges in seiner Reise S. 71 f. Da Benares
von den ältesten Zeiten an, der blühendste
Hauptsitz der Wissenschaften und des Geschmackes
200war, so veredelte sich hier die Sprache
von selbst zu dem im vorigen gedachten
Rein- oder Hoch-Indostanischen, der allgemeinen
Sprache aller ächten Hindu von Bildung und
Geschmack. Ausser derselben hat aber das Volk,
wie überall, seine eigene provinzielle Sprache,
welche von der Schrift, womit man sie im gemeinen
Leben zu schreiben pflegt Akar-Nagara
genannt wird. Anders weiss ich mir den Nahmen
Akar-Nagarica ex Caschia, welchen Benj.
Schulz seiner einen Formel giebt, und ihren Unterschied
von seiner Dewa-Nagaram oder Rein-Indostanischen
nicht zu erklären. Die Sprache
scheint auch hier unrein, und mit Persischen
und Arabischen Wörtern vermischt zu seyn.
Schade, dass sie mit keiner Uebersetzung begleitet
ist.

21. Gemeine Mundart zu Kasi.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 83.

Pita assadha dgjekera hé Aschamaneté,

Até howe Navn téda;

Até awaen Patischai tédi;

Até howé Achtijar téda, gimé Aschamanáte
tiwe Terti tei;

Schoraki assadi dheharidi de aschakum adju;

Baschik päpa Aschadha ate ascha beschkaschu
une haku gje Aschadle gunagar
howen;

Ate na genewana aschaku harkat Ruhu;

Rajegeno aschaku Schahatana kanna.

Tehi Opapante, teri he Patischahi, Balo
ate Ustad athe dojugat. Zad-dje-he.201

(9) Bengalen.

Die östlichste und letzte Provinz im eigentlichen
Indostan, ein überaus grosses, reiches
und schönes Land, welches die Afganen bis 1574
unabhängig beherrschten, da Akbar es ihnen
abnahm, und mit seinem Reiche vereinigte.
Jetzt sind, wie bekannt, die Britten in dessen
und der angrenzenden Provinzen Besitz. Hier
ist zwar auch das Hoch-Mongolische die Schrift
und höhere Gesellschafts-Sprache, welche hier
noch mit Afganischen Wörtern vermischt ist;
allein der Volks-Dialect ist Hinduisch, nur dass
auch er manche fremdartige Theile von Nachbarn
und Beherrschern angenommen hat. Er
wird mit wenig Abänderungen auch in der Pro-
vinz Behar gesprochen. Halhead hält ihn für
eine ächte Tochter des Sanscrit, welches denn
weiter nichts sagen will, als dass er zu dem
Stamme der Hindu-Sprache gehöret, und seine
alte Mundart hat, in welcher noch Schriften
vorhanden sind, welcher aber der heutige Dialect
an Reichthum, Bestimmtheit und Ausbildung
weit nachstehet. Die grammatischen Formen
sind einfacher, als im Sanscrit, obgleich
die Schrift eben so mühsam und beschwerlich
ist. Die Declination hat nur allein den Singular,
und in diesem nur vier Casus; den Dual und
Plural muss man umschreiben. Die Conjugation
ist so einfach und regelmässig als im Sanscrit,
doch gibt es der Bedeutung nach drey Classen
von Verbis, wovon sich zwey bloss durch die
Endung des Infinitives unterscheiden, die dritte
aber eine Formam causalem enthält, welche dem
Hebräischen Hiphil vollkommen gleicht, und
durch ein eingeschobenes a gebildet wird: doron,
202fürchten, dorān, Furcht einjagen. Auch
hat man sich aus Nachlässigkeit an die Hülfswörter
thun und machen gewöhnet, Verba zu bilden,
essen thun, welche das Sanscrit nicht kennet.

Diese Mundart lehren: Nathan. Brassey Halhead
Grammar of the Bengal
. Hoogly in Bengalen,
1778. 4.

Fr. Manoel Vocabulario em idioma Bengalla e
Portugueza
. Lissabon, 1743, 8.

An Englisch and Bengal Vocabulary together
with a grammatical Introduction
. Calcutta, 1788.

Viele Bengalische Wörter befinden sich in
dem Vocabul. Petropol. und daraus in Alters
Sanscrit
.

The Old and New Testament translated in the
Bengale language
. Calcutta um 1802, 8, 2 Voll.

Diejenige Gebetsformel, welche Chamberlayne
S. 23 für Bengalisch ausgiebt, und sich anfängt,
Bappa kita, ist Malayisch, nur mit Bengalischer
Schrift. Die nachstehende ist aus der
neuesten Pariser Sammlung, S. 43, welche sie
aus der Doctrina christiana Bengaliae edita entlehnet
hat. Es scheinet, dass sie nach Portugiesischer
Schreibung ist, da man denn das x wie kh
oder ch, dasguewie ge, das ch wie tsch, das que,
qui wie kc, ki und das z wie ein gelindes s lesen
muss. Aber auch sie hat keine Übersetzung.

22. Bengalisch.

Pita amardiguer, poromo Xorgue asso,

Tomar xidhi namere xeba houcq;

Aixuq amardiguere tomar Raizot;

Tomar ze icha xei houq, zemon Porthibite,

temon Xorgue;203

Amardiguer protidiner ahar amardiguere
azica dio; amardiguer corzo qhehmo,
zemon amora qhemi amardiguer corziore;

Amardiguere cumotite porrite na dio;

Ar amardigueré xocol monddó hote raquia
coró. Amen.

In den Gebirgen wohnen mehrere wilde
Stämme, von deren einem in den Asiat. Researches
Th. 5 Nachricht gegeben wird. Merkwürdig
sind die Garrows an der nordwestlichen
Grenze auf den Garrow-Gebirgen zwischen Bengalen
und Assam; ein sanftes, freundliches und
redliches Volk mit kleinen Augen, platten Neger-Nasen,
grossen Mund, und doch von heller
oder dunkelbrauner Farbe. Ihre Religion
nähert sich der Bramanischen, ihre Sprache aber
der Bengalischen. S. Joh. Elliots Bemerkungen
über dieselben in denAsiat. Res. Th. 3, und daraus
in Sprengels Auswahl, B. 3, S. 1.

(10) Tipera oder Tipura.

Ein gebirgiger und waldiger wenig bekannter
District an den östlichen Grenzen von Bengalen,
wohin er auch jetzt gehöret, an der östlichen
Seite des Buramputer. Die Bewohner werdenKussi,
(Cucis,) Kukus, oder Lunctas genannt.
Einige Nachrichten von ihnen befinden sich in den
Asiat. Researches Th. 2, und daraus in Will.
Jones Abhandl
. von Kleuker Th. 3, S. 169; in Sprengels
und Forsters neuen Beytr.
.Th. 13, S. 245, ingl.
in den Geogr. Ephemer. Th. 11, S. 480. Nachträge
dazu liefert John Mac Rae in den Asiat. Res.
Th. 7, n. 6, und daraus die Geogr. Ephemer. Th.
20412, S. 265, mit den Zahlwörtern und einigen
andern Wörtern. Die Sprache scheint eine eigene,
wenigstens von der Hindu-Sprache verschieden
zu seyn.

Die folgenden Wörter beweisen es:

tableau Mensch | Mann | Mihpa | die Zahlwörter | Frau | Nuhnauh | Katka | Kind | Nauh | Nika | Knabe | Mihpa Nauht'i | Tuhmka | Mädchen | Nuhnauht'i | Lihka | Vater | P'ha | Rongaka | Mutter | Nah | Rahka | Bruder | Tschopuhi | Serihka | Schwester | Tscharnuh | Rictka | Grossvater | P'huh | Koaha | Grossmutter | P'hih | Suhmka

(11) Nepal.

An der nordöstlichen Grenze von Indostan,
zwischen demselben und Tibet, ein schönes grosses
und volkreiches von Bergen umschlossenes
Thal, welches sich von den Beherrschern Indostans
unabhängig zu erhalten gewusst hat, aber
dadurch nicht vor innern Drangsalen gesichert
worden. Es bestand ehedem aus drey Königreichen;
allein 1768 unterwarf sich der König des
benachbarten Gorc'ha alle drey Reiche, und verübte
dabey unmenschliche Grausamkeiten. 1792
machten die Sinesen sich dieses Land zinsbar.
Die Einwohner sind Hindu, und ihre Sprache
ist ein Dialect der Hindu-Sprache. Das ist aber
auch alles, was man davon weiss; denn was
Alex. Rose in den Philosoph. Transact. und daraus
in Forsters und Sprengels Beytr. Th. 3, S. 150 davon
sagt, ist verworren und unrichtig. Besser
ist allerdings des Missionarii P. Giuseppe Nachricht
205von Nepal in den Asiat. Research. Th. 2, und
daraus in Will. Jones Abhandl. Th. 1, S. 325, und
in Sprengels und Forsters neuen Beytr. Th. 13,
S. 231; nur dass er sich auf die Sprache gar nicht
einlässt. Nach Adlers biblisch-kritischen Reise
S. 171 befindet sich in der Bibliothek der Propaganda
zu Rom ein ganzes Buch in der Sprache
des Reiches Nepal, oder, wie er es auch nennt
Nevarro, nebst einer Sammlung illuminirter
Zeichnungen, welche die Sitten und den Gözzendienst
des Volkes vorstellen. Überhaupt gibt
es in den ungeheuren Gebirgen zwischen Indostan
und Tibet noch vieles für die künftigen Britten
zu entdecken. In Westen von Nepal sollen
24 Könige herrschen, von welchen man nur die
von Lamdsji, Gorc'ha, Tirhut und Cotsch Bihar zu
nennen weiss, wo es gewiss auch noch mehrere
eigene Sprachen geben wird.

(12) Assam.

Das Königreich Assam liegt zwar schon im
hintern Indien, gehöret aber der Sprache nach
zum vordern. Es bestehet aus einem grossen
volkreichen Thale zu beyden Seiten des Buramputer,
und grenzt in Norden an Tibet, in Westen
an Bengalen, in Osten an Ava, und in Süden
an Arrakan. Es hatte sonst immer seine eigenen
Könige, kam unter Aureng Seb kurze
Zeit unter die Mongolen, und ist jetzt unter der
Herrschaft der Britten und Bomanen getheilt.
Der südliche Theil, welcher an den Bengalischen
District Daka grenzt, wird Dakangöl, der
nördliche aber Uttargöl genannt. Die Einwohner
theilen sich in Assamer und Kultanier oder
Galtaner. Nach Hervas im Catal. linguar. S. 114
gibt es im Lande zweyerley Einwohner; die in
206Süden seyen Negern mit aufgeworfenen Nasen,
die in Norden aber sollen den von Laos gleichen.
Die Sprache wird verschieden angegeben.
Nach Tiefenthaler haben die Einwohner
eine eigene von der Bengalischen verschiedene
Sprache. Auch Mahomed Kassin versichert in
den Asiat. Researches Th. 2, S. 171 und daraus
in Jones Abhandl. Th. 3, S. 86, wo von diesem
Lande gehandelt wird, sie habe nicht die geringste
Ähnlichkeit mit der Bengalischen Sprache.
Allein Will. Jones, der wohl ein besserer
Sprachkenner war, als Mohamed Kassin, und
in der Nähe lebte, erklärt sie in der Anmerkung
für grob Bengalisch. Dass sie nicht zu den einsylbigen
Sprachen gehöret, sondern mit der Indostanischen
nahe verwandt ist, erhellet theils
aus den Ortsnahmen, theils aus einigen andern
Beweisen. Der Radschja von Assam nannte sich
Swergri, den Himmlischen; Swerg bedeutet aber
im lndostanischen den Himmel. Sein eigenthümlicher
Nahme war Dschayadhwadja-Sinha,
der Löwe mit der Siegesfahne, welches gleichfalls
Indostanisch ist. In den nördlichen Gebirgen
von Assam wohnen Miri-Metschmi und Dereng,
welche einerlev Sprache reden, und in
andern Gebirgen die Stämme Zemleh und Nanak,
von welchen die letztern rohe Wilde sind.

b) Dekan oder die Halbinsel Indien.

Dekan bedeutet Süden oder ein Südland,
und schon in dem Periplo maris erithraei heisst es,
dass δαχος im Indischen Süden bezeichne. Es
wird daher immer in Beziehung auf das in Norden
liegende Indostan gebraucht, aber in einem
sehr verschiedenen Umfange der Bedeutung.
Im engsten ist es der Nahme eines eigenen Königreichs
207auf der westlichen Küste, welches zu
manchen Zeiten einen grossen Umfang hatte; im
weitern bezeichnet es den nördlichen Theil der
Halbinsel, und zwar denjenigen, welchen die
Mongolen bald nach dem Anfange des vorigen
Janrhundertes eroberten, aber auch eben so
bald wieder verlohren; im weitesten aber führet
die ganze Halbinsel diesen Nahmen, weil sie
den südlichen Theil des vordern Indiens ausmacht.
Die Bewohner bestehen wie in Indostan,
theils aus eingebornen Hindu, welche
doch in Sitten und Sprache von den in Indostan
beträchtlich abweichen, theils aus eingewanderten
Mahomedanern, worunter die bey den Arabern
gedachten Mapulets die vornehmsten sind.
Das wollte auch wohl Edw. Moore sagen, wenn
er in Narrative of the Operations against Tippo
Sultan
, Lond. 1794, 4, in der Halbinsel zwey
Indische Völker annimmt, Malabaren und Canarinen,
da er denn unter den letztern vermuthlich
die Mapulets verstehet, welche ihren Hauptsitz
in Canara hatten. Die vielen kleinen oft
halbwilden Bergstaaten, worin das Land getheilet
ist, und deren Besitzer in einem ewigen
Raub- und Eroberungskriege mit sich und andern
liegen, haben hier oft noch mehr Elend
verbreitet, als der Islam in Indostan. Indessen
ist doch die Halbinsel ihrer Lage wegen nicht so
vielen und so heftigen Erschütterungen von aussen
ausgesetzt gewesen als Indostan, daher Religion,
Sitten und Sprache sich hier reiner erhalten
haben als dort. Sie wird von dem grossen
Gebirge Gates von Süden nach Norden in zwey
ungleich grosse Hälften getheilt, in die westliche
und in die östliche, von welchen diese eine
grössere Breite hat, als jene.208

α) Malabar oder die Westküste.

Maleialam oder Maleiam bedeutet Bergland,
und Muleialler oder Mallealler Bergbewohner. Aus
dem letztern haben die Europäer Malabar gemacht.
Eigentlich gebühret dieser Nahme nur
dem südlichen Theile der Küste von dem Cap
Komori an bis an das Vorgebirge Illy oder Dilli,
vermuthlich weil die Küste hier am schmälsten,
und das Gebirge am nächsten ist. Im weitern
Verstande wird aber auch die ganze Westküste
bis nach Suratte mit diesem Nahmen belegt. Aber
ein Missbrauch ist es, ihn auch auf die Ostküste
auszudehnen, und von Malabaren in Koromandel
zu sprechen. Diese Westküste bestehet mit
dem dazu gehörigen Theile des Gebirges aus
31 Staaten, die Staaten der halbwilden Nairen
nicht mit gerechnet, welche auf dem Gebirge
einheimisch sind, sich aber auch in dem eigentlichen
Malabar bis an die Küste ausgebreitet haben,
wo sie den Kriegsstand ausmachen. Die
vornehmsten auf dieser Küste bekannten Mundarten,
sind von Süden nach Norden gerechnet,
folgende.

(1) Malabarisch im engern Verstande.

In dem eigentlichen Malabar von dem Cap
Komori bis nach Kanara und das Vorgebirge
Dilli. Da dasselbe wegen seines von Flüssen
und Bergen durchschnittenen Bodens nicht so
leicht erobert werden kann, so zeigen sich die
ursprünglichen Sitten, Gesetze, Künste und Wissenschaften
der Hindu auch hier noch am reinsten.
Die Sprache ist unter den westlichen
Mundarten durch Europäische Kaufleute und
Missionarien noch am besten bekannt geworden.209

Zur Erlernung dienen: Baldai so genannte
Malabarische Grammatik betrifft das Tamulische,
gehöret also noch nicht hieher.

Jo. Adam Cellarius Bemerkungen über die
Sprache, Wissenschaften und Künste der Malabaren,
in den Batavischen Verhandelingen 1781, Th. 3.

Alphabetum Grandonico-Malabaricum Samscrudonicum.
Rom, Propag. 1772, 8; von dem ungeschuhten
Carmeliter Clemens Peanius, mit des
Jo. Chp. Amadazzi Vorrede. Es betrifft bloss die
mühsame Lesung, so fern das Hoch-Malabarische
mit einer Art Sanscrit-Schrift (Grandham)
geschrieben wird, und enthält dabey das V. U.,
den Glauben, die 10 Gebothe u. s. f.

Grammatica Portugueza hum Vocabulario em
Portuguez e Malabar
. Tranquebar, 1733, 8.

Des Missionarii Joh. Ern. Hanxleden vermutlich
nur handschriftliche Malabarische
Grammatik führet Fra Paolino an.

P. Clementis de Jesu Grammatica Malabare.
Rom, Propag. 1774, 8.

R. Drummond Malabarische Grammatik.
Bombay, 1799,… kenne ich nur aus der Anführung.

Die in dem Vocabul. Petropol. befindlichen
Wörter sollen fast insgesammt unrichtig seyn,
daher Fra Paolino sie in Alters Sanscrit verbessert
hat. 63 Wörter befinden sich auch in Hervas
Vocabul. Polygl.
S. 163.

Das Malabarische unterscheidet sich von
dem Tamulischen auf der entgegen gesetzten
Küste, wie das Portugiesische von dem Spanischen.
Hoch-Malabarisch nennt man den in den
obern Ständen mehr ausgebildeten Dialect, zum
Unterschiede von den Volks-Dialecten, welche
sehr abweichend seyn sollen.210

Die ältesten Denkmähler dieser Sprache
sind wohl die Privilegia, welche Scharan Perumal
im achten oder neunten Jahrhundert sowohl
den Juden zu Kotchin (Cochin) als auch den
Thomas-Christen gab. Sie haben ihre Erhaltung
bloss dem Umstande zu danken, dass sie
auf kupferne Tafeln gegraben sind, jene auf
zwey, diese auf vier, und könnten von einem
Kenner sehr gut zur Geschichte und Kritik der
Sprache benutzt werden. Über das erste ist viel
geschrieben; ich verweise aber in Ansehung
beyder bloss auf Anquetil's Reise, S. 245, 248,
255 der Deutschen Übersetzung.

Die Sprache hat kein q, y, x, z und f, für
das letzte spricht sie allemahl p: Fax, Factum,
Favor schreibt und spricht der Malabar Pax, Pactum,
Pavor. — Er nennt nur zwey Declinationen,
und in denselben drey Zahlen. Doch haben
nur die Substantiva den Dual. Der Casus
sind acht, und darunter drey Ablativi, quietis,
instrumenti und societatis. — Die Adjectiva sind
unbiegsam und bezeichnen folglich weder Geschlecht
noch Casus. — Der Geschlechter sind,
wie in andern Sprachen, drey; aber das männliche
und weibliche werden nur von den natürlichen
Geschlechtern gebraucht, alle übrige
Wörter sind Neutra. — Die Pronomina sind in
allen Personen doppelt, je nachdem man mit
geringern oder vornehmern spricht. — Die Conjugation
ist sehr mangelhaft. Die Verba sind
gewisser Massen Impersonalia, weil die Conjugation
in allen Zeiten einerley bleibt. Der Zeiten
sind drey, Präsens, Präteritum und Futurum.
Modi zwey, der Indicativ und Imperativ;
alles übrige wird durch angehängte Partikeln
ausgedruckt. Auch das Passivum wird
211durch Pedunnu, leiden, umschrieben: nirejunnu,
voll machen, nirejappedunnu, voll werden. Die
meisten Verba sind defectiva. — Die Wortfolge
und der Syntax sind fast wie im Lateinischen.

Um Kotchin in dem Königreiche Travancor
herrscht ein eigener Dialect, welcher Maleiam
oder gebirgisch im engern Verstande genannt
wird, aus welchem ich aber nur den Anfang
des V. U. nebst der vierten Bitte mittheilen
kann.

23. Malabarisch.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S.87.

Asmanule irukkapatta engelureia Wawa,

Dewarirudeia Isum kadusakkappara;

Dewarirudeia Malakutta wandu schera;

Dewarirudeia Amarapadije Asmanule narakkura-ppole,
Saininalejum narakka:

Annannaru engelukkulla riske innerit poru
dil engelukkijum;

Engeludeia Deinaligelukku nangel mannitschu
wurugirappole, engeludeia Deingalejum
engelukku manitschu wurum;

Engelei tasaipule agappara-pannadejum:

Anakkal sarule nindu engelei kalasakki
arulum.

Enpendal Malakkutum, Kutarattum, Takkabarum,
Dewarirunkeramum schellum.
Amin.212

24. Dasselbe.

Aus dem Alphabetum Grandonico-Malabar. S. 90.

Thron Gottes in sitzend unser
Vater,
Dein Nahme werde geheiliget;
Dein Reich komme;
Dein heiliger Wille Himmel in wie
Erde in auch geschehe;
Unser tägliches Brot heute
uns gib;
Unsern Schuldnern wir
vergeben wie unsere Schul-
den uns auch vergib:
Uns Versuchung in führe nicht;
Sondern dem Bösen von uns
befreyen mache.

Agaschangelil irikkunna gnandschelude
Bawa,
Nintiru Naman schuddhamagappedenam;
Ninde Radschidam varenam;
Ninde tiru Manessa Agaschattile pole
Bhumiilum aghenam;
Gnanghelude annanne Appam inna
gnanghelkka tariga;
Gnanghelude Kadappukkareroda gnanghel
porukkunna pole, gnanghelude Kadap-
pughel gnanghelodum porrukká;
Gnanghele Pariktschelum pughikkelláje;
Vistschieszittschia Tinineilnina gnanghele
rektschittschu kolga. Amen.

Einige Anmerkungen des P. Hervas.

Agaschangelil ist von Agaschan oder Agasson,
Thron Gottes, und der Postposition il in,
zusammen gesetzt.213

Irik, bedeutet sitzen. Irikkunna, oder Irikuna
ist das Participium.

Bawa, oder Wawa wird nur allein von Gott
gebraucht und bedeutet ewiger Vater.

Schuddam, heiligen; Pedenam, leiden. Wenn
dieses den Verbis nachgesetzt wird, so bildet es
Passiva. Alsdann wird die Endung des Praesentis
Indicativi unu in pedenam verwandelt. Andere
Mundarten gebrauchen dafür Apedunu.

Bhumilum, von Bhumi, Erde, und lum, in,
wofür auch le üblich ist.

Gnanghelka, ist der Dativ von Gnanghel, wir.
In der Endung ka wird das k verdoppelt.

Kaddapughel ist der Accusativus Pluralis eines
Wortes, welches von Kaddapukka, schuldig
seyn, herkommt.

Pariktschelum oder Parikkelum, von Parikka,
Versuchung, und lum, in. Pughikkellaje, von
Pughikka, führen, und der Partikel el, nicht.

Timmeilnina, von Tinma, das Böse, und na,
der Postposition des Ablatives.

25. Maleiamisch um Kotchin.

Ein Fragment aus den Dänischen Missions-Berichten,
Th.3, S. 1218.

Himmel in seyender unser Vater.

Tägliches unser Brot uns
heute gib.

Wanattingil irukkina njangal Tandé.

Annuamulla-diná njangal Appam njangalku
innu taranam.214

(2) Kanarinisch.

In dem Königreiche Kanara in Norden von
Malabar bis an den Fluss Masgani. Das innere
Land in den Gebirgen heisst Bednur, dessen Einwohner
ein wildes Bergvolk unter ihren eigenen
Wald- oder Bergfürsten (Polygars) sind. Die
Mundart weicht von der Malabarischen sehr
ab *)31. Da die Arabischen Mapulets in diesem
Lande seit vielen Jahrhunderten ihren Hauptsitz
gehabt haben, so wünschte man zu wissen, was
für Einfluss sie auf die Landessprache, oder diese
auf die ihrige gehabt. Die Fischer und andere
niedrige Classen an der Küste, von Dilly an,
bis zwey Tagereisen nördlich von Mangalor reden
eine grobe verderbte Mundart, welche Tuluisch
heisst, aber weder mit dem Telugischen auf
der Küste Koromandel, noch mit dem Talukkischen
der Mongolen oder Afganen verwechselt
werden muss.

26. Kanarinisch.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 91.

Himmel in der bist unser Vater,
Dein Nahme geheiliget werde;
Dein Reich komme;

Weikunthadage iho namma Tandi,
Nimma Hessara pudschisikombohage ihodu;
Nimma Radschia barali:215

Dein Wille Himmel in wie er geschiehet,
so Erde auf geschehe er;

Tägliche unsere Speise uns heute
gib;
Unsern Schuldnern wir wie vergeben
ihr auch unsere Schulden uns
vergebet;
Uns Versuchung in nicht führe;
Sondern dem Bösen von uns befreye;
Denn das Reich und, die Macht und,
die Grösse und dir in Ewigkeit
ist. Amen.

Nimma Sitta Weikunthadage hage madisikobeko,
hage Pumandaladage madisikobeku;
Andande namma Anna nammage ihottigeko
dabeku;
Namma Salagedige nau hage talikotewo,
niwa hagewe namma Sala nammage
talikolli;
Nammana Schodiniwalage prawesa madabeadi;
Adare Kettadurawalaginda nammana ratschisakolli;
Adenuandare Radschiawannu, Dsorawarinu,
Mahimanu nimmage prattianttarawa
irabeku. Hudu!216

(3) Daknisch.

In dem kleinen Königreiche Dekan im engern
Verstande, welches aber zu seiner Zeit viel
Geräusch machte. Hier gründeten die Mahomedaner
1320 unter dem Sultan Berber ein
mächtiges Reich, welches bis zu Anfang des
16ten Jahrhunderts dauerte, da aus dessen
Trümmern die Reiche Visapour und Golkonda
entstanden, welche endlich Aurengseb doch nur
auf kurze Zeit eroberte. An dieser Küste liegt
eigentlich Goa, ob es gleich gemeiniglich zu Kanara
gerechnet wird, weil die Portugiesen zuerst
Kanara kennen lernten, und dann die ganze
Nachbarschaft davon benannten. Der Daknische
Dialect ist eine Vermischung des Kanarinischen
und Marattischen. In dem zu Dekan gehörigen,
aber noch sehr unbekannten Lande
Berar, welches aus ungeheuren Waldungen und
rauhen Gebirgen bestehet, hausen die Chohans,
Goands oder Gaunds theils als rohe, theils als
halb rohe Wilde, unter vielen kleinen halb
nackten Fürsten. Um 1782 gelang es dem Britten
Cleveland dieses Volk durch Milde zu zähmen,
und es zu einer odentlichen Miliz im
Dienste der Compagnie umzuschaffen. Hodges
Reise
, S. 103.

27. Goanisch in Dekan.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 85.

Unser Vater der Himmeln in ist,
Dein Nahme erhaben sey;

Amunscha Bapa, turn Sorgim asosi,
Tujem Nabu horu saum:217

Dein Reich uns komme;
Dein Wille wie Himmel in geschiehet, so
Erde auf geschehe er;
Ferner uns tägliches Brot heute
uns gib;
Ferner unsere Sünde vergebet, wie
wir unsern Schuldnern vergeben;
Ferner uns Versuchung in fallen nicht lasset;
Sondern uns Bösen von dem befreyet.
Denn dein Reich, Macht, Herrlichkeit ewiglich ist.

Tujem Rase amucam heum;
Tuji Coschi soschi Sorgim sata, toschi
Pirtumirtu saum;
Anim amanscho disporto Gracu asm
amucam di;
Anim amunschim Pattacam bogosi, sossi
ami amunscheri Schukkulelegank bogosittam;
Anim amucam Tallonie poddum deunaka;
Ponu amucam Waila wignan tulle niwaru.
Kitea tujem Rase, Podowi, Sorgou sadankal asou.

28. Dasselbe.

In Hervas Saggio prattico, S. 145.

Unser Vater, du Himmel in bist,
Dein Nahme erhaben werde;
Dein Reich uns zu komme;

Amansea Bappa, tum Sorghim assoi,
Tuschem Naum thoru saum;
Tuschem Rakhi amancam heum;218

Dein Wille wie Himmel in geschiehet, so
Erde auf geschehe er;
Und unser tägliches Brot heute
uns gib;
Und unsere Sünden vergib wie
wir uns wider den sündigenden vergeben;
Und uns Versuchung in führen nicht lass;
Sondern fallend was kommt, das befreye.

Tuschi Cocsi sossi Sorghim sabá, tossi
Soumssaraut saum;
Anim amanssio disporto Grass adschi
amancam di;
Anim amantschim Pattacam boghossu, soszi
amin amancer ssuccullelanku boghossitan;
Anim amancám Haunie poddunu duinaca;
Punu poddünu sehen eta tem nivar.

(4) Kunkanisch.

In Kunkan, einem grossen mit Wald bewachsenen
gebirgigen Bezirke, dessen niedrige
Küste sich bis nach Suratte erstreckt. Der gebirgige
Theil wird auch Ballagate genannt. In
der Tabula polyglotta in dem Oriental. und Occident.
Sprachmeister
, S. 212 befinden sich 36 Wörter
aus dieser Mundart, welches alles ist, was
von derselben bekannt ist.

(5) Marattisch oder Marastisch.

Von den Maratten, richtiger Marasten, einem
wilden Bergvolke in dem Gebirge Ballagate.
Sie sollen dem Ursprunge nach Rasbuten seyn,
welche bey dem Einfalle der Mongolen aus lndostan
geflohen sind. Allein, sie sind hier wohl älter;
219denn nach dem Massudi herrschte um 943 in
dieser Halbinsel ein König unter dem Titel Mahradge
(Maha Radschia, der grosse König) von welchem
vermutlich der heutige Nahme abstammet.
Sie spielten lange die Rolle gefährlicher Seeräuber
an der Westküste, und waren vermuthlich schon
die, über welche Plinius klaget. Den letzten
Marattischen Seeräuber Tullagi Angria besiegten
die Engländer 1756. In den neuern Zeiten
haben sie viele Eroberungen gemacht, und sind
jetzt eines der herrschenden Völker sowohl auf
der Halbinsel, als in Indostan. Sie sind die
grausamsten Feinde in ganz Asien, und die Regierung
ihrer Radschias ist drückender und räuberischer
als die Mahometanische, wozu die unter
ihnen lebenden Braminen das ihrige reichlich
mit beytragen. Diese bedienen sich zum
Gottesdienste einer eigenen Art Schrift, welche
die Balabandische genannt wird, welcher Nahme
denn oft auf die ganze Mundart übergehet. Zu
Bagliane herrscht ein eigener Dialect, welcher
mit Guzuratisch vermischt ist, und daher
Baglianisch genannt wird.

Grammatica Marasta, a mais vulgar, que se
practica nos Reinos do Nizamaxa e Idalxa
. Rom
1778, 8, bey der Propag. mit einem kleinen
Vocabulario. 63 Wörter aus dieser Mundart
befinden sich in Hervas Vocabul. Polygl. S. 163
folg. einige wenige in dem Vocabul. Petropol. und
daraus in Alters Sanscrit; 36 andere in der Tabul.
Polygl. im Orient. und Occid. Sprachmeister, und
zwar zwey Mahl, das eine unter dem Nahmen
Marattisch, und das andere Mahl unter dem Nahmen
Balabandisch. Catechismo do Doutrina Cristam.
Rom, 1778, 8; Portugiesisch und Marattisch
wo das V. U. S. 109 stehet.220

29. Marattisch oder Balabandisch.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 90 und 93
zwey Mahl unter zwey verschiedenen Nahmen.

Himmel in der bist unser Vater,
Dein Nahme geheiliget sey;
Dein Reich komme;
Dein Wille Himmel in wie
er geschiehet so Erde auf auch
geschehe er:
Tägliche unsere Speise uns heute gebet:
Unsern Schuldnern wir wie vergeben,
ihr so unsere Schulden
uns vergebet;
Uns Versuchung in nicht führen lasset;
Sondern dem Bösen von uns befreyet.
Denn Reich und, Macht und Grösse
und dir in Ewigkeit ist.
Amen.

Weikuntammathe ahe amtze Pite,
Tumtze Nawe pudfawitthahouna assune dene;
Tumtze Radschia jawe;
Tumtze Shinta Weikuntam mathé keisse
karune-kawedi, teiisse Pumandelihi
karunekawe;
Taditadiza amtze Anna amhase ashitra dene;
Amtzé Karsadarase amhi keiisse samsunegetoki,
tumliihi teiissese amtze Karsasa
amhaze samsunegave;
Amhase Dsodinija mathe prowise karunaka;
Sahalateri Wawithamathune amhase ratzschunekene.
Kamantleteri Radschiahi, Sorawarehi, Mahimahi
tumhase pratianltarahi assone déne.
Hoé.221

30. Dasselbe.

Aus der Dottrina Christiana Marasda, Rom,
1778, 8. S. 109.

Amatschà Bapa tum Suarghim haiss,

Tusam Nao thor-how;

Tusam Rhas amalä Yeu;

Tughi Cukhi saikhy Suarghim houte taikhissa
Saumsarant how;

Amatschi dar-dissatschi Rhogias amala de;

Anim amatschim Pathacam bagkhiss, suissam
ami amatsche Ssucleanam bagkhitum;

Anim amalä matte Budi parrhum deum
nocou;

Pun chem khaim amavhar vigna yete, tem
nivar.

(6) Lakediven und Maldiven.

Die Sprache auf diesen Inseln, wovon die
erstem an der Malabarischen Küste, die letztern
aber ein wenig weiter in Süden liegen, ist unbekannt.
Die Bewohner der letztern sollen von
Herkunft Araber seyn.

β) Koromandel oder die Ostküste.

Die grössere östliche Hälfte der Halbinsel
heisst eigentlich Tschiolamanda, Hirsenland, weil
man daselbst die Moorhirse in Menge baut, woraus
die Europäer ihr Koromandel gebildet haben.
Die Einwohner heissen Pandies, von einem alten
Könige Pandiona, welchen schon Arrian zu nennen
weiss, am gewöhnlichsten aber Tamuler,
welcher Nahme doch im strengsten Verstande
222nur den Bewohnern der südlichen Hälfte in den
Reichen Tanschaur und Maduré bis Porto Novo
an der Grenze von Carnate zukommt. Die hier
bekannten Mundarten sind, wieder von Süden
nach Norden

(1) Tamulisch.

Ptolemaeus kannte schon die Timulen, welche
des Handels wegen nach Aegypten kamen.
Die Tamulische Mundart gehet von dem Cap
Kamori bis nach Paleacate, und erstreckt sich
auch über Carnate. Sie ist wohlklingend und
leicht, und verhält sich zum Malabarischen, wie
das Spanische zu dem Portugiesischen. Die
veredelte Mundart der obern Stände wird Hoch-Tamulisch
genannt, und unterscheidet sich, wie
überall von den gemeinen Spracharten. Die
Dänischen Missionarien zu Tranquebar, und
die Holländischen auf der Insel Ceylon haben
sich um diese Sprache am meisten verdient gemacht,
und sie mit Religions-Schriften aller Art
bereichert; aber auch zu der Fortpflanzung der
schon von den ersten Portugiesen angefangenen
Verwechselung des Malabarischen mit dem Tamulischen
nicht wenig beygetragen.

Eine dürftige Malabarische (richtiger Tamulische)
Sprachlehre mit dem V. U. und dem
Glauben stehet in Phil. Balde Beschryvinghe van
Malabar en Coromandel
. Amsterdam, 1672, fol.

Barthol. Ziegenbalgi Grammatica Damulica.
Halle, 1716, 4.

A Grammar of the Damul or Tamul language.
Tranquebar, 1734, 4.

Des Jesuiten P. Costantio Joseph Beschi
Grammaticam Latino-Tamulicam
liessen die Dänischen
Missionarien zu Tranquebar, 1739, 8
223drucken; allein der Druck seines Wörterbuches
sowohl in der Hoch-Tamulischen als gemeinen
Mundart kam nicht zu Stande. Dän. Miss. Ber.
Th. 6, Abth. 1, S. 294.

Chrph. Theod. Waltheri observationes grammaticae,
quibus linguae Tamulicae idioma vulgare illustratur
.
Tranquebar, 1739, gr. 8.

The Grammar for learning the principles of
the Malabar language properly called Tamul, by the
Englisch Missionaries of Madras
. 2te Ausg. Vepery
bey Madras, 1789, gr. 8.

Um 1802 gab die neue Akademie zu Calcutta
eine Tamulische Sprachlehre heraus, welche
aber in Europa noch nicht bekannt geworden
ist. Des Jesuiten Ant. de Provenza Dictionarium
Tamulico-Latinum
, welches zu Ambalacate
auf der Malabarischen Küste 1679 gedruckt worden,
erwähnt Fra Paolino in seiner Reise, und
Hervas Orig. S. 93.

Barthol. Ziegenbalg Dictionarium Tamulicum
1712 ist vermuthlich nur Handschrift geblieben.

A Dictionary of the Englisch and Malabar (Tamul)
languages
. Vepery bey Madras, I786, 4.
Es soll auch 1776 ein Tamulisch-Englisches
Wörterbuch gedruckt seyn.

Das neue Testament Tamulisch von B. Ziegenbalg
und Joh. Ern. Gründler. Tranq. 1714 und
1715, 4; 1722, gr. 8. Die ganze Bibel von Ziegenbalg
und Benj. Schulz, ebend. 1723-1728,
4 Bde. 4.

Verzeichnisse der zu Tranquebar gedruckten
Tamulischen Bücher stehen in den Dänischen
Missions-Ber
. 2. B. Th. 5. 1524 f. und der zu Columbo
auf der Insel Ceylon in Thunbergs Reise
Th. 2, S. 230.224

Auf der Fischerküste, deren Bewohner Paravas
heissen, herrscht ein besonderer Dialect,
der ein verderbtes Tamulisch ist.

Die Tamulischen Substantiva haben die
drey gewöhnlichen Geschlechter, vier Declinationen
und zwey Zahlen, den Singular und Plural.
Die Adjectiva sind völlig unbiegsam und
werden den Substantiven vorgesetzt. Man kennet
nur eine Conjugation, welche aber ein Passivum
hat. Ausser dem Indicativ und Conjunctiv
giebt es einen eigenen Modus Interrogativus,
und verschiedene Arten des Imperatives. Der
Zeiten sind drey, das Praesens, Praeteritum
und Futurum. Alle Praepositionen sind Postpositionen
und werden dem Substantiv, Pronomen
und Verbum angehängt. Auch die Conjunction
und wird den Nenn- und Zeitwörtern
angehängt; alle übrige Conjunctionen sind entweder
schon in dem Verbo begriffen (verbis insunt)
oder werden aus Verbis gebildet.

Die Wortfolge hat manches eigene. Überhaupt
ist sie strenge und leidet keine Inversion.
Jede Periode kann nicht mehr als Ein Verbum
finitum haben, welches an das Ende gesetzt
wird, und den Sinn schliesst; alle übrige Verba
werden in den Infinitiv, das Participium oder
Gerundium gesetzt. In den Dänischen Missions-Ber.
wird Th. 1, S. 1001 folgendes Beyspiel aus
Matth. 12, 17 und 21 angeführt:

Ille dicens fuit quodnam si dicas ecce hic ego
eligens fui meus servusque
per (a) me amatusque

Awer schonnad - ed - endal ido iwer nam
terindu - konda nammudeia paniwideigarenumai
nammale sinegickappaddaweruma-225

est Populique ejus nomen
super (in) fiducialiter expectando
erunt dicendo dixit.

iruckirar Schenangoelum iwerudeia Namattin-perile
nambickeiaga pattu-kond-iruppargoel
ennu tschonnar.

Wo die Construction eigentlich so gehet:
Si dicus, quodnam (sit) id (quod) ille dicens fuit:
ecce hic est meus servusque (quem) ego elegi, per (a)
me amatusque, populique super (in) nomen ejus
fiducialiter expectantes erunt dicendo dixit
(nempe
propheta.)

Die erste Tamulische Formel von Phil.
Balde
, welcher Holländischer Prediger zu Columbo
auf der Insel Ceylon war, ist in dem alten
einfachen Styl; vielleicht gar in der gemeinen
Volkssprache. Da sie keine Doxologie hat,
so schreibt sie sich ohne Zweifel von den katholischen
Missionarien her. Indessen behielten die
Dänischen Missionarien, um keinen Anstoss zu
geben, selbige als einmahl eingeführt bey. Benj.
Schulz
liefert sie in der Leipz. Samml. S. 18 verbessert;
wo er aber nicht bloss die Schreibung,
sondern auch die Übersetzung und den ganzen
Styl geändert, und sie vermuthlich aus dem gemeinen
Dialect in das Hoch-Tamulische übersetzt
hat. Die dritte gleichfalls von Benj. Schulz
verbesserte, S. 86, ist der Angabe nach auch
aus dem Balde; allein das ist ein Irrthum. Balde
hat nur die Eine vorhin gedachte. Sie ist vielmehr
von dem Dänischen Missionarius Heinr.
Plütschow
, Schulzens Vorgänger, der sie an den
Chamberlayne schickte, in dessen Sammlung sie
S. 25 stehet. Hier hat Schulze vornehmlich die
Schreibung, aber doch auch ein Paar Mahl die
226Worte geändert. Die vierte, welche auch von
Schulz herrühret, wird wohl seine eigene Übersetzung
seyn. Er nennet sie Malabarica juxta
dialectum in ora Coromandelina usitatam
. Das kann
denn doch wohl nichts anders als Tamulisch
seyn; denn auch er verwechselt beyde Mundarten.
Eine besondere in Coromandel übliche
Malabarische Mundart ist wenigstens nicht bekannt.
Aber gleich in der ersten Bitte fehlt das
Wort Nahme. Er hat S. 87 zwar noch eine andere,
welche aber Malabarisch ist, und nur aus
dem gewöhnlichen Irrthum Tamulisch genannt
worden.

31. Tamulisch.

In der alten einfachen Schreibart, aus Phil. Balde
Beschreib. von Malabar
, S. 192.

Himmeln in seyend unser Vater,
Dein Nahme geheiliget werde;
Dein Reich komme;
Dein Wille geschehe auf Erde wie im Himmel;
Gib Brot unser uns täglich;
Vergib uns Schulden unsere Schuldnern wie
unsern Schulden vergeben wir;
Uns Sünde in gelocket werden nicht lass;
Uns Übels nicht komme hindere.

Wanan galil yrukra engal Pidäwe,
Unureja Namam ellatkam k'hutemga;
Unureja Irakjam wara;
Un Manadin parjel a Nawargal Wanatil;
Khejuma Pelepumylum darum kheja;
Andandulla engal Pilejkaran Kurrakuku
nangal Pawa karangalej perru;
Engalej Tolschatriku eduwagu ottade;
Engalukü Polangn warämal wilagu.227

32. Dasselbe.

Von Benj. Schulz verbessert in der Leipz. Samml. S. 88

Himmeln in seyend unser Vater,
Dein Nahme allen rein
sey;
Dein Reich komme;
Deinen Willen wie Himmelsbewohner
Himmel in ihn thun so Erde auf auch
alle ihn thun sollen;
Tägliches unser Brot uns heute
gebet;
Unsern Vergehens Schuldnern wie wir vergeben,
so ihr auch unsere Sündenschuld
uns vergebet;
Uns Sünde in gelocket werden nicht lass;
Uns Böses nicht komme hindert;
Denn dein Reich und Macht und,
Herrlichkeit und allezeit ist.

Wanangelel irrukira engöl Bidawe,
Uniniuieiam Namam ellarukkum suttamairukkak
karawadu;
Ummerera Iratschiam wara;
Ummureia Manadin padije Wanawergöl
Wanattil scheijumappole, Pumülejum
ellarum scheijakkadawariol;
Annannulla engöl Appum engelukku innu
darum;
Engöl Purci Karenkararukku nangol porukkumapole
nirum engol Pawakadengalei
engelukku porum;
Engelei Toschatukku eduwaga ottadejum;
Engelukku Pollangu waradapadikku wilagum;
Aden ummareia Ratschiamum, Wallameijum,
Motschamum eppodum undagada. Amen.228

33. Dasselbe.

Von Heinr. Plütschow im Chamberlayne, S. 25.

Himmeln in seyend unser Vater,
Dein Nahme geheiliget werde;
Dein Reich komme;
Dein Wille Himmel in geschiehet
wie so Erde auf auch geschehe er;
Tägliches unser Brot uns heute gebet;
Unsern Schuldnern wir vergeben wie,
so ihr auch unsere Schulden uns vergebet;
Uns Versuchung in nicht eingehen lasset;
Sondern Bösen aus uns errettet.
Daher Reich und Macht und, Herrlichkeit
und euch ewiglich seyend ist.

Paramandalangelile irukkira engöl Bidawe,
Ummareia Namam artschikkapperuwadaga;
Ummareia Ratschiam wurra;
Ummareia Sittam Paramandalattile schejapparuni
appole Pumülejum schejapparawadaga;
Annannulla engöl Appam engelukku innu daram;
Kngöl Kadenkarerukku nangöl porakkuma,
pole nirum engöl Kadengelei engelukku porum;
Engeler Schodinei ile pirawesippija dejum;
Analo Tinmeüle ninnu engolei retschittukkollum.
Adedendal Ratschiamum, Pelamum, Magimeijum
umakku ennenneikkum undairakkudu. Amen.229

34. Dasselbe.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 87.

Manangelile undana nammura Abba,

Ummura …. pererupara;

Ummura Karaparu wandu kolla;

Ummana Sinpari Manattile scheigira pole,
Pumüle jura scheiiappara;

Tinantinam Namakkulla uretti namakkinneikkukurum;

Nammura Kadena ligelukku nam wuttu wurugirapole,
nammura Kadengelei namakku
wuttawurum;

Nammei Kaleippile puda ottadejum;

Anakkal Pollappile ninnu nammei wirudelei
akkiwurum.

Enendakkal Karubarum, Pelenum, Perumeijum,
umakketesakalam undairukkum.
Amen.

(2) Telugisch oder Warugisch.

Beyde Nahmen bezeichnen einerley Mundart.
Sie wird um Cudulur und Madras bis hinter
Wisaganapatnam gesprochen, und verhält
sich zu dem Tamulischen wie das Hochdeutsche
zu dem Dänischen. Die Constructions-Ordnung
ist in beyden Sprachen dieselbe. Die Einwohner
nennen sich Teluguwandlu; von den Malabaren
werden sie Waruger genannt.

Eine Warugische Grammatik vermuthlich
von Benj. Schulz und von 1728 habe ich irgendwo
angeführet gefunden. Conspectus litteraturae
230Telugicae vulgo Warugicae cur. Benj. Schulz
, Halle, ,
1747, 4; ist ein Verzeichniss der von diesem
fleissigen Missionar übersetzten Religions-Schriften.
Von ihm hat man auch eine Übersetzung
der ganzen Bibel, welche aber nur in einigen
wenigen auf Palmblätter geschriebenen Exemplaren
vorhanden ist. Ein solches wird in Baumg.
merkw. Büch
. Th. 9, S. 288 beschrieben.

35. Telugisch.

Von Benj. Schulz in der Leipz. Samml. S. 89,
aber ohne Übersetzung.

Paramandalato unde ma Tandri,

Mijokka Namadhejam pudsimppara nattuganu;

Mijokka Radschiam rani;

Mijokka Sittam Paramanddalamtto schajaparuimwalene,
Bumilonnu schajaparunattuganu;

Nanatakalugu ma Bodsanam maku neru
ijendi;

Ma appulawariki memu Talinattumwalene
mirunnu ma appulu maku Talendi;

Mammuna Schodhanalo prawesimppimpakundi;

Aiteno Kidulonundi mammuna ratschintschukondi.

Ademanze Radschiamunnu, Balamunnu,
Machinianunnu miku enettikenettiki
kaligiundunu. Aunu.231

(3) Talenga.

Eine sanfte und angenehme Mundart in
Golconda und Orissa, bis nach Bengalen in
Osten und an das Gebirge Balangut in Westen.
Die Bewohner, welche sich von je her durch
wissenschaftliche Cultur ausgezeichnet haben, werden
Badagas genannt, daher die Sprache
auch zuweilen Badaga heisst. In Orissa wird sie
Uriasch genannt. Nach Anquetil kommt sie dem
Sanscrit am nächsten, hingegen fand Sonnerat
in dem Talenga und Tamulischen kaum noch
einige Spuren des Sanscrit. Beyde waren wohl
nicht befugte Richter.

In der National-Bibliothek zu Paris befinden
sich Sprachlehren und Wörterbücher dieser
Sprache in der Handschrift. 47 Wörter aus
derselben liefert Greg. Sharpe in dem Anhange
zu Th. Hyde Sylloge Dissertatt. Tab. 13 mit der
Schrift.

c) Die Insel Ceylon oder Selan.

Diese grosse Insel, welche in Sanscrit, bey
den Hindu und in Siam Dewa Lanca, oder das
heilige Lanca genannt wird, ist von der Küste
Koromandel aus bevölkert worden, wozu die
Natur durch die Untiefe zwischen beyden Ländern,
welche in Indien die Brücke Rama's, bey
den Europäern aber die Adam's-Brücke genannt
wird, selbst den Weg gebahnet hat. Das beweiset
auch die Sprache, sowohl die ältere als
die neuere, welche ihren gemeinschaftlichen
Ursprung mit der der Hindu nicht verläugnen
kann. Die Nahmen im Ptolemaeus, die meisten
heutigen Ortsnahmen, die Nahmen der Könige
232im 16ten und 17ten Jahrhundert lassen sich
leicht aus dem Sanscrit erklären *)32. Auch ist
ein alter Dialect des Sanscrit noch jetzt als eine
heilige Sprache bey dem Gottesdienste üblich.
Die heutige Sprache zerfällt in zwey Haupt-Dialecte,
deren jeder wieder seine Neben-Dialecte
hat, den Candyschen im Innern des Landes,
und den Cingalesischen an den Küsten.

α) Candysch.

Von dem Königreiche und dessen Hauptstadt
Candy im Innern des Landes. Er wird
auch Bali genannt, welchen Nahmen auch das
Sanscrit im hintern Indien führet, zum Beweise,
dass er mit demselben Eines Stammes ist; auch
kommt er demselben noch jetzt am nächsten.
Nur Schade, dass man so wenig Nachricht von
demselben hat, denn was Rob. Knox **)33, der sich
viele Jahre als ein Gefangener im Innern des
Landes aufgehalten hat, davon sagt, ist ausser
einzelnen Wörtern unbedeutend. Die Einwohner,
welche sich nach ihm Hingodagul nennen,
sind sehr arge Complementarii, indem sie allein
7 bis 8 Wörter haben, das du nach Stand und
233Würden auszudrucken. Von dieser Sprache,
welche nach Percival auch Mangada genannt
wird, ist die Sprache der Wadas in den nördlichen
Gebirgen, welche die ursprünglichen Einwohner
seyn sollen, und unabhängig leben,
ein Dialect.

β) Cingalesisch.

Auf den Küsten, deren Bewohner Cingalesen
genannt werden. Sie sind ein sehr vermischtes
Volk von Malayen, Tamulen, Malabaren
u. s. w. und so ist auch ihre Sprache, welche
sich wieder in mehrere Mundarten theilet. Auf
der Ostküste soll sie sich am meisten der Tamulischen
nähern. Am bekanntesten ist der Dialect
um Columbo, ehedem die vornehmste Niederlassung
der Holländer, welcher im engsten
Verstande Cingalesisch genannt wird. In dieser
Mundart, aus welcher auch die folgende Formel
ist, haben die Holländischen Geistlichen mehrere
Religions-Bücher ausgefertiget.

Etwas von dieser Sprache hat Hadr. Reland
in Dissertatt. Miscellan. Th. 3, S. 80-86. Eine
kurze grammatische Darstellung derselben liefert
Dav. Wilkins in der Vorrede zum Chamberlayne,
aus welcher ich das folgende entlehnt
habe. Jo. Ruels, Predigers zu Columbo, Grammatica
of Singaleesche Taal-Kunst
erschien zu
Amsterdam, 1708, 4. Anderer zu Columbo
gedruckter Bücher erwähnt Thunberg in seiner
Reise, Th. 2, S. 230. Die von Wilh. Konyn
übersetzten vier Evangelisten, Columbo, 1739,
4, welche oft irrig für eine Übersetzung des ganzen
N.T. ausgegeben werden, befinden sich in
hiesiger churfürstlichen Bibliothek.234

Die Sprache hat 48 Buchstaben und mehrere
Abkürzungen für ganze Sylben, deren 480
sind, welches das Lesen erschweret. — Die
Substantiva haben die gewöhnlichen drey Geschlechter,
zwey Zahlen, und in jeder sechs Casus.
Die Adjectiva sind unbiegsam und werden
den Substantiven vorgesetzt. So auch die Pronomina
adjectiva. Der Comparativ wird durch
ein vorgesetztes wadaa, mehr, und der Superlativ
durch ati, am meisten, umschrieben. —
Die Verba sind Activa, Passiva oder Neutra.
Die Modi und Tempora sind der Zahl und Bedeutung
nach wie im Lateinischen. Der Conjugationen
sind vier. Die Pronomina werden in
der Conjugation vorgesetzt, aber auch das Verbum
am Ende gebogen. Der Unterschied der
Personen in Ansehung der Würde macht hier
lästige Weitläuftigkeiten und Abweichungen.
Du glaubest heisst unter gleichen Personen, umba
adahagandoeoenu
, aber von einem Vornehmern,
tamunwahansee adahagannahellu, eure Hoheit
glaubest.

Die folgende Formel hatte Adr. Reland dem
Chamberlayne mitgetheilet, weil sie aber in
Cingalesischer Schrift war, so liess sich Dav. Wilkins
die Lesung von demPet. Croonenburg zu
Amsterdam, welcher auf der Insel geboren war,
und lange daselbst gelebt hatte, in die Feder
sagen, wofür er ihn nebst vielem Bitten noch
theuer bezahlen musste. Wilkins schrieb sie
nach Englischer Aussprache nieder, welche ich
mit der deutschen vertauscht habe. Die Übersetzung,
welche im Chamberlayne fehlt, ist aus
des Hervas Saggio prattico, S. 144.235

36. Cingalesisch.

Aus Chamberlayne S. 26.

Himmel in stehend Vater unser,
Euer Hoheit Nahme heilig sey;
Euer Hoheit Reich komme;
Himmel in wie Erde auf
euer Hoheit Wille geschehe;
Tägliche Speise unsere
heute gib uns;
Und vergib unsere Schul-
den wie wir vergeben
unsern Schuldnern;
Und auch Versuchung in lass
nicht uns eingehen;

Swärgasteledschehi weddihna Appih peianani,
Tämunwahansihdsche Namedsche sudhewewa;
Tämunwahansihdsche Radsjdsdsche indhewewä;
Swargasteledschehi - seme Bumidschedith
tämunwahansihdsche Kemmetti dschedindhewewä;
Äppinitipatäa Bodsdschenedsche äppethe
ädä dewäwäddärennäwähondhe;
Äppih wäräddakärredschindhe appi Ksämäwennä,
seme äppih wäräddäwälut
äppathe Ksämawennäwahondhe;
Äppäwe Jupäddräwalläthe ähunokkere
nä-purenut;236

Sondern befreye uns Übel von.
Weil Reich Macht
Herrlichkeit ewig
euer Hoheit ist.

Äppe salawäärrennewahondhé.
MäksinadeRaedsjdsdschedschät, Wallebäkemut,
Moksedschat säddrekaletheme
tamunwehansihdsche kisädsche.

Einige Anmerkungen.

Appih ist der Vocativ von Äppää, Vater.

Tamunwahansihdsche ist das Possessivum, von
dem persönlichen der zweyten Person tämunwahansih,
eure Hoheit, welches man gegen sehr
vornehme gebraucht. Zu einem weniger vornehmen
sagt man tämunsih, euer Gnaden, zu
einem seines gleichen umbä, und zu einem geringern
tu, im Fämin. ti.

In den langen Imperativen in der vierten
und fünften Bitte spuhkt gewiss auch der Ceremonien-Meister,
nur dass ich sie nicht auflösen kann.

Für Mäksinade, weil, denn, hat Wilkins in
der Vorrede Mähnisaada. Welches von beyden
das richtigere ist, weiss ich nicht.

d) Zigeunerisch.

Dieses merkwürdige unstäte Volk nennet
sich selbst Roma, im Singular Rom, d. i. Männer,
Menschen, ingleichen Kola, Schwarze, und
Sinte, letzteres ohne Zweifel von dem Flusse
Sind, oder Indus. Dieser Nahme hätte allein
schon auf ihren Ursprung führen können, wenn
er früher wäre bekannt geworden; zumahl da
auch die Perser, ihre nächsten Nachbarn, sie
237Sisech Hindu, schwarze Hindu, nennen. Die
vielen Nahmen, mit welchen sie von andern
Volkern belegt werden, kann man im Grellmann
finden.

Da die Zigeuner bald nach dem Anfange
des 15ten Jahrhunderts in Europa zum Vorscheine
kamen, so eröffnete die Erscheinung eines
so sonderbaren ausländischen Volkes ein
weites Feld zu allerley Muthmassungen über
ihre Herkunft, welche Rüdiger und Grellmann
gesammelt haben. Aber seit dem Büttner vermuthete,
Rüdiger behauptete und Grellmann
bewies, dass sie aus Indostan herstammen, war
man weniger in Verlegenheit. Für ihre Auswanderung
liess sich auch eine wahrscheinliche
Ursache in den Grausamkeiten finden, welche
Timur leng um 1400 bey seiner Eroberung Indostans
gegen die Hindu verübte. Nur ihr eigentlicher
Wohnsitz in diesem grossen Lande ist
immer noch nicht genau bestimmt. Am wahrscheinlichsten
ist es die Gegend um den Sind
oder Indus im westlichen Hindostan, gerade die
Gegend, wo Timur die grössten Abscheulichkeiten
ausübte. Am Ausflusse des Indus gibt es
noch jetzt ein räuberisches Volk, die Tschinganen
oder Zinganen, welches wenigstens dem Nahmen
nach Anspruch auf die Verwandtschaft mit
ihnen machen konnte, wenn nur jene nicht, wie
andere wollen, Afganen waren, zu welchen
doch die Zigeuner nicht zu gehören scheinen.
Da es in Indien eine verworfene Art Menschen
gibt, welche zu keiner Kaste gehören, sondern
der Auswurf von allen sind, und auf der südlichen
Halbinsel Pareiar, in Indostan Tschandala,
und in Bengalen Hatrigenannt werden, so ver-
muthete Grellmann, dass sie von diesen abstammen,
238zumahl da sie in ihrer Lebensart, besonders
in dem Genusse des umgefallenen Viehes
manche Ähnlichkeit mit ihnen haben. Diese in
dem Lande selbst äusserst armselige und verachtete
Menschen scheinen nun eben kein vorzüglicher
Gegenstand der Grausamkeit der
Mongolen gewesen zu seyn; indessen ist doch
dieser Umstand merkwürdig, wenn man weiss,
wie gewissenhaft der Hindu alle Fleischspeisen
meidet, und wie sehr er alles verabscheuet, was
von gestorbenen Thieren, z. B. das Lederwerk,
herrühret, daher die Anhänglichkeit an seine
Religion eben das war, was die Wuth des Mahomedaners
reitzte. Grellmann irrete nur darin,
dass er die Kaste der Sudder, d. i. der Handwerker
und Ackerbauer mit den Pareiarn verwechselte;
jene sind ein geehrter Stand, und
gewissenhafte Hindu, diese haben, wie die Zigeuner
gar keine Religion, und dürfen sogar
keine haben. Der Capitän David Richardson fand
hingegen viele Ähnlichkeit zwischen den Zigeunern
und den Bazigurs, welche gemeiniglich
Nuts genannt werden, und eine unstäte herum
streifende Art Menschen in Indostan sind, welche
sich bloss von Musik und Tanz nähren, und
in sieben Kasten getheilet sind, welches er durch
Vergleichung einiger Wörter aus beyden Sprachen
zu bestätigen sucht. Allein diese sind für
eine solche Auswanderung wohl nicht zahlreich
genug, indem die Zigeuner bey ihrer ersten
Erscheinung eine Volksmenge von bey nahe ei-
ner halben Million ausgemacht haben müssen;
welcher Umstand denn auch den Pareiarn nicht
günstig ist, wohl aber einen eigenen zahlreichen
Volksstamm voraus setzt, dergleichen die Zinganen
sind. In den Gebirgen und Wäldern Indostans
239giebt es noch jetzt viele halbwilde Stämme,
welche von der Religion der Hindu wenig
wissen, und besonders Fleisch jeder Art
geniessen.

Die bisherige Vorstellung von dem Indischen
Ursprung der Zigeuner würde eine ganz
andere Wendung nehmen müssen, wenn des
Hrn. Prof. Hasse zu Königsberg *)34 Entdeckung
die Fackel der Kritik aushalten sollte. Er glaubt,
die Zigeuner in den Sigynen des Herodot, B. 5,
Kap. 2, den Siginnen des Strabo, B. 11, und
den Sigynnen des Apollonius und Orpheus wieder
zu finden. Herodot und Apollonius setzen
sie in Norden der Nieder-Donau, Strabo aber
an den Kaukasus. Nach Hrn. Hasse haben die
Zigeuner unter dem Nahmen der Siginnen schon
seit 3000 Jahren an der Nieder-Donau gewohnet,
und sich erst 1400 bey dem Vordringen
der Türken über Europa und das westliche
Asien verbreitet. Allein bey einer genauern
Untersuchung möchte sich mehr wider als für
diese Behauptung anführen lassen, zumahl da
auch Herodot und Strabo von zwey verschiedenen
Völkern zu reden scheinen.

Die beste Auskunft kann nur die Sprache
geben, indem das unwissende Volk selbst so wenig
von seiner Herkunft weiss; und diese spricht
denn sehr deutlich für Indien. Man muss dabey
nur folgendes nicht aus der Acht lassen.
1. Das westliche Indostan, aus welchem sie am
wahrscheinlichsten herstammen, ist ein sehr
240grosses Land, in welchem viele Völker von verschiedener
Herkunft, Cultur, Sprache und
Mundart leben. Die Zigeuner gehörten in ihrem
Vaterlande vermuthlich schon zu einer der
niedern oder ungebildeten Volks-Classen; folglich
darf man ihre Sprache weder in dem Sanscrit,
noch mit Hrn. Prof. Krause in dem Mongolisch-
Indostanischen aufsuchen, mit welcher
letztern sie am wenigsten Ähnlichkeit haben
kann, sondern in den Volkssprachen am Indus.
Aber gerade diese sind uns noch am wenigsten
bekannt. Paulinus a S. Bartholomaeo kommt
der Wahrheit vielleicht am nächsten, wenn er
in seiner Reise S. 318 und in Alter über das
Sanscrit, S. 172, ihre Sprache aus Guzuratte, besonders
aus der Gegend um Tatta herleitet, wo
ohnehin die vorhin gedachten Tschinganen hausen.
2. Sie sind seit 400 Jahren aus ihrem Vaterlande
entfernt, haben also in dieser langen
Zeit ihre mitgebrachte Sprache theils vergessen,
theils verändern müssen. 3. Sie sind seit dieser
Zeit durch das ganze westliche Asien, Europa
und das nördliche Afrika zerstreuet, und haben
überall etwas von der Sprache des Volkes
angenommen, unter welchem sie wohnen; daher die
von ihnen erfragten Wörter überall so verschieden
ausfallen.

Ich führe von den vielen Schriften über die
Zigeuner nur diejenigen an, welche sich auf
ihre Sprache einlassen, und von derselben Proben
geben.

Bonav. Vulcanius war vermuthlich der erste,
welcher in seiner Schrift de Literis et Lingua Getarum
s. Gothorum
, Leiden 1597, 8, S. 100 darauf
aufmerksam zu machen suchte, aber den wahren
241Gesichtspunkt verfehlte, indem er die Rothwelsche
Diebessprache, wie nachmals von mehrern,
besonders Frisch und Wagenseil geschehen,
für Zigeunerisch hielt.

Jobi Ludolfi commentarius ad historiam Aethiopicam.
Frankf. 1691, Fol. S. 214 hat einige wenige
von ihm selbst erfragte Wörter.

Vie de la Croze par Jordan, Amsterd. 1741,
gr. 12, Th. 2, S. 310; enthält theils die im Ludolf
enthaltenen, theils andere von Jordan gefangenen
Zigeunern zu Spandau abgefragte
Wörter.

Sulzers Geschichte des Transalpinischen Daciens.
Wien, 1781, 8.

Laur. Hervas im Vocab. Poligloto, Cesena,
1787, 4, S. 120; wo er aber auch die Italiänische
Diebessprache für Zigeunerisch nimmt.

J. C. C. Rüdiger neuester Zuwachs der Sprachkunde.
Halle 1782, 8, St. 1. S. 37, eigentlich
erst von S. 51 an. Die Proben sind einer Zigeunerin
in Halle abgefragt.

Vocabul. Petropol. 1786, No. 166 und daraus
in Alter über die Sanscrit-Sprache.

H. M. Grellmanns historischer Versuch über die Zigeuner.
Dessau, 1782, 8; Zweyte Ausg. Göttingen,
1787, 8; das vollständigste, was man
hat. In das Französische übersetzt von Mr. le
B. de B. (Bock)
Paris und Metz, 1787, 8; mit
Abkürzung des Textes und Vermehrung des von
Büttnern herrührenden Wörterverzeichnisses.

Szujews Reise nach Cherson, Dresd. 1789, 8;
beschreibt die Zigeuner bey Bielogorod in Russland,
nebst einem Verzeichnisse von Wörtern.242

Marsdens und Jac. Bryants Aufsätze in der
Archaiologia Britannica, Th. 7, S. 382, und 387.

L. G. Rabenii disp. de historia Ziguenorum.
Upsal, 1791,…

Berliner Monatschrift, 1793, Februar und
April; enthält sehr schätzbare Beyträge über
die Lebensart, Sitten und Sprache der Zigeuner,
in Preussen und Preussisch-Litthauen, von
Hrn. Prof. Krause und dem Prediger Zippel.

Molnar specimen linguae Czingaricae (in Ungarn.)
Dbrzin, 1798, 8.

Paulinus a S. Bartholomaeo, in Alter über die
Sanscrit-Sprache
, 1799, S. 167; vergleicht die
Wörter im Grellmann mit dem Sanscrit.

Dav. Richardson in Asiatik Researches, Th. 7,
No. 9.

Denkwürdigkeiten der Preussischen Staaten,
1802, Jun.

Pallas bemerkt in den neuen Nord. Beytr.
Th. 3, S. 96, dass die Sprache der Zigeuner sehr
mit der Sprache der zu Astrakan befindlichen
Indischen Kaufleute aus Multan, einer westlichen
Indostanischen Proyinz am Indus, überein
komme. Ich habe die in dem Vocabul. Petrop.
No. 166. befindlichen Multanischen Wörter mit
eben so vielen Zigeunerischen in eben diesem
Vocab. Jordans Vie de la Croze und Grellmann
verglichen, und folgende Übereinstimmung gefunden.
Ich habe ihnen noch einige Wörter
aus andern, meist Indischen Sprachen beygefügt,
welche die Indische Herkunft wenigstens
zu bestätigen dienen.243

tableau Zigeun | Multan | Andere Sprachen | Alt | Puro | Beng | Buré | Malab | Purana | Pers | Pir | Auge | Jakh | Aki | Sanscr | Akschi | Armen | Aczk | Bart | Tschara | Tschor | Dari | Darri | Baum | Karscht | Garsch | Berg | Bar | Pahar | Paar | Blätter | Patrin | Pater | Patra | Mal | Pat | Blut | Rat | Rudhira | Dieb | Tschora | Tschur | Dort | Odoi | Ota | Du | Tu | San | Tvam | Eis | Jeko | Indost | Juk | Afgan | Jach | Elbogen | Kum | Kuni | Er | Wow | Weh | Erde | Land | Pu | Pube | Bhu | Bumi | Essen | Chabben | Kha | Kawom | Ku | Kauna | Feder | Por | For | Pur | Feuer | Vog | Bach | Fisch | Maczo | Maczi | Meczii | Muczli | Fleisch | Mas | Amisza | Mis | Fliege | Macin | Maki | Mi | Mudhi | Fuss | Per | Fussboden | Mostos | Mos | Gehör | Sunju | Sunni | Sunatschi | Geruch | Sung | Geschmack | Sik | Tschik | Zocka | Gesicht | Visus | Diköl | Dekon | Bengal | Dekna | Gesund | Sasto | Svastya | Gib | Poda | De | Da | Indo | Gold | Sonkai | Sona | Suna | Gross | Baro | Burre | Burra | Haar | Bala | Wal | Bal | Hafer | Dschow | Dschaw | Dschaju | Hagel | Grados | Gra | Slav | Grad | Haus | Ker | Gar | Gur | Heirath | Biau | Behau | Beaa244

tableau Multan | Utscha | Me | Ser | Tschikur | Rat | Naw | Na | Nak | Kan | Kli | Gora | Lal | Lon | Beno | Igo | Zigeun | Hoch | Utscho | Ich | Jahr | Mö | Bersch | Kochen | Kopf | Kohalos | Ttchero | Scherb | Koth | Lebendig | Schik | Dschidi | Leicht | Liebe | Macht | Mann | Mensch | Milch | Lakö | Kamela | Zor | Rom | Manusch | Tud | Mond | Schon | Mund | Nacht | Mui | Nagel a. F. | Nogti | Nai | Nahme | Nao | Nase | Nakh | Ochs | Gurni | Ohne | Ohr | Bi | Pfahl | Pferd | Rinde | Kilö | Gro | Tschilka | Roth | Salz | Sand | Lolo | Balu | Schwarz | Schwein | Schwester | Kalo | Balo | Pön | Sie | Illi | Siehe | Junö | On | Ake | Andere Sprachen | Beng | Huntscha | Mal | Unscha | Balab | Mi | Borroz | Burs | San | Kikasa | Sanscr | Schira | Sir | Afg | Zar | Pers | Sar | Schikker | Indo | Dschite | Schenda | Lecha | Kama | Indost | Zorr | Sur | Copt | Romi | Manuscha | Dugdhha | Dud | Tschanda | Malab | Tschand | Mu | Ratri | Raté | Nama | Nau | Naun | Naak | Nakke | Gorna | Goru | Die Kuh | Be | Pi | Kon | Pehlvi | Chunia | Gorra | Tschal | Lol | Balhud | Kala | Pala | Bino | Bein | Huno | June245

tableau Zigeun | Multan | Andere Sprachen | Silber | Rup | Ruppa | Sanscr | Rupya | Beng | Rupa | Singen | Gjuwawa | Gawon | Mal | Gubena | Sonne | Kam | Cham | Kham | Stadt | Ferjus | Por | Tag | Dives | Degov | Devasi | Diw | Taube | Gowadei | Kabutas | Kaboda | Kobuter | Tiefe | Chor | Indost | Geirèe | Gehera | Tragen | Läauna | Laïaué | Lena | Trinken | Piava | Pi | Pivan | Piena | Peju | Pena | Ufer | Kunara | Kanara | Kineré | Küner | Wald | Wösch | Pers | Bischa | Wasser | Pani | Panir | Pan | Weib | Gadzi | Kassi | Widder | Bakera | Bokkara | Bjera | Wind | Bear | Bara | Beiar | Wir | Amö | Ammi | Balab | Amhi | Wurm | Kirmo | Keré | Kiré | Zahl | Gin | Gana | Zahn | Dant | Djant | Danda | Zunge | Tschib | Dschuban | Dschibb | Afg | Schiba | Zweig | Senkos | Tenga

Die Zahlwörter

tableau Jek | Dui | Trin | Schtar | Pansch | Tschov | Efra | Fte | Ochto | Enija | Dösch | Hek | Du | Trai | Tschar | Penschu | Tschi | At | Nuw | Dag | Sanscr | Ega | Beng | Ök | Dvaya | Afg | Dua | Treya | Tria | Tschatwar | Pantscha | Schasda | Tscha | Sapta | Pers | Haft | Aschta | Acht | | Nava | No | Dascha | Des | Das246

Wie viel die Zigeuner aus den Sprachen
solcher Völker an sich zu nehmen pflegen, unter
welchen sie wohnen, können folgende aus
dem Slavischen beweisen.

tableau Litsche | Molnija | Grub | Para | Borona | Donb | Woziti | Duch | Schum | Row | Mexda | Zelen | Xar | Rog | Blato | Krug | Tiches | Schiwot | Dira | Misch | More | Gwozdos | Nosdri | Dclo | Kora | Rox | Prach | Pen | Burja | Zwjer | Kit | Winogrod | Lug | Wichr | Dxiw | Senk | Slavisch | Zigeun | Angesicht | Litschos | Maln | Dick | Dunst | Paros | Egge | Brona | Eiche | Dembos | Fahren | Wosizkirau | Geist | Doko | Geräusch | Schumiskira | Der Graben | Rowos | Grenze | Mixa | Das Grün | Zeljunos | Hitze | Xaros | Horn | Rogos | Koth | Bluta | Kreis | Krugos | Langsam | Das Leben | Tschiwawa | Loch | Dzirka | Maus | Mischos | Meer | Moros | Nagel | Clav | Nasenlöcher | Nozdros | Niedrig | Telo | Rinde | Rocken | Rozo | Sand | Prachos | Stamm | Pnjus | Sturm | Buros | Thier | Zwjeros | Wallfisch | Kitros | Weintraube | Winogrodos | Wirbelwind | Wichros | Wunder | Dzivo | Zweig | Senkos

In der Berliner Monatschrift befinden sich
folgende Bemerkungen über den grammatischen
Bau dieser Sprache.

Die Wörter sind, wie in andern Sprachen,
theils Wurzelwörter, theils abgeleitet, theils zusammen
247gesetzt. Die letztern sind so mannigfach,
wie im Deutschen. Es finden sich auch
hier Umschreibungen mit den Wörtern machen,
geben, nehmen, allein bey weiten nicht so ausschweifend,
als in dem Mongolisch-Indostanischen.

Die Sprache hat den Artikel, gebraucht
ihn aber selten, daher er aus fremden Sprachen
angenommen zu seyn scheinet.

Sie hat in ihrer Declination mit dem Vocativ
acht Casus, und darunter zwey Accusative
und zwey Ablative, welche sehr bestimmt am
Ende des Wortes bezeichnet werden, und zwar
so, dass der Singular seine eigenen Endungen
hat, und der Plural wieder seine eigenen. O Gajo,
der Mann, e Gajeskero, des Mannes, e Gajetti,
dem Manne, e Gajes, den Mann, e Gajeske,
für den Mann, e Gajester, von dem Manne,
e Gajeha, mit dem Manne. Und im Plural: Sinte,
die Zigeuner, Sintengero, der Z. Sintende, den
Z. Sinten, die Z. Sintenge, für die Z. Sintender,
von den Z. Sintessa, mit den Z.

Der Genitiv ändert seinen letzten Vocal,
wie im Indostanischen in o und i, nachdem das
ihn regierende Substantiv männlich oder weiblich
ist: Gejeskeri dei, des Mannes Mutter, Gejeskero
rakle, des Mannes Schüler.

Oft bildet der Genitiv Adjective: Bersch,
das Jahr, berschiskero, jährig; Kascht, Holz,
kaschtero, hölzern.

Der Comparativ wird durch Verwandlung
der Endung des Positives in idir, der Superlativ
aber durch Vorsetzung des Wortes kohn (wer?
welcher?) vor den Comparativ gebildet: kamlo,
lieb; kamlidir, lieber, kohn kamlidir, der liebste,
gleichsam wer (ist mir) lieber?248

Die Conjugation geschiehet durch Biegung
des Wortes am Ende, und zwar für jede der
drey Personen anders, daher die persönlichen
Pronomina hier auch wegfallen können. Es gibt
nur zwey Zeiten, das Praesens und das Praeteritum,
aber dafür drey Conjunctive, die Verhältnisse
zu bezeichnen, welche der Lateiner
durch ut faciam, ut facerem, und ut fecissem ausdruckt,
auch eine Art von Participium activum,
und ein bestimmtes Passivum.

Merkwürdig ist, dass der Zigeuner keinen
Infinitiv hat, und daher denselben durch den
Conjunctiv ausdrucken muss: me kamava te tschinnav,
ich will, dass ich schreibe; für: ich will
schreiben; und so in allen Personen und Zeiten:
tu kamoha te tschinnes, du willst, dass du
schreibest.

Auch hat er kein Futurum, daher er dasselbe
durch die Wörter kommen oder gehen ausdruckt,
und zwar, da ihm der Infinitiv fehlt,
vermittelst des Conjunctives.

Die abstracten Begriffe von haben, können,
sollen oder müssen druckt er durch eigene Wendungen
aus. Den Ausdruck von haben, durch
das Verbum seyn mit dem Dative, hat er mit
mehrern, auch morgenländischen Sprachen gemein;
aber die Bezeichnung des können und müssen
ist ihm eigen. Me liggervava heisset, ich trage;
me fasti liggervava, ich kann tragen, und so
durch alle Personen, Zahlen und Zeiten mit
dem unveränderlichen fasti. Das Sollen oder
Müssen wird dadurch ausgedruckt, dass zwischen
dem Pronomen und dem Conjunctiv des
Verbi das unveränderliche homte oder hom eingeschaltet
wird. Me homte dschav, ich muss
gehen.249

Dass die drey folgenden Formeln so sehr
unter sich abweichen, wird man wohl den verschiedenen
Übersetzungen, theils auch den verschiedenen
Mundarten des Volkes selbst zuschreiben
müssen. Die beyden ersten sind von
Zigeunern in Ungarn aufgenommen, indessen
habe ich nichts Ungarisches darin finden können.
Sie waren, so wie die dritte, nach der
Ungarischen Orthographie geschrieben, ich
habe sie aber auf die Deutsche zurück geführet.
In der ersten scheint die dritte Bitte mangelhaft
zu seyn; es müssten denn die drey Bitten nicht
richtig abgetheilet seyn. Von welchen Zigeunern
die dritte ist, ist mir unbekannt, wahrscheinlich
auch aus Ungarn.

37. Zigeunerisch.

Eine ältere Formel aus den Wiener Anzeigen,
6ter Jahrg. in Grellmanns Versuch
, S. 315.

Dade, gula del adich Amengi,

Zaoteng hogodeleden tavel ogoledel hogoledhem;

Te avel pes tro goloa nao Zarchode;

T'avel Amengi stre keda Pu;

Maro Mandro kata agies igiertisara amore
besecha;

Male dfame andro vo lyata, enkata megula
dela enchala zimata;

Seskes kistrio oothem banis tri;

Putyere ferisamarme, akana andro vechi,
ale va Kos. Piho.250

38. Dasselbe.

Eine neuere Formel, eben daher, S.316.

Muro Dad, kolim andro Theros,

Tawel tro senta Nao;

Tawel tro T'him;

Tawel tri Olya, sarthim andro Theros,
kethin t'he pre Phu;

Se kogyes damande Mandro agyes amingi;

Ertitza amare Bezecha sar, t'hamin te ertingisama
Rebezecha;

Malisa men andro Bezna;

Mika men le dsungalin mansatar,

Ketipino T'hin, tiro bino baribo sekovari.
Amen.

39. Dasselbe.

Aus einer Handschrift der Göttingischen Bibliothek,
eben das
. S. 316.

Unser Gott der du bist dort oben im
Himmel,
Komme heiliger dein Nahme;
Dass komme dein Reich;
Dass geschehe dein Wille wie im Himmel,
so auch auf Erde;

Amaro Del, savo hal othe opre andro
Tscheros,
Avel sinton tro Nav;
Te avel tri Lume;
Te khergyol tri Voje sar andro Tscheros,
chide te phe Phu;251

Unser Brot tägliches gib uns
heute;
Vergib uns unsere Sünde, wie wir
eben so vergeben unsern;
Nicht führe uns in gefährliche Stunde;
Sondern nimm uns aus aus der Gefahr.
Dein ist das Reich, dein ist Macht wie jetzt
allezeit.

Amaro Mendro ogyeusuno de amenge
agyes;
Ertine amenge amaro Vitsigose, te amen
kido ertinaha amarenge;
Na lidscha amen andro dschungalo Tsasos;
Tami vnkav amen avri andral ò Dschungala.
Tiri hin e Lume, tiri hin Ezor, te akana
sekvar. Amen.

3. Afganisch oder Patanisch.

Die Afganen oder Patanen sind ein räuberisches
Hirtenvolk in den Gebirgen von Kandahar
und Kabul, zwischen Indostan und Persien,
welches bald diesem bald jenem beyder Reiche
unterworfen war, bald sie beyde beherrschte *)35.
Was theils von ihnen selbst, theils von andern
von ihrem Ursprunge aus Aegypten, wo Moses
sie vertrieben haben soll, von den Juden und
ihrem Könige Saul, von Alexandern dem Grossen,
von den Armeniern, von den Georgiern,
von den Arabern, von den Albanen und Alanen
am Kaukasus u. s. f. behauptet wird, hat keinen
historischen Halt, und wird zum Theil schon
252durch ihre Sprache widerlegt. Wahrscheinlich
sind sie das Urvolk in den Gebirgen zwischen
Indostan und Persien. Nach dem in Sanscrit
geschriebenen alten Geschichtsbuche Maha-Baret
kamen sie schon 546 vor Chr. aus nördlichern
Gegenden, vermuthlich also aus dem hohen
Mittel-Asien, und setzten sich in den eben gedachten
Gebirgen fest. Will. Jones behauptet im
Leben Nadir Schachs, dass Kandahar der Paropamisus
der Alten, und die Afganen die wilden
Paropamisaden des Curtius seyen. Das Bild, welches
Nearchus bey dem Arrian von den Ichthyophagen
in Gedrosien macht, passt bis auf die
kleinsten Züge auf die Balloschen, einen der rohesten
Stämme der Afganen, welche am niedern
Indus in Tatta und Multan, und der Persischen
Provinz Mekran, dem Gedrosia der Alten,
wohnen. An sie in Norden grenzten die
Arabitae und Oritae, welche, selbst dem Nahmen
nach, in den heutigen Arabi und Haurs,
auch zwey Afganischen Stämmen am Flusse
Araba oder Ilment, noch jetzt vorhanden sind.
In Indien werden sie häufig Duranier genannt,
wohl nicht von dem Turan der Perser, dem
nachmahligen Turkestan, wowider ihre Sprache
zeuget, sondern vielleicht von Thuren, dem
östlichen Theile der ehemaligen Provinz Arachosia,
welcher gleichfalls mit zu ihrem Gebiethe
gehöret. In den mittlern Zeiten treten sie
zuerst 681 in der Geschichte auf, und werden
im 9ten Jahrhundert Mahomedaner, da sie sich
denn mit aller der Wuth, welche der Islam einem
so rohen Volke nur einflössen konnte, ihren
Nachbarn, besonders den friedlichen Hindu
furchtbar machten. Als sie dem Scheha-Boddin,
Stifter der Dynastie der Gauriden, zu Ende
253des 12ten Jahrhunderts Dehli erobern halfen,
sollen sie den Nahmen Patanen, von dem Indischen
Paitna, angreifen, bekommen haben.
Des Indostanischen Reiches, dessen sie sich
1200 bemächtigten, wurden sie 1526 von den
Mongolen beraubt; doch behaupteten sie sich
in Bengalen, wo erst Akbar sie 1575 bezwang.
Nachdem Nadir Schach 1747 den Mongolischen
Thron erschüttert hatte, stifteten sie ein neues
mächtiges Reich zu Kandahar, welches den östlichen
Theil von Persien und fast den ganzen
nordwestlichen von Indien begreift.

Sie sind ein sehr zahlreiches Volk, welches
sich in viele grössten Theils räuberische Stämme
theilet, wohin ausser den schon gedachten die
Abdollier, Chigier, Rohilla, Lodi, Lohanni, Sur,
Serwani, Jusufzihi, Bangisch, Khatti, Jasini, Safi,
Hyber, u. a. m. gehören. Nach Tiefenthaler
nennen sie selbst sich und ihre Sprache Pukhto,
woraus die Perser Puschto und Pasti gemacht haben.
Jones fand viel Ähnlichkeit zwischen ihrer
Sprache und der Chaldäischen, welche denn
wohl nur bloss zufällig war. Tychsen kannte
von ihrer Sprache nichts als einige Zeilen aus
dem vierten Bande der Asiatic Researches. Im
Vocabul. Petropol. befinden sich 102 Afganische
Wörter, welche Güldenstedt in seiner Reise mit
so viel Ossetischen vergleicht, um ihren Kaukasischen
Ursprung zu begründen. Allein es sind
unter allen sich nur 13 ähnlich, welche theils
Gegenstände der Handlung betreffen, folglich
so gleich als fremde Abkömmlinge erkannt werden,
theils sich auch in andern völlig verschiedenen
Sprachen befinden, daher daraus nichts
zu schliessen ist. Ich habe unter diesen 102
Wörtern wenig Indische, eben so wenig Türkisch-Tatarische,
254aber 27 Persische gefunden.
Es scheinet daher eine eigene Stammsprache zu
seyn, welche mit fremden, besonders Persischen
Wörtern vermischt worden. Aus dem
V. U. kommen daselbst nur folgende vor:

Vater, Plar.

Himmel, Asmo; auch Persisch.

Erde, Smak. Pism'ige.

Brot, Rotai; Ind. Rutii.

Tag, Uras; Malayisch Hari, Arri.

Heute, Nen-Uras, diesen Tag; Malayisch
Hari-ini.

Böse, Bati; Pers. Bed, Hebr. Bed; Sanscr.
Pida, Bosheit.

4. Sprachen des ehemahligen Mediens.

Medien, bey dem Moses Madai, begriff die
heutigen Provinzen Aderbidschan, Schirwan,
Ghilan und Masanderan, und wurde in den
spätern Zeiten Persisches Irak genannt. Von den
hier ehedem üblichen Sprachen, ehe selbige
von der Persischen verdrängt wurden, kennt
man vornehmlich zwey, das Zend, und das
Pehlvi, jenes in dem nördlichen, und dieses in
dem südlichen Medien. Das letztere kannte
schon Hyde, aber nur noch sehr unvollkommen.
Beyde hat uns erst in den neuern Zeiten
der vor kurzem verstorbene Anquetil du Perron,
sowohl in seinem Zend-Avesta, Paris, 1771, 4 ,
als in einigen dazu gehörigen Abhandlungen in
dem Journal des Savans, 1769, und in den Mem.
de l'Acad. des Inscriptions, Th. 31 näher bekannt
gemacht; obgleich nicht mit der genauen
Sprach-Kritik, als man wohl wünschen möchte.
255Alles zusammen befindet sich in Hrn J. F. Kleuker's
Deutschen Übersetzung und deren Anhängen,
Riga, 1776-1782, 4.

a) Zend.

Zend ist ein Pehlvisches Wort, und bedeutet
lebendig (im Zend azieantem,) weil es diejenige
Sprache ist, worin Zoroaster, der Stifter
oder vielleicht nur Wiederhersteller des Feuerdienstes
in Medien und Persien, um 520 vor
Chr. seine Religions-Schriften unter dem Nahmen
Zend Avesta, das lebendige Wort (Gottes)
aufgesetzt haben soll. Da ein Theil dieser von
Anquetil entdeckten und bekannt gemachten
Schriften in der gedachten Sprache wirklich
noch vorhanden ist, so würde diese nach der
Hebräischen in den biblischen Büchern, und
nach dem Homer, die älteste seyn, wovon man
beträchtliche Überbleibsel hat, wenn man das
jenen beygelegte Alter mit den gehörigen Gründen
unterstützen könnte. Das ist nun aber von
mehrern bestritten worden *)36, worunter der
Britte Richardson die Sache am weitesten trieb,
wenn er das Zend für eine von den Parsen-Priestern
erdichtete und aus allen ihnen bekannten
Sprachen zusammen gesetzte Missgeburt erklärte.
256Eine solche Spracherdichtung ist eben so sehr
wider alle Wahrscheinlichkeit, bey nahe möchte
ich sagen, Möglichkeit, als sie ohne Beyspiel
ist; daher man sich nicht entbrechen kann,
das Zend für eine wirkliche Sprache zu halten,
welche irgendwo einmahl die gewöhnliche Landessprache
gewesen ist. Wenn man alles reiflich
und ohne Vorurtheil erwägt, was Anquetil
und sein Dollmetscher Kleuker, obgleich beyde
nicht in der besten Ordnung, und ihre Gegner
zum Theil mit vielem Scharfsinn für und wider
die Ächtheit der Zend-Bücher und ihrer Sprache
gesagt und geschrieben haben: so wird man gedrungen,
sich für die erstern zu erklären. Die
Zend-Bücher enthalten nichts, was nicht den
seit Herodot und Alexander bekannten Lehren
und Gebräuchen des Persischen Feuerdienstes
angemessen wäre. Die Parsen selbst, sowohl
in den Gebirgen von Kirman, als in Suratte
haben sie von jeher, so weit man sie in der Geschichte
verfolgen kann, für die wahre und einzige
Richtschnur ihres Glaubens und Lebens
anerkannt. Wider ihre Erhaltung lassen sich
gleichfalls keine unbeantwortlichen Gründe aufstellen,
daher sich keine Zeit angeben lässt, zu
welcher sie hätten können untergeschoben werden.
Der Araber Masoudi, welcher um die Mitte
257des 10ten Jahrhunderts lebte, behauptet zwar *)37,
dass Alexander die mit Gold auf 12000 Häuten
geschriebene Werke Zoroasters habe verbrennen
lassen, und dass die Magi unter dem Ardeschir
Babagan, dem ersten Sassaniden im dritten
Jahrhundert Ein Kapitel Nahmens Esbad
(? Awesta) davon gesammelt **)38, ausser welchem
sie noch zu seiner Zeit nichts anders gelesen
hätten. Allein die mit Gold beschriebenen
12000 Häute und die Geschichte ihrer Verbrennung
klingen schon an sich ein wenig mährchenhaft,
wenigstens lässt sich daraus keine allgemeine
Vertilgung der Zoroastrischen Schriften
schliessen, welche, wenn sie auch dem bekannten
Duldungsgeiste der Griechen nicht widerspräche,
gewisser Massen unmöglich gewesen
seyn würde, weil sie wahrscheinlich über das
ganze Reich verbreitet waren. Masoudi selbst
versichert gleich darauf, dass, wie man sage,
ein Mann in Segestan alle Zoroastrische Schriften
besitze. Segestan war diejenige Provinz,
wohin sich die Nachkommen der Sassaniden
nach der Eroberung Persiens von den Arabern
258flüchteten, und sich noch geraume Zeit behaupteten,
wohin sie denn ihre Religions-Bücher
werden mitgenommen haben. Auch scheint
die Verfolgung der Araber gegen die Feuerdiener
und ihre Schriften nicht so heftig gewesen
zu seyn, als zuweilen ist behauptet worden.
Ebn Haukal, ein Arabischer Geograph, welcher
in der ersten Hälfte des 10ten Jahrhunderts,
folglich noch vor dem Masoudi lebte, und welchen
Will. Ouseley, London, 1800, 4. in das
Englische übersetzt heraus gab, versichert, dass
es zu seiner Zeit in Persien eine Menge Ghebern
mit ihren Feuertempeln und Büchern gebe, und
dass sie selbst in der Provinz Parsi am zahlreichsten
wären. Alles das macht ihre Erhaltung
wenigstens nicht unwahrscheinlich.

Da nun auch unter den historischen Umständen,
welche doch in beträchtlicher Anzahl
in den Zend-Büchern vorkommen, sich keiner
befindet, der jünger als Zoroaster und sein
Zeitgenoss Gustasp (Hydaspes) wäre, da darin
der in der Persischen Geschichte so merkwürdigen
Könige Xerxes und Alexanders mit keiner
Sylbe Meldung geschiehet, so viele Veranlassung
auch darzu da gewesen wäre, so müssen
sie wohl vorher, folglich mehrere Jahrhunderte
vor Chr. in einer damahls gangbaren und bekannten
Sprache seyn aufgesetzet worden, wenn
sie gleich nicht, wenigstens in ihrer jetzigen
Form nicht, unmittelbar von dem Zoroaster
selbst herrühren sollten. Es käme also nur noch
darauf an, diejenige Provinz aufzusuchen, in
welcher diese Sprache die damahls übliche
Volks- und Landessprache war, und auch da
hat Anquetil, der selbige in dem nördlichen
Medien findet, alle Wahrscheinlichkeit für sich,
259welche man in einer von dem Dunkel zweyer
Jahrtausende so sehr verschleyerten Sache nur
verlangen kann. Das nördliche Medien, welches
Asien die ältesten Beherrscher gab, begriff
in den frühesten Zeiten Georgien, Armenien
und die heutigen Provinzen Iran Adjemi und
Aderbidjan. Letzteres, in Zend und bey den
alten Schriftstellern Atropatia, das Land der
Feuer, war der uralte, und wahrscheinlich
auch der erste Sitz des Feuerdienstes, von welchem
es auch den Niahmen hatte, daher auch
die aus Medien herstammenden Magi als der
geistliche und gelehrte Stand in Persien schon
von den frühesten Zeiten an so wichtige Rollen
spielten. Es war nach den Zendbüchern zugleich
das Vaterland Zoroasters und seiner ersten
Schüler, und dieses wird dadurch bestätiget,
dass der geographische Schauplatz der
Zend-Bücher immer dieses Land mit seinen
Bergen, Flüssen und Orten ist. Das einzige,
was man dieser Behauptung mit einigem Grunde
entgegen setzen könnte, ist dieses, dass die eben
genannten Gegenden so wenige Spuren von dieser
ihrer ehemahligen Landessprache aufzuweisen
haben. Allein bey einer schon vor mehr
als 2000 Jahren ausgestorbenen Sprache verliert
ein solcher Einwurf alle Kraft. Zwar findet Anquetil
noch viele Ähnlichkeit zwischen dem heutigen
Georgischen und dem Zend, und la Croze
schloss in seinem ungedruckten Armenischen
Wörterbuche aus der Vergleichung mit den Medischen
Eigennahmen, dass das alte Medische,
und das wäre denn unser Zend, mit dem heutigen
Armenischen nur einerley Sprache gewesen.
Allein die Ähnlichkeit des Georgischen mit dem
Zend ist, wie mich die Vergleichung mehrerer
260hundert Wörter aus beyden Sprachen gelehret
hat, nicht grösser, als sie zwischen andern sonst
ganz verschiedenen Sprachen zu seyn pfleget,
und was das Armenische betrifft, so ist es in
jeder Rücksicht von dem Zend wohl am Weitesten
entfernt. Indessen schadet das dem obigen
Satze nicht, wenn man bedenkt, welchen Veränderungen
Sprachen und Völker in 2000 Jahren
ausgesetzt sind, zumahl wenn sie, so, wie
diese an der grossen Heerstrasse so vieler unruhigen
barbarischen Stämme liegen, wo sich der
Schauplatz in einem so langen Zeitraum mehr
als Ein Mahl verändert. Dieser ganze Theil des
obern Asiens, den Kaukasus mit eingeschlossen,
zeiget uns eine Menge Trümmer ganz verschiedener
Völker und Sprachen, als die redendsten
Beweise grosser Zerrüttungen und Zerstörungen.
Ich würde daher das Zend lieber für eine gewaltsam
ausgestossene oder zerstörte als für eine
langsam ausgestoroene Sprache halten. Nach
dem Paullinus a S. Bartholomäo *)39 hat sie viele
Ähnlichkeit mit dem Sanscrit, so wohl in den
Wurzeln, als den grammatischen Formen, welches
denn bey zwey so alten und ihrer gemeinschaftlichen
Quelle so nahen Sprachen nicht befremden
darf. Dass sie die Stammsprache des
Parsi seyn sollte, ist mehrerer Gründe wegen
nicht wahrscheinlich; beyde sind vielmehr
gleichzeitige Töchter einer und eben derselben
Mutter. Wenn sie ausgestorben, lässt sich
261gleichfalls nur wahrscheinlich bestimmen. Aus
den frühen Übersetzungen der Zend-Bücher
in Pehlvi, und später hin in Parsi, lässt sich
schliessen, dass sie frühe, und vermuthlich noch
vor dem Anfange der christlichen Zeitrechnung
veraltet oder vielmehr von eingewanderten fremden
Barbaren verdränget worden. Übrigens ist
sie noch jetzt die gottesdienstliche Sprache der
heutigen Parsen, obgleich nur wenige ihrer
Priester sie erlernen und zu verstehen suchen.

Das hohe Alter dieser Sprache und der
rauhe Himmel ihres gebirgigen Wohnplatzes
athmet noch ganz in ihrem sowohl äussern als
innern Bau. Sie hat 35 einfache Laute, aber
darunter kein l, für welches sie ein r hören lässt.
Ihre Härte erhellet unter andern auch daraus,
dass sich die Sylben oft mit zwey und drey Consonanten
anfangen, mit chscht, pscht, fsch, str,
krsch. Was sie vorzüglich auszeichnet, ist ihre
Ausschweifung in Vocalen, deren sie nicht allein
12 einfache hat, sondern ihrer oft zwey, drey
und mehrere neben einander setzt: Heoruedbhee,
Lebenserhalter, Engrehe meenieosch, in Laster
versunken; Metrehé veorogheoieoe toesch, Mithra,
der Wüsten befruchtet. Nach dem Collaborator
Grotefend zu Göttingen sind die Persepolitanischen
Keilschriften zum Theil Zend. S. Götting.
gel. Zeit
. 1803, S. 60, 593, 1161. Die Sprache
erscheint hier noch rauher und vocalreicher:
Khschéhioh Kschehiohetschdo, König der Könige.
Diese Verschwendung der Vocale fiel Hrn. Prof.
Wahl auf, weil sie ihm dem rauhen Medien
nicht angemessen schien, daher glaubte er, die
Parsen-Priester hätten die Vocale eingeschoben,
um sie für den Gesang geschickter zu machen.
Allein es gibt mehr Sprachen roher und selbst
262wilder Völker, welche sehr vocalreich sind,
z. B. die Grönländische; zu geschweigen, dass
eine solche Sprachverstaltung vielleicht eben so
sehr ohne Beyspiel ist, als eine völlige Spracherdichtung.
Denn dass die Masorethen auf ähnliche
Art den Hebräischen Text, und die Araber
den Koran verfälscht haben sollten, wird ihm
wohl nicht jedermann zugestehen. Wahrscheinlich
verhält es sich mit der Zendischen Vocal-Häufung,
wie mit der Sinesischen. Es ist eine
schwankende unbestimmte Aussprache eines einzigen
Vocales, oder vielmehr eine Zusammenschmelzung
mehrerer Vocale in einen einzigen,
deren es in allen ungebildeten Sprachen und
Mundarten gibt, nur dass man sie nicht allemahl
schreibt.

So wie diese Sprache in Vocalen auszuschweifen
scheint, so scheinet sie es auch in.
ihren Zusammensetzungen, wo es Wörter von
sechs, acht, zehn und mehr Sylben gibt. Poeriodekeschan,
Menschen des ersten Gesetzes, von
poerio, der erste, und Dekescho, Gesetz; Sapéenghdjoereschém,
der bösartige Geist, der nur Erwürgung
sucht; Afreokhscheïeeantesch, beschäftigt,
Überfluss zu schaffen. Allein hier liegt,
wie im Sanscrit, wohl oft die Schuld an der
Nachlässigkeit oder Unkunde der Schreibenden,
welche Wörter zusammen ziehen, welche keine
Zusammensetzung machen können. Vérézedoethrenanm,
wirksame Augen; hier ist offenbar
das Adjectiv vereze, wirksam, mit seinem Substantive
Doethré, Auge, im Plural Doethrenanm,
welche also getheilt geschrieben werden sollten.

Sie hat, wie das Sanscrit und andere alte
Sprachen das a oder e privativum und gebraucht
es sehr häufig: Amerschan oder Emersche, Unsterbliche;
263Epeian, kinderlos; Erené, sprachlos.
Dagegen hat sie keinen Artikel, auch sind die
Substantiva geschlechtlos. Sie scheinet einen
Überfluss an grammatischen Formen zu haben;
Kscheio, Kscheed, und Kschetro, bedeuten alle den
König im Nominative. Doch sind manche
nur scheinbar, und in der verschiedenen Aussprache
gegründet: aste, asti, und aschti, er ist.

Die Declination geschiehet durch Biegungszeichen
an dem Worte selbst. Sie hat drey
Zahlen, den Singular, Dual und Plural: Naereke,
Frau, Naerekeïao, zwey Frauen, Plur. Naerekanm,
oder Naerekenan, In jeder Zahl gibt
es die gewöhnlichen sechs Casus. Pete, oder
Petoesch, der Herr; Genit. Petetscha; Dat. Petescha
oder Petao; Accus. Pete, oder Petem;
Vocat. Pete oder Petao; Ablat. Petamn. Der Plural
endigt sich oft auf m und nanm; Frevesch,
Freveschi; Plur. Freveschim; Thramfd, Nahrung,
Pl. Thramfdanm.

Für die persönlichen Pronomina, welche
hier zugleich possessiv sind, gibt es mehr Wörter;
vielleicht, wie in den einsylbigen Sprachen,
nach dem Verhältniss der Sprechenden. Ich
heisst Ehmakem und Véem; Du, Te, Tum, Ne
und Thvanm; Er oder sie, Eeté, Vereduo, Ioé,
Osch und Oné.

Die Conjugation geschiehet fast wie im Persischen
durch Biegung am Ende, nur mit mehr
Vocalen ausgestattet. Die Person wird nicht
besonders bezeichnet: Enetoed oder Enetoesch,
er kennet; Infin. Eneté, kennen.

Die Construction ist wie in andern morgenländischen
Sprachen, frey, obgleich nicht
regellos. Wenn zwey Nennwörter von einander
abhangen, so stehet das regierende wie im
264Persischen zuletzt. Dass sie ihren übrigen morgenländischen
Schwestern an kühnen und starken
Tropen und Bildern nichts nachgibt, verstehet
sich schon von selbst *)40.

Eine so alte Sprache verdient es wohl, ein
kleines Stück im Zusammenhange herzusetzen,
um ihren Geist einiger Massen zu übersehen.
Es ist aus dem 25sten Abschnitt des Jescht Farvardin,
so wie es Anquetil mit seiner Lateinischen
buchstäblichen Übersetzung begleitet hat.

Khusch - Taspis lucidis vigoribus laudes.
Fortis corpore agili radians splendore Oromasdis;
Qui rectus purior lumine radiante venit;
Qui tectus purior lumine radiante sapit;

Kouosch Vistaspehé echeono Freucschim iezmede.
Tekhmehé teno mantrehé dreschi dreosch Ahoëriehe;
Io drotsche peoruantsche eschae reno ieésché;
Io derotsche peoruantsché eschae reuo vincéde;265

Qui brachiis (utitur) sursum levatis pro
lege hac Oromasdis Zoroastris;
Qui ferit hostes palam brachia jactans
super turmas eorum;
Qui profert inter nos gaudia ingentia sublimia
Impertiens pura nutrimenta armentis
gramina, educens greges pascuis.

Ioe bazoschtché opestché visetché enghao
deeneïao ied Ahoroesch Zerethoschtroesch;
Io hemestarem hetanm heetem, ozuedjed
hetche henuevionehem;
Desté meedio schadem beresé rasem afré;
Dedeuedem escheonem thranfdanm, gueoschtche
vaschtrehetché fretanm gueoschtche vaschtrehetché.

Einige Anmerkungen.

nach Kleuker.

Keuosch Vistaspehé, König Hystaspes oder
Gustasp. Die Hauptwörter darin sind Ke, König,
und Aspehé, Pferd.

Teno, Körper, eigentlich Dehnung, Ausdehnung,
verwandt mit dehnen, Griech. τεινειν,
Lat. tendere, ehedem tennere.

Mantrehe, gelenk, gewandt, von Man, Mano,
Hand, (Lat. manus) und threhé, gezogen, leicht
zu ziehen oder lenken.

Ahoeriehé, eigentlich Oberster, dann auch
ein Beynahme des Ormusd.

Drotche, gerade, Lat. directus, rectus; figürlich
gerecht, rechtschaffen.

Peoruantsche, rein, das Lateinische purus,
mit der Bildungssylbe tsche.266

Eschae reuo, von Licht fliessend, hell.
verwandt mit rivus, ρεειν, rinnen, u. s. f.

Viuede, weise, eigentlich sehend, videns.

Bazoschtché, von Bazosch, Arm.

Vesetché, von Vesa, strebend, viel, stark;
veosete, aufheben.

Ozuedjed, von Ozu, Ozue, Arm, Stärke,
und djed, er gibt; Hand anlegend.

Henuevionehem, ihr Heer. Es scheinet, dass
die Possessiva hier Postpositionen sind, wenigstens
in manchen Fällen.

Schadem, Schodem, Glück, Freude, Hebr.
Schada.

Berese und Rasem, bedeuten beyde gross,
Rasem, Deutsch riesen, Riese, mit der Vorsylbe,
Berese.

Thranfdanm, der Plural von Thranfd, Weide,
Nahrung. Fretanm, erziehend, nährend, von
Fretem, Grösse.

Ein besonderer Dialect dieses Zend ist das
Pa-Zend, welches doch etwas mehr als ein
blosses mit Pehlvi vermischtes Zend zu seyn,
und seine eigenen grammatischen Formen zu
haben scheinet. Man kennet es indessen nur
aus einigen einzelnen Wörtern in den Pehlvi
Schriften.

b) Pehlvi.

Das Zend scheinet nie die Hof- und höhere
Gesellschaftssprache in Persien geworden, sondern
bloss Kirchensprache geblieben zu seyn,
daher es auch keine Gelegenheit hatte, ausgebildet
und verfeinert zu werden. Nicht so das
Pehlvi, welches die Volks- und Landessprache
in Nieder-Medien oder Parthien war, und da
267die Beherrscher Persiens von den Kheianiern an,
das ist, wie man will, von etwa 600 Jahr vor
Christo an, neun Jahrhunderte lang aus diesem
Lande stammten, Und ihre Folge nur Ein Mahl
auf eine kurze Zeit von Alexandern unterbrochen
ward, so ist es sehr begreiflich, dass
ihre Landessprache auch die Hof- und Schriftsprache
ihres Reiches ward, und das gebildetere
Parsi, als die Sprache einer eroberten Provinz,
zurück gesetzt blieb. Das ehemahlige Parthien
oder Nieder-Medien erstreckte sich von Assyrien
an bis an das Caspische Meer, und begriff
das heutige Dilem, Gilan und Kohestan, und
da dessen Fürsten und Bewohner sich von je her
durch ihre rohe Tapferkeit auszeichneten, so
ward es auch Pehle oder Pehluwan, das Land der
Helden, und ihre Sprache Pehlvi genannt. Eben
das bedeutet der Nahme Huzvaresch, welcher
dieser Sprache zuweilen auch gegeben wird.
Da sie unter den Parthischen Beherrschern die
einzige Schrift- und höhere Gesellschaftssprache
war, so wurden nicht allein die Zend-Bücher
sehr frühe in dieselbe übersetzt, sondern es sind
auch noch verschiedene andere historische und
theologische Schriften in derselben übrig, von
welchen Anquetil einen Theil mitgebracht und
in die öffentliche Bibliothek zu Paris niedergelegt
hat. Als die Könige den Sitz des Reichs
aus den nördlichen Provinzen in die südlichem
verlegten, ward das Pehlvi von dem Parsi
verdrängt, besonders unter den Sassaniden
(211-632), welche das erstere sogar mit
öffentlichen Verbothen verfolgten. Indessen
ward es dadurch nicht ausgerottet, sondern es
blieb Provinz- und mit unter auch noch Schriftsprache;
denn das Bundehesch in Anquetils Zend
268Awesta erwähnet des Unterganges der Sassaniden,
muss also erst nach dem siebenten Jahrhundert
geschrieben seyn. Ja verschiedenen
Nachrichten zufolge ist sie noch jetzt nicht ganz
ausgestorben, sondern sie lebt noch, obgleich
kümmerlich und in tiefen Dunkel in einigen
Gegenden ihres ehemaligen Wohnsitzes. Das
behauptet der im folgenden bey der Persischen
Sprache angeführte Seid Ahmed. Auch P. Angelus
a. S. Josepho
versichert in seinem Gazophyl. Persico
S. 199, dass die Sprache der alten Parther, (das
wäre nun Pehlvi,) von einem gewissen Volke
in Schirwan, welches in Zelten wohne, noch
jetzt gesprochen werde. Das kann nun wohl
kein anderes Volk, als die nomadischen Paddar
seyn, von welchen aber weiter nichts bekannt
ist, als dass sie ihre eigene Sprache reden.
Einige Aufschriften in Pehlvi aus den Zeiten der
Sassaniden erklärt Silvestre de Sacy in seinen Antiquités
de Perse
, S. 1 folg., wo auch etwas von
der Sprache vorkommt.

Diese lag zwischen dem Zend und Parsi in
der Mitte; es kann daher nicht befremden, dass
sie bey dem häufigen und langen Verkehr mit
diesen Gegenden von beyden Sprachen manches
an sich genommen hat, sowohl in einzelnen
Wörtern, als in grammatische Formen. Allein
jede derselben hat doch wieder so vieles eigenthümliche,
dass man keine von der andern ableiten,
oder sie als einen blossen Dialect der
andern ansehen kann. Sie sind vielmehr gleichzeitige
Sprösslinge eines gemeinschaftlichen
Stammes. In Westen grenzt das Pehlvi an den
Aramäischen Sprachstamm, und auch von dieser
Nachbarschaft zeugen manche Ähnlichkeiten
zwischen beyden Sprachen, besonders in der
269Bildung der Nennwörter und in den Vorsylben.
Allein es ist dessen doch nicht so viel, dass man
mit Will. Jones das Pehlvi für einen blossen Dialect
des Chaldäischen ausgeben könnte. Nieder-Medien
hat zwar auch seine Gebirge; aber sie
wechseln doch mehr mit Ebenen ab, als in dem
obern, und das dadurch bewirkte mildere Klima
hatte denn auch die gewöhnliche Wirkung auf
die Sprache, daher sie bey weiten nicht so rauh
und vocalreich ist, als das Zend. Es kommt
dazu, dass sie durch einen fast 900jährigen Gebrauch
in den obern Klassen des gesellschaftlichen
Lebens nothwendig manche Verfeinerung
erhalten musste, zu welcher das Zend, auch da
es noch lebte, keine Gelegenheit hatte. Sie ist
daher regelmässiger, und schweift nicht so sehr
in Formen aus, als das Zend, obgleich sie auch
darin dem Parsi, welchem sie in der Conjugation
nahe kommt, nachstehen muss. Da das
Pehlvi bey nahe 900 Jahre lang die herrschende
Sprache in Persien war, und sich in einem so
langen Zeitraume eine jede Sprache beträchtlich
ändert, so wäre zu wünschen, dass einmahl ein
kritischer Kenner dieser Sprache die ältesten
Übersetzungen aus dem Zend, mit dem Bundehesch,
als der jüngsten Schrift in dieser Sprache
vergliche, den Stufengang der Ausbildung in
derselben zu bemerken. Bis dahin wird man
sich mit Anquetils versprochenen Sprachlehre
und Wörterbuche begnügen müssen, wenn sie
jetzt nach seinem Tode noch das Licht sehen
sollten. Von den ehemahligen Dialecten dieser
Sprache ist nur der von Oramon, aber auch nur
dem Nahmen nach bekannt.

Damit man das Verhältniss dieser Sprache
gegen das Zend und Parsi einiger Massen übersehen
270könne, will ich dem Anquetil folgende
Stelle aus dem Vendidat, mit seiner Lateinischen
Übersetzung abborgen. 1 bedeutet Zend,
2 Pehlvi und 3 Parsi.

Dixit magnus rex (Ormusd) Sapetman Zoroastri:

1. Mreod Ehoro mezdao Sapetemae Zerethoschtrae:

2. Goft Anhuma Sapetman Zertocht:

3. Goft Ormusd Sapetman Zertuscht:

Ego dedi o Sapetman Zoroaster
locum voluptatis (et) abundantiae, non (alius) qui
det voluptatis.

1. Ezem dedanme Sapeteme Zerethoschtre
asso ramo daetim noued ko
dad schaetim.

2. Re dabunad Sapetman Zertoscht djinak
rameschne deheschne la agu dad djeknemouned
assane.

3. Man dadam Sapetman Zerduscht djae
koschvakhti o tchiz anbar na ke dehed
koschvakhti.

Puro abundantia (et) paradisus est, (qui) purus
est, purus ille qui sanctus bonum
et coelo dignum (operatur.)

1. Eschem vohou veheschtem asti oschta
asti oschta ehmae hie de eschae
veheschtae eschem.

2. Halaeh avadeheh pahaloum hit nadvak
hit nadvak zak mavam halaeh pahaloum
halaehnidar.

3. Pak abad behescht ested neik ested neik
an ke pak behescht pak.

Da in diesen beyden Sprachen keine christliche
Gebethsformel vorhanden, ist, so will ich
271wenigstens die in derselben vorkommenden
Wörter in Zend und Pehlvi aus den von Anquetil
gelieferten Wörterbüchern hersetzen.
Ich bedaure nur, dass sie so unzuverlässig sind;
denn was in dem einen Pehlvi ist, ist in dem
andern Persisch. Man wird diese Wörter nunmehr
auch leicht mit dem Neu-Persischen in
den folgenden Formeln vergleichen können.

tableau Zend | Pehlvi | Vater | Feder. Peter. Pete | Ab. Abider | Welcher | Keié. Ïo. Ie. Ied | Keisch. Admat. Agh | Du | Te. Tum. Tvann | Tu. Rak. Afut | Du Bist | Humenat | In | Eantheré | Andenèm. Ban. Pavan | Himmel | Tschtekre. Sakhter. Esmené | Sperezé | Tscherk. Seper. Schmeha (Aramäisch) | Nahme | Esmo (Im Genitiv.) | Scham (Aram) | Werden | Peraontioo | Vazrumeschné | Heilig | Esche Vehesche. Parsa | Ahlobun | Reich | Vaonghè | Molka (Aram). Mard | Kommen | Aontiao. Djetenghed. Khafreete | Hamdjeschné. Djatunatam | Wille Des Königes | Kscheïemme | Kamè. Khode | Es Geschehe | Boiad | Djanunad | Wie | Iethè. Ethé | Tschaguin. Tchuhn. Fduhn | Erde | Zar. Zao. Zemo (Slav). Zema | Arta (Semit.) | Zivanand. Damik | Tag | Eierè | Djavam | Brot | Thranft. Nahrung | Lama (Aram) | Gib | Desde | Dabun | Und | Ve. (Semit) | Mavanesch | Schuld | Zopmeman | Sünde | Sarej | Wir | Roman | Führen | Veretete | Wardan | Nicht | Ma. Nued | Na. La (Aram) | Befreyen | Beosohèm | Buhdjeschné | Von | Men (Aram) Az | Das Böse | Dbeschao. Eghé. Zeesché. Djeseresch | Sareh. Hamadsare. Besoh. Zescht | Ist | Heethé. Aschti. Aste | Ast. Hit | Kraft | Ozue (Aram) Zeothré | Zavatr. Zvaresch. Zur | Macht | Egré. Zaveré. Nereng | Herrlichkeit | Eoruehé | Ewig | Hama-Hama. Djan Seroch272

5. Persisch.

Persien, dieses grosse Reich von 46000 bis
50000 Quadrat-Meilen, grenzet in Osten an
den Indischen, und in Westen an den Semitischen
Sprachstamm, in Süden an den Indischen
Ocean, und in Norden an die barbarischen Nomaden
des hohen Mittel-Asiens. So alt und
berühmt es ist, so hat es doch vor den Sassaniden
im Jahr Chr. 214 keine eigentliche Geschichte,
und vor dem Mirkhond († nach 1471)
und seinem Sohne und Abkürzer Khondemlr, keinen
einheimischen Geschichtschreiber; denn
das Schach-Nameh des Firdusi (um 990) ist ganz
unhistorische Dichtung, welches denn auch
wohl die Ursache war, warum Sultan Mahmud
ihn nicht so belohnte, als der Dichter es erwartet
hatte. S. Anthologia Persica, S. 85. Die
wenigen Bruchstücke, welche man von dessen
ältern Schicksalen besitzet, hat man auswärtigen,
besonders Griechischen Schriftstellern zu
danken.

Persien wird in doppelter Bedeutung genommen.
In der engsten und eigentlichsten ist
es der nur wenig verstellte Nahme der südlichen
Provinz Fars oder Farsistan, deren Landessprache
von ihr eigentlich den Nahmen der
Persischen hat. In der weitern Bedeutung verstehet
man darunter alle Völker und Staaten von
verschiedenen Sitten und Sprachen zwischen
dem Tigris und Indus, und zwischen dem Caspischen
und Indischen Meere, so wie sie von
glücklichen Eroberern zu verschiedenen Zeiten
in ein grosses Ganzes vereiniget worden. Die
einheimischen Schriftsteller nennen dieses Reich
lran, im Gegensatze des Turan, des nördlichen
273und nordöstlichen Sitzes der barbarischen Nomaden.
Da sich unter diesen Staaten bald der
eine bald der andere über die übrigen erhob
und sie unterjochte, worunter der Medische in.
dem nördlichen Theile das meiste Geräusch
machte, so war auch die Hofsprache veränderlich.
Unter den Medischen Fürsten waren es
ihre Landessprachen Zend und Pehlvi, aber
unter der Herrschaft der Sassaniden bekam die
Sprache der Provinz Fars, welche sich indessen
im Stillen ausgebildet hatte, sowohl am Hofe
als im ganzen Reiche die Oberhand, und verdrängte
in der Folge sogar die übrigen einheimischen
Sprachen, so wie sie noch jetzt im ganzen
Reiche die herrschende ist. Sie theilet sich
in das Alt-Persische oder Parsi, in das Neu-Persische,
und in das Kurdische, einem groben
vermischten Dialect von beyden.

a) Parsi.

Dieses ist die Volks- und Landessprache
der bereits gedachten südlichen Provinz Fars,
einem ebenen fruchtbaren Lande unter einem
immer heitern und lachenden Himmel. Vor
dem Cyrus, und noch zu seiner Zeit ward sie
grössten Theils von wilden nomadischen Stämmen
bewohnt. Nachdem er den Sitz des Reiches
in dieselbe verlegt, und Medischen Glanz
und Luxus in dieselbe versetzt hatte, folgte ihm
die Cultur auf dem Fusse nach, und die Sprache
übertraf, noch ehe sie unter den Sassaniden die
Hof- und öffentliche Geschäftssprache ward,
nach und nach alle ihre Schwestern an Sanftheit,
Reichthum und Bildung. So lange sie noch
rein und unvermischt fortlebte, nennet man sie
Parsi, um sie von ihrer ausgearteten Tochter,
274dem Neu-Persischen zu unterscheiden. Aus
eben dem Grunde nennet man die ächten Feuerdiener
in Kirman und Indien Parsen, zum Unterschiede
von den neuern Mahomedanischen Persern;
obgleich beyde Nahmen im Grunde einerley
Wort sind. Da sie eine sehr alte Sprache ist,
so kann es nicht befremden, dass sie mit ihrer
Nachbarinn, dem Sanscrit in Indien so vieles
gemein hat, indem beyde der gemeinschaftlichen
Sprachquelle gleich nahe waren *)41. Zur
Zeit der Eroberung Persiens von den Arabern,
gegen die Mitte des siebenten Jahrhunderts, war
sie noch die Hof- und höhere Gesellschaftseprache
des ganzen Reichs, und die von Griechischen
und Römischen Schriftstellern als Persisch
angegebenen Wörter lassen sich nur aus
ihr erklären **)42. Das beste Werk über dieses
reine Parsi, so wie es noch in dem Schach-Nameh
des Firdusi aus dem zehnten Jahrhundert, und
in dem Barsur-Namah enthalten ist, ist das noch
ungedruckte Wörterbuch des Dschehankir, von
welchem Anquetil im Zend-Avesta einige Nachricht
gibt. Das Ayeen Akbari, welches des Indostanischen
Kaisers Akbar Minister Abul-Fazel
275um 1600 schrieb, und Francis Gladwin, London,
1800, 4, zwey Bände Englisch heraus gab, ist
noch in dieser ältern reinen Mundart geschrieben.

b) Persisch.

Ale sich die Araber gegen die Mitte des
siebenten Jahrhunderts Persiens bemächtigten,
verlor das Parsi Glanz und Herrschaft, indem
nunmehr das Arabische die Hof- und Religions-Sprache
ward, und jenes wieder zur Volks- und
Provinz-Sprache herab sank. Zugleich ward es
unter dem neuen Zepter und unter der neuen
überall eingeführten Religion Mahomeds mit
Arabischen Wörtern vermischt, welche es auch
behielt, als es 977, nach dem Ende des Kalifates
unter den Delamiten wieder herrschend
und durch Dichter zu einer der wohlklingendsten
und reichsten Sprachen in Asien ausgebildet
wurde. Indessen ist das Arabische nicht die
einzige fremde Sprache, durch welche sich das
Persische bereichert hat. Dass auch das Türkisch-Tatarische
dahin gehöret, wird sehr begreiflich,
wenn man weiss, wie viel Persien von
276den frühesten Zeiten an mit diesen in Norden
grenzenden Barbaren zu schaffen gehabt hat,
von welchen es unter den Seldschuken im eilften
Jahrhundert sogar eine Zeit lang beherrschet
wurde. Aber dass sich sogar Germanisches in
dem Persischen befindet *)43, hat Verwunderung,
und bey manchen sogar Erstaunen erregt. Die
Sache ist unläugbar, und dieses in dem Persischen
befindliche Germanische bestehet nicht
allein in einer beträchtlichen Anzahl von Wurzellauten
und Wurzelwörtern, sondern auch in
Ableitungssylben und selbst in den grammatischen
Formen. So endigt sich der Comparativ
im Persischen auf ter, choster, besser, und der
Infinitiv auf den, oder ten, giriften, greifen. Der
Imperativ ist, wie im Deutschen, die Wurzel
des Verbi, manden, bleiben, man, bleib. Die
Diminutiva endigen sich auf ke, wie im Holländischen
und Nieder- Deutschen, Merdeke,
Menschchen, Zeneke, Weibchen, u. s. f. **)44.
Es lässt sich diese Erscheinung auf zweyerley
Art erklären, entweder durch eine spätere Vermischung,
nachdem beyde Sprachen bereits gebildet
waren, oder durch eine gemeinschaftliche
Abstammung beyder von einer ältern Muttersprache.
Für das erste scheint Persiens Lage
und Geschichte zu sprechen. Da es an dem
Wege liegt, welchen fast alle wilde Horden aus
277dem hohen Mittel-Asien nach Westen nehmen
mussten, so konnte es wohl nicht ganz ohne
Vermischung mit andern erobernden und eroberten
Völkern bleiben. Besonders ist bekannt,
dass die Gothen mehrere Jahrhunderte
an dem Schwarzen und Caspischen Meere, also
nahe an den Thoren Persiens hauseten, mit
ihrer wilden Tapferkeit allen ihren Nachbarn
zur Last fielen, und sich dabey immer in bessere
Länder zu drängen suchten. Die Geschichte
nennet uns sogar einen ganzen Gothischen
Stamm, welcher in Persien eingebrochen, und
mit den alten Einwohnern zu Einem Volke zusammen
geschmolzen ist. Das kann von mehrern
geschehen seyn, besonders als die Gothen
den Hunnen weichen mussten, wenn gleich die
kümmerliche Geschichte dieser Zeiten nichts davon
weiss. Vielleicht hatte Ammian so etwas
im Sinne, wenn er B. 31, Kap. 11 von den Persern
sagt, dass sie ursprünglich Scythen seyen.
Vielleicht zielte er auch auf die Parther, einem
spätern Persischen Volke, welche nach mehrern
Schriftstellern gleichfalls Scythen seyn sollen.
Was für verschiedene nomadische Völker die
alten Schriftsteller unter dem Nahmen der Scythen
verstehen, ist bekannt. Da sich diese
Übereinkunft mit dem Germanischen in dem
Neu-Persischen stärker zeigt, als im Zend und
Pehlvi, den alten Medischen Sprachen, obgleich
auch diese nicht ganz frey davon sind *)45,
278so müssten diese fremden Einflüsse das reitzende
südliche Persien stärker betroffen haben, als
das nördliche. Von ähnlichen Ursachen könnte
denn auch das Slavische herrühren, welches in
dem Persischen bey nahe eben so zahlreich ist,
als das Germanische. Da indessen die Germanischen
Überreste in dem Persischen nicht als
späte Fremdlinge erscheinen, welche zu dem
Ganzen nicht passen, sondern als gleichartige
Bestandtheile, welche tief in den ursprünglichen
Bau der Sprache und ihrer Formen verwebt
sind: so scheint der zweyte angegebene Fall
eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich
zu haben. Das Parsi, Zend und Pehlvi sind
sehr alte Sprachen, und dem Sitze der ersten
Sprachbildung nahe, können also, wie das Sanscrit
wohl unmittelbar, wo nicht von der ersten
Sprache selbst, doch von einer ihrer ältesten
Töchter abstammen. Das Germanische zeigt
sich, so weit die Geschichte reicht, gleichfalls
als eine alte unvermischte Original-Sprache.
Die Germanen stammen, so wie alle alte westliche
Völker, aus Asien her, und wenn man
gleich jetzt die Gegend nicht mehr bestimmen
kann, welche sie vor ihrer Auswanderung bewohnet
haben, so gibt es doch keine Gründe,
warum man sie nicht in das an Persien und Tibet
unmittelbar grenzende Mittel-Asien sollte
setzen können, welches durch seine unstäten
Horden Europa theils bevölkert, theils mehr als
Ein Mahl erschüttert hat. Der German, der
Slave, der Thracier, der Celte, u. s. f. können
also mit dem Perser gleichzeitig aus einer und
eben derselben Sprachquelle geschöpft, und
sich nur durch Zeit, Clima und Sitten wieder
von ihm entfernt haben. Wir würden darüber
279mehr Gewissheit bekommen, wenn wir alte
Überbleibsel der Parsi-Sprache hätten, welche
aber weit über die Völkerwanderung hinaus
gehen müssten.

Nachdem das Persische unter den Delemiten
wieder herrschend geworden war, dauerte
dessen Blüthe von dem Ende des 10ten Jahrhunderts
bis zum Anfange des 15ten, worauf
schlechte und tyrannische Beherrscher und innere
Zerrüttungen das Reich wieder in diejenige
Barbarey stürzten, unter welcher es noch jetzt
schmachtet. Den ausgebildetsten Dialect dieser
Sprache, so wie er am Hofe, in Schriften und
im Umgange der bessern Classen gangbar ist,
nennet man Deri, von Dar, Thor, Pforte,
Sprache des Hofes, den gemeinen Volks-Dialect
aber Valaat; welches folglich für keine besondern
Sprachen zu halten sind.

Litteratur der Persischen Sprache.

Briani Waltoni diss. de lingua Persica et ss.
versionibus Persicis
, in seinen Prolegom. ad Biblia
polygl. und im Apparatu biblico, Zürich,
1673, f. S. 418.

Will. Jones Geschichte der Persischen Sprache,
bey seinem Leben des Nadir Schach.

Sam. Frid. Günth. Wahl in der allgem. Litteratur
der morgenländ. Sprachen
, S. 115-354.
Die historischen Auswüchse muss man der Liebhaberey
des Verfassers verzeihen.

(Lib. Bar. de Jenisch) de fatis linguarum orientalium,
Arabicae nimirum, Persicae et Turcicae,
Wien, 1780, fol. auch vor der neuen Ausgabe
des Meninsky.280

Alphabetum Persicum. Rom, Propag. 1631, 8.

— — — cum oratione dominica (aus dem
Chamberlayne,) et salutatione angelica. Eb.
1783, 8; von dem Augustiner Ant. Georgio und
sehr unbedeutend.

Lud. de Dieu rudimenta linguae Persicae. Leiden,
1639, 4; wovon doch nach Ravii Panegyr. 1
linguarum orientalium
, S. 12, Jo. Elichmann der
wahre Verfasser ist. Das Buch ward zum Behuf
der fabelhaften Historia Christi, und Historia Petri,
beyde 1639, 4, geschrieben, welche der
Jesuit Hieron. Xavier zu Agra Portugiesisch aufsetzte,
und sie von dem Abdel Senarin Kasem aus
Lahor in das Persische übersetzen liess.

Jo. Gravii elementa linguae Persicae. London,
1644 und 1649, 4.

Fr. lgnatii a Jesu, eines Carmeliters, Gram-
matica linguae Persicae
. Rom, Propag. 1661, 4.

Jo. Bapt. Podesta tractatus varii de linguis
orientalibus, praecipue Arabica, Persica et Turcica
.
Wien, 1669, 4.

— — — Persismus et Arabo-Persismus, als
der dritte Theil seines Cursus linguarum orientalium,
Wien, 1686, 4, 2 Voll. Venedig, 1691, 4.

Franc. a Mesgnien Meninsky Institutiones linguae
Turcicae, cum rudimentis parallelis linguarum Arabicae
et Persicae
, vor seinem Wörterbuche, 1680;
auch einzeln von Ad. Frid. Kollar, Wien, 1756, 4.

Will. Jones Grammar of the Persian language.
Oxford, 1771, 1774, und 1783, 4; auch in
seinen Dissertations and miscellaneous Pieces, London,
1792, gr. 8, und in seinen Works, London,
1799, gr. 4, 6 Voll. Die vollständigste
Ausgabe ist die von Franc. Gladwin nach des Jones
Tode besorgte.281

Ge. Hadley introductory grammatical remarks
on the Persian language
. Bath, 1776, 4.

Ant. Vieyra brevis, clara, facilis ac jucunda
non solum Arabicam, sed etiam hodiernam Persicam
addiscendi methodus
. Dublin, 1789, 4.

Ed. Moises the Persian Interpreter in three parts,
Grammar, Extracts and a Vocabulary
. Newcastle,
1792, 4.

Will. Ousely Persian miscellanies, an essay to
facilitate the reading of Persian Msts
. London,
1795, gr. 4.

Franc. Gladwin's Persian Monshee. London,
1801, 4; von vorzüglicher Güte.

Franc, de Dombay Grammatica linguae Persicae.
Wien, 1804, 4, eine magere unkritische Compilation.

Frid. Wilken Institutiones ad fundamenta linguae
Persicae cum Chrestomathia maximam partem
ex autoribus ineditis collecta et glossario locupleti
.
Leipzig, 1805, 8 wird vorzüglich empfohlen.

Hyde de relig. Persarum nennt Kap. 35, 44
von Persern geschriebene aber insgesammt noch
ungedruckte Wörterbücher, worunter des Ardeschir,
welcher um 1590 lebte, Ferhengii Gihangirii
das berühmteste ist.

Christ. Ravii specimen Lexici Arabico-Persici-Latini.
Leiden, 1645,…

Edm. Castelli Lexicon Persicum. London,
1669, fol. in seinem Lexico heptaglotto, aber
besonders.

Des schon gedachten Meninsky Lexicon Arabico-Persico-Turcicum.
Wien, 1680-1687,
6080 Seiten in fol. Neue Ausgabe, 1780-1784,
fol. 4 Voll.282

Angeli a S. Josepho Gazophylacium linguae Persicae.
Amstelod. 1684, fol. mit Italiänischer, Lateinischer
und Französischer Übersetzung. Voran
eine kurze Sprachlehre.

Ferhendi Schiuri Dictionarium Persico-Turcicum.
Constantinop. 1742, fol. 2 Voll. S. davon
Toderini Litteratura Turc. Th. 3, S. 199.

John Richardson's Dictionary Persian, Arabic
and English
. Oxford, 1777, fol. 2 Voll. Sehr
gut, aber auch theuer, indem man es jetzt
kaum für 100 Thaler haben kann. Er folgt
grösstentheils dem Meninsky und übersetzt ihn
häufig, selbst mit den Beyspielen. Die vorgesetzte
Diss. on the language, litterature and manners
of Eastern nations
, erschien auch einzeln, und
mit dem zweyten Theile vermehrt, Oxford,
1778, 8; Deutsch von Frid. Federau, Leipzig,
1779, 8. Von dem Wörterbuche erschien der
Anfang einer ganz verfehlten Übersetzung unter
dem Titel: Orientalische Bibliothek oder Wörterbuch
zur Kenntniss des Orients
, Lemgo, 1788, folg. 8,
3 Voll.

Franc. Gladwin's Persian Vocabulary. Malda
in Bengalen, 1780, 4; Calcutta, 1788, 4.

Will. Kirkpatrik Vocabulary Arabic and English,
Lond. 1785, 4; ist der 7te Th. der New Hindou
Grammar and Dictionary
.

Character der Persischen Sprache.

1. Sie hat grosse Ähnlichkeit mit den Germanischen
Sprachen, davon im vorigen.

2. Ihr Alphabet, welches aus 32 Buchstaben
bestehet, wovon acht den aufgenommenen
Arabischen Wörtern angehören, hat noch mehr
Zischlaute, aber Einen Kehllaut weniger, als
283das Arabische. Es hat ausser dem dsch auch ein
tsch, und das p, welches dem Araber fehlt.

3. Ihre Biegungs- und Ableitungslaute sind
den Deutschen ähnlich. Sie setzt ihren Wörtern
die Sylben bi, der, mi, vor, wie der Deutsche
sein be, ver, zer, ge, sowohl in Nenn- als Zeitwörtern.
Sie hat lange Verbal- und kurze Nominal-
Formen, wie im Deutschen, hauchen,
Hauch, brennen, Brand; z. B. daniden, wissen,
Danisch, Wissenschaft, gleichsam Wissniss; denn
die dem Deutschen -iss ähnliche Endung -isch
und is kommt im Persischen sehr oft vor.

4. Der Ton ruhet gemeiniglich auf der
vorletzten Sylbe.

5. Die Substantiva haben kein Geschlecht.

6. Auch haben die Perser keinen Artikel,
bezeichnen auch die Casus nicht am Ende; doch
haben sie gewisse Sylben für die Casus obliquos,
welche aber nicht allemahl an dem Hauptworte,
sondern von demselben getrennt erscheinen.

Nom. Peder, Vater.

Genit. Es peder, oder 'Speder; oder das zweyte
Substantiv bleibt ganz unverändert, wenn
ein anderes vorher gehet, dem man alsdann
ein i anhängt: Asp, Pferd, Aspi Peder,
das Pferd des Vaters.

Dat. und Accus. Peder ra; Dat. auch be Peder;
Accus. auch Pederallein.

Ablat. Es peder, oder 'Speder.

Vocat. Ja Peder, ej Peder, oder eja Peder!

7. Der Plural belebter Dinge hat an, Pederan,
Väter, der leblosen ha, Gulha, die Rosen.

8. Das Geschlecht der Thiere wird durch
Beywörter ausgedruckt, Asp ner, Asp mada, ein
er Pferd, ein sie Pferd. Mada ist das Germanische
Maid, Magd, Mädel.284

9. Die Adjectiva haben weder Geschlecht
noch Declination, so wenig als die Substantiva.
Hat das Substantiv ein Adjectiv bey sich, so
wird das Casus-Zeichen bloss zum Adjectiv gesetzt:
chod, sein oder eigen, zu Peder im Dativo
gesetzt, seinem Vater auszudrucken, bekommt
die Sylbe ra, Peder chod ra, (im Alt-Deutschen
thura, dir, Pers. tu ra.)

10. Der Comparativ setzt ter, und der Superlativ
terin zum Positiv: bih, gut, bihter, besser,
bihterin, besste. Bey dem Perser muss also
die Wurzel von unserm anomalischen besser,
Niederd. beter, und besste gesucht werden.

11. Die Pronomina haben kein Geschlecht,
aber eben dieselben Casus-Zeichen wie die
Nomina.

12. Das Verbum ist in den Endsylben der
Personen und des Participii den Europäischen
Sprachen ähnlich. Alle Infinitivi endigen sich
auf den oder ten, also überhaupt auf en, wie im
Deutschen. Der Perser hat Hülfswörter, auch
alle Tempora wie der Europäer.

13. Dagegen hat er bloss den Indicativ.
Den Conjunctiv und Optativ auszudrucken,
werden die Partikeln wenn, wollte Gott, u. s. f.
zum Indicativ gesetzt.

14. Er hat eben so viele irreguläre Verba,
als der Europäer, übrigens für das reguläre Verbum,
wie der German, nur Ein Schema, oder
Eine Conjugation.

15. Das Passivum wird durch die Hülfswörter
seyn und werden nebst dem Participio gebildet,
wie in den Europäischen Sprachen.

16. Das Participium Praesens hat fünferley
Formen, worunter man jede nach Willkühr wählen kann.285

17. Die Verneinung wird dem Verbo in
allen Personen und Zeiten durch Vorsetzung
des ne oder n allein, auch besonders im Imperativ
durch me mitgetheilt: est, ist, nest oder
nist, ist nicht. (Auch diese Verneinung ist häufig
bey den Europäern zu finden;) kön, thun,
mekön, thue nicht. Die Verneinung des Nennworts
wird durch bi ausgedruckt: Dad, Recht,
Bidad, Unrecht.

18. Der Syntax ist äusserst einfach und natürlich.
Überhaupt ist die Persische Sprache in
ihrem Wörterbau eine der einfachsten, leichtesten
und schönsten.

19. Die Composita sind ihr mehr als jeder
andern eigen. Sie werden ohne alle Biegung,
durch blosse Zusammenstellung gebildet, wie
im Deutschen grundlos, lichtscheu, himmelblau,
Engelkind, (im Pers. Peri-sade, woraus die Griechen
Parysatis machten,) herzstärkend, starkherzig,
u. s. f. Alle diese Formen kann der Perser
machen.

20. Die Arabischen, Indischen und andere
fremde Wörter schmelzen mit den Persischen
zusammen, wie im Deutschen die Französischen
complimentiren, geniren.

Sprachprobe.

Die folgenden Formeln sind nur in der
Übersetzung verschieden. Der hiesige Herr Legations-Rath
Beigel, welcher mit so mannigfaltiger
Gelehrsamkeit auch eine seltene Kenntniss
der Persischen Sprache verbindet, hat nicht
allein die Schreibung und Lesung verbessert,
sondern sie auch mit einer buchstäblichen Übersetzung
und Anmerkungen begleitet. Von
ihm ist auch der vorstehende Character dieser
286Sprache. Die erste Formel von Wheloc ist der
Sprache nach die schlechteste. Die zweyte aus
dem P. Angelo hatte keine Doxologie, die daher
Hr. Beigel hinzu gesetzet hat. Die dritte von
Will. Chamber ist der Sprache nach die beste.
Chamberlayne hat S. 10 noch eine mit Jaghutischer
Schrift, Charactere Jaghuti. Ich glaubte
anfänglich, sie sey in einer besondern Mundart,
wofür auch Hervas sie nimmt. Allein wenn
man die unrichtige Abtheilung der Bitten und
Wörter verbessert, und die Englische Lesung
auf die Deutsche zurück führet, so zeiget sie sich
als reines Persisch, nur in einer etwas verschiedenen
Übersetzung, daher ich sie übergehe.

40. Persisch.

Aus Whelocs vier Evangelisten

O Vater unser, der im Himmel,
Rein sey Nahme dein;
Komme Reich dein;
Geschehe Wille dein, gleichwie im
Himmel, auch auf Erden;
Gib uns heute Brot Theil Tages unser;
Und vergib uns Vergehungen unsere wie
wir auch vergeben unsere:

Ja Pader ma, kih der Asmon,
Pak basched Nam tu;
Bi-ajed Padischahi tu;
Schewed Chast tu, hemdschinanki der
Asmon, nis der Semin;
Bideh mara imruz Non Kesaf Rus mara;
Wa bi-gusar maraRonahon ma, dschinanki
ma nis mi-gusarim mara;287

Und in Prüfung nicht wirf uns;
Sondern Rettung mach uns vom Übel.
Wegen dessen dass Reich und Macht und
Lob aus dem dein ist jetzt und zu Ewigkeit
der Ewigkeit.

We der Osmaisch ma-endas mara;
Likin Chulas kun mara es Scherir.
Berai anki Melcut, wa Nirumendi, wa
Tsemed es on tust aknan wu ta Ebed
il Ebedi

41. Dasselbe.

Aus Angeli a S. Josepho Gazophyl. Pers. S. 16.

Vater mein der in Himmeln du bist,
Rein sey Nahme dein;
Es komme zu uns Reich dein;
Es sey Wohlgefallen dein, so auf Erde
als im Himmel;
Brot jeden Tages diesen Tag uns gib;
Und vergib Schulden unsere, wie
wir vergeben den Schuldnern eigenen;
Und nicht gib zu dass wir uns finden in Einlispelung (des Teufels;)
Sondern Befreyung gib uns vom Bösen.

Pader men, ki der Asmonhai hesti,
Pak basched Natn tu;
Bi-ajed be-ma Molk tu;
Schewed Rezai tu, dschenin der Semin,
ki der Asmon;
Noni her-rusi im-rus mara bi-deh;
We bi-bachesch Kershai ma, dschinantschi
ma mi-bachschim be-Kersdaron chud;
We ma kesar ki bijaft'im der Wesweseh;
Liken Reha deh mara es Bedi.288

Sintemahlen Reich, und Macht und
Lobpreisung von demselben dein ist (in) Ewigkeit
il Ebedi.

Bina beranki Padischahi, we Nirumendi, we
Sithaïsch es on tu est Ebed
der Ewigkeiten.

42. Dasselbe.

Nach Will. Chamber's Übersetzung in Gladwin's
Persian Monshee
.

Vater unser, der im Himmel bist,
Geheiliget und unentweihet sey Nahme dein;
Komme Reich dein;
Und Belieben dein gleichwie im Himmel
gethan ist, eben so auf Erde
auch gethan sey;
Tägliches uns heute Geschenk mach;
Und Vergehungen unsern Erlassung mach, gleich-
wie wir auch Schuldner unsere frey
wir haben;
Und uns in Prüfung nicht bring;
Sondern vom Teufel Befreyung mach.

Pederi ma ki ber Asmon-i,
Mukaades we muhtarem bod Nom tu;
Bijajed Malkut tu;
We Mersi tu tschünontschi der Asmon
ma'mul est, hemitschüuon ber Zemin
niz kerde bod;
Ruzi mara emruz 'Ata kön;
We Günahhai mara Reha kön, tschünon-
tschi ma niz Makruson mara ma'af
darim;
We mara der Azmaïsch mi jar;
Liken ez Eblis Chalas kön.289

Grund in dem dass Reich Und Macht und
Ruhm aus dem dir ist ewiglich und verewigtlich.

Bina be-ron-ki Malkut, we Kudret, we
Tschelal ez on tu est abeda we muebbedá. Amin.

Anmerkungen über alle drey Formeln.

Diejenigen Wörter, welche mit anderer
Schrift gedruckt sind, sind Arabisch, nur zuweilen
in der Biegung und Aussprache verschieden,
z. B. Mersi spricht der Araber Merti oder
Merdi aus.

Peder ma, Vater unser; aber Peder men in
der zweyten Formel ist Vater mein. Die persönlichen
Pronomina sind hier zugleich possessiva:
men, ich und mein; tu, du und dein, Dat.
und Accus. tura, oder tra, dir, dich, deinem,
deinen; ma, wir, uns und unser, Dat. und
Accus. mara, uns, unserm, unsern. Wenn ein
Pronomen folgt, so hängen die Perser dem Substantivo
in der Aussprache ein kurzes i an,
Pederi ma, in der dritten Formel; im Schreiben
lassen sie es weg.

Die Morgenländer sprechen die Vocale und
besonders das a eben so verschieden aus, als
die Engländer und andere Europäer. Daher
findet man in Europäischen Büchern Padar, Pader,
Peder, Vater, Pasar, Pesar, Peser, Beser,
Sohn. Das Persische an mit dem ruhenden Elif
lautet wie das Schwedische å, d. i. fast wie o,
und ist daher hier allemahl mit einem o ge-
schrieben: Asman, hier Asmon.

Asmon, Himmel, Plur. Asmonhaj. Ber Asmonhai
in der dritten Formel ist die mit dem290

Nennworte zusammen gezogene Conjugation
des Verbi seyn, welche aber nur mit diesem
einzigen Verbo Statt findet: ber Asmonem, im
Himmel bin, ber Asmoni, im Himmel bist, ber
Asmonest, im Himmel ist. In den beyden übrigen
Formeln stehet jedes besonders.

Bi-ajed, es komme. Bi ist die Nota Imperativi,
welche sowohl stehen als wegbleiben
kann. Ihr Vocal richtet sich nach dem des Zeitwortes.
Z.B. Statt kön (kon, kan, kun,) thue,
kann man das b des Imperatives vorsetzen, aber
nicht mit i, sondern mit ö, bokon.

Tschunontschi, wie; eigentlich tschun-on-tschi,
wie es als, Franz. d'après ce que. Hem-tschün-on,
zugleich wie es, d. i. so.

Kerde, gemacht, gethan, ist ganz das
Schwedische und Dänische gjort und gjort, das
Participium von gjore, machen, thun.

Im Ruz, em Ruz, diesen Tag, d. i. heute.
Ruzi, Tägliches, d. i. das tägliche Auskommen,
der tägliche Bedarf.

Ata-kön, in der dritten Formel, Geschenk
mache, d. i. schenke. Die Persischen Verba sind
meistens Umschreibungen mit machen, haben,
finden. Jagd machen, für jagen; Gnade finden,
für begnadigt werden. So auch in diesen Formeln:
kerde büwed, gethan sey, d. i. geschehe;
Reha kön, Erlassung mache, d. i. vergib.

In der fünften Bitte hiess es im Wheloc: mi
gusarim osman rnara. Aber das Osman ist ein
Schreibfehler, der sich aus dem Ozmaisch der
folgenden Zeile eingeschlichen hat

Mi-bachschim in der zweyten Formel, wir
vergeben. Mi ist der Character des Praesens.

Makrusan, Arab. Makrutan, Leute, die Zinsen
oder ein empfangenes Darlehn schuldig sind.291

Mi-jar in der dritten Formel, nicht bringe.
Me, mi ist der Character des verneinenden Imperatives.
In andern Modis und Zeiten wird
die Verneinung durch ne ausgedruckt, nedarim,
wir haben nicht.

Eblis im Arabischen und Persischen ist für
διαβολος, wie Bokrat für Hippocrates, und Aristo
für Aristoteles.

Bina ber-on-ki, Grund in dem dass, d. i. weil.

Das Tsemed in der ersten Formel soll vermuthlich
das Arabische Hemed oder Hemd,
Lob, seyn.

Der Schluss in der ersten und zweyten Formel
ebed il ebedi, abed el abadi, ist die im ganzen
Orient gewöhnliche Arabische Schlussformel.

Mundarten.

Dass es in dem weitläuftigen Persischen
Reiche, welches ursprünglich aus mehrern
ganz verschiedenen Völkern bestand, zahlreiche
Mundarten gegeben hat, und noch gibt, ist gewiss;
aber es ist sehr wenig von ihnen bekannt,
besonders von denen in Osten. Ardeschir in seinem
berühmten Worterbuche, und Seid Ahmed
aus Aintab in seinem zu Constantinopel 1800
gedruckten Persisch-Türkischen Wörterbuche
zählen vier ausgestorbene Mundarten des Parsi:
das Herwi oder Herad, in Herat und Khorassan,
welches zwischen Parsi und Pehlvi in der Mitte
stand; Segs oder Sagzi in Segestan; Seimt, deren
Sitz nicht genannt wird, undSogd in Sogdiana.
Ardeschir setzt noch das Azvaresch oder Huzvaresch
hinzu, welches sowohl den Wörtern als
grammatischen Bau nach eine Mischung von
Zend und Parsi gewesen, aber wohl nichts anders
als Pehlvi ist. Andere gedenken noch des
292Zabuli in Zabulistan, des Khuzi in Khuzistan,
Marwazi u. s. f. ohne etwas näheres von ihnen
anzugeben.

Als die Araber nach der Eroberung Persiens
die alten Feuerdiener verfolgten, flüchtete
ein Theil von ihnen nach Suratte oder Guzuratte
in Indostan, wo sie unter dem Nahmen der
Parsen noch fortdauern. Aber der Hauptsitz
des alten Feuerdienstes blieb in der südlichen
Provinz Kirman, welche schon Herodot unter
diesem Nahmen kannte, und zwar bey der Stadt
Yezd, nahe an dem Gebirge Elborz, wo sich
noch jetzt 6 bis 7000 Parsen aufhalten. Bey
den Mahomedanern heissen sie Guebri, Ghebern,
d. i. Ungläubige, und ihre Sprache Ghebri, nach
Hervas Behendina. Anquetil hält sie für eine
gemischte Sprache, welche sie sich selbst aus
Zend, Pehlvi und Parsi zusammen gesetzt haben
sollen. Dergleichen willkührliche Sprachbildung
ist wider alle Wahrscheinlichkeit und Analogie.
Allem Ansehen nach ist es die gewöhnliche
Sprache der Provinz Kirman, oder sonst
ein alter Dialect, welchen sie als Religions-
Sprache beybehalten haben. Die Parsi in Indien
kennen diese Sprache nicht, sondern
reden, so viel ich weiss, die Landessprache.

Die am Caspischen Meere gelegene Provinz
Gilan hat hat den Nahmen von den Gela, die
sich selbst so nennen, und die schon dem Herodot
und Strabo unter diesem Nahmen bekannt
waren. Bey ihren Nachbarn heissen sie Gelaky,
bey den Persern Galisch. Sie sind ein nomadisches
Hirtenvolk, halten sich mit ihren Herden
in den Gebirgen auf, und sollen eine eigene nur
ihnen bekannte Sprache reden. In den Thälern
wohnen die Ambarliner, von Ambar, ein Thal.
293Diese sind ächte Perser, und reden daher auch
einen Persischen Dialect, aus welchem Sam.
Gottl. Gmelin in seiner Reise in 4, Th. 3, S. 352
ein kleines Wörterverzeichniss gegeben hat.
Carl Hablizl schränkt sich in seinen Bemerkungen
über Gilan bloss auf die Naturgeschichte ein. In
der angrenzenden Provinz Masanderan herrscht
wieder eine andere Mundart.

Was für Sprachen oder Mundarten die
Awscharen in der Provinz Chorasan, die Bactiarier
und ihre Stämme Tschaharling und Eschling, die
Paddar in Schirwan (S. im vorigen bey Pehlvi,)
die Bajoten in Khurestan, die Chazaren in Astraband,
die Dargussier in der Provinz Khuarezn,
die Hassaraier, Moganzi am Flusse Aras, u. a. m.
reden, ist unbekannt. Bekannter ist der Kurdische
Dialect, daher ich von ihm besonders
handele.

c) Kurdisch.

Die Kurden, ein merkwürdiges Volk, deren
Hauptsitz in dem von ihnen benannten Kurdistan,
in Osten des Tigris auf den Grenzen des Türkischen
und Persischen Reiches ist, ausser welchem
sie aber auch in mehrern Provinzen beyder
Reiche, besonders in Mesopotamien und
Syrien, bis nach Georgien zerstreuet sind. Sie
sind grössten Theils Mahomedaner, und wie die
Araber, theils räuberische Nomaden, theils
wohnen sie in Dörfern und Städten. Diejenigen,
welche den Feldbau treiben, werden so wie die
Ackerbau treibenden Araber, Nabathaer genannt,
von Nabath, das Feld bauen. Man hat sie der
Herkunft nach bald für Scythen, bald für Chaldäer,
bald gar für Slaven ausgegeben. Güldenstedt
294halt sie für Turkomannen, und versichert,
dass sie mit den Tatarn in der Georgischen Provinz
Soncheti Verfassung, Sprache und Religion
gemein haben; allein das sind wahre Kurden
und keine Tatarn. Da sie das alte Assyrien und
besonder die Gordyäischen oder Karduchischen
Gebirge bewohnen, so könnten sie wohl noch
Nachkommen der alten Nord-Chaldäer seyn,
welche hier ehedem ihren Hauptsitz hatten.
Allein ihre Sprache beweiset, dass sie ächte Perser
sind, ob sich gleich die Zeit und Art, wenn
und wie sie hierher gerathen, nur vermuthen
lässt. Etwas über hundert Jahr vor dem Cyrus
verpflanzte der Assyrische Monarch Asserhaddon
seine Nord-Chaldäer nach Babylon. Cyrus eroberte
Assyrien, und gleich nach dessen Tode
fand Xenophon mit den 10000 Griechen in den
Gordyäischen Gebirgen schon Karducher, welche
er von dem westlichen Reste der Chaldäer genau
unterscheidet. Vermuthlich hatte also Cyrus
nach der Eroberung des Assyrischen Reiches
dieses ihm so wichtige Grenzgebirge mit einem
ihm ergebenen Volke besetzt, welches desto
nothwendiger war, da sich die Chaldäer durch
ihre Auswanderung nach Babylon geschwächt
haben konnten. Wie dieses hierher verpflanzte
Volk in seinem Vaterlande geheissen, ist unbekannt;
den Nahmen Kurden konnte es von seinem
Wohnsitze, den Gordyaischen Gebirgen haben,
dessen Bewohner bey den Griechen Karduchi,
und bey dem Plinius Konducni genannt
werden. Vermuthlich sind sie auch die Kyrten
des Strabo, deren er als Ausländer (μεταναςαι)
in Medien gedenkt, ob er sie gleich im folgenden
aus Armenien kommen lässt. Indessen
blieben in der Persischen Provinz Fars, wie es
295scheint, immer noch genug Kurden übrig.
Wenigstens schätzte der Arabische Reisende
Ibn Haukal, welcher zu Anfange des 10ten Jahrhunderts
lebte, und welchen Will. Ousely zu
London 1800 Englisch heraus gab, die Zahl
der zu seiner Zeit in dieser Provinz nomadisch
herum streifenden Kurden auf 500000 Familien.
Bekannt ist, dass die Ajubischen Kurden von
1172 bis 1254 und 1331 grosse Eroberungen in
Persien, Palästina, Syrien, Mesopotamien und
Arabien machten, die Staaten der Kreuzfahrer
zerstörten, und viel zum Untergange des Reiches
der Seldschucken beytrugen.

Sie sind auch noch jetzt ein sehr zahlreiches
Volk. Einer der neuesten Reisenden,
G. A. Olivier hörte von mehrern nur allein die
unter der Pforte lebenden Kurden auf eine
Million schätzen. Kurdistan, ihr jetziger Hauptsitz,
begreift das alte Assyrien und einen Theil
von Medien, und ist 25 Tagereisen lang und
2 bis 10 breit, Es ist unter fünf grosse Fürsten
vertheilt, welche nur dem Nahmen nach von
der Pforte und von Persien abhängig sind, und
deren jeder 12 und mehr tausend Mann stellen
kann. Die von Karatschiolan, Amadia und Dschesira
sind darunter die mächtigsten. Die Kurden
des erstern nennen sich Soran (Syrer?), die von
Amadia Badinan, die von Dschesira Bottan, und
die von Dschiulamerk Schambo. Unter ihnen
wohnen als Unterthanen über 100000 Christen,
von welchen die meisten Chaldäische Nestorianer
sind, aber auch viele Jacobiten und Armenier *)46.296

Ihre Sprache ist ein Persischer Dialect, der
aber so rauh, arm und ungebildet ist, als man
es von einem so rauhen Bergvolke erwarten
kann. Zugleich ist sie in mehrere Dialecte vertheilt,
deren es in Kurdistan vorzüglich drey,
unter den übrigen nomadischen Horden aber
noch mehrere gibt. Doch ist die Mundart von
Amadia, dessen Bewohner noch die gebildetsten
sind, die reinste und beste, nach welcherauch
die unten bemerkte Sprachlehre eingerichtet ist.
In öffentlichen Geschäften bedienen sie sich der
reinen Persischen Sprache. Ausser manchen
eigenen und manchen von Arabern, Chaldäern
und Türken entlehnten Wörtern, nachdem sie
diesem oder jenem Volke näher sind, kommt sie
sowohl, in den Wörtern als in den Formen und
dem grammatischen Bau mit der Persischen
überein, nur dass hier alles roher und ungebildeter
ist. Sie hat keinen Plural, auch keine
Biegung für die Declination, sondern die Casus
werden durch Partikeln, oder durch den aus
dem Arabischen erborgten Artikel ausgedruckt.
Ihnen fehlt auch das Verbum Substantivum seyn,
daher sie wie die Semiten bloss Subject und
Praedicat zusammen setzen. Die Conjugation
ist sehr einfach; sie kennet bloss zwey Tempora,
von welchen das eine aus dem Infinitiv bestehet
mit vorgesetzten Personen, ohne alle weitere
Biegung; so dass sie eigentlich nur Ein gebogenes
Tempus haben, welches mit dem Persischen
Aoristus überein kommt. Doch haben sie vier
Conjugationen, auch so wie die Perser eine verneinende
Conjugation mit vorgesetzten na *)47.297

Zu ihnen gehören auch sowohl dem Volke,
als der Sprache nach die Assidi oder Jesidi,
eigentlich eine Religions-Secte, welche aber
noch sehr unbekannt ist, in Mesopotamien, besonders
im Dorfe Kaderi in Norden von Mosul,
und in Persien. Nach Niebuhrs Reise, Th. 2,
S. 344 heissen sie auch Douassi. Nach des selten
zuverlässigen Bjornstohls Briefen, Th. 6, S. 119
sind sie Manichäer.

43. Kurdisch.

Aus Garsoni Gramm. Kurda, S. 283.

Vater unser, der wohnest über Himmel,
Heilig sey Nahme dein;
Gib uns Paradies dein;
Sey Wille dein im Himmel und auf Erde;
Heute und jeden Tag hinlängliches Brot gib uns;
Und vergib Sünden unsere wie wir vergeben jeden
der gethan hat uns Schaden oder Verdruss;
Und nicht wirf uns in Versuchung;
Sondern befreye uns vom Bösen.

Baber ma, ki derunit ser Asmàn,
Mukaddas bit Nave ta;
B'dei a ma Baehschte ta;
Debit Amrada ta, ser Asman ùser Ard;
Auto u ehr Ruz tera Nan bdèi a ma;
U afubeka Ghuna ma sibi am afubekem ehr
ki tschekiria a ma Zerer ia Zahhmet;
U na avesia ma naf Tegerib;
Amma kalasbeka ma ez Karabia.298

Anmerkungen.

Das Ganze ist Persisch, mit geringen Abweichungen,
z.B. afubeka, kalasbeka, statt afubekon,
kalasbekon. Bit, es sey, in der ersten
Bitte, ist das Persische büwed, bad. Auro, heute,
in der vierten, Pers. imruz; ehr, Pers. her.

Die Wörter Mukaddas in der ersten, Amrada
und Ard in der dritten, Zerer und Zahhmet,
in der fünften, und Tegerib, in der sechsten,
sind Arabisch, aber auch im Persischen üblich.

Die wenigen mit anderer Schrift gedruckten
sind unbekannt.

II. West-Asien.

1. Semitischer Sprach- und Völkerstamm

Einleitung.

Ein Stamm, welcher von den Grenzen Natoliens
und Armeniens an bis an das Indische
Meer, und von dem Mittelländischen Meere an
über den Tigris bis an Medien und die Provinz
Fars einen Umfang von fast 80000 Ouadrat-Meilen
beherrscht, und in diesem grossen Raume
Völker von allen Abstufungen der Cultur und
Lebensweisen darstellet. Nomadische Horden
in den Wüsten Arabiens und Mesopotamiens,
feldbauende Syrer und Araber, unstäte Hirten
und Feldbauer zugleich in dem ehemahligen Hebräer,
schwelgerische Pracht und manche nützliche,
aber noch mehr eitele Wissenschaft im
ehemahligen Babel, und blühender Handel und
Seefahrt im südlichen Araber und Phönicier.
Er ist die Wiege dreyer Religionen, welche sich
299von hier über alle drey Welttheile verbreitet haben,
der Mosaischen, Christlichen und Mahomedanischen;
alle drey in ihrer Art einzig, und
wegen des mehr oder weniger reinen Begriffes
von einem einzigen Gott merkwürdig. Dabey
hat er sich, mancher Abweichungen im Einzelnen
ungeachtet, in einer Zeit von 4000 Jahren,
so lange man ihn kennet, nicht so sehr verändert,
als so viele andere, welche in weit geringerer
Zeit bis auf den Nahmen und das Andenken
erloschen sind. Da wir ihm zugleich die
älteste Sprachprobe, und die frühesten Versuche
in der Geschichte zu danken haben, so hat man
ihn durch einen gewöhnlichen Irrthum lange für
den ersten und ältesten in der Welt gehalten,
der er doch nicht ist. Jetzt lebt er freylich nicht
mehr in seinem ganzen Umfange, indem einige
seiner Zweige ganz abgestorben sind, andere
nur noch kümmerlich athmen, und nur einer
der jüngsten in voller Kraft fortblühet. Ich
nenne die zu diesem Stamme gehörigen Sprachen
Semitische; nur dass man es mit der Genealogie
nicht zu genau nehme, indem auch Chamitische
Stämme daran Theil haben. Wenigstens
ist dieser Nahme, welchen Eichhorn zuerst gebraucht
hat, bestimmter und schicklicher, als
wenn man sie nach der Sitte unserer Väter orientalische
oder morgenländische Sprachen nennet,
deren es ja weit mehrere von ganz verschiedener
Art gibt. Sie theilen sich in drey Haupt-Dialecte,
den Aramäischen in Norden, den Cananitischen
in der Mitte, und den Arabischen in Süden,
welche sich ungefär so gegen einander
verhalten, wie das Nieder-Deutsche zu dem
Mittel-Deutschen, und dieses zu dem Hoch-Deutschen.300

Die Araber waren die ersten Semiten, welche
bald nach ihrer Verbreitung die Sprache
ihres Korans auf feste Regeln zurück zu führen
suchten, um sie dadurch vor der Ausartung und
Vermischung zu bewahren. Sie nahmen dabey
die schlechten Griechischen Sprachlehren zum
Muster, und da auch sie keine besseren Köpfe
mitbrachten, so konnte ihre Nachbildung auch
nicht besser gerathen. Nach ihrem Vorgange
fingen auch die Juden gegen die Mitte des zehnten
Jahrhunderts an, ihre seit fast anderthalb
Jahrtausenden ausgestorbene Hebräische Sprache
grammatisch zu bearbeiten; aber da sie ein
schlechtes Muster mit noch schlechtern und mit
kabbalistischen Grillen angefüllten Köpfen nachahmten,
so konnte ihre Sprachlehre nichts anders
werden, als was sie ward, ein Haufe unphilosophischer
Grillen und pedantischer Thorheiten.
Dessen ungeachtet baueten die christlichen
Sprachlehrer bey der Wiederherstellung
der Wissenschaften auf diesem lockeren Grunde
fort, und vermehrten die Jüdischen Grillen oft
mit neuen; bis endlich unter Alb. Schultens das
morgenländische Sprach-Studium eine etwas
bessere Gestalt gewann. Aber auch nur eine
etwas bessere; denn mehrere willkührliche und
unhaltbare Lehren leben auch seit dem noch
immer in den Semitischen Sprachlehren fort.
Ich nenne darunter nur die von den zweysylbigen
Wurzeln, welche aller gesunden Sprach-Philosophie
in das Angesicht widerspricht. Die
unläugbaren Wurzelwörter Ab, Vater, Ken,
Sohn, Kol, alle, u. s. f. sollen von den Verbis
Abah, voluit, Kanah, aedificavit, weil der Sohn
das Haus bauet, Kalal, circumdedit, herstammen,
301und wenn sich kein Verbum will zwingen
lassen, so erdichtet man eins. Die dritte Person
des Perfecti ist sowohl dem Begriffe als der
Form nach abgeleitet, und doch soll sie die
Wurzel aller übrigen Wörter, und selbst der
einsylbigen seyn; gerade so, als wenn man den
Vater von seinem Enkel wollte abstammen lassen.
Von nicht besserm Gehalte ist die Lehre
von Versetzung und Verwandelung der Buchstaben,
welche zu tausend Ungereimtheiten führen
kann, die ungeschickte Benennung der abgeleiteten
Formen mit dem Nahmen der Conjugationen,
u. s. f. Es ist zu hoffen, dass der
wohlthätige Sprach-Genius, welcher schon so
manche andere Sprachlehre umgeschaffen hat,
sich auch einmahl der Semitischen erbarme;
dann wird unter andern auch die jetzt so widersinnige
Lehre von der Ableitung der Wörter, und
ihrer Bedeutung, selbst zum Vortheil der Bibelerklärung
eine der Vernunft und Philosophie gemässere
Gestalt gewinnen. Der Ritter Michaelis
fing in den letzten Jahren seines Lebens bereits
an, an den zweysylbigen Wurzeln zu zweifeln,
und wenn er seine versprochene ausführliche
Hebräische Sprachlehre erlebt hätte, so würde
er sie vielleicht völlig verlassen haben.

Da die Sprachen dieses Stammes seit drey
Jahrhunderten dessen ungeachtet so fleissig bearbeitet
worden, so werde ich bey ihrer Litteratur
desto kürzer seyn, und mich auf das
neueste und vornehmste einschränken. Unschicklich
ist es, wenn manche Schriftsteller
auch das Persische und Armenische hierher ziehen;
indem beyde Sprachen von den Semitischen
ganz verschieden sind.302

Litteratur der sämmtlichen Semitischen Sprachen.

Die sämmtlichen oder doch die meisten Semitischen
Sprachen umfassen:

Briani Waltoni diss. de linguis orientalibus;
vor seiner Polyglotte, auch im Apparatu biblico,
Zürch, 1673. Einzeln von Jo. Aug. Dathe, Leipzig,
1778, 4.

Aug. Pfeiffers Critica sacra, s. de natura, usu
et subsidiis linguarum Orientalium omnium
. Dresden
und Leipzig, 1680, 8; mehrmahls aufgelegt,
zuletzt Altorf, 1751, 8. Betrifft so wie
Wahls folgende Geschichte die meisten übrigen
Asiatischen Sprachen.

Deguignes Mémoire historique et critique sur les
Langues orientales
; in den Mémoires de l'Acad. des
Inscript
. Th. 37.

Bonif. Finetti trattato della lingua Ebraica,
e sue affine, Rabbinica, Caldaica, Syra, Samaritana,
Fenice e Punica, Arabica, Aethiopica ed Amharica
.
Venedig, 1756, 8.

Jo. Adam Tingstadii diss, de natura et indole
linguarum orientalium communi
. Upsal, 1770, 4.

Sam. Frid. Günth. Wahl's allgemeine Geschichte
der morgenländischen Sprachen und Litteratur
. Leipzig,
1784, 8.

Carl Gottlob Antons Versuch, das zuverlässigste
Unterscheidungszeichen der orientalischen und
occidentalischen Sprachen zu entdecken
. Leipzig,
1792, 8.

Des Prof. Heeren schöne Vorlesung über die
Semitischen, Persische und verwandten Sprachen;
in den Götting. gel. Anzeigen, 1795,
No. 72.303

Guil. Postelli linguarum duodecim characteribus
differentium Alphabetum, introductio ac legendi modus
longe facillimus
. Paris, 1538, gr 4. Die
erste und beste Schrift dieses nachmahligen groben
Schwärmers, ob sie gleich kein grösseres
Verdienst hatte, als dass sie die Liebe zu den
morgenländischen Sprachen erwecken half.

Thesei Ambrosii introductio in Chaldaicam linguam
Syriacam atque Armenicam et X alias linguas
.
Pavia, 1539, 4; trug dazu noch mehr bey, obgleich
nur von dem Chaldäischen, Syrischen
und Armenischen mit einiger Umständlichkeit
gehandelt wird. Der Verfasser hatte dem Postellus
manches von dem seinigen mitgetheilt.

Petri Victorii Palmae paradigmata de IV linguis
orientalibus praecipuis, Arabica, Armenica, Syra.
Aethiopica
. Paris, 1596, 4.

Christi. Ravis Discourse on the original tongues,
viz. Ebrew, Samaritan, Calde, Syriac, Arabic and
Aethiopic, together with a general Grammar of the
said tongues
. London, 1648, 12.

Briani Waltoni introductio ad lectionem linguarum
orientalium Hebraicae, Chaldaicae, Samaritanae,
Syriacae, Arabicae, Persicae, Armenicae, Copticae
.
London, 1653, 12.

Jo. Henr. Hottingeri Grammatica IV linguarum
Hebraicae, Chaldaicae, Syriacae et Arabicae
. Heidelberg,
1659, 4.

Jo. Ern. Gerhardi harmonia linguae Chaldaicae,
Syriacae, et Acthiopicae; bey Wilh. Schickardi Institutt.
linguae Ebreae
, Jena, 1693, 4.

Ge. Otho Synopsis institutionum Samaritanarum,
Rabbinicarum, Arabicarum, Aethiopicarum et Persicarum
.
Marburg, 1699, 8. Frankf. am M. 1701, 8; 1717, 8.304

Ge. Otho Palaestra linguarum orientalium,
nempe Chaldaicae, Syriacae, Samaritanae, Arabicae,
Aethiopicae, Persicae, cum versione Latina
. Frankf.
1702, 4.

Grammatica Aethiopica Joh. Henr. Maii, Hebraicae,
Chaldaicae, Syriacae, atque Samaritanae
linguarum institutio harmonica Jo. Phil. Hartmanni
.
Frankf. am M. 1707, 4.

Sam. Frid. Bucheri thesaurus Orientalis, s. compendiosa
et facilis methodus linguarum Hebraicae,
Chaldaeo-Targumicae, Talmudico-Rabbinicae, Syriacae,
Samaritanae, Arabicae, Persicae
. Frankf. u.
Leipzig, 1725, 4.

Jac. Scherking Nyckelen til de fyra Oriental
Spraken, Hebraik, Chaldaik, Syriak, och Arabisk
.
Skara, 1754, 8.

J. G. Kals Grammatica Hebraeo-harmonica,
cum Arabica et Aramaea
. Amsterdam, 1758, 8.

J. Gottfr. Hasse practischer Unterricht über die
gesammten orientalischen Sprachen
. Jena, 1786 bis
1793, 4 Theile in 8.

— — — Lectiones Syro-Arabico-Samaritano-Aethiopicae.
Königsb. u. Leipz. 1788, 8.

Innoc. Fessler Institutiones linguarum orientalium,
Hebraicae, Chaldaicae, Syriacae et Arabicae
.
Breslau, 1787, 1789, 8. 2 Theile.

Jo. Severin Vaters Handbuch der Hebräischen,
Syrischen, Chaldäischen und Arabischen Grammatik
.
Leipzig, 1802, gr. 8.

Val. Schindleri Lexicon pentaglotton Hebraicum,
Chaldaicum, Syriacum, Thalmudico-Rabbinicum et
Arabicum
. Hanoviae, 1612, f. London, 1635, f.
Frankf. 1653, f. Eb. 1695, f.305

Jo. Henr. Hottingeri Etymologicon Orientale s.
Lexicon harmonicum heptaglotton Hebraicum, Chaldaicum,
Syriacum, Arabicum, Samaritanum, Aethiopicum
et Thalmudico-Rabbinicum
. Frankf. 1661, 4;
Zürch, 1664, 4.

Edm. Castelli Lexicon heptaglotton. London,
1669, f. 2 Voll. eigentlich zur Englischen Polyglotte
gehörig; worin das Syrische das beste,
das Hebräische vorzüglich gut, das Samaritanische
aber das schlechteste ist. Das Persische hat
sein eigenes Alphabet.

Jo. Frid. Nicolai hodegeticum orientale harmonicum,
i. e. Lexicon Hebraicum, Chaldaicum, Syriacum,
Arabicum, Aethiopicum et Persicum
. Jena,
1670, 4; und unverändert unter dem Titel:
Critica sacra, Frankf. u. Hamburg, 1686, 4.

Allgemeiner Character der Semitischen Sprachen.

1. Die Wörter dieser Sprachen sind theils
einsylbig, theils und zwar am häufigsten mehrsylbig.
Die letztern entstehen theils durch die
Biegung, theils durch die Ableitung. In beyden
hat der Semit mehr Mannichfaltigkeit, als
irgend eine andere bekannte Sprache. Zusammen
gesetzte Wörter hat er nicht, ausser in
eigenen Nahmen; daher ist es ihm unmöglich,
unser grundlos, lichtscheu, himmelblau u. s. f. durch
Ein Wort auszudrucken.

2. Die Buchstaben der Semiten sind der
Schrift nach insgesammt Consonanten. Die Vocalen
werden durch besondere Zeichen über
oder unter den Consonanten ausgedruckt.

3. Die Semitischen Sprachen unterscheiden
sich von den Europäischen durch mehrere
Kehllaute, welche verschiedene Abstufungen,
306und darunter stärkere, als das Deutsche ch haben.
Die Zischlaute sind allmählig, besondere
in dem Arabischen angewachsen, so dass letztere
ihr Alphabet, welches ehemahls, wie das Hebräische,
nur 23 Buchstaben hatte, mit 5 neuen
vermehren mussten. Doch ist der besondere
Zischlaut einiger Buchstaben im Arabischen
nicht allgemein. Z. B. das g (Gim) wird gewöhnlich
wie dsch, hingegen in Aegypten wie
das Deutsche g vor a, ound u ausgesprochen.
Eben so das neue t (Tse) hier wie ts oder s, dort
wie t. Die Semitischen Sprachen haben kein p,
obgleich die Jüdischen Grammatiker das Hebräische
Fe oder Pe bald wie f, bald wie p aussprechen
lehren; sondern nur das ph oder vielmehr f.
Daher bey den Arabern Aflaton statt
Plato, Fithagorres statt Pythagoras.

4. Der Ton ruhet entweder auf der letzten,
oder auf der vorletzten, oder auch auf der
zweyten Sylbe vom Ende.

5. Den Artikel haben die Hebräer und Araber
am Anfange des Worts, wie die Deutschen,
die Chaldäer und Syrer aber am Ende, wie die
Scandinavier.

6. Die Substantiva sind entweder männlichen
oder weiblichen Geschlechts. Neutra
gibt es hier nicht.

7. Es gibt keine eigentliche Declination
nach Art der Lateinischen Sprache, sondern die
Casus werden entweder durch vorgesetzte einzelne
Buchstaben, z.B. l, b oder durch abgesonderte
Praepositionen, oder überhaupt durch
die Beziehung des Substantives auf das Verbum
bestimmt.

8. Die Semiten haben einen Singular,
Dual und Plural, sowohl in Nennwörtern als
307Verbis; in den letztern die Araber. Diese haben
nicht nur eine allgemeine Form des Plurals
für jedes Masculinum, welcher sich auf un, und
in den Casibus obliquis auf in endigt, so wie für
jedes Faemininum die Endung ath; sondern sie
bedienen sich auch noch 25 anderer Formen,
eine grosse oder kleine Menge des Substantives
zu bezeichnen. Man nennt diess den gebrochenen
Plural; z. B. Radschol, der Mann, Radscholun,
die Männer im gewöhnlichen Plural. Eben so
Kabal, Kabalun. Nach dem gebrochenen Plural
hingegen kann das Wort Kabal folgende Formen
bekommen: Kobl, Kobal, Kobhal, Kobol, Kobul,
Kebal, Kebál, Kawabel, Kabajel, Keblan, Koblan,
Kobla, Akbal, Akbol, Akbela, u. s. f.

9. Das Adjectivum ist im Genere und Numero,
wie das Substantivum. Soll es ein Adverbium
ausdrucken, so bekommt es im Arabischen
die Endung an.

10. Der Semitische Comparativ wird durch
eine Praeposition ausgedruckt; z. B. diess Papier
ist breit vor jenem, statt breiter als jenes. Der
Superlativ entweder durch Wiederhohlung,
z. B. gut gut, oder durch Umschreibung, sehr
gut u. s. f. oder im Arabischen durch ein a am
Anfange des Wortes; welches a auch bey dem
Comparativ, der folgenden Praeposition ungeachtet,
gebraucht wird.

11. Die persönlichen Pronomina haben
Genus und Numerum, wie es nicht in allen
Sprachen gebraucht wird. Ich und wir werden
von beyden Geschlechtern gebraucht; die übrigen
sind nach dem Geschlechte verschieden.
Das Possessivum wird dem Substantivo, und
das personale dem Verbo hinten angehängt, so
dass beyde nur Ein Wort ausmachen. S. das
308V. U. Das Relativum wird folgender Gestalt
construirt: Der Ort, welch ich bin an ihm, statt,
an welchem ich bin. Diese Construction haben
auch die Engländer.

12. Das Verbum ist nach den Semitischen
Sprachlehren das Wurzelwort, von welchem die
Substantiva durch besondere Biegung, oft freylich
gezwungen genug, abgeleitet werden. Es

hat ein Praeteritum, Futurum, Infinitivum,
Participium activum und passivum.

13. Jede Person, ausser der ersten im Singular
sowohl als Plural, hat zwey Genera, welche
im Praeterito durch eigene Endungen, im
Futuro aber, ausser den Endungen, noch durch
besondere Buchstaben am Anfange des Wortes
unterschieden werden.

14. Die in andern Sprachen gewöhnlichen
Tempora, z.B. Imperfectum, Plusquamperfectum,
Aoristus, u. s. f. werden bloss durch das
Praeteritum und Futurum, aber in Verbindung
mit andern Wörtern dennoch bestimmt genug
ausgedruckt. Z. B. er schrieb, wird im Arabischen
so ausgedruckt: er ist gewesen er wird schreiben.
Die Construction und der Gebrauch einiger
Partikeln oder Conjunctionen bestimmen
diesen Unterschied der Zeiten hinlänglich.

15. Die Semiten kennen weder den Conjunctiv
noch den Optativ, sondern behelfen
sich bloss mit dem Indicativ. Nur die Aethiopier
haben einen Conjunctiv.

16. Das Passivum unterscheidet sich von
dem Activo bloss durch die Vocale; da aber
diese selten beschrieben werden, so wird der
Unterschied meistens aus der Construction und
dem Zusammenhange errathen, z. B.Katal, er
309hat getödtet, Kotal, er ist getödtet worden.
Zweydeutigkeit zu vermeiden, setzt der Araber
in seiner Handschrift da und dort den Vocal auf
einzelne Buchstaben, oder er fügt mit Worten
bey: der erste Buchstab hat ein Damma (ein o),
der zweyte hat ein Fathah (ein a), wenn nehmlich
das Wort Ktl nicht Katal, sondern Kotal gelesen
werden soll.

17. Ganz eigen sind dem Semiten gewisse
Modifikationen des Verbi, wo mit dem Hauptbegriffe
desselben gewisse Nebenbegriffe verbunden
werden, und wodurch es mehrere Formen
bekommt, die man jedoch nicht wohl Conjugationen
nennen kann, weil man unter diesen
gewöhnlich nur Wörter-Classen, nicht Begriffs-Classen
verstehet. Z. B. schlagen, schlagen lassen,
sehr schlagen, so schlagen dass man auch
zugleich geschlagen wird, (Engl. boxen) sich
selbst schlagen, Lust zu schlagen haben, u. s. f.
Solcher Formen haben die Hebräer 7 (ihre Passiva
mit eingeschlossen), die Chaldäer 8, die
Syrer 8, die Araber 13 (ihre Passiva nicht mitgerechnet),
die Aethiopier 10. Jede derselben
wird nach dem Geschlecht und der Zahl der
Personen, so wie nach den Temporibus und
Modis gleichförmig flectirt. Hier ist z. B. das
Arabische Wort Katal, er hat getödtet, nach
seinen 13 Formen: Katal, Kattal, Katal, Aktal,
Takattal, Takatal, Enkatal, Aktatal, Aktall, lstaktal,
lktall, Iktautal, Iktawwal. Von jeder dieser Formen
werden Substantiva abgeleitet. Welcher
Reichthum! Etwas ähnliches, doch bey weitem
nicht in dem Masse, haben auch andere Sprachen.
Z. B. im Deutschen lachen, lächeln, es
lächert mich; im Lat. pario und parturio, venire
und ventitare.310

18. Die Participia activa und passiva werden
wie in andern Sprachen gebraucht.

19. Die Verneinung geschiehet durch eigene
Wörter und Partikeln, wie in andern
Sprachen.

20. Der Syntax ist sehr einfach und natürlich,
zumahl da wegen Ermangelung der Casuum
Nominis keine so harte Inversionen statt
finden können, wie im Lateinischen und einigen
andern Sprachen. Die Araber haben jedoch
das besondere, dass ein Masculinum plurale mit
einem Verbo im Fäminino Singularis verbunden
werden kann, wie wenn man im Lateinischen
setzte: hi homines loquuta est; welches man jedoch
so auflösen kann: diese Menge Menschen hat
gesprochen.

A. Nord-Semitisch oder Aramäisch.

Aram bezeichnet bey den biblischen und
Syrischen Schriftstellern das ganze nördliche
Drittel des Semitischen Völkerstammes, von
dem mittelländischen Meere an bis an die Medische
und Persische Grenze, und in Norden
von Klein-Asien und Armenien an bis an Palaestina.
Die Syrer selbst theilen diesen weitläuftigen
Landesstrich in zwey Hälften, und
nennen Babylon oder Chaldäa und Assyrien den
Orient, Syrien und Mesopotamien aber den
Occident. Nach diesem Vorgange zerfällt das
Aramäische in zwey Theile, in das Ost-Aramäische
oder Chaldaische, und in das West-Aramäische
oder Syrische. Nur scheinet es, dass in den ältesten
Zeiten der Euphrat beyde Mundarten
schied, indem Mosis (Nord-) Chaldäa sich südwärts
nicht undeutlich bis an Sinear oder Babylon,
311dem nachmahligen Süd-Chaldäa erstreckte,
und sowohl Ur als Charran bey ihm noch in
Chaldäa lag. Allein unter den Seleuciden, als
Syriens Macht und Sprache sich auf allen Seiten
verbreitete, scheinen beyde sich auch des grössten
Theils von Mesopotamien bemächtiget zu
haben; wenigstens blüheten hier in den spätern
Zeiten die Syrischen Academien zu Nisibis und
Edessa (Mosis Ur), und in den ersten Jahrhunderten
nach Christi Geburt mehrere Syrische
Bisthümer. Daher rühret es denn auch wohl,
theils, dass in diesen Gegenden noch jetzt das
beste Syrische gesprochen wird, theils dass auch
in den übrigen Gegenden das einheimische Chaldäische
sehr mit dem eingewanderten Syrischen
vermischt ist, wie aus den von der Propaganda
heraus gegebenen Religions-Schriften erhellet,
z. B. Dottrina Cristiana in Caldea. Rom, 1665, 8.

Indessen ist der Unterschied beyder Mundarten
nicht gross, und bestehet ausser einigen
eigenen Wörtern und Bedeutungen, vornehmlich
in den Vocalen und der Stellung des Tones.
Die breitern Syrer sprechen statt des Chaldäischen
a und o gern ein o und au, setzen auch
den Ton auf die vorletzte Sylbe, wenn der Chaldäer
ihn auf die letzte setzt. Nach Michaelis
wird das Chaldäische im Daniel Syrisch, wenn
ein Deutscher oder Pohlnischer Jude es lieset,
und das Kametz wie o, das Cholem aber wie au
u. s. f. ausspricht.

Die Syrer rechnen zwar auch noch Palästina
mit zu Aram, allein bloss weil sie sich unter
den Seleuciden desselben bemächtigten; der
Sprache nach gehöret es nicht dahin.

Von den Hülfsmitteln für beyde Dialecte
zugleich nenne ich nur folgende:312

Imman. Tremellii Grammatica Chaldaea et Syra.
Heidelb. 1596, 4; bey seinem Griechischen, Syrischen
und Lateinischen N.T.

Jo. Buxtorfii Grammatica Chaldaea et Syra.
Basel, 1615, 8; Eb 1650, 8.

Grammatica Aramaea, h. e. Chaldaicae et Syriacae
elementa
. Bremen, 1616, 8.

Jo. Casp. Myricaei Grammatica Syro-Chaldaea.
Genf, 1619, 4.

Herm. Nicolai Idea linguarum Aramaearum per
comparationem unius cum altera, et utriusque cum
Hebraica
. Kopenhagen, 1627, 8.

Thom. Erpenii Grammatica Chaldaica et Syriaca,
Amsterdam, 1628, 8.

Jo. Ern. Gerhardi Sciagraphia linguae Syro-
Chaldaicae
. Halle, 1649, 4.

Andr. Sennerti Chaldaismus et Syriasmus, hoc
est, praecepta utriusque linguae
. Wittenberg,
1651, 4.

Jo. Henr. Hottingeri Grammatica Chaldaeo-Syriacae,
cum triplici appendice, Chaldaea, Syra et
Rabbinica
. Zürch, 1652, 8.

Jo. Wilh. Hilliger summarium linguae Aramaeae,
i. e. Chaldaeo-Syro-Samaritanae
. Wittenberg,
1679, 4.

Car. Schaaf opus Aramaeum, complectens Grammaticam
Chaldaico-Syriacam
, etc. Leiden, 1686, 8.

Jac. Alting Synopsis institutionum Chaldaicarum
et Syrarum
. Frankf. am M. 1692, 8; Eb. 1701, 8.

Jo. Gottfr. Hasse practisches Handbuch der Aramäischen
oder Syrisch-Chaldäisch-Samaritanischen
Sprachlehre
. Jena, 1791, 8; der dritte Theil
seines practischen Unterrichtes.

J. Jahn Aramäische oder Chaldäische und Syrische
Sprachlehre für Anfänger
. Wien, 1793, gr. 8.313

Guid. Fabricii Boderiani Dictioniarium Syro-Chaldaicum.
Antwerpen, 1573, fol. In der Antwerper Polyglotte.

Jo. Buxtorfii fil. Lexicon Chaldaicum et Syriacum.
Basel, 1622, 4; Eb. 1648, f.

a) Ost-Aramäisch oder Chaldäisch.

(1) Nord-Chaldäisch.

Die Chaldäer, Hebr. Chasdim, welchen Nahmen
sie von Chesed, Nachors Sohn, haben sollen,
bewohnten schon in den frühesten Zeiten den
nördlichen Theil von Mesopotamien, das nachmahlige
Süd-Armenien, und zwar vorzüglich
den gebirgigen Theil, welcher unter dem Nahmen
des Masischen oder Moschischen Gebirges
(Mosis Mosch, 1 Mos. 10, 23) bekannt ist, und
jetzt Tschudi genannt wird. Moses kennt in seiner
Völkertafel keine Chaldäer oder Chasdim,
daher er sie entweder unter dem schon gedachten
Nahmen Mosch, oder auch unter dem Nahmen
Arphachsad, richtiger Arpha-Chasd, Grenze
der Chasdim, begriffen zu haben scheinet.
Beyde erklärt er ausdrücklich für Abkömmlinge
Arams, folglich für Semiten. Dieses Gebirge
liegt in Westen des Tigris, und ist eine Fortsetzung
des auf der andern Seite in Osten liegenden
Gordyäischen Gebirges, welches den
nördlichen Theil des ehemahligen Assyrien ausmachte.
Es scheinet, dass auch dieses in den
frühesten Zeiten von Chaldäern bewohnt worden,
ehe sie von den heutigen Kurden verdrängt
wurden; doch davon hernach. Die westlichen

Chaldäer scheinen sich länger behauptet zu haben,
bis sie unter den Seleuciden von den Syrern
314unterdrückt wurden, welche zu Nisibis und
Edessa, beyde in dem ehemahligen Chaldäa, berühmte
Schulen anlegten. In den ehemahligen
Moschischen Gebirgen im heutigen Gross-Armenien
gibt es noch ein Gebirge Tscheldir und
einen District Tscheldiran, welche an den Nahmen
ihrer ehemahligen Besitzer, die Chaldäer,
erinnern. Jetzt wohnen daselbst die Sekmanen,
welche auch Denbelis heissen, und aus Syrien
hier eingewandert seyn sollen.

Aus diesen Gebirgen verbreiteten sich die
Chaldäer sehr frühe als Nomaden südwärts, bis
an die Grenze von Sinear oder Babylon. Tharah,
Abrahams Vater, stammte aus der Gegend
Ur in Chaldää, und wandte sich von da nach
Charran. Schon zu Hiobs Zeit erscheinen die
Chaldäer als nomadische Räuber, welche aus
Mesopotamien solbst über den Euphrat streifen
und Hiobs Herden rauben. Moses erklärt dieses
Volk mehrmahls (1 Mos. 25, 20, Kap. 28, 5)
ausdrücklich für Aramäer, daher auch ihre Sprache
Aramäisch, obgleich ein eigener für sich bestehender
Dialect war. Als Laban und Jacob,
1 Mos. 31, 47, zum Andenken ihres Bundes einen
Haufen Steine errichteten, nannte Laban, als
ein Chaldäer, denselben auf Chaldäisch Jegar
Sahadula, Hügel des Zeugnisses, Jacob aber,
der sich in Canaan schon an die Cananäische
Mundart gewöhnet hatte, Gal Ed, Hügel des
Zeugen, woraus nachmahls Gilead ward. David
hatte viel mit einem Könige zu Zoba, dem nachmahligen
Nisibis, zu streiten. Dieses liegt am
Fusse der Moschischen Gebirge, und vielleicht
waren die damaligen Könige von Zoba selbst
Chaldäer, obgleich die Schrift das Land nur mit
dem allgemeinen Nahmen Aram belegt.315

Seit Jacobs Zeit wird der Chaldäer mehrere
Jahrhunderte lang nicht weiter gedacht. Indessen
scheinen sie den Kern des nachmahligen
Assyrischen Reiches ausgemacht, und den vornehmsten
Theil an dessen Eroberungen gehabt
zu haben. Wenigstens eroberte der Assyrische
König Asserhaddon, welcher für den Sardanapal
der weltlichen Geschichte gehalten wird, und
673 vor Chr. zur Zeit des Königes Manasse in
Juda lebte, mit ihnen Babylon, und besetzte
nicht allein diese neue Eroberung mit ihnen,
unter einem Zinskönige oder Statthalter aus
ihrer Nation, sondern verpflanzte auch von
ihnen, wahrscheinlich unter dem B. Esra 4 genannten
Asnappar, eine Colonie in die damahls
fruchtbare Ebene zwischen dem untern Euphrat
und der Arabischen Wüste, Babylon gegen
über; wahrscheinlich, seine neue Eroberung
gegen die Araber, als ehemahlige Beherrscher
Babylons, zu decken. Die spätere weltliche
Geschichte ist hier sehr mangelhaft und verworren,
allein die gleichzeitige biblische gibt mehr
Licht. Ezechiel nennt Kap. 23, 15 die Chaldäer
ein neues unbekanntes Volk mit rothen Turbanen,
dessen Vaterland Chaldäa sey. Noch bestimmter
sagt Esaias, Kap. 23, 13: „die Chaldäer
seyen noch vor kurzem kein Volk gewesen;
die Assyrer hätten es eingedämmet, und
es den Bewohnern der Wüste (zur Rechten
des Unter-Euphrats) geschenkt; sie hätten die
herum irrenden Horden des Volks in stehende
Wohnungen verwandelt, und die Palläste des
Landes gebauet.” Vermuthlich liessen sie sich
um eben dieselbe Zeit im südlichen Mesopotamien
am Flusse Chabor nieder; wenigstens fand
Ezechiel Kap. 1, 3 auch daselbst Chaldäer.316

Alles dieses ist so klar, dass man sich billig
wundern muss, wie der sonst so hell sehende
Ritter Michaelis, bloss um der geglaubten barbarischen
Beschaffenheit einiger Chaldäischer
Nahmen willen, welche sich nicht aus dem Hebräischen
wollten erklären lassen, diese Babylonischen
Chaldäer für ein fremdes aus Norden
her eingedrungenes Volk halten konnte; denn
die ältern Chaldäer im nördlichen Mesopotamien
konnte er nicht verkennen, nur läugnete er,
dass sie mit den spätern Babylonischen Chaldäern
ein und eben dasselbe Volk ausmachten.
Er war dabey ungewiss, zu welchem Volksstamme
er sie rechnen sollte, und rieth dabey
anfänglich auf die Slaven, dann auf die Scythen,
und zuletzt auf die Chalyber am schwarzen
Meere, welche er aber endlich auch aufgab,
und unentschlossen blieb, dagegen Schlözer
und andere die Kurden in Vorschlag brachten.

Die in den Chaldäischen Nahmen so oft
vorkommende Endung zar brachte ihn zuerst
auf den Gedanken, ob sie nicht Slaven gewesen
seyn möchten *)48. Der grosse Sprachgelehrte
Büttner, dem er seine Vermuthung mittheilte,
bestätigte ihn nicht allein darin, sondern erklärte
auch den Nahmen Nebucadnezar aus dem
Slavischen durch Nebje-kad-zenui-tzar, von dem
Himmel gesetzter Herr. Der ältere Forster trieb
die Sache noch weiter, und wollte alle Chaldäische
Nahmen aus dem Slavischen erklären, aber
der unnatürliche Zwang, welchen er dabey
nicht allein den Wörtern, sondern auch dem
317gesunden Menschenverstande anthun musste,
z. B. Beltschazar von Byt-tesch-tzar, war auch
ein Fürst, hätte ihn und andere auf immer von
einem so unglücklichen Gedanken abschrecken
sollen. Das fühlte auch Michaelis, der ohnehin
kein Freund von solchen etymologischen Spielereyen
ohne Unterstützung der Geschichte war,
daher gab er die Slaven auf; zumahl da auch
Schlözer sich feyerlich wider dieselben erklärte *)49.

Michaelis fiel nunmehr auf die Scythen,
welche er auch in seinen Anmerkungen zu den
Propheten beständig für die Chaldäer der Schrift
hält. Wahr ist es, um eben die Zeit, als die
Chaldäer nach Babylon versetzt wurden, thaten
die Scythen den bekannten Einfall in das obere
Asien, und bemächtigten sich nicht allein Mediens,
sondern auch der Städte Bethuel und
Askalon in Palästina und Syrien, kamen also
dem Jüdischen Lande nahe genug, die Propheten
auf sie aufmerksam zu machen. Die furchtbaren
Beschreibungen, welche Esaias, Jeremias
und Habacuk als Dichter von den ihnen so nahen
Chaldäern machten, konnte leicht eine Verwechselung
derselben mit den um eben die Zeit
einbrechenden nordischen Barbaren veranlassen.
Allein die Scythen scheinen auf keine bleibende
Eroberung, sondern bloss auf Streifzüge, Raub
und Brandschatzungen abgezielet zu haben, daher
sie auch weder den Cyaxares in Medien,
318noch sonst einen König, so viel man weiss, absetzten,
und als sie nach einem 28jährigen
Raubkriege 606 vor Chr. in Medien in Einer
Nacht ermordet wurden, verschwinden sie auf
Ein Mahl aus Ober-Asien und dessen Geschichte;
dagegen gerade um diese Zeit Nebuchodonosor
mit seinen Chaldäern seine Eroberungen am
weitesten trieb, und unter andern auch Juda
besiegte.

Michaelis sahe das bald selbst ein, aber da
die Chaldäer nun doch einmahl Ausländer seyn
sollten, so fiel er jetzt *)50 auf die Chalyber am
schwarzen Meere, ohne dazu einen andern
Grund zu haben, als einige Ähnlichkeit der
Nahmen. Der für diesen Zeitpunct so späte
Strabo nennet nach der Unart unkritischer Griechen,
welche fremden Völkern so gern nach
ihren äussern Umständen Nahmen gehen, ohne
sich um ihre Verwandtschaft und Sprache zu
bekümmern, die Mesopotamischen Chaldäer
wegen ihrer Eisenbergwerke Chalyber. Aus eben
der Ursache hat er auch Chalyber am schwarzen
Meere, welche der noch spätere Stephanus von
Byzanz Chaldi nennet, welches dem Nahmen der
Chaldäer nahe kommt. Diese sind nun dem
Ritter Michaelis die spätern Chaldäer, welche
Babylon erobert haben sollen, und zwar zu
einer Zeit, da das zwischen beyden in der Mitte
liegende Assyrische Reich den Gipfel seiner
Macht erreicht hatte, und einem fremden räuberischen
Volke den Durchzug durch seine Staaten
gewiss nicht würde verstattet haben. Ungefähr
hundert Jahr nach der Eroberung Babylons
fand Xenophon auf seinem Rückzuge aus
319Babylon die Chalyber am schwarzen Meere als
ein armes ohnmächtiges Völkchen, welches den
Mosynökern unterworfen war, und sich von Eisenbergwerken
nährte.

Den meisten Anspruch könnten die heutigen
Kurden nach Schlözer und Fridrich *)51 auf
die Abstammung, von den Chaldäern machen,
wenn nur nicht ihre Sprache sich dagegen
sträubte. Sie bewohnen eben dasselbe Gordyäische
Gebirge, welches ehedem die östlichen
Chaldäer besassen; aber da ihre Sprache ein
Persischer Dialect ist, daher sich auch die Chaldäischen
Nahmen schlechterdings nicht aus dem
Kurdischen wollen erläutern lassen, so erhellet
daraus, dass sie hier nicht einheimisch, sondern
aus Persien eingewandert sind. Man sehe im
folgenden das Assyrische.

Da Michaelis die Chaldäer für Ausländer,
und folglich auch ihre Sprache für ausländisch
erkläret hatte, er aber doch fand, dass ihre
Sprache in der Folge eine Semitische Mundart
war, so musste er auch den Satz annehmen, dass
sie in ihrem neuen Wohnsitze ihre Sprache abgelegt,
und dafür die Babylonische angenommen
320hätten. Das ist nun unnöthig. Sie behielten
die ihrige, welche zwar eine rauhe Bergsprache,
aber doch ein Semitischer Dialect war.

Was den Ritter Michaelis bewog, die Chaldäer
für ein fremdes ausländisches Volk zu halten,
sind vornehmlich die uns von biblischen
und weltlichen Schriftstellern aufbehaltenen
Personennahmen, welche wenig Analogie mit
Hebräischen Wörtern zu haben scheinen. Besonders
versichert er von den Nahmen Nebucadnezar,
Hamiltzar, Beltsazar, Nergal-Scherezar,
Schesbazar, dass sie nicht die geringste Verwandtschaft
mit dem Hebräischen hätten. Ich dächte
aber doch, wenn man nur folgendes bedenkt.
1. Personennahmen gehören bey allen Völkern
zu den ältesten Wörtern ihrer Sprache, haben
daher sehr oft ihr Stammwort verlohren, und
sind nicht selten abgekürzt und verstümmelt.
Man muss daher sehr oft auf eine Ableitung derselben
aus neuern Mundarten Verzicht leisten.
Ferdinand, Jornand, Sisenand und hundert andere
sind unstreitige Deutsche Nahmen; aber ich
zweifele, dass sie sich ohne Zwang aus der heutigen
Sprache werden ableiten lassen. Es ist die
allgemeine Erbsünde der Semitischen Sprachgelehrten,
dass sie schlechterdings alles ableiten
wollen, und dadurch so oft in das Unnatürliche
und Widersinnige fallen. Nirgends ist es verzeihliger
und selbst pflichtmässiger, zuweilen
seine Unwissenheit zu bekennen, als in der Etymologie.
2. Die Chaldäischen Nahmen sind aus
einem frühen Alterthume, aus dem 7ten Jahrhundert
vor Chr. Wir haben in den Semitischen
Sprachen nichts so altes, als die wenigen
biblischen Bücher, welche nur den kleinsten
Theil des Hebräischen Sprachschatzes enthalten.
3213. Sie sind aus der Sprache eines rauhen Bergvolkes,
welche zwar im Grunde Semitisch war,
aber doch ihre besonderen Wörter und andere
Eigenheiten hatte, und daher dem Hebräer
leicht eben so unverständlich seyn konnte und
musste, als die Sprache des Tyrolers dem Meissner.
4. Viele dieser Nahmen sind uns von
Griechischen Schriftstellern aufbehalten worden,
und man weiss schon, wie diese mit ausländischen
Wörtern umzugehen pflegen. Die
Juden machten es mit Nahmen, welche ihnen
fremd klangen, nicht besser, oft noch schlimmer,
und an Schreibfehlern kann es in einer
so langen Reihe von Jahrhunderten wohl auch
nicht gefehlet haben. Wenn man das alles erwäget,
so wird man sich nicht wundern, dass
sich nicht alle Chaldäische Nahmen auf eine befriedigende
Art etymologisch auflösen lassen,
wohl aber, dass sich aus der so kleinen Anzahl
Hebräischer Wurzelwörter, welche uns übrig
ist, noch so viel entziefern lässt. Das dem Ritter
Michaelis so anstössige zar, welches ihn eben
auf das Slavische leitete, ist ja auch im Semitischen
nicht fremd, und zwar unter allerley Gestalten;
Sar, Fürst, Sara, Fürstin, Sar, schön,
Zehar, Glanz, Zur, Fels, Stein, Zir, ein Bothe.

Da diese Nahmen das einzige sind, was uns
von dieser Mundart noch übrig ist, so will ich
sie nach den besten Lesearten bey dem Ptolemäus
und Syncellus hersetzen, und die biblischen
Nahmen mit einschalten. Ich habe keinen
Beruf, sie etymologisch aufzulösen, sondern
verweise in Ansehung dessen auf Jo. Simonis
Onomasticon Vet. Test
. Halle, 1741, 4; der sie
noch am besten, obgleich aus dem vorhin gerügten
Fehler, manche auch sehr gezwungen
322erkläret hat. Ich setze bloss einige gleich oder
ähnlich lautende aus andern Dialecten bey, zum
Beweise, dass die so barbarisch lautenden wirklich
Semitisch sind oder doch seyn können.

Chaldäische Dynastie zu Babylon.

nach dem Ptolemäus, Ge. Syncellus und den
biblischen Büchern
.

1. Nabon-assar oder Nabo-nassar, der erste,
mit welchem Ptolemäus seine Jahrrechnung anfängt.
Nabo, Nebo war eine Babylonische Gottheit,
Es. 46, 1. Nabo-nabus ist auch ein Assyrischer
König bey dem Syncellus. Die zweyte
Hälfte ist in den Nahmen Salmanassar, ein Assyrischer
König, Eleazar, Aarons Sohn, Eleassar,
ein kleines Königreich in Mesopotamien zu Abrahams
Zeit, Abu-nasir, hülfreicher Vater, und
andern nicht selten. Jacobs Sohn hiess Aser.
Asar bedeutet im Hebräischen Hülfe, helfen,
binden, im Syr. Nasara, Nasir, im Arabischen
Nosur und Nosar. Azar ist im Hebr. der Schatz.

2. Nadius, bey dem Syncellus vielleicht
richtiger Nabius, wie in dem Nahmen der Assyrischen
Könige Nabo-nabus und Nabius bey dem
Syncellus.

3. Chinzirus und Porus, vielleicht schlecht
gelesen. Indessen ist Zinzirus ein Assyrischer
König vor dem Belus. Der Baal-Peor, ein Moabitischer
Abgott, ist bekannt. Beor, Bileams
Vater, auch ein Moabit. Beeri, ein Hethiter,
Esaus Schwiegervater.

4. Jugaeus, bey dem Syncellus vielleicht
am richtigsten Illulaeus. Elulaeus war ein König
zu Tyrus, und Helal, ein Araber, Stammvater
der Aelalten oder Aliläer. Illulaeus ist vielleicht
323der Baladan der Schrift, der Vater des folgenden.
Bai, Bel, Baal, Herr, König, ist bekannt.
Adon, eine Phoenicische Gottheit, der Adonis
der Griechen. Im Hebr. ist Adon, Herr.

5. Mardoc-Empadus, bey dem Syncellus
Mardocempadocus, der Merodach-Baladan der
Schrift, der 2 Kön. 20, 12 Brodach heisst. Merodach
war nach Jerem. 50, 2 eine Babylonische
Gottheit. Sisimardacus und Mardocentes sind
Nahmen Assyrischer Könige bey dem Syncellus.

6. Arkaus, bey dem Syncellus Arkianus.
Arki ist 1 Mos. 10, 17 ein Sohn Canaans, von
welchem die Stadt Arcas am Libanon den Nahmen
haben soll.

7. Belibus, bey dem Syncellus vielleicht
richtiger Betidus. Vergl. Baladan No. 4.

8. Apraanadius, bey dem Syncellus Aporanadisus;
beyde vermuthlich unrichtig.

9. Rigebelus, bey dem Syncellus Iregebelus.
Rach war eine, wo ich nicht irre, Syrische Gottheit.
Die letzte Hälfte ist das obige Baal, Bel.

10. Mesissi-Mordacus. Die erste Hälfte
vielleicht unrichtig; von der letzten S. No. 5.

11. Asaridinus, bey dem Syncellus lsarindinus,
der Assar-haddon der Schrift. Gerade so
hiess auch der Assyrische König, der die Chaldäer
nach Babylon versetzte, vermuthlich unter
der Anführung des Asnappar, B. Esra, Kap. 4.
Nasir-Eddin kommt als ein Arabischer Nahme
vor. Umgekehrt war Hadad-Ezer ein König von
Zoba zu Davids Zeit. Ben-Haddad, König zu
Damascus. Adad, Hadad, eine Syrische Gottheit.

12. Saosduchinus.

13. Isiniladanus, bey dem Syncelius Ciniladanus.
Die letzte Hälfte vielleicht das obige
Adon, No. 4.324

14. Nabopolassar, bey dem Josephus falsch
geschrieben Nabulasar. Von der ersten Hälfte
S. No. 1. Der zweyten dienet vielleicht der
Nahme des Assyrischen Königes Tiglath-Pileser
zur Erläuterung.

15. Nabokolasar, bey dem Syncellus Nabuchadonosor,
der Nebucadnezar der Schrift, der
mächtigste und berühmteste der ganzen Dynastie.
Der erste und letzte Theil seines Nahmens
kommen schon im vorigen vor. Jerem.
37, 1 heisst er Nebucad-Nezar. Von seinen Hof- und
Kriegsbeamten werden in den biblischen
Büchern folgende genannt:

Achfenas, der Aufseher seiner Verschnittenen, Dan. 1, 3.

Beltschazar, Schadrach, Meschach und Abednego,
die Chaldäischen Nahmen Daniels und seiner
drey Freunde. Beltschazar ist von Belsazar,
dem letzten Könige, wenigstens in der ersten
Hälfte verschieden. Der dritte Nahme ist dem
Nahmen des Mesa, eines Moabiten ähnlich. Der
letzte Nahme scheinet aus dem Hebr. Abed,
Knecht, Diener, und Noga, Glanz, Feuer, zusammen
gesetzt, einen Feuerdiener zu bezeichnen.
Die Chaldäer sollen Zoroastrische Feuerdiener
gewesen seyn. Sonst bedeutet Negus im
Aethiopischen Herr.

Hammeltzar, der Aufseher über Daniel und
seine Gefährten. Ein Hamzer regierte erst 1764
als ein Arabischer Scheik zu Tyrus.

Arjoch, Oberster der Leibwache, Dan. 2, 14;
kommt als ein Aramäischer Nahme schon 1 Mos.
14, 1 vor, wo es der König von Eleassar ist.

Nergal-Scharetzar, zwey dieses Nahmens,
Jer. 39, 3; der eine Feldherr, der andere vielleicht
Präsident der Magier. Sarezer ist 2 Kön.
32519, 37, und Es. 37, 38, ein Sohn des Assyrischen
Königes Sanherib, der seinen Vater ermordete.
Zach. 7, 2 heisst auch ein gewisser
Jude Schar' etzer. Nergal war nach 2 Kön. 17, 20
der Nahme einer Phonicischen Gottheit.

Samgar-Nebo. Feldherr, Jer. 39, 3. Nebo
ist schon da gewesen. Ein Israelitischer Samgar
kommt Richt. 3, 13, Kap. 5, 6, vor. Schamgar
bedeutet im Hebr. Wache.

Scharschim, Ober-Hof-Marschall, Jer. 39, 3.

Nebusar-Addan, Oberster der Leibwache,
Jer. l. c. 2 Kön. 25, 8.

Nebu-Schasban, Ober-Hof-Marschall,
Jer. l. c.

Schafan, Statthalter in Judaea, Jer. 41, 2.
In der Bibel kommen drey Juden Nahmens
Saphan vor.

Meltzar, ein hoher Beamter, Dan. 1, 11, 16.

Schesbatzar, der Chaldäische Nähme des
Serubabel, Esr. 1, 8.Kap. 5, 14.

16. Illoarudamus, bey dem Syncellus richtiger
Ebidan-Merodach, der Evil-Merodach der
Schrift. Die letzte Hälfte ist schon da gewesen.

17. Nericassolassarus, bey dem Syncellus
Nireglesarus; bey dem Berosus nach Josephus
Neriglossor, Jer. 39, 35 Nergalsar-Ezer.

18. Laborosoarchod, bey dem Berosus, Chabbessoarach,
bey dem Eusebius. Ohne Zweifel
sehr verstellt. Ptolemäus hat ihn nicht.

19. Nabonad, bey dem Josephus Nabandel,
wahrscheinlich der Belsazer, Dan. 5, 1, der
Kap. 7, 1 Belaschzar heisst. Baleazar und Badezor
kommen als Könige von Tyrus yor.

Vermuthlich gehören hierher auch die Classen
der Chaldäischen Gelehrten zu Babylon,
326Dan. Kap. 2 und 5, Jer. 50, 36: Chartummim,
Aschaphim, Mechaschephim, Chaschdim, Baldim und
Gaserin, welche auch noch nicht hinlänglich
aufgekläret sind.

(2) Süd-Chaldäisch oder Babylonisch.

Das ist wenigstens historisch der älteste
Zweig des Semitischen Stammes, wenn gleich
die alte Sage, dass sich das menschliche Geschlecht
nach der Noachischen Fluth hier am
ersten wieder gesammelt und vermehret habe,
triftige Einwendungen leidet; zumahl da sich
auch die so wunderbare Sprachverwirrung bloss
auf eine irrige Etymologie des Wortes Babel
gründet. *)52 Das Königreich Babylon, Mosis
Sinear, welcher Nahme noch in der daselbst befindlichen
Stadt und Ebene Sindschar lebt, lag
um die Vereinigung der beyden Flüsse Euphrat
und Tigris, erstreckte sich in Norden bis an die
Wüste Mesopotamiens, und bestehet jetzt aus
den beyden Paschaliks Bagdad und Basra. Da
sich hier in dem engen fruchtbaren Raume zwischen
zwey grossen Flüssen die Menschen früh
zusammen drängten, so entstand hier auch
frühe ein kleiner Staat, welchen Nimrod, ein
Kuschit aus Arabien, an sich brachte, der aber
vor den Chaldäern wohl wenig Aufsehen machte.
Indessen ward derselbe durch die Indische Handlung,
wovon er sehr frühe der Stapelplatz
gewesen zu seyn scheinet, reich und blühend.
Mit dem Reichthum rissen Üppigkeit und Weichlichkeit
ein, daher er um 660 vor Chr. eine
327leichte Eroberung des Assyrischen Königes Assar-Haddon
ward, der ihn nicht allein von den ihm
untergebenen Chaldäern besetzen und durch
Chaldäische Zinskönige beherrschen liess, sondern
auch eine Chaldäische Colonie in Westen
zwischen dem Euphrat, der Arabischen Wüste
und dem Persischen Meerbusen ansetzte, vermuthlich
seine neue Eroberung gegen die Araber
zu sichern, welche wegen ihres frühern Besitzes
noch immer Ansprüche darauf machen
mochten. Seit dieser Zeit wird nicht allein dieser
Landstrich in Westen des Euphrats, sondern
auch das ganze Babylonische Reich von den biblischen
Schriftstellern Chaldaea, die vereinigten
alten und neuen Einwohner Chaldäer, und ihre
Sprache Chaldäisch genannt.

Die ersten Chaldäischen Fürsten in Babylon
waren blosse Assyrische Zinskönige. Allein
50 Jahr nach der ersten Besetzung machte sich
einer derselben, Nabonassar, unabhängig, und
legte dadurch den Grund zu dem mächtigen Babylonischen
Reiche, welches unter Nebucadnezar
seinen höchsten Gipfel erreichte, bis es unter
dessen Enkel von dem Persischen Cyrus verschlungen
ward. Daher fängt mit dem Nabonassar,
als dem ersten unabhängigen Könige,
auch die Ptolemäische Jahrrechnung der Babylonischen
Monarchen an.

Dass die Chaldäer nicht solche Barbaren
gewesen seyn müssen, als man gemeiniglich
glaubt, erhellet auch daraus, dass sie nach ihrer
Eroberung hier den eigentlichen gelehrten Stand
ausmachten, dagegen die Babylonier Künstler
und Kaufleute blieben. Nach Syncellus gehen
mit ihnen erst die genauen astronomischen Beobachtungen
an. Ja sie müssen sich vorzüglich
328auf die Astronomie und ihre Mutter die Astrologie
gelegt haben, weil in der Folge alle Astrologen
und Zeichendeuter Chaldäer genannt wurden.
Es werden daher die dem Alexander gerühmten
uralten Babylonischen Beobachtungen
von 1900 Jahren her, welche Kallisthenes dem
Aristoteles schicken musste, entweder ein Missverständniss,
oder eben solche Griechische Übertreibungen
seyn, als des Berosus Babylonische
Beobachtungen von 490000, und des Epigenes,
eines andern Griechen, 720000 Jahren. Ptolemäus
wusste von keiner andern genauen Babylonischen
Beobachtung als unter dem Nabonassar.
Auch in der Religion hatten sie vieles vor den
Babyloniern voraus, indem sie, wie aus einigen
Spuren erhellet, Zoroastrische Feuerverehrer,
jene aber grobe Götzendiener waren, welche
den Baal oder Bel, Nebo, Merodach, Sesach,
Suchoth-Benoth, die Melytta, u. s. f. verehrten.

Die älteste reine Babylonische Mundart ist
unbekannt; Semitisch war sie gewiss. Eben so
wenig weiss man, was für Veränderung die Kuschiten,
als ein Arabischer Stamm, in derselben
veranlasst haben. Nach der Einwanderung der
Chaldäer ward deren Mundart herrschend, welche
Dan. 2 ausdrücklich Aramäisch heisst. Aber
da sie die Mundart eines rohen Bergvolkes war,
so konnte Jerem. 5, 15 die Chaldäer immer seinen
Landsleuten als ein furchtbares Volk schildern,
dessen Sprache sie nicht kannten, und
Daniel und seine Gefährten mussten ordentlichen
Unterricht in derselben nehmen. Wie
sich die Sprache unter der Herrschaft des Persischen
und der folgenden Reiche verhalten, ist
unbekannt. Wahrscheinlich erhielt sie sich, bis
sie von den Arabern im siebenten Jahrhundert
329verdrängt wurde. Jetzt lebt sie noch auf mehrern
Dörfern, besonders um Mosul und Diarbekr,
wo sie aber sehr mit dem Syrischen vermischt
ist. Da wir das ältere Chaldäische nur
aus Jüdischen Übersetzungen kennen, und es
sehr wahrscheinlich ist, dass es bey ihnen mit
ihrem Hebräischen vermischet worden, so sage
ich hier weiter nichts davon, sondern verspare
es bis zu dem Hebräischen.

(3) Assyrisch.

Dae alte Assyrien in seinem engsten und
eigentlichen Verstände, ehe es seinen Nahmen
durch Eroberungen so vielen andern Ländern
aufdrang, lag zwischen dem Tigris und Medien,
und hatte Armenien in Norden und Elam in Süden.
Die Einwohner waren nach 1 Mos. 10, 2, 8
eine Colonie aus Sinear oder Babylon, und hatten
sehr frühe ihre eigene Könige, welche bis
auf Davids Zeit nur klein und unbedeutend waren,
aber in der Folge, besonders seit Hiskias
Zeit, Eroberungen auf Eroberungen häuften *)53.
Ihre Sprache war ein Chaldäischer Dialect, wie
unter andern auch aus Vergleichung der Assyrischen
Königsnahmen mit den Chaldäischen erhellet.
Indessen unterschied er sich doch merklich
von den übrigen, besonders von dem Hebräischen.
Als nach 2 Kön. 18. 26, der Assyrische
Feldherr Rabschaka den Hiskias vor den
Mauern von Jerusalem in Hebräischer Sprache
aufforderte, bath Eljakin ihn, Assyrisch zu reden,
damit es nicht das ganze Volk verstehe.330

Den nördlichen Theil von Assyrien nahm
das Gordyäische Gebirge ein, welches in den
frühesten Zeiten wahrscheinlich auch von Chaldäern
bewohnt wurde. Josephus, und nach
ihm andere versichern, dass Mosis Arphachsad,
richtiger Arpha-Chasd, Grenzland der Chasdim
oder der Chaldäer, die Bewohner der Gordyäischen
Gebirge bedeute, womit Ptolemäi Arrapachitis
sowohl der Lage als dem Nahmen nach
überein kommt. Vielleicht war hier ihr Stammsitz,
aus welchem sie sich in das westliche Moschische
Gebirge verbreitet haben können. Vermuthlich
hatten sie sich durch die starke Auswanderung
nach Babylon geschwächt, daher
diese Gegend bald darauf von den Persern erobert
wurde. Wenigstens fand Xenophon, ungefähr
130 Jahr nach ihrer Besetzung Babylons,
in diesem Gebirge die Karduchi Er sagt uns
zwar nichts von ihrer Herkunft und Sprache;
allein da er sie sorgfältig von den Chaldäern,
mit welchen er sich hernach herum schlagen
musste, unterscheidet, so scheinen sie ein fremdes
Volk gewesen zu seyn. Wahrscheinlich sind
sie der Herkunft nach Perser, welche seit Cyri
Eroberungen hier sitzen geblieben sind, und
dann könnten sie wohl die Ahnherren der heutigen
Kurden seyn, welche einen groben Persischen
Dialect sprechen, deren Nahme auch
Ausländer, Fremde, bedeuten soll. Es wohnen
unter ihnen noch viele Feldbauer von allerley
christlichen Secten, welche ein mit Syrisch vermischtes
Chaldäisches sprechen, und ihre Sprache
selbst Caldani nennen *)54. Ihre grobe Mundart
331wird auch Karkophisch oder Karkuphisch, d. i.
gebirgig, genannt; ingleichen Nabathaisch, bäuerisch,
von Nabathaer, ein Feldbauer. Diese
könnten wohl noch Nachkommen der ersten
Bewohner seyn.

(4) Elamitisch.

Elam, bey den Griechen Elymais, lag an
dem östlichen Ufer des Tigris von der Assyrischen
Grenze in Norden bis an den Persischen
Meerbusen. Dass ganz Persien, dem es in der
Folge unterworfen ward, jemahls Elam genannt
worden, lässt sich wohl nicht erweisen, wenigstens
findet man nicht, dass die Könige von Elam
jemahls in Persien Eroberungen gemacht hätten.
Eben so unrichtig ist es, wenn Josephus die Perser
aus Elam herleitet, wowider auch die so verschiedene
Sprache zeuget. Nach 1 Mos. 10, 22
waren die Elymäer Semiten, daher sie wohl auch
ihre eigene Semitische Mundart müssen gehabt
haben, von welcher aber nichts bekannt ist. Da
ihr Land mit Sinear und Babvlon nur Eine zusammenhangende
Ebene ausmacht, hingegen
von den übrigen Ländern, besonders von der
Persischen Provinz Fars, durch Gebirge getrennt
ist, so ist zu vermuthen, dass es von Mesopotamien
aus bevölkert worden. Neben ihnen
in eben derselben Ebene wohnten auch die Susier,
(daher Susa und Susiana,) die Usier oder
Oxier, und die Chusaer oder Churaer. Die letztern
mögen die mächtigsten gewesen seyn, daher
die ganze Provinz von ihnen noch jetzt Chusistan
oder Churistan genannt wird. Wie diese
der Sprache nach mit den Elamiten verwandt
gewesen, ist unbekannt.332

Elam hatte sehr frühe seine eigenen Könige,
deren einer, Nahmens Kedar-Laomor zu Abrahams
Zeit schon Eroberungen in Palästina gemacht
hatte. In der Folge ward es den herrschenden
Reichen in dieser Gegend unterworfen,
machte sich aber nach dem Verfall des Persischen
wieder frey, bis es den neuern Persern
und mit ihnen den Arabern unterlag. Die Propheten
Esaias, Jeremias und Ezechiel machen
sich viel mit ihnen zu schaffen *)55.

b) West-Aramäisch oder Syrisch.

Dieses beherrschte ehedem den ganzen
nördlichen Theil Arams von den Grenzen Palästinens
an bis nach Natolien, und von dem
mittelländischen Meere an bis an, und in den
spätern Zeiten auch über den Euphrat. Anfänglich
war es in mehrere kleine Königreiche
getheilt, unter welchen zu Davids Zeit das zu
Damascus das vornehmste war. Seit der Herrschaft
der Assyrer folgte es immer den grossen
Monarchien. Unter Alexanders Nachkommen
erhielt es wieder einige Selbständigkeit, der aber
die Römer ein Ende machten, seit welcher Zeit
es sich nie wieder erhohlet hat.

Man hat von dieser Sprache keine so alten
Überbleibsel, als von der Hebräischen und Chaldäischen;
denn alles, was man davon hat,
schreibt sich aus den Zeiten des Christenthums
her. Man weiss nur, dass sie sich in mehrere
333Mundarten theilte, worunter die Palmyrenische
die berühmteste ist.

Palmyra, der Griechische Nahme der ehemaligen
Stadt Tadmor, welche Salomo auf einer
fruchtbaren Stelle der Arabischen Wüste, zur
Bequemlichkeit des Indischen Landhandels über
Babylon nach der Phönicischen Küste, entweder
anlegte oder doch vergrösserte, ist nur noch
in seinen prächtigen Ruinen gross, welche aber
doch insgesammt aus spätern Zeiten sind. Indessen
haben sich doch verschiedene Inschriften
in unbekannter, erst in den neuern Zeiten von
Barthelemy und Swinton entzieferter Schrift erhalten,
woraus erhellet, dass die Sprache, worin
sie abgefasset sind, ein Syrischer Dialect ist *)56.

Unter den Syro-Macedonischen Königen
verlohr das Syrische viel von seiner Reinigkeit
durch eindringende Hellenismen; noch mehr
aber unter den Griechischen Kaisern. Indessen
erreichte es unter den letztern seinen glänzendsten
Zeitpunct, indem es durch Schriften aller
Art, besonders theologische, ausgebildet wurde,
worunter sich Ephräm aus dem vierten Jahrhundert
vorzüglich hervror that. Zwey Jahrhunderte
später zeichnete sich die Schule zu Edessa,
und in derselben Jacob von Edessa durch ihre Bemühungen
334für die grammatische Reinigkeit aus,
daher die so berichtigte Sprache Edessena genannt
wird. Unter den rohen Arabern verfiel
alles wieder, und die Sprache bekam nicht allein
von ihnen manche Arabismen, sondern
ward von ihnen auch erst aus den Städten, und
von dem zwölften Jahrhundert an auch auf dem
Lande verdrängt, so dass sie hier nur noch in
wenig Gegenden gesprochen wird.

Die vornehmsten Hülfsmittel für diese Sprache
sind:

Briani Waltoni diss. de lingua Syriaca et Scripturae
versionibus Syriacis, in seinen Prolegom. ad
Biblia Polygl
. N. 13., und im Apparatu biblico,
Zürch, 1673, fol.

Gust. Sommelii diss. de lingua Syriaca, London,
1751, 4.

Glocest. Ridley de Syriacarum Novi Foederis
versionum indole atque usu
, (de lingua Syr. ejusque
dialectis.) London, 1761, 4.

Jo. Dav. Michaelis Abhandlung von der Syrischen
Sprache mit einer Chrestomathie
, Göttingen,
1772, 8; vermehrt, 1786, 8.

Aurivillii zwey Abhandlungen de lingua Aramaea
zeigen die Ähnlichkeit und Verschiedenheit
mit und von dem Hebräischen. Nur die letzte
befindet sich in seinen von Michaelis heraus gegebenen
Dissertatt., Göttingen, 1790, 4.

Beydes zeiget auch umständlich D. Gottl.
Wilh. Meyer
in der Hermeneutik des A. T., Th. 1,
S. 253, 260.

Joh. Gottfr. Hasse diss. de Dialectis linguae Syriacae,
Königsb. 1787, 4.

Alphabetum Chaldaicum (Syriacum) cum oratione
Dominica
, etc. Rom, Propag. 1634, 8.335

Jo Alb. Widmanstadii Syriacae linguae prima
elementa
. Wien, 1556, 4; war die erste Syrische
Sprachlehre. Das Jahr vorher hatte er das
Syrische N. T. heraus gegeben.

Andr. Masii Grammatica linguae Syriacae, Syrorum
peculium
; in der Antwerp. Polygl. Th. 6.

Guid. Fabricii Boderiani prima elementa linguae
Syriacae
. Antwerpen, 1572, 4.

Casp. Waser institutio linguae Syriacae. Leiden,
1594, 4; Eb. 1619, 4.

Ge. Michaelis Amirae Edenensis Grammatica Syriaca
s. Chaldaica
. Rom, 1596, 4; Eb. 1616, 4.
Der Verfasser, ein Maronit, hiess Georg Michaelis
Sohn, von Beth Amira Edena. S. Baumg.
merkw. Bücher
, Th. 3, S. 120.

Christ. Crinesii Gymnasium Syriacum. Wittb.
1611, 4.

Abrah. Echellensis linguae Syriacae s. Chaldaicae
per brevis institutio
. Rom, Propag. 1624, 24; in
Syrischer Sprache.

lsaac Sciadrensis Grammatica Syriaca. Rom,
1636, 8; auch in Syrischer Sprache.

Jo. Mich. Dilherr rudimenta Grammaticae Syriacae.
Jena, 1637, 8.

Jose. Acurensis Grammatica linguae Syriacae.
Rom, Propag. 1647, 8.

Jo. Leusden Schola Syriaca. Utrecht, 1658, 8.

Guil. Beveridgii Grammatica Syriaca. Lond.
1658, 8.

Dav. Grafunderi Grammatica Syriaca cum Lexico
brevissimo
. Witteb. 1665, 8.

Christo. Cellarii porta Syriae. Zeitz, 1677, 4.

— — — porta Syriae patentior, s. plena
et major Grammatica Syriaca
. Eb. 1682, 4.336

Henr. Opitii Syriasmus restitutus. Leipzig,
1678, 4.

J. A. Danzii aditus Syriae reclusus, compendiose
ducens ad plenam linguae Syriacae Antiochenae
s. Maroniticae cognitionem
. Jena, 1689, 8.

Herm. von der Hardt Syriacae linguae fundamenta.
Helmst. 1694, 8.

Christi. Bened. Michaelis Syriasmus s. Grammatica
linguae Syriacae
. Halle, 1741, 4.

Jac. Ge. Christ. Adler linguae Syriacae institutio.
Altona, 1784, 8; mit einer Chrestom. enthält
nur die Paradigmata.

Jo. Dav. Michaelis Grammatica Syriaca. Halle,
1784, 4.

W. G. Fried. Hezels Syrische Sprachlehre. Lemgo, 1788, 4.

Jo. Gottfr. Hasse Syrische Sprachlehre, im
3ten Theile seines practischen Unterrichts. 1791.

Joh. Jahns Aramäische Sprachlehre. Wien,
1793, 8.

Ol. Gerh. Tychsen elementare Syriasmum, sistens
Grammaticam, Chrestomathiam, et Glossas
. Rostock,
1793, 8.

Christ. Crinesii Lexicon Syriacum. Wittenb.
1612, 4.

Jo. Bapt. Ferrarii nomenclator Syriacus. Rom,
1622, 4.

Mart. Trostii Lexicon Syriacum. Köthen,
1623, 4; mit seinem Syr. N. T.

Aeg. Gutbirii Lexicon Syriacum. Hamburg,
1663, 8; bei seinem N. T.

Chr. Cellarii Glossarium Syro-Latinum. Zeitz,
1683, 4.337

Car. Schaaf Lexicon Syriacum concordantiale.
Leiden, 1709, 4; mit seinem N. T.

Ant. Zanolini Lexicon Syriacum cum Grammatica.
Padua, 1742, 4.

Fast alle vorige betreffen bloss das Syrische
N. T. Von weiterm Gebrauche ist Edm. Castelli
Lexicon, in seinem Lexico heptaglotte, und zugleich
sein bestes. Besonders heraus gegeben
von Jo. Dav. Michaelis, Götting. 1788, 4, 2 Bde.
Die Mängel beyder zeigen Paulus in Memorabil.
St. 1, S. 82, und G. W. Lorsbach im Archiv, B. 2.

Kleine Wörterbücher haben auch Ge. Guil.
Kirsch
, (Hof, 1789, 8) Heinr. Ado. Grimm,
(Lemgo, 1795, 8) und Ol. Gerh. Tychsen (Rostock,
1793, 8) ihren Chrestomathien beygefügt.

Die ältere Schriftsprache, welche eigentlich
der ehemalige Dialect von Antiochien oder
Komagene ist, wird noch von verschiedenen Religions-Partheyen,
besonders den Maroniten
(doch mit einiger Abweichung), den Nestorianern,
und den Thomas-Christen in Indien, als
Kirchensprache gebraucht; obgleich die beyden
ersten im bürgerlichen Leben Arabisch, die letzten
aber Malabarisch sprechen.

Als Volks- und Landessprache ist es in verschiedenen
Dialecten nur noch in einigen Gegenden
gangbar. Am reinsten und besten wird
es in Mesopotamien um Raca oder Edessa, Harran
und einigen andern Orten gesprochen.
Nicht so rein um Damascus, auf dem Berge Libanon
und an manchen andern Orten des eigentlichen
Syriens. Am gröbsten und unreinsten
aber jenseit des Tigris, wo es aber, wie schon
gedacht, ein vermischtes Syro-Chaldäisch ist.
Das Nabathäische ist keine eigene Mundart, sondern
338die grobe Mundart der Nabathäer, d. i. der
Feldbauern, sowohl unter den Syrern, als
Kurden.

Zu den Secten, welche noch von dieser
Sprache Gebrauch machen, gehören auch die
Zabier (nicht so richtig Sabäer,) um Basra, in
der Arabischen Provinz Lachsa, und in der Persischen
Provinz Havisa. Sie nennen sich auch
Johannis-Jünger, welcher Nahme nach Tychsen
Jünger des Lebens bedeutet. Es war daher Missdeutung,
wenn man sie Johannis-Christen nannte,
und sie für Nachfolger Johannis des Täufers
hielt; denn sie sind nichts weniger als Christen,
sondern Mahomedaner, und zwar eine Neben-Secte
der Sohiiten. Sie entstanden zu Ende des
neunten Jahrhunderts, und hatten so, wie die
Nassairier, welche übrigens ganz verschieden
von ihnen sind, einen gewissen Nassairi zum
Stifter. Ihre Religions-Bücher sind in einem
verderbten Syrischen Dialect geschrieben, der
dem Galiläischen nahe kommt, weil sie ehedem
in Galiläa gewohnt haben sollen, und da derselbe
viele Ghebrische Ausdrücke enthält, so
vermuthet Tychsen, dass sie in dem Persischen
Irak aufgesetzet worden. Der Schwedische Gelehrte,
Matthias Norberg, durch dessen Veranlassung
sie vorzüglich bekannt geworden, hatte
eine Grammatik ihrer Sprache entworfen, welche
aber nicht gedruckt ist *)57.339

Von den Gebethsformeln sind sich die in
Widmanstads und Gutbiers N. T. und Walton's
Polyglotte bis auf die Orthographie gleich, womit
auch die aus des Cardinal Bellarmins Katechismus
im Hervas überein kommt. Die im Bonif.
Finetti della lingua Ebrea, Vened. 1756 nach
Hervas S. 178 weicht ausser der Orthographie
nur in einigen Wörtern ab. Die in Ang. Caninii
Institutt. linguae Syr. Paris, 1554, 4, am Ende,
ist unrein und falsch geschrieben, daher ich sie
weglasse. Jithkadesch und Jithabad in der zweyten
und vierten Bitte für die Syrischen Nethkadesch und Nethabad,
Hechma, wie, in der vierten,
und Are, weil, in der Doxologie sind Chaldäisch;
Anan wir, für Chenan, in der fünften,
ist gar Rabbinisch. In des d'Avity Asie S. 86 befindet
sich eine so genannte Maronitische Formel,
allein da sie ganz falsch geschrieben, und was
daran noch kenntlich geblieben, rein Syrisch ist,
so verdient sie hier noch weniger eine Stelle.

44. Syrisch.

Aus Gutbier's N. T. 1664.

Vater unser, der in Himmeln,
Es werde geheiliget Nahme dein;

Abu-n de-ba-Schemajo,
Nethkadasch Schem-och;340

es komme Reich dein;
Es werde Wille dein, wie dass in Himmeln, auch in Erde;
Und erlass uns Schulden unser, wie
dass auch wir erlassen den Schuldnern unsern;
Und nicht einführe uns in Versuchung;
Sondern rette uns vom Bösen;
Weil dass dir es (ist) Reich, und Kraft,
und Lobpreisung zur Ewigkeit (der) Ewigkeiten.

Thithe (oder thete) Malcuth-och;
Kehwe Zebjon-och, ajchano de-ba-Schemajo, oph b'-Aro;
Wa-schebuk l-an Chaubaj-n aichano
d'-oph chenan schebakan *)58 le Chajobaj-n;
We-lo thääl-an le-Nesjuno;
Elo phaz-an men Bischo;
Metul de-diloch hi Malcutho, we-Chajlo,
we Theschbuchto le-Olam Olemin.

B. Mittel-Semitisch oder Cananitisch.

Das Land Canaan, oder wie es in der Folge
von den Griechen nach den Philistern genannt
wurde, Palästina, begriff eigentlich nur das
kleine Ländchen zwischen dem Jordan und der
Küste des mittelländischen Meeres; nachmahls
ward aber auch der urbare Theil jenseit des Jordans,
oder das Land Gilead, mit dazu gerechnet.
Wir haben wenig Länder, dessen abwechselnde
Schicksale sich so hoch in die Urzeit verfolgen
341lassen. Die ältesten Völker, deren die
Geschichte bey ihrer Dämmerung gedenkt, sind
die Gaviter, Choriter, Refäer, Enaker, und
ihre Unterabtheilungen, die Emim, Zuzim,
oder Zamzumim, Avim und andere von unbekannter
Herkunft und Sprache. Diese wurden
mehrere Jahrhunderte vor Abraham theils von
den Philistern, theils von den aus Arabien eingewanderten
Canaanitern vertilgt, verjagt oder
unterjocht. Werden jene uns als Menschen von
vorzüglicher Grösse beschrieben, so machten
sich diese besonders durch ihre Menschenopfer,
Grausamkeit und rohe Sitten berüchtigt. Die
Cananiter theilten sich wieder in mehrere
Stämme, wohin ausser den Sidoniern und Aradäern,
oder Phöniciern, die Hethiter, Jebusiter,
Amoriter, Heviter, u. a. m, gehören, welche
Moses sorgfältig aufzählt, und wovon einige
Stämme bis an den Orontes in dem nachmahligen
Syrien wohnten. Ausser diesen Canaanitern,
welche nach Mose Chamiten waren, streiften
auch noch von Abrahams Nachkommen Ismaeliten,
Edemiten und Midianiten, und von Loths
Nachlass Moabiten und Ammoniten in dem
Lande und den dazu gehörigen Sandwüsten
herum. Von der Sprache aller dieser Völker ist
uns sehr wenig bekannt; man weiss nur, dass
sie mit der Sprache der nachmahls hier herrschenden
Hebräer zu Einem Haupt-Dialecte gehörte,
nur dass, wie bey allen kleinen Völkern
diess der Fall zu seyn pflegt, jedes sich durch besondere
Eigenheiten wird ausgezeichnet haben.

Wäre es erweislich, dass das Buch Hiob
von einem Edomiten oder Idumäer geschrieben
worden, so würden wir in demselben einen
schätzbaren Überrest des Edomitischen Dialectes
342haben. Denn wenn es auch, wie neuere Untersuchungen
zu ergeben scheinen, erst unter dem
Salomo geschrieben worden, so weicht doch
dessen Sprache und Vortrag beträchtlich von
dem Hebräischen ab, so dass es kein Werk eines
Hebräers zu seyn scheinet, zumahl da es auch
keine Hebräischen Sitten und Cultur schildert,
die rauhe und ungebildete Sprache auch reich
an Arabismen ist. Übrigens erhielten sich die
Edomiter oder Idumäer am längsten in ihrer
Selbständigkeit, indem sie erst 126 vor Chr. von
Joh. Hyrkanus bezwungen, und mit den Juden
zu Einem Volke verbunden wurden, an deren
Schicksalen sie in der Folge mit Theil nahmen.

Alle jetzt genannte Völker waren Nomaden,
und trieben dabey den Karavanen-Handel, vorzüglich
mit Indischen Waaren von dem Persischen
Meerbusen nach Aegypten und Phönicien,
wobey sie zum Theil grosse Reichthümer erwarben.
Die Midianiter hatten Richt. 6, 26 Purpurgewänder,
und schmückten sogar ihre Kamehle
mit goldenen Ketten. Die Edomiter handelten
nach Hiob 28 mit Gold aus Ophir, Topasen aus
Kusch (Arabien oder Aethiopien), Korallen und
Perlen.

a) Philistäisch.

Die Philister wohnten an der Küste des
mittelländischen Meeres, in Süden der Phönicier.
Sie waren in Canaan nicht einheimisch,
sondern lebten ursprünglich zwischen den Nil-Armen
in Nieder-Aegypten, von da sie sich
noch vor Mose nach Caphthor, d. i. wie es Michaelis
beweiset, der Insel Cypern, wandten,
daher sie auch von den biblischen Schriftstellern
Caphthorim genannt werden. Wahrscheinlich
343wurden sie hier von den mächtigern Phöniciern
vertrieben, daher sie sich, gleichfalls noch vor
Mose, ihrer vorigen Heimath wieder näherten,
und sich an der Küste zwischen Aegypten und
Palästina fest setzten, in der Folge aber näher
an die Phönicier rückten, die Avim und andere
einheimische Stämme theils vertrieben, theils
unterjochten, und sich von der Viehzucht, dem
Feldbau und der Handlung nährten, welche
letztere sie reich und mächtig machte. Ihr
Nahme bezeuget, was sie wirklich waren,
Fremdlinge, Ausgewanderte. Von ihnen bekam
ganz Canaan bey den Griechen und Römern
den Nahmen Palästina *)59. Dass ihre ursprüngliche
Sprache Aegyptisch gewesen, lässt
sich nur vermuthen; aber in der Folge nahmen
sie die Sprache der unterjochten Canaaniter an,
wie unter andern aus den Eigennahmen Abimelech,
Goliath, u. s. f. erhellet. Was Hieron. in
Es. 1, 7 von der Sprache Canaans sagt: inter
Aegyptiam et Hebraeam media est
; verstehet Bochart
im Phaleg. B. 1, Kap. 15 von der Philistäischen.
So viel ist gewiss, dass sie ihren eigenen
Dialect hatten; wie aus Nehem. 13, 23 erhellet,
wo die Mundart Aschdods, einer ihrer Städte,
von der Hebräischen unterschieden wird.

b) Phönicisch.

Phönicien begriff das schmale Küstenland
zwischen dem Libanon und dem mittelländischen
Meere, sowohl von dem nördlichen Palästina,
als dem südlichen Syrien, hier bis an
den Fluss Eleutherus, jetzt Nahar Kibir. Die
344Phönicier waren ächte Canaaniter, welche in den
frühesten Zeiten an dem Arabischen oder vielmehr
Persischen Meerbusen wohnten, und
schon hier Seehandlung getrieben zu haben
scheinen. Wenigstens hatten sie in dem Persischen
Meerbusen schon frühe die Colonien
Tyrus und Arad. Allein sie zogen schon fünf
Jahrhunderte vor Mose entweder freywillig oder
von andern Stämmen gedrängt, von da nach
Palästina, wo sich ein Theil von ihnen an dem
mittelländischen Meere niederliess, und die Seehandlung
fortsetzte. Hier fand Abraham sie
schon 470 Jahr vor Mosis Tode, und der sterbende
Jacob gedenkt schon ihrer blühenden
Handlung. Michaelis hat bewiesen, dass nur
der ausgewanderte Theil den Nahmen Canaaniter
bekommen, der zurück gebliebene aber Amalekiter
genannt worden. Dass die Phönicier wirklich
Canaaniter waren, erhellet unter andern
auch aus ihren Münzen, auf welchen sie sich,
selbst die nördlichen oder Syrischen Phönicier,
Canaan nennen. Auch kommt ihre Sprache unter
allen Semitischen der Hebräischen am nächsten,
obgleich die lebhafte Handlung manche
Abweichung verursacht haben muss. In Palästina
breiteten sie sich unter dem Nahmen der
Canaaniter auf Kosten der alten Einwohner bis
an und über den Jordan aus, und thaten sich zu
allen Zeiten, selbst zur Zeit ihrer blühendsten
Handlung, durch Rohheit und Grausamkeit
ihrer Sitten hervor.

Die Sprache der Küsten-Canaaniter oder
Phönicier theilte sich in zwey Dialecte, den reinern
Palästinischen an der Palästinischen, und
den platten Syrischen an der Syrischen Grenze,
welcher Unterschied auch auf den noch übrigen
345Münzen sichtbar ist. Diese Münzen, welche
doch schon aus spätern Zeiten sind, da die
Sprache bereits durch Griechische und Römische
Einflüsse verunreiniget war, und einige auf
der Insel Cypern in dem Schutte der ehemahligen
Stadt Citium, jetzt Larnica, und auf der
Insel Maltha gefundene Aufschriften sind alles,
was uns von ihrer Sprache noch übrig ist.

Von den Phöniciern handeln Sam. Bochart,
dessen Canaan ihnen ganz gewidmet ist, und der
Abt Mignot in 21 Abhandl. in den Mémoires de
l'Acad. des Inscriptions
, Th. 34, 36, 38 und 40.
Von ihrer Schrift: Guil. Postellus de Phönicum litteris,
Paris, 1552, 12; auch in Havercamps Sylloge
altera Scriptorum de linguae Graecae pronurrciatione
,
Leiden, 1740, 8; ingleichen Jac. Rhenferdi
periculum Phönicium s. litteraturae Phoniciae
emendandae specimen
, Franeker, 1706, 4; auch
in seinen Opp. philol. Utrecht, 1712, 4; am besten
aber Franc. Perez Bqjer del Alfabeto y lengua de
los Fenices, y de sus Colonias
, bey des Don Gabriel
Spanischen Übersetzung des Sallust, Madrit,
1772, fol. auch einzeln.

Die bey den alten Schriftstellern vorkommenden
Phönicischen Wörter haben gesammelt
und erkläret, Bern. Aldrete in Antiguedades de
España
, S. 180-239, vorzüglich aber Sam. Bochart
l. c. B. 2, Kap. 1 folg.

Eine Geschichte der neuern Bemühungen,
die Phönicischen Münzen zu entziefern, besonders
Barthelemy's und Jo. Swintons befindet sich
in Eichhorn's Biblioth. Th. 7, S. 1067. Man sehe
auch Michaelis orient. Biblioth. Th. 6, S. 188;
Th. 8, S. 7; Th. 10, S. 129; Th. 21, S. 140.
Ausführlich handelt davon auch Jose. Eckhel in
doctrina nummorum veterum, P. 1, Vol. 3. Das
346wichtigste Werk über diese Münzen ist des schon
gedachten Bajer de numis Hebraeis Samaritanorum.
Valenza, 1781.

Die zu Larnica befindlichen Inschriften
machte zuerst Pococke in seiner Reise Th. 2,
S. 213 bekannt. Jo. Swinton lnscriptiones Citizae,
Oxford, 1750. Joh. David Akerblad Inscriptionis
Phoeniciae interpretatio nova
, Paris, 1802, 8; wider
Barthelemy und Swinton. Die zu Maltha befindliche
Inschrift erklären Villebrun zum Silius
Italicus
, Th. 2, S. 237 und Saggi di Dissertazioni
dell' Acad. di Cortona
, Th. 3. Eine Phönicische
Grabschrift zu Athen auf einen Artemidor aus
Sidon entdeckte der schon genannte Akerblad in
Götting. gel. Anz. 1800, S. 281.

c) Punisch oder Karchedonisch.

Puni oder Poeni war bey den Römern eine
allgemeine Benennung aller Phönicier, mit Einschluss
der Karthaginenser, wie unter andern
auch aus Horazens uterque Poenus erhellet. Vorzüglich
aber wurde die Muttersprache der Stadt
Karthago, bey den Griechen Karchedon, Punisch
und Karchedonisch genannt. Da diese Stadt eine
Phönicische Colonie war, welche bereits 1234
vor Christo, und 356 vor der Dido hier eingewandert
seyn soll, so war auch die Phönicische
Sprache hier herrschend, nur dass sie sich, wie
auch Hieron. in Praefat. lib. 2, in Ep. ad Galatas
bemerkt, durch die Länge der Zeit und durch
fremde Einflüsse sehr verändert haben mag. Da
sie zu Hieronymi Zeit noch auf der Küste üblich
war, so ist dieses um so viel weniger zu verwundern *)60.347

Man hat aus dieser Sprache noch ein merkwürdiges
Bruchstück von zehn Versen in des
Plautus Poenulus, Act. 5, Sc. 1, mit dessen Lateinischen
Übersetzung, dessen Auflösung mehrere
Gelehrte beschäftiget hat. Auch kommen
in den folgenden Scenen noch einige einzelne
für Punisch ausgegebene Brocken vor.

Hanno, ein Karhaginenser, sucht seine ihm
geraubte Tochter, und kommt zuletzt nach Kalydon
in Ätolien, zu einem alten Gastfreunde,
wo er sie endlich findet. Bey dem Eintritte in
das Haus ruft er in seiner Sprache die Schutzgötter
um Hülfe an. Es sind in allem 16 Verse,
von welchen die 10 ersten sehr bald als Punisch
erkannt, die letztern 6 aber von mehrern Gelehrten
für Lybisch erkläret wurden; doch von
diesen zuletzt. Da es hier zuvörderst auf einen
richtigen Text ankommt, so will ich die 10 Punischen
Verse nach den beyden Hauptausgaben,
des Dionys. Lambini, welche zuerst zu Paris,
1577, fol. heraus kam, und hernach mehrrnahls
aufgelegt wurde, und Fridr. Taubmanns, zuerst
Frankfurt, 1605, hersetzen. Der letztern sind
als der richtigern alle spätere Herausgeber des
Plautus gefolgt.

Text des Plautus nach Dion. Lambini Ausgabe.

Ny thalonim valon uth si corathisma consith,

Chym lach chunyth mumys tyala myctibari
imi siehi.

Lipho canet hyth bimithij ad aedin bynuthij.

Byrnarot syllo homalom in uby misyrthoho.

Bithlym mothyn noctotij nelachanti darrnachon.348

Issidele brim tyfel yth chylys chon, tem lisul.

Uth bynim ysdibur thinno cuth nu Agorastocles.

Y the manet hihy chyrsae lycoeh sith naso.

Bynni id chil luhilli gubylim lasibit thym.

Bodyali herayn nyn nuys lym moncoth
lusim.

Derselbe nach Frid. Taubmanns Ausgabe.

Ythalonim, vualonuth si choratisima comsyth.

Chym lachchunyth mumys tyalmyctibari
imischi.

Lipho canet hyth bymitthij ad aedin bynuthij.

Birnarob syllo homalonin uby misyrthoho

Bythlym mothym noctothij nelechanti
daschmachon

Yssidele brim tyfel yth chylys chon, tem,
liphul

Uth bynim ysdibut thinno cuth nu Agorastocles

Ythe manet ihy chyrsaë lycoeh sith naso

Byuni id chil luhili gubylim lasibit thim

Bodyalyt herayn nyn nuys lym moncoth
lusim.

Des Plautus eigene Übersetzung.

Deos deasque veneror, qui hanc urbem colunt,

Ut, quod de mea re huc veni, rite venerim.

Measque ut gnatas, et mei fratris filium,

Reperire sinitis me: dii vostram fidem!349

Quae mihi surreptae sunt, et fratris filium.

Sed hic mihi antehac hospes Antidamus fuit.

Eum fecisse ajunt, sibi quod faciundum fuit.

Ejus filium hic Agorastoclem esse praedicant:

Deum hospitalem ac tesseram mecum fero:

In hisce habitare monstratu'st regionibus, hos percontabor,
qui huc egrediuntur foras.

Ich unterdrücke den Gedanken, dass in
einem solchen Dichtwerke, wo alles, folglich
auch das Gebeth des Hanno, Dichtung ist, wohl
auch die Sprache erdichtet seyn könnte, welcher
Gedanke sich so natürlich darbiethet, und
auch dadurch Nahrung erhält, dass der Nahme
Antidamus in des Plautus eigenen Übersetzung
in dem Punischen Texte nicht angetroffen wird.
Allein, da dieser Gedanke bey keinem der Ausleger,
so viel ich wenigstens weiss, aufgestiegen
ist, sondern sie alle die Stelle für ächt Punisch
halten, so mag sie mir auch dafür gelten. Ich
will daher nur die vornehmsten, welche sie aufzulösen
und aufzuhellen suchten, aufzählen.
Diese sind:

Jo. Phil. Parcus in seiner Ausgabe des Plautus,
Frankfurt, 1610, 8; Neap. Nemetum
(Speyer) 1619, 4; Frankfurt, 1641, 8. Aus
dem Hebräischen und Syrischen und mit Hebräischer
Schrift.

Jo. Selden de Diis Syris, London, 1617, 8;
Leyden, 1629, 8; Leipzig, 1668, 1672, 8.
In den Prolegom. cap. 2; aus dem Hebräischen,
aber nur den ersten Vers.

Athanas. Kircher im Prodromus Coptus, Rom,
1636, S. 179. Aus dem Hebräischen, aber als
Kircher, d. i. als ein Mann der alles zu wissen
glaubte, und doch so wenig wusste.350

Sam. Petit in Miscellaneis, Paris, 1630, 1633, 4,
Lib. 2, Cap. 2, und daraus in Boxhorns Ausgabe
des Plautus, 1645. Aus dem Hebräischen, sowohl
mit Hebräischer als Lateinischer Schrift,
und einem Commentar.

Thom. Reinesii ιςορουμενα, linguae Punicae,
Altenburg, 1637, 4; Leipzig, 1660, 1670, 4;
auch in Jo. Graevii Syntagma dissertationum rariorum,
1702. Aus dem Hebräischen.

Sam. Bochart in Canaan, Caen, 1651, 4,
und hernach mehrmahls, zuletzt Leiden, 1747,
fol. Lib. 2, Cap. 6. Aus dem Hebräischen, und
noch am glücklichsten; obgleich auch nicht
ohne manchen gewaltthätigen Zwang.

Jo. Heinr. Sappuhn Comment. philol. qua nobilis
linguae Carchedonicae reliquiae a Plauto adservatae
explicantur
. Leipzig, 1713, 8. Aus dem Syrischen.

G. P. Franc. Agius de Soldanis Dissertazione
Annone Cartaginese, cioe vera spiegazione della Scena
della Commedia di Plauto in Poenulo
. Rom, 1752,
4. Aus dem Malthesischen.

Charles Vallencey im Essay on the Antiquity of
the Irish language
, Dublin, 1772, 8. Aus dem
Irländischen, aber am unglücklichsten.

Parei, Seldens, Sam. Petit und Bocharts Auflösungen
befinden sich auch in dem Plautus in
usum Delphini
, Th. 2, S. 209; des Sam. Petit, Bochart,
Agius und Vallancey, in Hertas Saggio prattico,
S. 243.

Dass man dabey zuvörderst die Wörter
richtig abzutheilen suchte, welche bei der bekannten
Art aller Handschriften, alle einzelne
Wörter zusammen zu hängen, und bey der Unwissenheit
der Abschreiber, so sehr zerrissen
351sind, verstehet sich von selbst, und dass sich die
vernünftigsten dieser Ausleger an die Semitischen
Mundarten, als alte Sprachverwandte der Punisischen
halten würden, war auch nicht anders
zu erwarten. Allein wenn man bedenkt, wie
schlecht Griechen und Römer fremde Sprachen
aufzufassen pflegten, wie nachlässig dergleichen
im Mittelalter abgeschrieben wurden, und wie
wenig man von dieser zu Plautus Zeit, d. i. während
des zweyten Punischen Krieges, wohl
schon sehr vermischten Sprache weiss, so wird
man auf eine völlig befriedigende Auflösung
gerne Verzicht leisten. Die meisten der gedachten
Ausleger gehen von der reinen Hebräischen
oder Syrischen Sprache aus; aber da das Punische
ein unreiner, ohne Zweifel sehr vermischter
Volks-Dialect war, so musste dieses den
Zwang vermehren, welchen man dem Texte anthun
musste, welcher nicht zu verkennen ist,
und unter andern auch aus den wörtlichen Übersetzungen
erhellet, wenn man sie mit der des
Plautus vergleicht. Ich will zum Beweise dessen
die beyden vornehmsten Auflösungen, die
des Sam. Petit und des Sam. Bochart mit ihren
Übersetzungen hersetzen.

Des Sam. Petit Auflösung mit Lateinischer Schrift.

Neth alonim, valonoth, secor eth isi macom
soth;

Chyni lachchu, vultmimi. Sty almoth ibarti
mischi:

Liphoc anethy bymi Thu ad ädin, bymi Thu,

Byrna rob, syllo hom alonim, ubymi syr,
tohu.352

Bythym othynoth athu. nelech an, ta das
machon?

E sod elle? brum tyfeloth chyly, schontem
li, phol

Eth banim. Ys dibec noth co noth Agorastocles:

Uthemuna tehy chora, sei ucoch, soth
nose,

Bynnu. Dchi li ihi gebulim, lasbit thumi;

Bady al ethe ra, ennyn, uaslym mincoth
uisim.

Dessen wörtliche Übersetzung.

Inclinate et advortite, o Di Deaeque, quorum sub
numine viri huius civitatis sunt:

Deprecationem et integritatem meam accipite. Duas
filias generavi, robur meum:

Fato impulsus feci ut irent singulis Deorum diebus
festis ad hortos,

Cum gaudio multo, quod conturbavit Deus, et in
die cantici fuit vacuitas:

Puellae surreptae abierunt: Quonam ibo thalamos
omnes calcans?

Ubi est qui illas rapuit? ut tollam ineptitudines doloris
mei, quas quasi fructus producit mihi
gignere et educare

Liberos. Dixerunt hic pro certo habitare Agorastoclem:

Est hospitalis tessera, Saturni imago, (hanc fero)

Internos. Esto aliquis finis itineris mei, quo tandem
integritati meae requies concedatur:

Ne solus et miser, afflictusque errem huc illuc, quin
potius in liberis meis innover, et rependam dona
et oblationes.353

Des Sam. Bochart Auflösung mit Lateinischer Schrift.

Na eth eljonim veeljonoth sechorath iismecun zoth

Chi melachai jithemu; matstia middabarchen
iski,

Lephurcanath eth beni eth jad adi vbenothai.

Berua rob sellahem eljonim vbimesuratehem.

Betarem moth anoth othi helech Antidamarchon,

Is sejada li: Beram tippel eth chele sechinatam
leophel.

Eth ben amis dibbur tham necot nave Agorastocles.

Othem anuthi hu chior seeli choc; zoth
nose.

Binni ed chi lo haelle gebulim lasebeth
tham.

Bo di ale thera inna; Hinno, esal im mancar
lo sem.

Dessen wörtliche Übersetzung.

Rogo Deos et Deas, qui hanc regionem tuentur,

Ut consilia mea compleantur; Prosperum sit ex ductu
eorum negotium meum.

Ad liberationem filii mei e manu praedonis, et filiarum
mearum.

Dii (inquam id praestent) per spiritum multum qui
est in ipsis et per providentiam suam.

Ante obitum diversari apud me solebat Antidamarchus,354

Vir mihi familiaris: sed is eorum coetibus junctus est,
quorum habitatio est in caligine,

Filium ejus constans fama est ibi fixisse sedem, Agorastoclem
(nomine)

Sigillum hospitii mei est tabula sculpta, cujus sculptura
est Deus meus; id fero.

Indicavit mihi testis eum habitare in his finibus.

Venit aliquis per portam hanc: ecce eum: rogabo
nunquid noverit nomen (Agorastoclis.)

Ob überall die grammatische Richtigkeit beobachtet
worden, und ob die ganze Vorstellungsart
dem Geiste der Semitischen Sprachen
angemessen ist, mögen andere beurtheilen. Indessen
kommt des Bochart Übersetzung der
Plautinischen, ein Paar Stellen abgerechnet,
noch am nächsten.

Ich sage kein Wort von des Agius und des
Sprachschwärmers Vallancey Träumen. Sie beweisen
weiter nichts, als dass man mit ein wenig
ausschweifender Fantasie, und noch mehr Keckheit
in dem, was Sprachen betrifft, aus allem alles
machen kann, was man nur will.

Die letzten sechs Verse erklärten Bochart,
Walton in Prolegom. ad Polygl. bey dem Hebräischen
No. 17, Grotius in Ep. ad Gallos, 106, und
Salmasius Lib. 1, cp. 18 ad Grotium für Lybisch,
welches desto wahrscheinlicher ist, da die Puni
sowohl Punisch als Lybisch sprachen, daher sie
bey den Dichtern auch bilingues, migdibiles und
bisulcilingues heissen. Allem Ansehen nach enthalten
sie eine blosse Wiederhohlung des vorigen
Gebethes in einer andern Sprache, welches
theils aus dem Anfangsworte Exanolim, theils
aus der fast gleichen Entfernung, worin die Nahmen
Antidamas und Aristocles (Agorastocles) vorkommen,
355erhellet; daher Plautus sie auch mit
keiner Übersetzung begleitet hat. Indessen wird
der Verdacht einer blossen Erdichtung hier noch
stärker; worauf besonders die vielen, fast möchte
ich sagen sinnlos angebrachten Lateinischen
Wörter führen. Doch man urtheile selbst.

Exanolim volanus succuratim misti atticum
esse

Concubitum a bello cutius beant lalachant
chona enus es

Hujec silec panesse Athidamascon alem induberte
felono buthume

Celtum comucro lueni, at enim avoso uber
bent hyach Aristoclem

Et te se aneche nasoctelia elicos alemus
duberter mi comps vespiti

Aodeanec lictor bodes jussum limnimcolus.

Obgleich das alte Lybische uns nur dem
Nahmen nach bekannt ist, so ist doch wohl gewiss,
dass es mit den Semitischen Sprachen
nicht die geringste Ähnlichkeit hatte. Und doch
wollten Pareus und Sam. Petit diesen Mischmasch
gleichfalls aus dem Hebräischen erklären.
Wie? kann man leicht gedenken. Bochart war
klüger, und berührte diese Verse gar nicht.

d) Hebräisch.

Die Hebräische Mundart ist die jüngste unter
ihren Schwestern; denn als die Hebräer noch
in den Lenden ihres Stammvaters Abraham
schlummerten, war schon das ganze südwestliche
Asien bis über den Tigris mit Semitischen
Völkern und Zungen besetzt, und doch hat man
356sie nicht allein zur ersten unter den Semitischen
Sprachen, sondern sogar zur ersten Sprache in
der Welt machen wollen. Die Hebräer oder
Juden, wie sie nach dem Exil genannt wurden,
ein an sich unbedeutendes, aber um mancher
Nebenumstände willen doch sehr merkwürdiges
Volk, stammte nach seinen Sagen aus Chaldäa
jenseit des Euphrats her, und brachte dessen
Sprache mit. Da Abraham und seine Nachkommen
215 Jahr unter den Canaanitern als Beduinen
herum zogen, so gewöhnten sie sich nach und
nach an deren Sprache, daher Es. 19, 18, die
Hebräische Sprache die Sprache Canaans genannt
wird. Diese Sprache nahmen sie auch
mit in den Winkel von Aegypten, wo sie während
ihres Aufenthaltes von 400 Jahren wohl
nicht ganz von Aegyptischen Einflüssen wird frey
geblieben seyn. In mehrere Mundarten zerfiel
sie hier, und schon vorher in Canaan gewiss; indem
sie in mehrere Stämme und Familien zertheilt
blieben, und erst von Mose zu Einem
Volke verbunden wurden. Als sie sich in der
Folge bloss nach dem Rechte des Stärkern, Canaans
bemächtigten, denn rechtskräftigere ihnen
oft geliehene Ansprüche halten keinen Stich,
vertilgten sie den Rest der Urvölker, nebst dem
gröfsten Theile der Canaaniter. Mehrere hundert
Jahre lebten sie kümmerlich unter Richtern,
wenig gebildeter, als die Heerden, welche sie
weideten. Unter David ward der kleine Staat
blühend, unter Salomo reich und mächtig; aber
immer ohne höhere Cultur, so dass das Volk
auch vor dem Exil den Begriff eines einzigen
Gottes nie fest halten konnte. Der schnelle
Glanz bereitete dessen Verfall. Der kleine kaum
540 Quadrat-Meilen grosse Staat ward getheilt,
357und nunmehr eine leichte Beute seiner mächtigem
Nachbarn. In Chaldäa erhielt das Volk einige
Aufklärung; hier erhob es sich auch zu dem
Begriffe eines einzigen Gottes, ward aber dafür
mit Engeln und Teufeln bereichert, bis es endlich
durch seinen Aberglauben, durch seinen
Stolz und durch seine steife Anhänglichkeit an
seinen alten Moses der ganzen gebildeten und
ungebildeten Welt ein lehrreiches Beyspiel ward
und noch ist.

(1) Alte Sprache. Hebräisch im engsten Sinne.

Das ist diejenige Canaanitische Mundart,
welche unter den Hebräern herrschte, so lange
sie unabhängig waren, und wovon wir in ihren
heiligen Büchern noch so schätzbare Überreste
haben. Diese Bücher erstrecken sich, von Mose
bis Maleachi, durch einen Zeitraum von 1200
Jahren, und müssten uns folglich die Sprache von
ihrer ersten Rohheit an, bis zu ihrer grössten
Ausbildung nach allen Stufen ihrer Cultur zeigen.
Einigen Unterschied merkt man allerdings.
Im Hiob, welchen man ehedem noch über Mosen
hinaus setzte, ist die Sprache hart und rauh
und mit Arabismen gewürzt; im Buche der Richter
ungebildet und provinziell; unter David und
Salomo in ihrem besten Glanze; worauf sie sich
wieder zu ihrem Verfalle neiget, und in den
spätern in und nach dem Exil geschriebenen Büchern,
den spätern Propheten und den dem Salomo
fälschlich zugeschriebenen Büchern schon
mit Chaldaismen vermischt ist, in welchen Dialect
sie endlich völlig übergehet. Allein dieser
Unterschied im einzelnen ist denn doch bey weiten
nicht so gross, als man ihn nach dem gewöhnlichen
358Laufe der Natur in einem Raume
von so vielen Jahrhunderten im Ganzen erwarten
sollte. Die Sprache der Bücher Mosis unterscheidet
sich im Ganzen bey weiten nicht so
sehr von der Sprache eines Esra und Nehemia,
als die Sprache Kero's und des übersetzten Isidor,
von der Sprache Wielands, oder als die
Sprache in dem Gesetze der zwölf Tafeln von
der Sprache Virgils *)61.

Michaelis behauptete zwar, die morgenländischen
Sprachen wären darin beständiger als
die abendländischen. Die Hebräer hätten keinen
Verkehr mit andern Völkern gehabt, und
daher ihre Sprache sich gleich erhalten können.
Moses sey ihr classischer Schriftsteller gewesen,
nach welchem sich alles gebildet habe. — —
Alles das zum Theil zugegeben, so kann es zwar
etwas bewirket haben, reicht aber doch nicht
hin, den Mangel der Veränderung zu erklären,
welchen eine Nation, die in einem Zeiträume
von 1200 Jahren so grosse und wichtige innere
Verwandelungen auch in ihrer Cultur erlitten
hat, dem gewöhnlichen Laufe der Dinge nach,
auch in ihrer Sprache erfahren muss. Dass ein
Schriftsteller, sey er auch noch so classisch und
einzig, eine Sprache mehrere Jahrhunderte hindurch
359fest halten können, ist ohne alle Beyspiele;
eher findet man, dass die Sprache ihn in
ihrem Wechsel mit fortreisst, und ihn zwinget,
mit Zungen späterer Zeitalter zu reden.

Es haben daher die aufgeklärtesten Ausleger
der neuern Zeiten theils eingestanden, theils
bewiesen, dass keine der biblischen Schriften,
selbst das Buch Hiob nicht, über Samuels Zeiten
hinaus reiche, und dass die für älter gehaltenen
Schriften in den von Samuel errichteten Propheten-Schulen
erst zu oder nach seiner Zeit gesammelt,
und wo nicht erst schriftlich aufgesetzt,
doch gewiss überarbeitet, und in die
Sprache ihrer Zeit eingekleidet worden.

Wenn dem nun auch so ist, so sind uns
doch diese Bücher überaus schätzbar, theils weil
sie uns die ersten wirklichen Versuche der Geschichte
liefern, theils auch, weil sie uns, ihrer
Neuheit ungeachtet, dennoch die ältesten beträchtlichen
Überreste einer schon vor fast dritthalb
tausend Jahren ausgestorbenen Sprache
aufbehalten, welche der ersten Ursprache um
mehrere Jahrhunderte näher sind, als alle übrige;
denn Homer, der älteste Schriftsteller nach
ihnen, ist um 120 Jahr jünger als Samuel, und
um 550 Jahr jünger als Moses, und doch treffen
die obigen Vermuthungen einer durch mehrmahlige
Überarbeitung geschehenen Verjüngung
ihn fast noch stärker, als die Schriften Mosis
und seiner nächsten Nachfolger.

Dieses hohe Alter der Sprache erhellet auch
aus ihrem ganzen Baue. Sie ist zwar nicht mehr
einsylbig, zu einem sichern Beweise, dass sie
bereits um mehrere Stufen von der ersten Ursprache
entfernt ist; aber sie ist bey aller ihrer
Mehrsylbigkeit doch unter allen Semitischen
360Mundarten die einfachste und unausgebildetste,
und zeiget genugsam, dass sie auf dem halben
Wege ihrer Ausbildung stehen geblieben ist.
Der ursprüngliche Naturlaut tönt in ihr stärker
nach, als fast in irgend einer andern Sprache.
Sie leidet grossen Mangel an Adjectiven, welche
sie durch Substantiva ersetzen muss (Mann Gottes,
für vortrefflicher Mann,) besonders an Adverbien,
Praepositionen und Conjunctionen,
wie alle ungebildete Sprachen. Bey einem unnützen
Reichthum an Formen des Zeitwortes,
dasselbe in allerley Verhältnissen auszudrucken,
hat sie einen gänzlichen Mangel an den Modis
und Zeiten. Daher die grosse Unbestimmtheit
in so manchen Arten des Ausdrucks, besonders
im erzählenden Styl, indem sie weder die Hauptsätze
von den Nebensätzen, noch die bedingten
von den unbedingten, noch endlich die zweifelhaften
von den gewissen unterscheiden kann,
sondern alles dem Verstande des Lesers überlassen
mufs. Wie viele Dunkelheit und Ungewissheit
das verursacht, erfahren diejenigen täglich,
welche den bestimmten Sinn der Worte in einer
so unbestimmten Sprache zu erforschen suchen.
Aber nicht bloss der Bau der Sprache, sondern
auch die ganze Vorstellungsart in derselben athmet
noch die Kindheit des menschlichen Geistes.
Noch umhüllet die bildliche Einkleidung
alles, was man in spätern Zeiten durch die Abstraction
geläutert hat. Noch ist jede Wirkung,
deren Ursache man nicht kennet, und wie viel
ist dessen nicht, in der ersten Jugend der Welt,
selbst jeder Gedanke, jede Begierde die unmittelbare
Wirkung eines mächtigern Wesens, welches
aber eben so schwach, leidenschaftlich und
ungebildet ist, als der rohe Mensch selbst.361

So klein nun auch das Ländchen war, welches
dieser Dialect beherrschte, so hatte er doch
wieder seine Mundarten, welches in einem in
mehrere nur unter sich verbundene Stämme vertheilten
Volke wohl nicht anders seyn konnte.
Überhaupt zerfielen selbige in den West- und
Ost-Jordanischen Dialect. Da der erste geraume
Zeit der Sitz des Reiches und der Hauptstadt
war, um welchen sich die Cultur zusammen zu
drängen pflegt, so war auch der Dialect der
Hauptstadt der gebildetste, und ward vorzüglich
zur Büchersprache benutzt. 2 Kön. 18, 26,
und Es. 36, 11 heisst er der Jüdische, richtiger
Judaische Dialect, Dialect des Stammes Juda.
Der vornehmste unter den zehn übrigen Stämmen
war der Stamm Ephraim. Dass dieser das
sch nicht aussprechen konnte, sondern dafür ein
s hören liess, nach Richt. 12, 5, 6. ist bekannt.
Überhaupt scheinen die zehn Stämme, so wie
die Galiläer, die Gutturalen verwechselt zu haben.
Der Ost-Jordanische Dialect fängt erst
nach dem Exil an, bekannter zu werden, daher
sich jetzt noch nichts davon sagen lässt.

Als sich die Juden in und nach dem Exil an
das Chaldäische gewöhnten, mussten sie sich
doch der Hebräischen, als einer gelehrten Sprache,
befleissigen. Haggai, Zacharia, Maleachi,
Nahum u. s. f. schrieben noch nach dem Exil Hebräisch;
auch erscheint es noch auf den Münzen
der Maccabäer. Selbst nach der Zeit ist es nie
unter ihnen ganz ausgestorben, wenigstens nicht
als gelehrte Sprache; nur dass es immer mangelhafter
und ungestalter ward, je weiter es sich
von der Quelle entfernte. Als die Juden um
500 nach Chr. die Sprache zuerst mit Puncten
versahen, war die wahre Aussprache schon seit
3621000 Jahren erloschen, daher sie sich mit der
Chaldäischen behalfen. Daher kommt es denn,
dass unser heutiges Hebräisch sich in Ansehung
der Puncte mehr zu dem Chaldäischen, in Ansehung
der Consonanten und der Biegung aber
mehr zu dem Arabischen neiget.

In der Masora hatten sie sich auch zur Erklärung
der biblischen Bücher auf den Bau der
ausgestorbenen Sprache einlassen müssen, und
manche grammatische Bemerkungen gemacht.
Als die Araber im 7ten Jahrhundert anfingen,
die Sprache ihres Korans grammatisch zu bearbeiten,
ahmten das die Juden im 10ten und
11ten Jahrhundert nach, und suchten die in der
Masora zerstreuten grammatischen Anmerkungen
zu einem Ganzen zu verbinden. Allein sie
verfuhren dabey wie Juden, mit einer Menge
abergläubiger Grillen, welche nie in eines Sprechenden
Herz und Sinn gekommen sind. Die
christlichen Sprachlehrer behielten diese Hirngespinste
lange bey, und vermehrten sie sogar
noch mit neuen, wie z.B. Jac. Alting und nach
ihm Joh. Andr. Danz mit der Lehre von den drey
Moris. Erst mit Alb. Schultens brach die Morgenröthe
der Hebräischen Sprachlehre an, welche
sich seit dem, obgleich nur noch langsam, dem
hellern Lichte nähert, daher noch mancher alter
Jüdischer Wust übrig ist, welcher die Erlernung
der Sprache erschweret und die Bedeutung der
Wörter verunstaltet.

Die vornehmsten und neuesten Hülfsmittel
zu Erlernung dieser Sprache sind:

Jo. Simonis introductio grammatico-critica in
linguam Hebraeam, qua de linguae illius appellationibus
origine et antiquitate, fatis ac subsidiis disseritur
.
Halle, 1753, 8.363

Jo. Dav. Michaelis Beurtheilung der Mittel,
welche man anwendet, die ausgestorbene Hebräische
Sprache zu verstehen
. Götting. 1757, 8.

C. G. Anton disp. de lingua primaeva, ejusque
in lingua Hebraica reliquiis
, aut. Carl Theoph. Anton.
Wittb. 1800, 4.

Christ. Frid. Ludw. Ungefug disp. Praes. Jo.
Gottfr. Hasse de dialectorum linguae Hebraicae cum
dialectis Graecae ac Teutonicae puri ratione
. Königsb.
1791, 4.

Alb. Schultens vetus et regia via Hebraizandi.
Leiden, 1738, 4; auch bey seinen Originibus.
Man sehe auch die Vorrede zu seinen Proverb.
Salom.
Leiden, 1748, 4.

— — — de defectibus hodiernis linguae
Hebraicae
; bey seinen Originibus.

Jo. Gottfr. Hauptmann historia linguae Hebreae
primis lineis descripta
. Leipzig, 1751, 8; auch
in seiner Sprachlehre von 1760. In der ersten
Schrift befindet sich S. 36-48 ein alphabetisches
Verzeichniss der Schriften über diese
Sprache.

M. H. W. Clemm Versuch einer kritischen Geschichte
der Hebräischen Sprache
. Herborn, 1754, 8.

Wilh. Frid. Hezels Geschichte der Hebräischen
Sprache und Litteratur
. Halle, 1776, 8.

Dergleichen liefern auch Vater, Hasse, Hartmann
und Jacobi in ihren Sprachlehren.

Die Hebräischen Grammatica und Lexica
beurtheilt Gottl. Wilh. Meyer in Hermeneutik des
A. T.
Th. 1, S. 448 f. 500 f.

Von den Sprachlehren erwähne ich nur die
vornehmsten, welche seit Alb. Schultens erschienen
sind.364

Alb. Schultens Institutiones ad fundamenta linguae
Hebraicae
Leiden, 1737, 4. Ein Auszug
daraus, Bremen 1753, 8.

Joh. Dav. Michaelis Hebräische Grammatik.
Halle, 1745, 8; ungeändert aufgelegt, 1753,
1768, 1778. Noch ganz in dem alten Geschmack.
Er versprach eine vollständigere bessere, die er
aber nicht erlebte.

Jo. Gottfr. Hauptmann Hebraici sermonis elementa,
cum illius historia
. Jena, 1760, 8.

Nic. Wilh. Schröders Institutiones ad fundamenta
linguae Hebraicae rite cognoscenda
. Groningen,
1766, 8; Frankf. 1778, 8; Ulm, 1785, und
1792, 8; ganz im Geiste Schultens, und daher
mit Recht geschätzt.

W. F. Hexel's ausführliche Hebräische Sprachlehre.
Halle, 1777, 8; kürzere, Detmold,
1787, 8.

J. C. Dieterichs Hebräische Grammatik für Anfänger.
Lemgo, 1778, 8.

Gottl. Christ. Storr observationes ad analogiam
et Syntaxin Hebraicam pertinentes
. Tübing. 1779, 8.

Aug. Frid. Pfeifers Hebräische Grammatik. Erlangen,
1780, 8; verm. 1790, 1803, 8.

J. A. Danz Hebräische und Chaldaische Grammatik,
übersetzt und mit Anmerkungen von G. D.
Kypke
. Berlin, 1784, 8.

J. Uri Pharus artis grammaticae Hebraicae.
Oxford, 1784, 8.

J. Gottlieb Bidermanns Anfangsgründe der Hebräischen
Sprachlehre
. Leipzig, 1785, 8. Erschien
zuerst 1775.

Jo. Gottfr. Hasse Sprachlehre nach den leichtesten
Grundsätzen
. Jena, 1786, 8.

— — — practisches Handbuch zur Erlernung
der Hebräischen Sprache
. Jena, 1787, 8;
365des practischen Handbuchs für die Orient. Sprachen
1ster und 2ter Th.

Ern. Wilh. Hempel prima linguae Hebraicae elementa.
Edit. II. Lemgo, 1789, 8.

Leber. Heinr. Sam. Jehne Hebräische Sprachlehre.
Altona, 1790, 8.

J. Ch. Steinersdorf Hebräische Sprachlehre,
3te völlig umgearbeitete Aufl. von H. E. Güte.
Halle, 1790, gr. 8.

H. E. Güte Anfangsgründe der Hebräischen
Sprache
. 2te umgearb. Aufl. Halle, 1791, 8.

Jo. Christ. Fridr. Wetzel Hebräische Sprachlehre.
Berlin, 1796, 8.

Jo. Severin Vaters Hebräische Sprachlehre. Leipzig,
1798, 8. Auszug daraus, 1800, 8.

Jo. Adolph Jacobi Elementarbuch der Hebräischen
Sprache
. Jena, 1797, 8.

Jo. Melch. Hart mann Anfangsgründe der Hebräischen
Sprache
. Marburg, 1798, 8; mit einer
Chrestomathie.

Jo. Jahn Elementar-Buch der Hebräischen
Sprache
. 2te umgearb. Aufl. Wien, 1799, 8.
Die erste erschien 1792.

Jac. Gussetii Commentarii linguae Hebraicae.
Amsterd. 1702, f. von J. C. Clodius verm. Leipzig,
1743, 4.

Alb. Schultens origines Hebraicae. Leiden,
1761, 4.

Edm. Castelli Lexicon Hebraicon ex ejus Lexico
heptaglotto seorsim typis exscriptum, adnotatis in
margine vocum numeris et J. D. Michaelis supplementis
,
(ed. J. F. Ldf. Trier.) Helmstädt, 1785,
1792, 4. 2 Voll.

Jo. Cocceji Lexicon Hebraicum post Jo. Henr.
Majum longe quam antea correctius et emendatius,
366ed. Jo. Chrn. Frid. Schulz
. Leipzig, I777, 8, 2 Voll.
Ed. II, Leipzig, 1793, 1796, 8, 2 Voll. Unter
allen das brauchbarste. Cocceji Wörterbuch erschien
1669, 1689, opera J. H. Maji Frankf.
1714, alle in fol.

Chrn. Reineccii Janua Hebraicae linguae, cura
Jo. Frid. Rehkopf
. Leipzig, 1788, 8; vorher
acht Mahl aufgelegt.

Jo. Simonis Lexicon manuale Hebraicum et
Chaldaicum
. Edit. III op. Jo. Gottfr. Eichhorn.
Halle, 1793, 8.

— — — Onomasticon V. T. — quo nomina
V. T. propria — explicantur
. Halle, 1741, 4.

Phil. Ulr. Moser Lexicon manuale Hebraicum et
Chaldaicum
, c. Praef. D. Gottl. Christ. Storr. Ulm,
1795, gr. 8.

Jo. Chr. Frid. Schulz Hebräisch-Deutsches Wörterbuch.
Leipzig 1796, 8; ein Auszug aus dem
obigen grössern.

Jo. Dav. Michaelis Supplementa ad Lexica Hebraica.
Göttingen, 1784-1792, 6 Theile in 4.

J. A. L. Tingstadii specimen Supplementorum
ad Lexica Hebraica
. Upsal, 1791, 12 Seiten in 4.

Wilh. Fridr. Hezels kritisches Wörterbuch der
Hebräischen Sprache
. Th. 1, St. 1, Halle, 1793, 8;
liefert auch nur Supplemente, und ist fast ganz
Kritik der Supplemente des Ritters Michaelis.

Sprachprobe.

Die Hebräische Formel in Seb. Münsters Hebräischen
Matthäo ist fehlerhaft und unrein.
Ich liefere dafür die aus Hutters N. T. nach des
Hrn. Legat. Raths Beigel verbesserten Schreibung,
und mit dessen buchstäblichen Übersetzung
und Anmerkungen.367

45. Hebräisch.

Aus El. Hutteri N. T. XII linguarum.

Vater unser, welcher in Himmeln,
Es werde geheiligt Nahme dein;
Es komme Reich dein;
Es sey Wille dein wie dass in Himmeln, und also in Erde;
Brot unser Sache (des) Tages gib uns den Tag;
Und vergib uns die Schulden unser wie
dass wir vergebende (sind) den Herren
der Schulden unser;
und nicht nachkommen uns zur Versuchung;
Sondern befreye uns vom Bösen.
Denn dein (ist) das Reich, und Stärke,
und Ruhm zur Ewigkeit (der) Ewigkeiten.

Abi-nu ascher ba-Schamajim;
Jikkadesch Sehern-echa;
Tabo Malcuth-echa;
Jehi Rezon-echa ka-ascher ba-Schamajim, we-ken ba Arez;
Lachm-enu debär Jom then l-anu ha-Jom;
U-selach l-anu eth Choboth -enu, kaascher
anächnu solechim le-Baale
Choboth-enu;
We-al thebi-enu le-Nisajon;
Ki-im hazzil-enu me-Ra.
Ki-l'-echa ha Malcuth, u-Gebura,
we-Kabod, le Olam Olamim.

Anmerkungen.

Ăscher, welcher. Seb. Münster und R.
Isaac, letzterer in der fälschlich so genannten
Rabbinischen Formel, in seinem Munimine fidei
368haben dafür sche, welches man gleichfalls in den
jüngern Schriften der Bibel findet.

Jikkadesch, es werde geheiliget. Münster
und Isaac haben Jitkadesch, welches im Hebräischen
das Reciprocum ist, es heilige sich; im
Chaldäischen aber ist es das Passivum.

Schem-echa, Nahme dein; auch Schim-cha,
wie R. Isaac.

Tabo, es komme, das Fämininum, weil
Malcuth ein Fämininum ist. Münster hat nicht
so richtig das Masculinum Jabo.

Jehi, es sey oder werde. Münster und Isaac
haben Jease, es werde gethan, von asa, thun.

Lachm-enu debar Jom, Brot unser Sache des
Tages. Münster übersetzt Lachmenu themidi, das
fortdauernde Brot, von Thamid, Fortdauer; aber
das Adjectivum themidi kommt in der Bibel nicht
vor. R. Isaac hat dafür Lechem chukenu, besser
chokenu, Gesetz unser, d. i. Pensum, welches
auch gut Hebräisch ist.

Eth-Choboth-enu, die Schulden unser. Die
Partikel eth bezeichnet den Accusativ, wie im
Chaldäischen ith, oder jath.

Ka-ascher, wie dass; so auch Münster. R.
Isaac hat Kemo sche-jam, wie dass auch.

Solechim le Baale Choboth-enu, vergebende
(sind) den Herren der Schulden unser. So auch
Münster. R. Isaac: Mochelim le Chajabim al-enu,
verzeihende den Schuldnern an oder über uns.
Mochelim von mechal, verzeihen, ist das einzige
Rabbinische Wort in seiner Formel.

Le-Nisajon, zur Versuchung; Münster
be-Nisajon, in Versuchung; R. Isaac l'-ide Nisajon,
in die Hände der Versuchung.

Me-Ra, vom Bösen; R. Isaac mi-kol Ra,
von allem Bösen.369

(2) Alt-Chaldäisch, Neu-Chaldäisch oder Syro-Chaldäisch.

In dem Exil, wo die Juden, nicht, wie in
Gosen, beysammen, sondern unter lauter Chaldäern
zerstreut wohnten, vergassen sie ihre
Muttersprache, und gewöhnten sich an die
Chaldäische; oder, welches wahrscheinlicher
ist, sie vermischten ihr Hebräisch mit dem ohnehin
verwandten Chaldäischen, so dass daraus
ein dritter gemischter Dialect entstand. Anfänglich
scheint dieses, wenigstens in Schriften,
mit Bescheidenheit geschehen zu seyn, daher
die im Exil, und bald hernach geschriebenen
Bücher nur einzelne Chaldäische Formen aufzuweisen
haben. Nach dem Exil fanden sie wahrscheinlich
das Chaldäische in ihrem Lande herrschend,
indem die aus Babylon dahin geschickten
Beamten, Truppen und Colonisten sich
wohl nicht werden an das Hebräische gewöhnt
haben. Dadurch entstand der ältere, reinere
Chaldäische Dialect, von welchem ausser den
biblischen Büchern die Targumim oder Paraphrasen
zeugen, und zwar am reinsten die
ältern, besonders die des Onkelos über den
Pentateuch. Dass auch die so genannten Apokrypha
ursprünglich Chaldäisch geschrieben
worden, beweiset Eichhorn in der Einleitung
in die Apokryph. Schriften des A. T. Leipzig,
1795, 8. Am längsten erhielt sich dieser Dialect
unter den Juden und in den Jüdischen Schulen
in und um Babylon, daher auch der Babylonische
Talmud in demselben geschrieben ist.

Allein als die Juden von den Syro-Macedonischen
Königen unterjocht wurden, und ihr
Land mit Syrischen Beamten und Truppen angefüllet
370ward, entstand gegen Christus Zeit das
neuere Chaldaische, Syro-Chaldäische oder Palästinische;
das Chaldäische nach Syrischer Aussprache,
welches in dem N. T. oft nur Hebräisch genannt
wird *)62. Es war von verschiedenen Graden
der Reinigkeit. In den frühern Zeiten und
zu Jerusalem war es reiner, auf dem Lande und
nach der Zerstreuung gröber. Das erhellet aus
dem Jerusalemschen Talmud, und dem Targum
des Jonathan. In diesem und den spätern
Targumim ist es voll ausländischer Wörter.

Von dieser Sprache handeln:

Briani Waltoni diss. de lingua Chaldaica et Targumim,
in Prolegom. ad Biblia Polygl. und im Apparatu
biblico
, Zürch, 1673, fol.

Pet. Martinii Grammatica Chaldaica, quatenus
ab Hebraea differt
. Rochelle, 1597, 8.

Chph. Crinesii Gymnasium Chaldaicum, exhibens
Grammaticam et Lexicon
. Nürnb. 1627, 4.

Andr. Mylii Grammatica Chaldaica, in quantum
ab Hebräa differt
. Danzig, 1637, 4.

Guil. Jamesii Isagoge in linguam Chaldaicam,
London, 1651, 8.

Chp. Cellarii Chaldaismus s. Grammatica nova
linguae Chaldaicae
. Zeitz, 1685, 4.371

Zanolini Lexicon et Grammatica Chaldaica-Rabbinica,
cum Rabbinorum abreviaturis
. Padua,
1747, 4, 2 Voll.

Jo. Ern. Faber Anmerkungen zur Erlernung des
Talmudischen und Rabbinischen
. Götting. 1770, 8.

Jo. Dav. Michaelis Grammatica Chaldaica. Götting.
1771, 8.

Jo. Gottfr. Hasse in dem practischen Unterricht
in den orientalischen Sprachen
.

Appendix institutionum ad fundamenta linguae
Hebraicae a celeb. Schrödero editarum, Chaldaismi
biblici praecepta exhibens
. Ulm, 1787, 8.

Wilh. Frid. Hezels Anweisung zum Chaldäischen.
Lemgo, 1787, 8; ist ein Commentar über Michaelis
Sprachlehre.

Das Chaldäische der Bibel wird in den Hebräischen
Wörterbüchern gemeiniglich mit aufgeführet,
wohin besonders das des Coccejus, Simonis,
Moser, Reineccius u. s. f. gehören. Weiter
und oft über das Palästinisch-Chaldäische erstrecken
sich:

Jo. Buxtorfii patris Lexicon Chaldaicum, Talmudicum
et Rabbinicum, ed. a Joanne filio
. Basel,
1640, fol.

Jo. Plantavitii Thesaurus synonymicus Hebr.
Chald. Rabbinicus
. Lodevae, 1645, fol.

Henr. Opitii Chaldaismus Thargumico-Talmudico-Rabbinicus.
Edit III. Kiel, 1696, 4.

Edm. Castelli Lexicon in seinem Lexicon heptaglotto.

Ge. Laur. Bauer Chrestomathia e paraphrasibus
Chaldaicis et Talmude delecta, cum Glossario
. Nürnberg,
1792, 8.372

Heinr. Ado. Grimm Chaldaische Chrestomathie
mit einem Glossario
. Leipzig, 1801, 8.

Jac. Ge. Christi Adler entdeckte in Rom eine
bisher ganz unbekannte Übersetzung des N. T.
im Syrisch-Chaldäischen Dialect, wovon er in
N. T. versionibus Syriacis, Kopenh. 1789, 4. Nachricht
gab. Die Handschrift war 1030 geschrieben,
die Übersetzung aber zwischen dem 4ten
und 6ten Jahrhundert. Er theilte Matth. 27,
3-32, daraus vollständig mit, welche Stelle
in Eichhorns Biblioth. Th. 2, S. 500 mit Anmerkungen
wieder abgedruckt wurde.

Man hat verschiedene Formeln des Chaldäischen
V. U. wo doch die Verschiedenheiten
theils von der Übersetzung und Orthographie,
theils von Vermischung des Syrischen mit dem
Chaldäischen herrühren. Die in Thesei Ambrosii
Jntroduct. in linguam Chald. Syriac. et Armenam von
1539 S. 184. ist nicht Chaldäisch, sondern rein
Syrisch. Die so genannte Syro-Chaldäische aus
des Mart. del Castillo Arte Hebrai-Spano, Lyon,
1676, im Hervas, S. 178, ist nur den drey ersten
Zeilen nach Chaldäisch, das übrige ist Syrisch.
Auch die aus der Dottrina Christiana in
Caldea, Rom, 1665, welche der P. Finetti von
den Syriasmen gereinigt haben will, im Hervas,
ist in der vierten und fünften Bitte ganz, in der
sechsten und siebenten halb Syrisch, und wo sie
nicht Syrisch einmischt, verderbt und unrichtig.
Eine andere in den ältern Sammlungen, und
daraus im Hervas schien unrichtig; daher ich sie
mit den vorigen übergangen habe.373

46. Chaldäisch.

Aus Thom. Lüdeken (Andr. Müllers) Samml. S. 11 mit
verbesserter Schreibung für die Deutsche Aussprache
.

Vater unser, der in Himmeln,
Geheiligt werde Nahme dein;
Es komme Reich dein;
Es werde Wille dein wie in Himmeln,
eben so in Erde;
Gib uns Brot des Zureichens unser
im Tage heute;
Und erlass uns Schulden unsere, wie wir
erlassen wir den Schuldnern unsern;
Und nicht einführe uns der Versuchung;
Sondern rette uns rette (nota Accus.) uns
vom Bösen.
Weil dass dir ist Reich und
Kraft, und Lobpreisung zu Ewigkeiten
der Ewigkeiten.

Abu-na de-bi Schemäja,
Jithkaddasch Schem-ach;
Thete Malcuth-ach;
Jeneve Zibjon-ach kema bi-Schemaja,
kenema be-Ara;
Hab l- ana Lachma de-misset-ana
be-Joma, (oder jomana;)
U-schevok l-ana Chob-ana, kema nachna
schebäkna le-Chajab-ana;
We-lä thäal-ana le-Nisajon (oder Nisjona);
Ella phez-äna (oder pheze ith-ana)
men Bischa.
Metul de-dilach ithe Malcutha, weChela,
we-Tschuschbachta, le-Aleme
Alemaja.374

(3) Rabbinisch.

Die Juden behalfen sich mit diesem Neu-Chaldäischen,
welches sich immer mehr verschlimmerte,
je mehr sie selbst an Kenntniss und
Geschmack abnahmen, bis sie 1038 von den
Arabern aus Babylon, wo sie bisher noch öffentliche
Schulen hatten, vertrieben wurden. Sie
wandten sich hierauf nach Spanien, wo sie bey
den dasigen Arabern eine freundlichere Aufnahme
fanden, und sich daher hier sehr vermehrten.
Zugleich liessen sie sich durch das Beyspiel
ihrer neuen Schutzherren zu einem neuen Eifer
für ihre ausgestorbene Sprache und Gelehrsamkeit
aufmuntern. Daher entstanden jetzt ihre
Schulen in Granada, Toledo, Barcellona, Cordua,
Sevilla und Saragossa, wo ihre Gelehrsamkeit
sehr bald blühend ward. Ihr Eifer für ihre
alte Sprache und den Talmud hatte auch auf ihr
so verderbtes Neu-Chaldäisches Einfluss, indem
sie dasselbe von den gröbsten Auswüchsen reinigten,
es der neu gebildeten Hebräischen
Sprachlehre anschmiegten, und es gewisser
Massen mit dem Alt-Hebräischen zusammen
schmelzten. So entstand das Rabbinische, welches
seitdem ihre gelehrte Sprache ist, obgleich
die Unduldsamkeit der christlichen Könige in
der Folge ihrer Gelehrsamkeit in Spanien ein
Ende machte.

Die vornehmsten Hülfsmittel, ausser denen,
welche bereits im vorigen vorgekommen, sind:

Gilb. Genebrardi Isagoge Rabbinica. Paris,
1563, 1587, 4.

Chph. Cellarii Rabbinismus. Zeitz, 1684, 4.

Adr. Relandi Analecta Rabbinica in quibus continentur
375Genebrardi Isagoge, Cellarii Rabbinismus,
etc.
Utrecht, 1702, 8.

Ol. Gerh. Tychsen elementa dialectus Rabbinicae.
Butzow, 1763, 8.

Jo. Plantavitii florilegium Rabbinicum. Lodevae,
1645, fol.

Jul. Conr. Ottonis Lexicon Rabbinico-philologicum.
Genf, 1675, 8.

Bey den Kennikottischen Vergleichungen
entdeckte man von den Chaldäischen Abschnitten
im Daniel und Esras eine 1327 geschriebene
Rabbinische Übersetzung, welche Kennicott unter
den Text des Daniel und Esras drucken liess,
und wovon Prof. Schulz in Halle eine neue Ausgabe
besorgte: Chaldaicorum Danielis et Esrae capitum
interpretatio Hebraica
(Rabbinica.) ed. Jo.
Ludw. Schulz
. Halle, 1782, 8.

Die so genannte Rabbinische Formel des
V. U. aus des R. Isaac Munimine fidei in Chamberlayne
ist rein Hebräisch. V-mechol, und verzeihe,
in der fünften Bitte ist das einzige Rabbinische
Wort in derselben.

(4) Samaritanisch.

Der alten Mundart der zehn Stämme ist bereits
im vorigen gedacht worden. Den Nahmen
Samaritaner bekamen sie erst, als der König
Omri die Stadt Samaria bauen liess. Als Salmanassar
und Assarhaddon den bessern Theil des
Volks nach Assyrien und Medien abführen liessen,
ersetzten sie denselben durch neue Einwohner
aus Chaldäa, Kutha, Ava, Hemath und
Sepharvaim, welche mit den zurück gebliebenen
zusammen flossen, und die neuern Samaritaner
bildeten. Die Kuthäer waren darunter die
376zahlreichsten, daher die sämmtlichen neuen Ankömmlinge
auch von ihnen Kuthäer genannt wurden.
Michaelis beweiset im Spicileg. Geogr.
Th. 2, S. 4, dass diese Kuthäer keine andere als
Sidonier sind, von dem Punischen Worte Kothon,
ein Hafen. Daher nennen sich die Kuthäer
in Samaria in ihren Briefen an Alexandern
den Grossen in des Josephus Antiqua. B. 11,
Kap. 8 ausdrücklich Sidonier aus Sichem. Sie
können also nicht aus Kuthäa in Persien seyn,
wie mehrere wollen. Die meisten der übrigen
Colonisten waren gleichfalls Syro-Phönicier.
Der durch diese Mischung entstandene Dialect,
der manche eigene Wörter hat, nähert sich dem
Chaldaischen, ist aber noch platter und gröber,
als der Syrische. Mit dem Galiläischen hat er die
Verwechselung der Gutturalen gemein.

Man sehe von diesem Dialect:

Jul. Bartoloccii diss. de Samaritanis, in seiner
Biblioth. Rabbin. Th. 4, S. 171.

Jo. Leusden. diss. de lingua et litteris Samaritanorum,
bey seiner Schola Syr
. Utrecht, 1658, 8.

Chph. Cellarii Collectanea historiae Samaritanorum.
Zeitz, 1688, 4.

Hadr. Reland de Samaritanis in Dissert. Miscellan.
P. II. Utrecht, 1707, 8.

Ol. Celsii natales linguae litterarumque Samaritanorum.
Upsal. 1717, 4; auch in Oelrichs Dan.
et Suec. litter. Opusc
. Th. 2.

P. J. Bruns über die Samariter, in D. Stäudlins
Bevtr. zur Philos. und Gesch. der Religion
, B. 1.
S. 78, f.

Abul Phatchachs Samarit. Chronik in Paulus
Neuen Repertor
. Th. 1, S. 118.377

Jo. Morini opuscula Samaritana, in quibus Grammatica
et Lexicon Samarit
. Paris, 1657, 8.

Chp. Cellarii horae Samaritanae. Zeitz, 1682,
4; Frankf. und Jena, 1705, 4; immer noch
das beste.

Edm. Castelli Lexicon Samarit. im Lex. heptagl.

Fr. E. Schwarz exercitatio historico-crit. in
utrumque Pentateuchum Samarit
. Wittb. 1756, 4.

Poncet nouveaux éclaircissemens sur l'origine et
le Pentateuque des Samaritains
, Paris, 1760, 8.

Alex. a. s. Aquilino Pentateuchi Hebraeo-Samaritani
praestantia, c. aliis subsidiis
. Heidelb.
1783, 8.

Die Samaritaner heissen jetzt in Palästina
Semreis, Arab. Semri. Man findet sie in und um
Sichem, jetzt Napluse, auch zu Kairo, Damask
u. s. f. Auf dem Berge Garizim haben sie noch
eine kleine Kapelle, und zu Sichem einen Oberpriester.
Nach dem Baron Beauveau gab es
1605 im ganzen Orient nur noch 250 Samaritanische
Familien, welche aber Arabisch sprachen,
so dass das Samaritanische gleichfalls zu
den ausgestorbenen Dialecten gehöret.

Man hat in demselben eine Übersetzung des
Pentateuch, welche doch von dem Hebräischen
Pentateuch mit Samaritanischen Buchstaben
ganz verschieden ist. Die Zeit ihrer Verfertigung
ist unbekannt; sie muss aber nach Erbauung
des Tempels zu Garizim, nachdem auch
sie die alte Sprache im Exil vergessen hatten,
und vor 1070, da ihre Sprache von der Arabischen
verdrängt wurde, gemacht seyn. A. J.
Silvestre de Sacy
hält sie in Eichhorns Biblioth.
Th. 10, S. 2, für älter als Mahomed. Sie befindet
sich in der Pariser und Londoner Polyglotte.378

Diejenige Gebetsformel, welche Andr. Müller
und die spätern Sammlungen nach ihm für
Samaritanisch ausgeben, ist der Sprache nach
gleichfalls Hebräisch, und nur der Schrift nach
Samaritanisch.

(5) Galiläisch.

Salomo schenkte den nördlichen Theil von
Galiläa dem Könige Hiram von Tyrus, der ihn
mit Phöniciern besetzte. In und nach dem Exil
dauerte die Einwanderung fremder Ankömmlinge
und die Mischung der Völker und Sprachen
fort. Zugleich bildete sich hier wegen der
vortheilhaften Lage eine sehr blühende Handlung,
welche noch zu des Josephus Zeit fortdauerte,
so dass 5714 Menschen auf Einer Quadrat-Meile
gewöhnet haben sollen. Die Mundart,
welche die Muttersprache Christi und seiner
Apostel war, war unter allen Semitischen die
gröbste, neigte sich aber dabey sehr zu dem Syrischen,
an welches sie grenzte; wie aus einigen
Bruchstücken im Talmud erhellet, welche ausser
der Verwechselung der Gutturalen, voll willkührlicher
Zusammenziehungen und Verstümmelungen
sind. Die grobe Aussprache des Hebräischen
lebt noch in dem Munde der Deutschen
und Pohlnischen Juden, welche aus Galiläa
herstammen sollen, dagegen die Spanischen
Juden, deren bessern Aussprache auch die Christen
folgen, sich aus Judäa und Jerusalem herleiten.
Man sehe Buxtorf in Lexico, v. ל׳לנ;
Lightfoot opera, Th. 2, S. 232; Michaelis Anmerk.
zum Esaias
, S. 47, und Gottfr. Less Pr. de Galilea.379

C. Süd-Semitisch oder Arabisch.

Dieses ist unter allen Semitischen Dialecten
im meisten bekannt, und auch jetzt noch am
meisten verbreitet. Ein Volk, welches sich seit
mehr als drey tausend Jahren in Sitten und Sprache
rein und unvermischt erhalten hat, welches
Reiche um sich her entstehen und wieder fallen
sahe, und mitten unter diesem Tumulte der
Schicksale seine Unabhängigkeit zu behaupten
wusste, ist immer eine seltene, obgleich nicht
einzige Erscheinung.

Das eigentliche Vaterland dieses Volkes ist
die Halbinsel zwischen dem Arabischen und Persischen
Meerbusen. Hier hatten sich, wer
weiss, wie lange vor Mose, zwey Hauptstämme
von nahe verwandten Sprachen zusammen gedrängt,
Chamiten und Semiten. Zu den erstern
gehörten die Kuschiten, Canaaniter und
Amalekiter, zu den letztern die Joktaniten, Arab.
Kachtaniten, von welchen nach der Araber irrigen
Vorgeben, die Indier abstammen sollen,
und wozu in der Folge von Abrahams und Loths
Nachkommen noch die Ismaeliter oder Saracenen,
Edomiter, Midianiter, Moabiter und Ammoniter
kamen; welche sich zum Theil, und
zwar sehr frühe, durch die zwischen ihnen und
Palästina und Syrien liegende Sandwüste verbreiteten,
und lange getrennt blieben, bis sie
unter Mohammed zu einem furchtbaren Ganzen
vereiniget wurden.

Die in der zum Theil sehr fruchtbaren Halbinsel
zusammen gedrängten Einwohner bildeten
sich frühe in ordentliche Staaten, legten Dörfer
und Städte an, und wurden der Mittelpunkt der
Handlung Indiens mit Afrika und Canaan; dagegen
380diejenigen, welchen ihr Loos auf die dürre
Wüste gefallen war, sich zwischen der Viehzucht,
dem Karavanen-Handel, und dem Raubkriege
theilten. Jene werden überall Mauren
oder Mohren genannt, diese aber, welche jene
verachten, und nur sich allein für ächte Araber
halten, Beduinen, d. i. Nomaden. Der Nahme
Mauren entstand im 8ten Jahrhundert, als sie aus
Afrika in das südliche Europa einfielen, da man
sie mit den alten Mauren in Mauritanien verwechselte,
und nicht allein alle in Städten und
Dörfern wohnende Araber, sondern in Indien
sogar alle Mahomedaner Mauren oder Mohren
nannte, so wenig sie auch mit den eigentlichen
Mohren oder Schwarzen gemein haben.

Vor Mahomed spielte dieses Volk eine sehr
unbedeutende Rolle auf dem grossen Schauplatze
Asiens; allein die Schwärmerey dieses Mannes
und seiner nächsten Nachfolger verbreitete dessen
Herrschaft und Sprache nicht allein über das
ganze Semitische Sprachgebieth, sondern auch
über einen grossen Theil aller drey Welttheile,
so dass das Arabische die herrschende Landessprache
im südwestlichen Asien, und dem östlichen
und nördlichen Afrika, dort bis zu den
Kaffern und hier bis fast an den Niger ward, wozu
in den mittlern Zeiten noch Spanien und
mehrere Inseln des mittelländischen Meeres kamen.
Als gelehrte und Religions-Sprache erstreckt
es sich so weit als der Islam reicht.

Dass es in einem so weit verbreiteten Raume,
in einer so langen Reihe von Jahrhunderten,
und bey so vielfachen Graden der Cultur,
durch welche das Volk gegangen ist, nicht an
mancherley Mundarten habe fehlen können,
gibt die Natur der Sache. Die bekanntesten sind,
381das Arabische im engern Verstande, das Maurische,
das Aethiopische und dessen Unterart das
Amharische, und das Mapulische auf der Küste von
Malabar, wozu man noch den armseligen Volks-Dialect
auf der Insel Maltha rechnen kann. Ausser
diesen gibt es noch mehrere Mundarten, sowohl
im östlichen als nördlichen Afrika, welche
aber kaum dem Nahmen nach bekannt sind, und
von welchen man nur überhaupt weiss, dass sie
immer mehr an Reinigkeit abnehmen, je weiter
sie sich von ihrer Quelle entfernen, und je mehr
sie mit andern Völkern und Sprachen vermischt
sind. Aus dem Melindanischen in Norden von
Nieder-Aethiopien befindet sich ein dafür ausgegebenes
V. U. aus Grammaye in des d'Avity Afrique,
S. 9 und 497, woraus Andr. Müller, Chamberlayne
und andere selbiges beibehalten haben.
Allein es ist, des Hervas Verbesserungen ungeachtet,
so verderbt, selbst in Ansehung der
Grenzen der einzelnen Wörter, dass es hier keine
Stelle verdienet, zumahl da das, was darin
kenntlich ist, rein Arabisch ist.

Zu den noch sehr unbekannten Dialecten
gehöret auch der Dialect der Mostaraben oder
Maronen, d. i. der ehemahligen Araber in Spanien,
voft welchem sich in dem Escurial noch
manche gute Überbleibsel befinden mögen. Adler
theilt in seiner biblisch-kritischen Reise, S. 184
aus des D. Vincenzio Juan de Lastanosa Museo de
las medallas desconocidas, Huesca, 1645, 4, S. 115
die Nachricht mit, dass der heil. Erzbischof Don
Juan die Bibel in das Arabische übersetzt habe,
wahrscheinlich wohl für die Mostaraben in ihren
Dialect. In den Bibliotheken zu Göttingen und
Leiden befindet sich Jose. Scaligers thesaurus linguae
Arabicae handschriftlich, welches er aus
382einem Glossario zu Granada geschöpft hatte,
daher es wohl diesen Dialect enthalten wird.
Ob sich das Arabische noch bis jetzt in den Gebirgen
von Granada erhalten hat, wie Gatterer
versichert, weiss ich nicht.

a) Arabisch.

Geschichte.

Schon vor Mohamed, welchem Volk und
Sprache ihre eigentliche Berühmtheit zu danken
haben, gab es in dem noch abgöttischen Arabien
zwey Haupt-Dialecte, den Hamjarischen,
der ehemaligen Homeriten, und den Koreischischen.
Der erste herrschte auf der östlichen
Halbinsel, besonders in Yemen, und war durch
Handlung, Cultur und Kunstfleiss vorzüglich
ausgebildet, wie aus einigen noch übrigen Gedichten
erhellet. Der zweyte war die Muttersprache
des Stammes Koreisch im westlichen
Arabien, besonders um Mecca, und ward, nicht
sowohl wegen seiner innern Güte, als vielmehr
durch den Koran und Mohameds Schwert die
herrschende Hof- und Büchersprache *)63. Sojuthy,
einer der berühmtesten Araber, versichert
nach Bruce, dass in dem Arabischen des Koran
viele hundert Abyssinische, Indische, Persische,
Syrische, Hebräische und Chaldäische Wörter
vorkommen, womit die an sich arme Arabische
Sprache durch die blühende Indische Handlung
bereichert worden. Manches, was das Arabische
383als eine nahe Verwandte mit den übrigen Semitischen
Mundarten gemein haben muss, mag er
dabey wohl als eine spätere Bereicherung angesehen
haben. Indessen ist das, was man oft
von dem grossen Reichthum dieser Sprache gesagt
hat, zuverlässig Übertreibung. Wenn man
die Umschreibungen und tropischen Benennungen
wegnimmt, so hat das Arabische darin vor
andern Sprachen nichts voraus. Der Deutsche
hat an die hundert Nahmen, das Pferd, und der
wortarme Lappe über dreyssig, sein Rennthier
nach allen Umständen und Verhältnissen zu bezeichnen.
Warum sollte denn der Araber nicht
auch den Löwen, der ihm und seinen Heerden
so nahe ist, auch ohne dichterische Begeisterung
nach Alter, Geschlecht, Farbe, Grösse, u. s. f.
benennen können.

Am Ende des ersten Jahrhunderts der Hegire,
da sich die Arabische Sprache bereits über
mehrere Nationen verbreitet hatte, befahl der
fünfte Khalif Ali, Sohn des Abu Taleb, um ihrer
Ausartung vorzubeugen, dem Abul Eswed il Duli,
ihre Regeln zu sammeln, und auf feste Grundsätze
zurück zu führen, in welchem rühmlichen
Geschäfte ihm bald mehrere nachfolgten, worunter
Saibujah, welcher 796 starb, wohl der berühmteste
ist. Aber sie begnügten sich nicht
mit der blossen Sammlung, sondern liessen sich
die Griechischen Sprachlehrer, welche sie zu
ihren Mustern nahmen, verleiten, der Sprache
fremde Gesetze aufzudringen, und ihr aus dem
Griechischen das zu ersetzen, was ihr zu fehlen
schien. Unter andern gaben sie ihr die ihr fremden
Casus-Zeichen, und so entstand die so genannte
Koran — oder Sängersprache, welche und
deren schulgerechtes Lesen selbst geborne
384Araber in den Schulen erlernen müssen, und
welche unter dem Nahmen des gelehrten Arabischen
am bekanntesten ist. Nun entstanden
auch die grossen Wörterbücher des Elfarahidi,
Geuhari und Firusabadi, von welchen Jenisch in
der im folgenden angeführten Schrift handelt.
Allein mit dem Khalifate verwelkte die Blüthe
der Arabischen Litteratur, und unter den Osmanen
riss die vorige Barbarey wieder unter
dem Volke ein.

Litteratur des Alt-Arabischen.

Die vornehmsten Hülfsmittel für dieses gelehrte
Arabische sind:

Briani Waltoni diss. de lingua Arabica, et versionibus
S. S. Arabicis, in seinen Proleg. ad Biblia
polygl
. und in seinem Apparatu biblico, Zürch,
1673, fol.

Ed. Pococke orat. de linguae Arabicae ortu et
progressu
, bey seiner Ausgabe der Gedichte
Tograi, Oxford, 1661, 8.

Ol. Celsii historia linguae et eruditionis Arabum,
Upsal, 1694, 8; auch in Biblioth. Brem. nova,
Class. IV, Fasc. 1.

Jo. Henr. Michaelis disp. historia linguae Arabicae. Halle, 1706, 4.

Alb. Schultens zwey Reden de linguae Arabicae
antiquiss. origine, intima ac sororia cum Hebraica
affinitate, nullisque saeculis praeflorata puritate
.
1729, 1732; auch bey seinen Originibus Hebraicis,
Leiden, 1761, 4; Leipzig, 1762, 1765, 4, 2 Bde.

Jo. Dav. Michaelis Abhandlung vom Geschmack
der Araber
, vor seinen beyden Sprachlehren,
auch einzeln.

(Bar. de Jenisch) Commentatio de fatis linguarum
Oriental. Arabicae nimirum, Persicae et Turcicae
;
385vor der neuesten Ausgabe des Meninsky,
Wien, 1780, fol.

Alb. Schultens or. de ingenio Arabum, Leiden,
1788, 4.

Matthi. Norberg disp. de fatis linguae Arabicae.
Upsal. P. 1. 1790, 4.

Chr. Fridr. Schnurrer Bibliotheca Arabica, Tubing.
1799, 1800, 4, 2 Theile.

Ein Verzeichniss der gedruckten Arabischen
Werke befindet sich auch in S. F. G. Wahls Elementar-
Buch für die Arabische Sprache und Litteratur
.
Halle, 1789, 8.

Die Übereinkunft und Verschiedenheit des
Arabischen mit und von dem Hebräischen zeigt
D. Gottl. Wilh. Meyer in der Hermeneutik des A. T.
Th. 1, S. 222, 243 folg.

Pet. Kirstenii Grammatica Arabica. Breslau,
1608, 1610, drey Theilchen in fol.

Jo. Bapt. Raymond Grammatica Arabica. Rom,
1610. Von einem Araber, und von Raymond
nur Arabisch mit der Lateinischen Übersetzung
heraus gegeben.

Grammatica Arabica dicta Giarumia et libellus
C regentium
, c. vers. Lat. et commentariis Tho.
Erpenii
. Leiden, 1617, 4.

Ausser dem schrieb Erpenius auch sowohl
Rudimenta linguae Arabicae, als eine vollständigere
Grammaticam linguae Arabicae. Beyde sind
mehrmahls gedruckt. Beyde gab Alb. Schultens
mit seinen Zusätzen heraus, und zwar die Grammatik,
Leiden, 1767, und 1770, 4. Den Rudimentis,
Leiden, 1770, 4 fügte er seinen wichtigen
Clavem Dialectorum zur Vergleichung des
Arabischen mit dem Hebräischen bey.386

Grammatica Arabica Agrumia appellata, c. vers.
Latina ac dilucida expositione F. Thomoe Obicini
.
Rom, Propag. 1631, 8; ist wegen der Arabischen
Kunstwörter brauchbar.

Rudimenta linguae Arabicae, cum Catechesi
Christiana
. Rom, Propag. 1732, 4; betrifft bloss
die Lesung.

Jo. Cph. Kallii fundamenta linguae Arabicae
Kopenh. 1760, 4.

Jo. Frid. Hirt lnstitutiones linguae Arabicae cum
Chrestomathia
. Jena, 1770, 8.

Jo. Dav. Michaelis abgekürzte und verbesserte
Arabische Grammatik Erpenii
. Göttingen, 1771, 8.

Jo. Richardsons Grammar of the Arabic language.
London, 1776, 4.

Wilh. Frid. Hetzel's erleichterte Arabische Sprachlehre
mit Chrestomathie
. Jena, 1776, 8.

— — — Anweisung zur Arab. Sprache
bey Ermangelung alles mündlichen Unterrichtes
. Leipzig,
1784, 1785, 2 Theile in 8.

Jo. Dav. Michaelis Arabische Grammatik und
Chrestomathie
. Götting. 1783, 8; die vorige ganz
umgearbeitet. Sie gehet auch auf das Neu-Arabische.

Instituiçoeñs da lingua Arabiga para o uso das
escolas da mesma Congregaçao (der Franciscaner,)
por Fr. Ant. Baptista
. Lissabon, 1783, 8; gehet
auf das gelehrte Arabische.

S. F. Günth. Wahl Elementar-Buch für die Arabische
Sprache und Litteratur
. Halle, 1789, gr. 8;
gehet auch mit auf die gemeine Sprache.

Heinr. Eberh. Gottl. Paulus Compendium Grammaticae
Arabice
. Jena, 1790, 8; eb. 1796, 8.

Ol. Gerh. Tychsen Elementare Arabicum, (enthält
eine Sprachlehre, Chrestom. und Glossar.)
Rostock, 1792, 8.387

Joh. Gottfr. Hasse practisches Handbuch der
Arabischen und Aethiopischen Sprache
. Jena, 1793, 8;
ist der 4te Th. seines practischen Unterr. der
Oriental. Sprachen.

C. F. Volney Simplifications des langues Orientales,
ou méthode nouvelle et facile d'apprendre les langues
Arabe, Persanne et Turque
. Paris, 1795, 8.
Der Verf. schlägt die Lateinische Schrift für diese
Sprachen vor, und gibt S. 23-120 eine Arabische
Sprachlehre auf diese Art.

Jo. Jahn Arabische Sprachlehre. Wien, 1796,
gr. 8; mit Geschichte und Rücksicht auf die
Sprache des gemeinen Lebens.

Ern. Frid. Carl Rosenmüllers Arabisches Elementar-
und Lesebuch. Leipzig, 1799, 8.

Franc. Raphelengii Lexicon Arabicum. Leiden,
1613, kl. fol. oder gr. 4.

Ant. Giggei Thesaurus linguae Arabicae. Mailand,
1632, 4 Voll. fol. eine Arbeit von achtzehn
Jahren.

Jac. Golii Lexicon Arabicum. Leiden, 1653,
fol. immer noch das brauchbarste, aber für Anfänger
unbequem. 1789 kündigten sowohl Prof.
Hopfner in Leipzig, als Prof. Simon Assemanni zu
Padua eine neue Ausgabe an. Letzterer trat sein
Unternehmen aber an den erstern ab.

Edm. Castelli im Lexico heptaglotto. 1669, fol.

Franc. A Mesgnien Meninsky Lexicon Arabico-Persico-Turcicum.
Wien, 1680-1687, 6080 Seiten in fol. Neue Aufl. von dem Hrn. Bernh.
von Jenisch
und Franz von Kletzl besorgt. Eb. 1780
bis 1784, 4 Voll. in fol.

Jo. Hageri consilium de supplemento Lexici Arabico-
Latini, c. specimine spicilegii
. Wittb. 1719, 4.388

Jouhari Dictionarium, s. Lexicon Arabicum Al
Sahal dictum, in compendiurn redactum et Turcice
explicatum, a Mahomede filio Mustapha Vanense
. Constant.
1728, fol.

AI. Gieuhari (der vorige) purioris sermonis
Arabici Thesaurus c. vers. Lat. Ever. Scheidii
. Harderwiek,
1744, 1776, 4; nur ein schwacher
Anfang.

Jac. Scheidii Glossarium manuale Arabico-Latinum.
Leiden, 1769, 4; eb. 1787, 4; ein
Auszug aus dem Golius, aber für Anfänger sehr
unbequem. Des Verf. Bruder Eberh. Scheid versprach
ein vollständiges Etymologicon Arabicum,
welches aber nicht erschienen ist.

Jo. Richardson's Persian, Arabic and English
Dictionary
. Oxford, 1777, fol. Folgt grössten
Theils dem Meninsky, und enthält zugleich viele
Geschichte wie Herbelot. Eine verunglückte
Deutsche Übersetzung erschien Lemgo, 1788 folg.
3 Voll. 8.

Jo. Willimet Lexicon linguae Arabicae in Koranum,
Haririum et vitam Timuri
. Rotterdam,
1784, 4; für Anfänger wenig brauchbar. S.
Michaelis neue Orient. Bibl. Th. 1, S. 219.

Specimen of Arabian Poetry from the earliest
time to the extinction of Khaliphat, by J. D. Carlyle
.
Cambridge, 1796, 4; enthält Proben von
56 Dichtern, den Stufengang des Geschmackes
daran zu sehen.

Neu-Arabisches.

Die lebende Sprache nahm indessen an diesen
Neuerungen keinen Theil, sondern ging ihren
Gang, so wie Cultur und Umstände sie
führten, unabhängig fort. Wo Geschmack und
389Wissenschaft blüheten, da bildete sich, wie unter
ähnlichen Umständen überall zu geschehen
pflegt, aus der lebenden Sprache von selbst ein
gewisser veredelter Dialect für den feinern gesellschaftlichen
Umgang, der, aber mit näherer
Anschmiegung an die Sprache des Korans, auch
in Schriften gebraucht und die neue Arabische,
bestimmter die lebende gelehrte Sprache genannt
wird. Denn alle spätere gute sowohl als schlechte
Schriftsteller schöpfen ihre Ideen nach Materie
und Form aus dem Koran, ahmen ihn beständig
nach, und spielen unaufhörlich auf ihn an; daher
dessen Sprache nicht so sehr veralten konnte,
als sonst in einem Zeitraume von 14 Jahrhunderten
würde geschehen seyn.

Dieses neuere Arabische lehren:

Gabr. Sionitae Grammatica Arabica Maronitarum.
Paris, 1616, 4.

P. F. Dominici Germani de Silesia Introductorio
della lingua Arabica volgare
. Rom, 1636, 4.

Ant. ab Aquila Institutiones linguae Arabicae
vernaculae
. Rom, 1650; führet Höst an.

Franc. Cañes Grammatica Arabigo-Española,
Madrid, 1775, 4.

Ant. Vieyra brevis, clara, facilis et jucunda
non solum Arabicam linguam, sed etiam hodiernam
Persicam addiscendi methodus
. Dublin, 1789, 4.

F. J. Herbin Développemens des Principes de la
langue Arabe moderne
. Paris, 1803, gr. 4. Das
moderne betrifft bloss die Aussprache, denn das
Wesentliche der Sprachlehre zeigt keinen Unterschied
zwischen dem Alt-und Neu-Arabischen.

P. F. Dominici Germani de Silesia Fabrica overo
Dittionario della lingua volgare Arabico e Italiano
.
Rom, 1636, 4; eb. 1639, fol. doch stehet das
Jtaliänische voran.390

P. Franc. Cañes Diccionario Español Latino
Arabigo
. Madrit, 1787, 3 Voll. fol. Das vollständigste
in seiner Art, und sehr prächtig gedruckt.
Das Spanische stehet mit dem Lateinischen auch hier voran.

Mundarten.

Die heutige Volkssprache hingegen zerfällt
in eine Menge besonderer Mundarten, die nach
Clima, Boden, Lebensart und Cultur abweichen,
welches die Dänischen Reisenden am besten
erfahren haben. Selbst auf der gebildetern
Halbinsel ist in Yemen die Hofsprache zu Sani
von der gemeinen in den bergigen Gegenden,
und diese von der Sprache in Thehama so verschieden,
dass Niebuhr und Cramer, welche
nur die letzte sprachen, ohne Dollmetscher nicht
fortkommen konnten. Eben so sehr weicht der
Dialect im District Abu Arisch in Yemen, von
dem zu Dsjidda ab. Dass die so sehr zerstreuten
und so wenig verbundenen Beduinen wieder ihr
mannigfaltiges Eigene haben, verstehet sich von
selbst. Am sanftesten und besten wird das Arabische
von den obern Classen in Yemen und an
der südlichen Küste, nächst dem um Bagdad
und in Kairo, am rauhesten aber in Syrien, doch
hier noch am erträglichsten zu Damascus, gesprochen.
Zu Mecca ist es wegen der vielen
Pilger unrein und vermischt *)64. Wenn gelehrte
Sprachkenner der Behauptung Niebuhrs
von der Verschiedenheit des heutigen Arabischen
391von der Sprache des Koran widersprochen haben,
und selbst der gelehrte Archi-Presbyter
von Tripolis in Syrien, Ant. Aryda, ihn in Neu-Arabischer
Sprache widerleget hat, (s. Jo. Jahns
Arab. Chrestomath. Wien, 1802, S. 222 folg.) so
scheinen sie die neuere Schrift- und Umgangssprache,
welche, wie schon gesagt ist, sich näher
an den Koran anschliesst, mit den Volkssprachen
zu verwechseln. Niebuhr spricht von
den letztern, seine Gegner aber von der ersten.
Ein ähnlicher Missgriff scheint an der Beurtheilung
der von Forskohl aufgezeichneten provinziellen
Wörter *)65 Theil zu haben.

Sprachprobe.

Die erste Formel des gelehrten Arabischen
aus Erpenii N. T. kommt mit der in dem zu London
1727, 4 gedruckten Arabischen N. T. überein.
Sie ist auch zwey Mahl einzeln heraus gegeben
worden; das erste Mahl von Joh. Zechendorf,
Zwickau, 1646, 4, und das zweyte Mahl
mit den zehn Gebothen und Psalmen, London,
1727, 4. Ich liefere sie nach des Hrn. Legat.
Rathes Beigel berichtigter Schreibung für die
Deutsche Aussprache, und mit dessen buchstäblichen
Übersetzung und Anmerkungen. Bey den
folgenden Formeln ist die Übersetzung weggeblieben,
weil sie sich aus der ersten von selbst
ergibt. Nur wo Abweichungen vorkommen,
sind selbige in den Anmerkungen bemerket worden.
392Die zweite Formel aus dem Walton weicht
etwas ab, doch bloss der Übersetzung nach.

In dem gemeinen Arabischen gibt es der
Formeln mehrere; aber sie sind nicht alle von
gleichem Werthe. Die von Grammaye in des
d'Avily Asie S. 275 und 314, letzteres angeblich
der Jacobiten, mussten wegbleiben, weil das
Fehlerhafte zu sehr in die Augen fällt. In den
übrigen mag wohl nicht bloss die Übersetzung,
sondern auch die Mundart Ursache der Verschiedenheit
seyn. Georgiewitz lebte dreyzehn
Jahre als Sclave unter den Türken, und wie es
scheint, in Natolien. Was Megiser für Türkisch-Arabisch
ausgibt, enthält nichts Türkisches, sondern
ist ganz Arabisch. Mit des Dominici de Silesia
Formel kommt die in des Bonif. Finetti Schrift
della lingua Ebrea, Venedig, 1757, bis auf einige
Wörter überein.

47. Gelehrtes Arabisch.

Aus Erpenii Neuen Testament.

O Vater unser, welcher in den Himmeln.
Es werde geheiliget Nahme dein;
Es komme Reich dein;
Es sey Wille dein, wie in dem Himmel,
und auf der Erde;

Ja Aba-na elledi fi el-Semaväti,
Li-jothakaddeso Ismo-ka;
Li-thati Malcutho-ka;
Li-thekuno Meschiito-ka, kemä ii el-Semäi,
we-ala ei Ardi;393

Den Bissen unser Nothdurft unser schenk uns in
dem Tage;
Und vergib uns Sünden unser,
wie wir vergeben wir dem welcher gesündigt hat
gegen uns;
Und nicht einführe uns die Versuchung;
Sondern rette uns von dem Bösen.
Weil dir es (ist) das Reich, und die Kraft,
und der Ruhm zu der Ewigkeit.

Chobsa-na Kefafe-na a' te-na fi
el-Jaumi;
We-agfer (oder ogfer) le-na Chataja-na,
kemä negfero nahno li-men achta
ilej-na;
We-la thadchil-na el-Tedscharebata;
Lekin nadschi-na min el-Scheriri.
Lienna le-ka hu el-Mulko, we-el-Kowäto,
we-el-Medschdo ile el-Ebedi.

Anmerkungen.

In obiger Bezeichnung ist der Artikel el oder
al, um mehrerer Deutlichkeit willen, überall
ausgedruckt. Die Araber pflegen ihn jedoch im
Lesen und Sprechen folgender Gestalt abzukürzen:
Zeile 1. Ja Aba-na'llĕdi fi'Ssemavati, Z. 2.
kaddesi 'Smona; hier ist noch eine andere Elision.
Z. 4 … fi ʹSsemai we-ala ʹl Ardi Z. 5. Fi
l'-Jaumi
. Z. 7. Thadchil-n 'ettedscharebat. Z. 8.
Min e Scheriri. Und so verkürzt lautet es auch im
Erpenius, Walton und den übrigen Formeln.

Auch die meisten Vocale am Ende werden
nur in den Schulen, nicht aber im gemeinen Leben
gehört. Z. B. Ismok, dein Nahme, nicht
Ismoka, Semavat, el-Ard, oder auch el-Erd,
Scherir u. s. f.394

48. Dasselbe.

Aus Walton's Polyglotte.

Ja Aba-na 'lladi fi Samavati,

Jokadaso 'Smoka;

Thati Malcutho-ka;

Thekuno Meschiito-ka, kama fi Ssamai,
va - ala el - Ardi;

Chobza-na 'lladi li-'l-gadi aati-na jauma;

V-aghpher le-na ma alaj-na, kama naghphero
nahno li-men le-na alaj-hi;

Va-la tadachal-na fi Tadschareb;

Laken nadsche-na men Sarijr.

Anmerkungen.

Das Englische a und e verhält sich in der
Aussprache eben so, wie diese beyden Vocalen
im Arabischen; d. i. sie lauten im Deutschen wie
e und i. Daher der Unterschied in der Schreibart
zwischen dieser und der vorigen Formel.
Hier wird nehmlich voraus gesetzt, dass Walton's
Copist ein Engländer war.

Jokadaso in der ersten Bitte ist nur eine andere
Form des Passivs, als die in der ersten Formel,
denn das Arabische Passiv hat deren zehn.

Die vierte Bitte lautet hier buchstäblich so:
den Bissen unser, welcher zu dem morgenden Tage
(bestimmt ist) schenk uns heute
.

In der fünften Bitte: ma alaj-na, was auf
uns lieget. Li-men le-na alaj-hi, dem welchem
uns (nobis) auf oder an ihm, d. i. etwas zu fordern
stellet.395

49. Gemein Arabisch.

Aus Barthol. Georgiewitz de Turcarum moribus.
Lyon, 1555, S. 179.

Abuna elledi fi el-Semavat,

Ithkaddes Esmek;

Tati Melekutek;

Tekun Misiitek kema fi el-Ssema, ke-dalek
fi el-Ared;

Hobzi-na bi-Jum hati-na jumen;

Ve noglifor le - na Denubi - na, kema
ve - neben noghfor assa lei-na;

Vo-la tedhel-na fi el-Tegiareb;

Leken negi-na men el-Serir. Amen.

50. Dasselbe.

von Megiser, der es irrig für Türkisch-Arabisch
ausgibt
.

Abana aldhi fi al-Sematevi, (richtiger
Semaveti,)

Kaddussa Ismeca;

Teti Malcuteca;

Tacuna Meschiteca kema fi al - Semai
we - ala el Arzi;

Chobezna chephaphna ahhtlana (a'ti lana)
fi al-Jomi;

We agfar la-na ma jodschibo alaj - na,
kema agfarna le man ichtta ele-naj

We-la tadchulna Teghribu;

Lakine naghna min al-Sariri.396

Anmerkungen.

Kaddussa, geheiliget, nehmlich ist oder sey.

We-ala-el Arzi, und auf der Erde. Arzi
wird eigentlich Ardi geschrieben; aber die Türken
und Perser sprechen es Arzi. So auch elladi,
ellasi.

We-agfar lc-na, und vergieb uns. Ma jodschibo
(nichtjuchibo, wie Megiser schrieb,) was
nöthig gewesen, alaj-na, über uns, d. i. was wir
hätten thun sollen, aber unterlassen haben.

Kema agfarna, wie wir vergeben, le man,
dem der, ichtta, gesündigt hat, ele-na, an uns.

Das g in Tegribo und nagna in den beyden
letzten Bitten ist hier ohne Zischlaut geschrieben,
wie es in Aegypten gesprochen wird. In
den vorher gehenden Formeln ist es mit dem
Zischlaut ausgedruckt.

51. Dasselbe.

Aus des Dominici de Silesia Fabrica linguae
vulgaris, nach Andr. Müller
.

Abuna (richtiger Abana) elladhi phi
Ssamvat,

Jetkaddas Esmac;

Tati Malacutac;

Takun Maschiatac, kama phi Ssama,
ke-dalek ala l'Ardh;

Aatina Chobzena kephafna Jaum be Jaum;

W - aghphor lena Donubi - na we Chataja-na,
kama noghphor nachno le-man
aza dei-na;

Wala tadochchalna phi 'Ttascharib;

Laken nedschina men Scherir. Amen.397

Anmerkungen.

Abuna ist ein Sprachfehler. Der Vocativ
heifst Abana.

Die vierte Bitte heisst hier buchstäblich:
Schenk uns Bissen unser, der Nothdurft unser,
Tag für Tag.

Donubi-na we-Chataja-na, in der fünften:
Vergehungen unser und Sünden unser.

Wenn azadei-na kein Schreib- oder Druckfehler
ist, so ist dieses Wort aufs Gerathewohl
aus dem Wörterbuche genommen, wo man jedoch
durch einen Missgriff das Persische Wort
azarden, beleidigen, für ein Arabisches Wort ansahe.
(Sollte es nicht Dialect seyn?)

Fi el- Tadscharib, in die Versuchung; mit
dem elidirten Artikel, fi'Ttascharib.

b) Maurisch.

Mauren nennt man, wie schon gesagt, die
in Städten und Dörfern wohnenden Araber,
zum Unterschiede von den unstäten Beduinen.
Am bekanntesten sind unter diesem Nahmen die
Bewohner der Barbarischen Staaten am mittelländischen
Meere. Da sie unmittelbar von den
Arabern in Asien herstammen, so kommt auch
ihr Dialect in Schriften und dem gebildeten Umgange
dem neuern gebildeten Arabischen sehr
nahe; doch hat er auch seine Abweichungen, besonders
in den Vocalen und der Aussprache.
Auch ist der Dual, so wie das weibliche Geschlecht
der Wörter hier selten.

S. von diesem Dialecte Ge. Höst Beschreibung
von Fez und Marocco. Matthi. Norberg disp. de gente
et Lingua Maroccana
, Lund, 1787, 4; Franc. de
Dombay Grammatica linguae Mauro-Arabae
, Wien
3981800, 4. Der Arabische Pentatenchus, welchen
Erpenius zu Leiden, 1622, 4 herausgab, weicht
der Sprache nach sehr von dem reinen Arabischen
ab, und da der Übersetzer ein Afrikanischer
Jude war, so scheint er in diesem Dialecte
zu seyn.

Die Formel, welche Grammaye in des d'Avity
Afrique
S. 76 für Marokkanisch ausgibt, und
sich anfängt: Abinna phimmhach ephialmehach
scheint ausser dem ersten Worte nichts Arabisches
zu enthalten, und auch nicht einmahl ganz
zu seyn; daher sie keine weitere Aufmerksamkeit
verdienet. Eine andere Formel hat Chamberlayne
S. 29 unter dem Nahmen Maurisch, welche
ihm der ehemahlige.Consul zu Algier, Jezreel
Jones
mitgetheilet hatte. Da sie von des Dombay
Sprachregeln abweicht, so scheinet sie dem
Volks-Dialecte anzugehören, vielleicht auch
nicht allemahl richtig geschrieben zu seyn.

52. Maurisch.

Aus Chamberlayne, S. 29.

Herr unser, und Vater unser, Meister, welcher
im Himmel,
Gesegnet Nahme dein;
Die Regierung Reichs deines;
Es geschehe wie im Himmel, so auf
der Erde, o Herr, der Befehl dein;

Syedna wa Abana, Rebby, illadzy
phi Smavat,
Berkat Ysmic;
Elhakkem Melkutick;
Yatuhnu kama phi Sma, kadalika ala
al-Ord, ya Taphi, al Omorik;399

Gib uns Bissen unser den Tag, o Herr unser Meister;
Vergib uns Vergehungen unsere, wie wir
den Sündigenden;
Und nicht bringe uns dazu, dass wir eingehen in
Sondern rette uns von dem Bösen.
Denn dir (ist) die Regierung, das Reich, und
die Stärke, und der Ruhm, in
die Ewigkeiten.

Aattina Chobzna al Yuhm, ya Siedna Rebby;
Ghopher lina Dnubhna, kama smalma
Almochottyn;
Wa lat kubbluna, nattsadchullowa al Lawr;
Lakin endschinna min al - Scherir,
Laen lak al-Hackam, al-Malake, wa
al - Koatsa, wa al - Mesched, illa
al - Abdsa.

Anmerkungen.

Illadi, illasi, illadsi, oder elladi, ellasi, ellatsi,
ist einerley Wort, Der Mauritaner spricht
elladi, wie der Araber.

Berkat, Segnung! Benedictio! Ein Mauritaner
würde vielmehr sagen: Embarek, gesegnet,
statt des gelehrt Arabischen Mobarek. Dombay
Gramm. S. 14; wie der gemeine Sachse spricht
Ixaver, statt Xaver.

Taphi in der dritten Bitte ist unbekannt.

Die erste und zweyte Bitte haben kein Verbum.
In der ersten kann es wegbleiben, Benedictio,
oder Benedictum nomen tuum! aber nicht
in der zweyten, wo der Nominativ mit dem Genitivo
stehet. Wollte man das jakun der dritten
Bitte zur zweyten ziehen, so müsste das unbekannte
Taphi das Verbum der dritten Bitte seyn,
welches aber wegen der Vocativ-Sylbe ja nicht
wahrscheinlich ist; es wäre denn, dass man jata
400lesen, undphi als Praeposition ansehen wollte:
jata, besser ata phi el-Omorek, komme in Befehl
dein.

Ghopher, vergib; nach Dombay S. 19
müsste es heissen ugfer oder ogfer. Sma'na heisst,
wir hören, wir hören an. Ob der Mauritaner
den Sinn vergeben damit verbinde, mag Jones
entscheiden.

Die sechste Bitte ist weder Arabisch noch
Maurisch, und scheint verderbt. Nur die Wurzelbuchstaben
geben den Sinn, der darüber geschrieben
ist. Lawr ist gar nicht Semitisch.

Alles übrige ist rein Arabisch, nur abweichend
geschrieben. Für Ysmic, Melkutick, Omorik
würde Dombay Ismek, Malcutek, Omorek geschrieben
haben.

c) Aethiopisch.

Aethiopien ist bey den Griechischen Schriftstellern
eine allgemeine Benennung einer jeden
Nation von dunkler schwarzer oder schwarz-
gelber Farbe, daher sie in den südlichen Ländern
mehrere Völkerschaften mit diesem Nahmen
belegen, z. B. Nubier, Indier, u. s. f. Die unsrigen
nennen sich freylich selbst so, ltjopjawan,
aber nur, weil sie sich unter den Aethiopiern
oder Schwarzen in Africa niedergelassen haben.
Der Nahme Abyssinier, welchen man ihnen auch
gibt, eigentlich Habesch, ist Arabisch, und bedeutet
ein gemischtes Volk, daher sie sich nicht
gerne so nennen hören. Am liebsten nennen sie
sich Ajazjan, und ihr Reich Geez, d. i. Pflanzreich,
welcher Nahme doch zunächst dem Königreiche
Tigre zukommt. Die Griechischen
401Schriftsteller nennen sie auch Axumiten, von ihrer
ehemahligen Hauptstadt Axuma.

Die Aethiopier stammen von den Kuschiten
in Arabien ab, daher sie so, wie ihr Stammvolk
in der Bibel Kusch heissen. Sie wohnten ursprünglich
im südwestlichen Arabien am Ocean
und Arabischen Meerbusen, wo sie noch im 6ten
Jahrhundert nach Chr. unter diesem Nahmen
vorkommen. Sie müssen sehr frühe ein mächtiges
und tapferes Volk gewesen seyn, indem sie
schon unter Nimrod den Babylonischen Staat
eroberten, und eine Zeit lang beherrschten,
und wer weiss, ob nicht die vielen auf der ganzen
Ost-Küste Afrika's von Arabern besessenen
Länder eben so frühe, wenigstens lange vor Mohamed
von ihnen in Besitz genommen worden.
So viel ist gewiss, dass noch vor Mose ein Theil
von ihnen in das ihnen nahe gegen über liegende
Afrika auswanderte, und sich des nachmahligen
Königreiches Tigre und der umliegenden Länder
bemächtigte *)66. Unter und nach Salomo
beherrschten sie zugleich Arabien und in der
Folge Aegypten. Zu Esaias Zeit scheint ihr
Reich in dem grössten Flore gewesen zu seyn,
indem ihr König Taraco, oder Altirhaka der Bibel,
einen grossen Theil des westlichen Afrika
bis nach Fez unterjocht haben soll. Wie lange
sie sich darin erhalten, ist unbekannt, indem
ihre wahre einheimische Geschichte erst 327
nach Chr. angehet. In den spätern Zeiten verloren
402sie den grössten Theil ihrer Besitzungen an
die Araber, Türken und barbarischen Grenzvölker,
so dass sie ausser den beyden Königreichen
Tigre und Amhara nur noch eilf zum Theil sehr
ansehnliche Provinzen besitzen, welche immer
noch 15300 Quadrat-Meilen ausmachen sollen.

Die Aethiopier sind die gesittetsten unter
allen Afrikanern, ob sie es gleich nie zu einem
beträchtlichen Grade der höhern Cultur gebracht
zu haben scheinen. Die prächtigen Ruinen zu
Axuma verrathen Griechische Kunst, und stammen
aus den Zeiten her, da Aethiopien noch
die Küsten besass, und durch den Indischen Handel
reich und blühend ward. Sie sind von den,
Negern in Farbe und Bildung unterschieden,
und gleichen in beyden den Arabern, von welchen
sie auch die Beschneidung, doch nicht als
einen Religionsgebrauch, beybehalten haben,
ob sie sich gleich seit 325 zur christlichen Religion
nach dem Lehrbegriff der Monophysiten
oder Jacobiten bekennen.

So wie das Volk von den Arabern abstammet,
so auch die Sprache, wie nicht allein aus
den einzelnen Wörtern, sondern auch aus den
grammatischen Formen erhellet. Allein, da sie
sich von dem Muttervolke trennten, als dessen
Sprache selbst noch roh und ungebildet war, und
derselben nicht in der Cultur folgten, so hat sie
auch dieses Gepräge behalten, und ist wegen
ihrer vielen harten Consonanten eine der härtesten
in der Welt. Sie theilet sich in zwey sehr
abweichende Hauptmundarten, die Geez-Sprache,
oder die Aethiopische im engern Sinne, und
die Amharische. Beyde zerfallen wieder in mehrere
Neben-Dialecte.403

(1) Geez-Sprache, Aethiopisch im engern Verstande.

Sie hat den Nahmen von dem Königreiche
Geez, bey den Ausländern Tigre, welches zwischen
dem rothen Meere und dem Flusse Tacazza
liegt, und der erste und vornehmste Sitz
des Reiches war, dessen Beherrscher in der
Hauptstadt Axuma zu wohnen pflegten, daher
die Sprache auch wohl die Axumische genannt
wird. Sie hat von ihrer Mutter noch das meiste
behalten, denn ob sie gleich manche Afrikanische
Wörter aufgenommen hat, auch ihre
Mutter an Härte sehr weit übertrifft, daher sie
auch fünf Consonanten hat, welche andern Semiten
fehlen, und einem Europäer unaussprechbar
sind, so nähert sich doch alles übrige dem
Arabischen. Eben dieselbe Declination, dieselbe
Einrichtung des Plurals, dieselbe Formation
des Verbi durch Hülfe der von dem Pronomine
entlehnten Sylben, dieselbe Art der
Verbindung eines Affixum mit dem Nennworte
u. s. f.

Die vornehmsten Hülfsmittel zu ihrer Erlernung
sind:

Briani Waltoni diss. de lingua Aethiopica, in
Prolegom. ad Biblia Polygl. und im Thesauro biblico.

Jobi Ludolfi historia linguae Aethiopicacae, in seiner
Historia Aethiopiae. Frankf. 1681, fol.

— — — diss. de origine, natura et usu linguae
Aethiop.
bey seiner Grammat. Aethiop. der
Ausgabe von 1702.

— — — de primordio studii Aethiopici in
Europa, ejusdemque progressu
; vor seinem Wörterb.
von 1702.404

Jobi Ludolfi diss. de harmonia linguae Aethiop.
cum ceteris orientalibus, sequente syllabo omnium vocum
harmonicarum
; bey eben demselben.

Pedro (Monge Etiopico) Alfabeto en la langue
Gleez (Geez) volgarmente llamada Caldea, en lengua
i letra Etiopa
, 1518, 4; führet Marsden an.

(Mariani Victorii) Chaldaeae s. Aethiopicae linguae
institiutiones
, Rom, Propag. 1548, 1552, 4.
Von Achilles Venerius neu heraus gegeben, Rom,
1630, 8; aber noch sehr unvollkommen. Es befindet
sich darin das 1ste Cap. des Evangelii Johannis
mit der Lesung.

Alphabetum Aethiopicum s. Abyssinum. Rom,
Propag, 1631, 8.

Jo. Ern. Gerhardt Grammatica Aethiop. Jena,
1647, 4.

Orationis Dominicae in lingua Aethiopica analysis
grammatica, una cum rudimentis linguae Aeth
.
Wittenb. 1657, 4.

Jobi Ludolfi Grammatica Aethiop. ed. Jo. Mich.
Wansleben
bey Ludolfs Lex. Aeth. London, 1661,
4; von dem Verfasser selbst vermehrt und verbessert
heraus gegeben, Frankf. 1702, fol. Ludolf
übertraf alle seine Vorgänger, so wie er
selbst seit dem noch nicht ist übertroffen
worden.

Jo. Phil. Hartmanni Grammatica Aethiopica.
Frankf. M. 1707, 4; nur drey Bogen.

Alphabetum Aethiopicum s. Gheez et Amharicum,
c. orat. domin. salutat. angelica, symbolo fidei, praeceptis
decalogi, et initii Evangelii Johannis
. Rom,
Prop. 1789, 8; mit Jo. Cph. Amaduzzi Vorrede,
welche gute litterarische Nachrichten enthält.

Jo. Gottfr. Hasse practisches Handbuch der Arab.
und Aethiop. Sprache
, Jena, 1793, 8; des pract,
Handb. der orient. Spr. 4ter Th.405

Diejenigen Schriften, welche mehrere Semitische
Dialecte zugleich betreffen, sind bereits
im vorigen da gewesen.

P. Jac. Wemmers eines Carmeliten Dictionarium
Aethiopicum cum instutionibus grammaticis
.
Rom, Prop. 1638, 4.

Jobi Ludolfi Lexicon Aethiopicum, ed. J. M.
Wansleben, London 1661, 4; von dem Verf.
selbst vermehrt und verbess. Frankf. 1699, fol.

Dottrina Christiana composta dal Rob. Bellarmino,
tradotta in lingua Ethiopia
, Rom, 1786, 4;
von einem jungen Aethiopier, Tob. Ge. Ghbragzer
aus Cancam, welcher 1784 zum Bischof von
Adula ernannt, und wieder nach Aethiopien geschickt
wurde.

Von der gegen das Ende des 4ten Jahrhunderts
in das Aethiopische übersetzten Bibel sind
nur einzelne Stücke gedruckt, welche in Michaelis
Einleit. in das N. T
. Th. 1, S. 393. Eichhorns
Einleit
. Th. 1, S. 564. Baumgartens Hall. Biblioth.
Th. 4 und 8; dessen merkwürd. Büch. Th, 6, und
Catal. Biblioth. Lorkianae, S. 139-142, angezeiget
werden. S. auch Cph. Aug. Bode Evangel.
sec. Matthäum ex versione Aethiopici interpretis
,
Halle, 1749, 4, in der Vorrede,

Das ganze A. T. in Geez brachte Bruce mit,
und legte dasselbe in dem Brittischen Museum
nieder.

Eben derselbe brachte unter vielen andern
Schriften auch drey Exemplare des Buches Henoch
mit, von welchem A. J. Silvestre de Sacy im
Magaz. encyclop. 1800, auch einzeln gedruckt,
Woide und Bruce selbst Nachricht geben, die
beyden letztern in Michaelis Briefwechsel, Th. 3,
S. 91 und 94.406

Jo. Dav. Winkler κειμλικ Bibliotheca regiae Berol.
Aethiopica
. Erlangen, 1752, 8. Sie bestehen
in Homilien, einem Psalter, Gebethen und
Beschwörungen.

Diese Sprache blieb von der ersten Einwanderung
des Volkes an herrschend, bis gegen das
I4te Jahrhundert, da eine andere Linie aus Sewa
im Königreiche Amhara den Thron bestieg,
da denn diese Sprache an ihre Stelle trat. Indessen
blieb die alte noch für die Kirche, Bücher
und öffentlichen Urkunden aufbehalten, und
wird jetzt Lesan-Ghaaz, die gelehrte Sprache,
und Lesan-Mutzaph, die Büchersprache, genannt.
Die ganze Gelehrsamkeit eines Aethiopiers
bestehet darin, diese Sprache lesen und
schreiben zu können. Indessen lebt sie noch als
Volkssprache in dem Königreiche Tigre fort, ob
sie gleich hier von der alten Sprache in den
biblischen Büchern und andern Schriften natürlich
sehr abweichen muss. Nach Bruce wird sie
auch in der weitläufigen Landschaft Beja zwischen
dem nördlichen Wendekreise und den
Abyssinischen Bergen gesprochen.

Als diese Sprache in dem 16ten Jahrhundert
in Europa bekannt wurde, nannte man sie Chaldäisch,
wovon Ludolf die Ursache nicht erfahren
konnte; vermuthlich geschahe es bloss aus Unwissenheit.
So viel sich auch damahls die Höfe
zu Lissabon und Rom mit diesem Volke zu schaffen
machten, so war es doch einem gelehrten
Deutschen, dem Hiob Ludolf vorbehalten, uns
dessen Sprachen bekannt zti machen. Er bediente
sich dabey eines gebornen Aethiopischen
Geistlichen, Nahmens Gregorius, klagt aber bitterlich
über dessen unüberwindlichen Stumpfsinn
in Ansehung grammatischer Begriffe.407

Diejenige Formel, welche sich in dem
Aethiopischen N. T. Rom, 1548, und daraus in
Gesners Mithridates S. 6. befindet, ist von der im
Ludolf nur in der Lesung und Aussprache verschieden.
Diese stehet nur in der ersten Londoner
Ausgabe seiner Sprachlehre; denn in der
Frankfurter von 1702 stehet dafür S. 15 der Lobgesang
Maria. Die Ludolfische Formel befindet
sich auch in Waltons Polyglotte, mit einigen Verschiedenheiten
in der Lesung, in Jo. Gottfr. Oertelii
Theologia Aethiopum
, S. 231, und in allen
V. U. Sammlungen. Sie ist auch einzeln gedruckt,
unter dem Titel: Orationis dominicae in
lingua Aethiopica analysis grammatica juxta institutiones
Ebraicae linguae Schickardi harmonia linguae
Aethiopicae auctis, adornata
. Wittenberg, 1657, 4.
Die mit anderer Schrift gedruckten Wörter sind
Semitisch; Jykun in der dritten Bitte ist rein Arabisch.
In der neuesten Pariser Sammlung befindet
sich S. 124 das V.U. mit Aethiopischer Schrift
aus dem obigen Alphabeto Aethiopico.

53. Aethiopisch.

Aus Jobi Ludolfi Grammat. Aethiop. London,
1661, 4, , S. 10.

Vater unser, der in Himmeln,
Geheiliget werde Nahme dein;
Komme Reich dein;

Abuna zabessamojat,
Jytkeddes Symca;
Tymza Mengystka;408

Geschehe Wille dein wie im Himmel, so auf Erde;
Speise unsere die, allen Tagen unsern (hinreicht) gib uns heute;
Vergib uns Sünden unsere wie wir auch verge-
ben denen die gesündigt haben an uns;
Und nicht führe uns in Versuchung;
Sondern erhalte uns und befreye uns von allem Bösen.
Dein dein ist Reich, Macht und Ehre
in Ewigkeit der Ewigkeiten.

Jykun Fakädaka bacama Basamai, wa Bamydrni;
Sisajana zaläla Ylatyna habana jom;
Hydg lana Abasana cama nyhnani nyh-
dyg laza abbasa lana;
Waïtab - ana wysta Mansut;
Alla adhynana wabalhana ymkuylu Ykui.
Ysma ziakojyyti Mengyst, Hajt, Wosybhat
laalama Alant. Amen.

(2) Amharisch.

Die Landessprache der grossen und fruchtbaren
Provinz Amhara, in Westen des Flusses
Tacazza bis an den Nil, Gojam und die Agows.
Die hier übliche Sprache ist wahrscheinlich
schon die Καμαρα λεξις, welche Agatarchides seinen
Troglodyten oder Gebirgern beylegt. Da
sie die Sprache des Hofes ist, so wird sie Lesart
Neghus, die königliche Sprache genannt. Ausser
der Provinz Amhara herrscht sie auch in den
Provinzen Dambea, Gojam, Damot, Bagemder,
Samen und Schoa, obgleich in verschiedenen
Dialecten. Cancam ist eine Abtheilung der
Provinz Dambea.409

Obgleich mehr als die Hälfte der Wörter
Aethiopisch ist, so verdient sie doch kaum noch
den Nahmen einer Semitischen Mundart, sondern
man muss sie als eine gemischte Sprache
ansehen. Auch die aus dem Aethiopischen beybehaltenen
Wörter werden hier sehr verstümmelt,
besonders werden die Gutturalen gern
verschluckt. In dem grammatischen Bau weicht
sie gleichfalls von der Aethiopischen ab. Sie
hat 33 einfache Buchstaben, und darunter sieben
mehr, als die Aethiopische, deren Schrift sie
sich indessen bedient. Der Ton ruhet auf einer
der drey letzten Sylben des Wortes. Die Substantiva
werden nicht nach Geschlechtern eingetheilt.
Die Declination hat zwey Zahlen, den
Singular und Plural, und ist sehr einfach, indem
der Plural auf einerley Art gebildet wird, und
dann alle Wörter auf einerley Art gebogen werden.
Dem Accusativ allein wird am Ende ein
Buchstab nach-, dem Genitiv und Dativ aber
ein Buchstab vorgesetzt, und zwar im Singular
und Plural auf einerley Art. Statt der vielen
Semitischen Conjugationen hat das Amharische
deren nur vier. Es hat zwar die gewöhnlichen
vier Modos, aber nur im Indicativ die drey Zeiten,
das Praesens, Praeteritum und Futurum;
die übrigen Modi haben nur das Praesens.

Man sehe: Jobi Ludolfi Grammatica Amharica,
Frankfurt, 1698, fol. Eb. dess. Lexicon Amharicum,
eb. 1698, fol. Er ist der erste und einzige
Europäer, welcher sich um diese Sprache verdient
gemacht hat. Catechesis Christiana lingua
Amharica
von einem Tobias Georg Ghbragzerius
erschien zu Rom, nach 1786. Beytrag zur Kenntniss
der Amharischen Übersetzung des N. T
. in
J. E. C. Schmids Biblioth. für Kritik des N. T. B. 1.410

Die folgende Formel ist aus Ludolfs Grammatica
Amharica S. 54, und seiner Grammatica
Aethiopica, der ersten Londoner Ausgabe in 4,
S. 4; wo sie aber mit Aethiopischer Schrift und
ohne Lesung stehet. Die letzte ist aus Andr. Müllers
Sammlung. S. 15, wo aber die erste Bitte
fehlte, welche Dav. Wilkins in des Chamberlayne
Samml. S. 28 ergänzt hat. Die mit anderer
Schrift gedruckten Wörter sind Semitisch.
Jynzalyn, es komme herab, in der zweyten Bitte,
ist von dem Arabischen jansal. Die im Dialect
von Cancam hatte Hervas von dem oben gedachten
Tobias Georgius, der daher gebürtig war.

54. Amharisch.

Aus Ludolfs Grammat. Amhar. S. 54.

Abatatyn Bassamaj jalach,

Jehkadas Semech;

Jynzalyn Mangystcha;

Fakadychm jyhuyn ßassamaj yndulachschig
Bamydrm;

Sisajatyn yjaulatu zare sytan;

Badalatyn myharan ynjam jabadalanan yndo
nymhyr;

Hamansut nygaba matan attawan;

Adhanan yndu kabis nagar.

55. Dasselbe im Dialect von Cancam.

Aus Hervas Saggio prattico, S. 178

Vater unser in Himmeln der bist,
Gelobet sey Nahme dein;

Abbatachin Vessamajat hialch,
jmezzuganu Semeh;411

Komme Reich dein;
Geschehe Wille dein im Himmel wie also auf Erde;
Tägliche Speise unsere gib uns heute;
Beleidigungen unsere verzeihe, wir und
verzeihen Beleidigern wie unsern;
Versuchung in nicht führe uns;
Befreye sondern vom Bösen allen.

Themza Meneghzethege;
Jucun Facadhuh Vessami endihon, dagmanjam Be-medre;
Jesoteru Meguachinen zetana zare;
Bedelachinen lena ikerbelenna, injame
ikerendelen Levede lena;
Vedefetenam atagiianna;
Adenen enchi ca - Cofu culu.

d) Mapulisch.

Mapuler oder Mapulets nennt man die auf
den Küsten von Malabar und Coromandel in
Indien ansässigen Araber. Das Wort ist nach
Paullino a S. Bartholomaeo in Viaggio, S. 105
aus Maha-pulla, grosser Adel, verderbt, ein
Titel, welchen auch die Juden und Thomas-Christen
von den Malabaren bekommen. Zum
Unterschiede nennt man die Araber Dschionaga.
Mapulla, die Christen Nasranni Mapulla, und die
Juden Dschiuda Mapulla. Auf der Küste von
Coromandel werden die Arabischen Mapuler
Chaliaten genannt. Zuweilen nennet man sie
auch Saracenen, am häufigsten aber, wie andere
Mahomedaner, Mohren. Schon seit der Ptolemäer
Zeit bereiseten die Araber, sowohl von
dem rothen Meere, als von der östlichen Küste
Arabiens aus, die westliche Halbinsel Indiens,
und es gab eine Zeit, da der ganze Indische
412Handel über Alexandrien durch ihre Hände
ging. Sie müssen sich daher schon sehr frühe
und zwar in beträchtlicher Anzahl auf der Malabarischen
Küste niedergelassen haben. Als
Renaudot's Araber um 850 hier ankamen, fanden
sie schon Landesleute, welche der mächtige
König Balabar zu Guzuratte sehr begünstigte.
Wie zahlreich sie waren, erhellet unter andern
auch daraus, dass der König von Bisnaga oder
Narsinga, wegen des im Handel gemachten Unterschleifs,
1469 ihrer an die 10000 niederhauen
liess. Was damahls entflohe, liess sich in Canara
um Goa nieder, wo sie bald wieder so mächtig
wurden, dass sie wenig Jahre darauf den Portugiesen
bey ihrer Ankunft die grössten Hindernisse
in den Weg legten. In den neuesten Zeiten
wurden sie unter Hyder Ali, Fürsten von
Mysore, bekannt, dem sich ihr Fürst Ali 1766
unterwarf, und dessen Heer mit 12000 Mann
der seinigen verstärkte. Etwas später wurden
sie von einer Königinn beherrscht. Paullinus
gibt in seiner Reise S. 151 ihre Zahl nur allein
in Malabar auf 100000 an. Die Kulias, welche
auf der Küste von Coromandel Baumwolle kardätschen,
stammen gleichfalls von Arabern ab,
deren Gesichtsbildung sie auch haben. Durch
Vermischung mit einheimischen Weibern sind
sie ausgeartet, ohne doch ihre eigenthümliche
Arabische Bildung verloren zu haben. Diese
Ausartung erstreckt sich auch auf die Sprache,
welche ein verderbtes mit Arabisch vermischtes
Malabarisch ist.

Ich glaube, es sind eben dieselben, welche
spätere Schriftsteller so oft Abyssinier und Aethiopier
nennen, vermuthlich weil sie in Körperbau
und Gestalt von den ächten Arabern abweichen;
413denn von einer Abyssinischen Colonie ist in diesen
Gegenden nichts bekannt, so wenig es daselbst
auch an Abyssinischen Sclaven fehlt, auch
die Abyssinier in Ballagat, Cambocha, Bengalen
u. s. f. als gute Soldaten geschätzt werden.
Ich vermuthete daher anfänglich, dass die in
d'Avity Afrique S. 521 aus Grammaye entlehnte,
und für Abyssinisch in Canara um Goa ausgegebene
Formel, welche sich anfängt: Abbahn schirfisu,
diesen Mapulern beyzulegen sey, zumahl
da d'Avity selbst gestehet, dass sie nichts Abyssinisches
enthalte. Aber sie enthält auch eben
so wenig Arabisches; denn ausser zwey bis drey
Wörtern ist alles so räthselhaft, dass nichts daraus
zu machen ist. Ich lasse sie daher lieber
weg, zumahl da bey der Kürze der Absätze das
Ganze verstümmelt und unvollständig zu seyn
scheinet. Dessen ungeachtet haben Andreas
Müller, Chamberlayne und andere sie aufgenommen.

e) Malthesisch.

Die Insel Maltha ist nach und nach von
Phäaciern, Phöniziern, Griechen, Karthaginensern
und Römern beherrschet worden. Den letztern
nahmen es die Gothen, und diesen wieder
die Araber 870 ab, welche die Insel bis 1090 besassen,
da sie den Normännern weichen mussten,
von welcher Zeit an sie mit Sicilien verbunden
blieb. Daher kommt es denn auch, dass
die Sprache des Landvolkes, denn in den Städten
spricht man Italiänisch, ein verdorbenes Gemisch
von Arabischen, Deutschen und Italiänischen
Wörtern und Formen ist. Von Deutschen
Wörtern gibt Th. Siegfr. Bayer in Thes. epistol. la
Croziano
, Th. 1, S. 44 eine Probe; und doch
414konnten Jo. Quintin, Mqjus, Agius, Hervas und
Vallancey diesen Mischling für ächt Punisch halten,
ungeachtet keiner das ächte Punische
kannte und kennen konnte. Das Arabische mag
in der Sprache leicht vorwalten, wenigstens
so wie es auf der nördlichen Küste von Afrika gesprochen
wird. Bjornstöhl versichert in seinen
Briefen B. 1, S. 217, dass Araber und Maltheser
mit einander reden und sich recht gut verstehen,
auch ist bekannt, dass bey Buonaparte's Unternehmung
auf Aegypten viele Maltheser auf seiner
Flotte als Dollmetscher dienten.

Den Punischen Ursprung dieser Sprache
behaupten: Joh. Quintin von Autun, welcher
um die Mitte des 16ten Jahrhunderts zu Maltha
lebte, in seiner Descriptione Insulae Melitae, in
Graevii Thes. Sicil. Th. 15. Jo. Heinr. Maji Specimen
linguae Punicae in hodierna Melitensium superstite
,
Marburg, 1718, 8; auch in Graevii Thes.
Sicil
. Th. 15, S. 486, mit einem zweyten Specimine
vermehrt. Della lingua Punica presentamente
usitata dei Mallesi da G. P. Franc. Agius de
Soldanis
, Rom, 1750, 8; welches zugleich eine
Sprachlehre und den Entwurf eines Wörterbuches
enthält, über welches letztere aber der
Verf. gestorben ist. S. von Borch Lettres sur Sicile
et Malthe
, Th. 1, S. 204. Vallancey in seinen
Schriften über die Irländische Sprache. Nur ein
entschiedener Hang zum Wunderbaren konnte
hier auf das älteste bekannte Volk fallen, und
die weit nähern Araber übersehen. Um 1798
soll eines Vasalli Malthesische Sprachlehre zu
Rom erschienen seyn. Auch erschien bey der
Propaganda ein Compendium doctrinae Christianae
in Malthesischer Mundart. Einige Wörter befinden
sich in dem Vocabul. Petrop. No. 86,
415zweyerley Zahlwörter, alle und neue, aber in
Hervas Aritmetica, S. 157, 158. Die Geschichte
des litterarischen Betrügers Vella aus Maltha,
welcher 1789 in Malthesischer Sprache von ihm
geschmiedete Briefe und Urkunden für Arabisch
ausgab, gibt gute Aufschlüsse über das Malthesische.
S. Eichhorns allgem. Bibl.für bibl. und morgenl.
Litteratur
, Th. 10, S. 143-215; besonders
S. 210-212, wo es in Arabischer Schrift
nachgebildet ist.

Wie es kommt, dass die folgenden Formeln
in der Sprache so sehr abweichen, weiss ich
nicht. Majus hatte die seinige von dem Jesuiten
Ribier de Gattis, einem gebornen Maltheser.
Seine Formel enthält mehr Italiänisches, die
zweyte mehr Arabisches, aber schlecht gesprochen
und schlecht geschrieben. Hervas sagt
nicht, von wem er die seinige hatte. Die dritte
von beyden abweichende Formel entlehne ich
aus der neuesten Pariser Sammlung.

56. Malthesisch.

Aus Jo. Henr. Maji Spec. linguae Punicae, S. 34.

Missier tanai, inti li dal Sema,

Icun imbierec i Nom tiah;

Dscha il Art tiah;

Itcun mamluna il Volunta tiah, chif fil
Sema, heoc fil l'Art;

L' Hops tanai coillium atina illum;

Et affirna Dnubietna chif huahna n' ahflu
a l'uhrai;

V m'a tamchi shei l' i nacau fil Tentationi;416

Ma liberana dal Malo.

Ali es tiali ia il Dignia, unt Tista, collohs
hiasin alla Deiem. Amen.

Anmerkungen.

Missier, und in der folgenden Formel mit
dem Arabischen Pronomine Missier-na ist Italiänisch
und bedeutet Herr. Sonst heisst Vater im
Malthesischen Bu, Abu, Tabu, unser Vater Tabuni.
Die übrigen Italiänischen Wörter findet
man leicht selbst

Tanai, unser, Maurisch metana, Dombay,
S. 27, Inti, du, Arab. anta. Dal ist Italiänisch,
Sema, Himmel, Arabisch.

Icun,Arab. jekun. lmbiecer, von barak, segnen,
ganz Semitisch. Im Maurischen hiess es
berkat, gesegnet, sollte aber nach Dombay auch
dort embarek heissen.

Dscha, es komme. Majus hatte es nach Italiänischer
Art cia geschrieben. Es ist vom Arabischen
dscha, kommen, Art ist vermuthlich
ein Schreibfehler, wie aus dem folgenden fi
l'-Art
, auf Erden erhellet.

ltcun; muss heissen ikun, oder jekun. Mamlun
statt ma'mul, gethan, wie in der folgenden
Formel.

Chif, Z. 4 und 6 ist das Arabische kaifa,
kif, wie

L'Hops, der Bissen, Arab. el-Chobs, Coillium;
und in der folgenden Formel Kuglium, verderbt
für kol Jum, alle Tage, oder ganze Tag.
Atina, schenke uns. lllum für el-Jum, den Tag.

Afirna, für agfer-na, vergib uns. Dnubietna,
Arab. Denubi-na. Huahna, für nahno, wir
uns. N'ahflu, verderbt für nagfero.417

V ma, für we-ma, und nicht. Tamchi shei,
statt tamkisi, immerges, oder imperative, immerge.
Nacau, verderbt für nahno, uns. Vema
tamkisi li nacau
, und nicht einsenke uns.

Tista, vielleicht für Tislat, Herrschaft, von
dem Arab. Salata. Alla Deiem, Arab. ala Dajem,
auf immer.

57. Dasselbe.

Aus Hervas Saggio prattico, S. 178.

Missierna, li inti fi 'Smezijet,

Icun imkades Lijem tihech;

Tidschi Issaltna;

Igun mahmul dach li Trit, kiph ph' Issema,
u hhecda Phlart;

Hlobjna ta kuglium atihhuna ilum;

Ahfrinna min Dnubietna, phha l'ahhna
nahhfru min hata halina;

U' giahinnyi nachhu fi Tentazioni;

Ma harisna min min kul Deni.

Anmerkungen.

Imkades, geheiliget, Maurisch, Dombay,
S. 23.

Tidschi Issaltna, es komme deine Herrschaft,
ist rein Arabisch. Issoltan, Issoltanet, die Herrschaft,
el-Saltna, mit Elision des Artikels Essalt-na,
oder Issalt-na. Wer kennt nicht den Sultan,
Herr.

Dach, dein, statt tak, Maurisch metak, Dombay,
S. 27. Trit, der Wille, vom Arab. orid,
418ich will, das Substant. Terid, der Wille, zusammen
gezog. Trid.

Igan, für jekum, es sey; mamul, gethan.
Ikun ma'mul dak li Trid, es sey gethan dein der
Wille.

Kiph, für kajfa, wie. Ph' Issema, fi-Sjema,
Hhecda; im Syrischen ist hechema, so wie. Phlart,
für fi'l-Art.

Die vierte und fünfte Bitte sind ganz Arabisch,
nur schlecht gesprochen und geschrieben.
Kuglium, für kol lum, und. Ilum für el-Ium.

Nachhiu in der sechsten, ist wie nacau in der
vorigen das Semitische nachno, wir, Ebr. anachnu,
Chald. nachna, Syr. chenan, Arab. nahno.

Haris-na, behüte uns, vom Arab. harasa,
er hat behütet. Min kul, vor allem. Deni ist
unbekannt.

58. Dasselbe.

Aus der Doctrina Christiana, lingua Melit. und der
Pariser Sammlung
, S. 121.

Missierna, li inti fis-Smeuiet,

Jitkad-des lsmech;

Tidschi Saltnatech;

Icun li Trid int, chif fis-Sema, heg-da
Flard;

Hhobzna ta choljum atina il-lum;

U ahhfrilna Dnubietna, chif ahhna nahhfru
lil min hhat ghalina;

U leddahhalna fi-Tigrif;

Izzda ahhlisma mid-Deni. Amen.419

2. Armenisch.

Armenien grenzet in Süden an das Semitische
Sprachgebieth, in Osten an Persische
Provinzen, in Westen an Klein-Asien, und in
Norden an Georgien und die Caucasischen Völker,
und war seinem alten Umfange nach ungefähr
so gross als Ungarn mit den einverleibten
Ländern. Der Euphrat theilet es in Gross-Armenien,
in Osten dieses Flusses, und in Klein-Armenien,
in Westen desselben. Das letztere,
welches die ehemahligen Länder Cappadocien
und Cilicien begreift, stehet unter Türkischer,
das erstere aber grössten Theils unter Persischer
Herrschaft. Der heutige Nahme stammet wahrscheinlich
von Aram ab, und erinnert an dessen
ersten Bewohner, die Semitischen Aramäer, welche
aber sehr frühe von eingewanderten Barbaren
aus dem hohen Mittel-Asien müssen seyn
verdränget worden. Strabo hielt die Armenier
für Verwandte der Syrer und Araber, welches
doch von den Armeniern seiner Zeit gewiss nicht
mehr galt. Die Einwohner nennen das Land
Haikia, sich selbst Haikanen, ihre Sprache aber
Haikanisch, von einem vorgegebenen Könige
Haik, welcher Japhets Urenkel gewesen seyn
soll. Es ist ein hohes gebirgiges Land, aus welchem
Flüsse nach allen Weltgegenden abfliessen.
Von dieser hohen Lage rühret denn wohl auch
der vortheilhafte Körperbau der Einwohner her,
daher Hacquet sie für das erste Stammvolk hält,
von welchem alle übrige Völker abstammen sollen.
Armenien hat keine alte Geschichte; denn
was Moses von Chorene, ihr ältester Geschichtschreiber
aus dem Anfange des fünften Jahrhunderts
davon hat, ist aus dem Ctesias und voll
420Dichtung. So weit die Geschichte reicht, waren
die Armenier, ihrer natürlichen Vortheile ungeachtet,
nie ein selbständiges und eroberndes
Volk, sondern seit der Assyrischen Herrschaft
immer ein Raub ihrer mächtigen Nachbarn.

Die Sprache ist eine eigene, mit keiner der
bekannten verwandte Sprache, wie schon aus
den Wörtern des ersten Bedürfnisses erhellet.
Atschkh, das Auge; Khith, die Nase; Bieran, der
Mund; Alamn, der Zahn; Akandsch, oder Unkn,
das Ohr; Paranuëts, der Hals; Bazuk, der Arm;
Dsierrn, die Hand; Dzunku, das Knie; Uëtn, der
Fuss; Hair, der Vater; Mair, die Mutter; Iëghbair,
der Bruder; Khuir, die Schwester; Uërdi,
der Sohn; Ariëg, die Sonne; Hur oder Krak, das
Feuer; Dschur, das Wasser; Iërkir, die Erde;
Dzuëv, das Meer. Selbst die Zahlwörter, welche
sich doch in so vielen sonst ganz verschiedenen
Sprachen ähnlich sind, sind hier eigen.
La Croze schloss aus den Eigennahmen, dass das
alte Medische mit zu ihrer Verwandtschaft gehöret
habe. Dieses ist nun in dem Zend und
Pehlvi nothdürftig bekannt; allein beyde sind
von dem Armenischen weit genug entfernt.
Andr. Acoluths Vorgeben von dessen Verwandtschaft
mit dem alten Aegyptischen (Monathl. Auszug,
1700, Sept. S. 642,) war eine Grille, und

blieb es, ungeachtet Carl Heinr. Tromler noch
1758 ihre Verteidigung übernahm. (S. seine
folgende Schrift.) Dass es unter der langen Herrschaft
so vieler fremden Völker Semitische, Griechische,
Römische, und besonders Persische und
Türkische Wörter angenommen, wird wohl niemanden
befremden. Die Sprache ist im Grunde
noch eben so, als sie um 405 war, da Miesrob die
Bibel in das Armenische übersetzte, und dessen
421Schüler, Moses von Chorene, seine Geschichte
schrieb. Das scheint überhaupt ihr blühendster
Zeitpunkt gewesen zu seyn; denn mit dem achten
Jahrhundert nahm die wenige Cultur, welche
sich bisher noch erhalten hatte, ab, und die
Vermischung mit fremden Sprachen zu. Jene
alte Mundart, welche noch bey dem Gottesdienste,
und in Schriften gebraucht, und in den
Schulen gelehret wird, wird das gelehrte Armenisch
genannt, welches von der heutigen Volkssprache
eben so sehr abweicht, als die Sprache
des Koran von dem heutigen Arabischen.

Die Sprache hat alle Härten einer rauhen
Bergsprache, viele zischende und hauchende
Buchstaben, und schwerfällige Zusammenstellungen
ohne Dazwischenkunft eines Vocales.
Aghdschik, das Mädchen, Aschchhard, die Welt,
Dsukn, Fisch, Ischchan, Fürst, Gieghiëtsik, schön,
Khaghtsr, süss. In ihrem grammatischen Bau
nähert sie sich mehr den Europäischen, als den
morgenländischen Sprachen, besonders der Griechischen;
welches auf eine frühe Verwandtschaft
wenigstens mit der so nahen Thracischen, einer
der Muttersprachen des Griechischen, vermuthen
lässt. Sie hat abgeleitete und zusammengesetzte
Wörter aller Art; in allen ruhet der
Ton auf der letzten Sylbe. Die Substantiva haben
kein Geschlecht; das natürliche Geschlecht
wird da, wo es nöthig ist, durch Beysätze bezeichnet.
Den Artikel kennet die Sprache nicht,
auch keinen Dual. Es gibt zehn Declinationen,
ausser vielen irregulären, und in jeder Zahl
zehn Casus, welche am Ende bezeichnet werden;
ausser den gewöhnlichen noch den Narrativus,
Commorativus, Instrumentalis und Circumlativus,
Die Comparation geschiehet durch
422Anhängung gewisser Sylben. Die Pronomina
sind theils separata, theils affixa; die letztern
sind bloss persönlich. Das Verbum ist wie in
den Europäischen Sprachen; ausser den gewöhnlichen
fünf Zeiten hat man hier auch den
Griechischen Aoristus. Die Praepositionen sind
theils trennbar, theils untrennbar. Der Syntax
gleichet ganz dem Griechischen, daher auch
diese Sprache zum Übersetzen aus dem Griechischen
die bequemste seyn soll, zumahl da sie
eben denselben Gebrauch der Participien hat.

Das gemeine Armenische ist mit Wörtern
und Formen fremder Sprachen vermischt. Am
reinsten wird es noch in den Klöstern gesprochen.
Schröder gibt vier Haupt-Dialecte
desselben an, den in Klein-Armenien, den Siunensischen,
Gogthanischen, und Sjulfanischen. Die
drey letzten Orte finde ich im Büsching nicht.

Hülfsmittel zur Erlernung dieser Sprache
sind:

Jo. Joach. Schröder diss. de antiquitate, fatis,
indole atque usu linguae Armenicae
; vor seinem
Thesaurus
.

Wilh. et Ge. Whiston Praef. de Litteratura Armena;
vor ihrer Ausgabe des Moses Chorenensis,
Lond. 1736, 4.

Car. Henr. Tromleri Bibliothecae Armenicae specimen,
cui praemitttitur de lingua Armenia commentatio
.
Planen, 1758, 4; wo er Acoluths Vorgeben
zu vertheidigen sucht.

Manches zur Armenischen Litteratur gehörige
kommt auch in Amaduzzi Vorr. vor dem Alphabet.
Armenum
, und in Alters Miscell. vor.

Thesei Ambrosii introductio in Armenam et alias
linguas orientales
. Pavia, 1539, 4; enthält nur
423die ersten Elemente, und auch diese sehr kümmerlich.

Petri Victorii Cajetani Palmae paradigmata de
IV linguis orientalibus praecipuis, Arabica, Armena,
Syriaca et Aethiopica
. Paris, 1596, 4; wenig besser,

Alphabetum Armenum cum oratione dominica,
salutatione angelica, initio Evangelii Johannis, et
cantico poenitentiali
. Rom, Propag. 1673, 8;
bloss Armenisch und mit Armenischer Schrift.
Zweyte Aufl. ohne Jahr und Ort, eb. das. 8.
Dritte Aufl. mit Jo. Cph. Amaduzzi Vorr. 1784, 8.

Puerorum nec non adultorum Alphabetum Armenum.
Constant. 1700, 8.

Franc. Rivoli Grammatica Armena. Mailand,
1624, 4; wohl von keinem grössern Werthe, als
sein Wörterbuch.

Clem. Galani Historia Armenae nationis, cum
Grammatica, Logica, et Dictionario
. Rom, Propag.
1645, 4.

S. Sarchis Syllabarium et Catechismus Armenice,
meditationes et Grammatica
. Zurawari, 1666 . .
führet Marsden an.

Jo. Agop puritas linguae Armenae. Rom,
1674, 4.

— — — Puritas Haygica, seu Grammatica
Armenica
. Rom. 1675, 4.

— — — Grammatica Latina, Armenice explicata.
Eb. das. 1675, 4.

Jo. Joach. Schröders Thesaurus linguae Armenae
antiquae et novae
. Amstelod. 1711, 4; enthält
ausser einigen guten Abhandlungen eine
Sprachlehre sowohl über die gelehrte als gemeine
Sprache, nebst einigen Armenischen Stücken.

Joannis (Doctoris de Juifa) Grammatices et
Logices compendium
, in Armenischer Sprache.
Amsterd. 1711, 12.424

Mikhitar Vartabiet Janua grammatica linguae
Armenae
(in Türkischer Sprache, aber mit Armenischer
Schrift.) Venedig, 1727, 12.

1798 kündigte A. J. Penzel von Triest aus
eine Armenische Sprachlehre auf Subscription
an, von welcher aber seit dem nichts weiter bekannt
geworden.

Franc. Rivolae Dictionarium Armeno-Latinum.
Mailand, 1621, f. Paris, 1630, und 1633, 4;
aus dem Munde eines unwissenden Armeniers
niedergeschrieben, daher voll Barbarismen,
und leer an reinen Wörtern.

Deodati Nierszesovicz (Niersis) Dictionarium
Latino-Armenum
, Rom, 1695, 4.

Jac. Villote Dictionarium Armenum. Rom,
1714, f. noch das brauchbarste.

(Mikhitar Vartabiet) Lexicon veteris linguae
Armenae
. Venedig, um 1727, 2 Voll. S. Amaduzzi
Vorr. S. 9.

Des Capuciners Gabr. Villa Dictionarium
V linguarum, Armenicae vulgaris, litteralis, Latinae,
Italicae et Gallicae
. Rom, 1780, . .

Schröders, der Gebrüder Whiston, des la
Croze und des Abbé Lourdet
zu Paris versprochene
Wörterbücher sind nicht erschienen. Von dem
des la Croze s. Jo. Arn. Noltens Brief in der Biblioth.
Bremensi
Class. V, Fasc. 4, S. 744.

Von den in Armenischer Sprache gedruckten
biblischen und andern Büchern s. Tromler,
l. c. Von der Bibel-Übersetzung Bredencamp in
Eichhorns Biblioth. Th. 4, S. 623.

Ich übergehe die ältern Formeln Schildberger's,
welcher gegen das Ende des 14ten Jahrhunderts
lange Zeit Sclave unter den Türken
425war, Leonh. Thurneissers, Megisers, Duret's und
anderer, weil man ihnen das Unrichtige sogleich
ansiehet, und liefere dafür Miesrob's Übersetzung
von 405, aber nicht, wie sie in den ältern
Sammlungen lautet, sondern wie der Armenier
Lucasius, Schröders Lehrer, die Lesung dem
Chamberlayne mittheilte. Mit dieser kommen die
Formeln in Petraei Doctrina Christiana Armenice
conversa
, Amsterd. 1667, in Bellarmins grössern
von Petr. Paulus übersetzten Katechismus
, Paris,
1634, und in Oertels Theologia Aethiopum, S. 233
völlig überein; nur dass die Lesung und Darstellung
mit Lateinischer Schrift oft verschieden ist.
Auch die den heutigen Armeniern in Venedig
zugeschriebenen Formeln in Hervas S. 174, und
in Alters Miscellaneen S. 179 (hier fehlt die zweyte
Bitte,) und die von mir gelieferte zweyte sind
nicht anders verschieden. Ich bemerke noch,
dass man die zusammen gesetzten Vocale ie und
ue nicht wie Diphthongen, sondern einzeln lesen
müsse.

59. Gelehrt Armenisch.

Aus Chamberlayne, S. 15.

Vater unser, der in Himmeln bist,
Sey heilig Nahme dein;
Es komme Reich dein;
Geschehe Wille dein wie im Himmel, so auf Erde;

Hair mier, uer Hierkins ies,
Surb iegitsi Anun khúe;
Iëkiestse Arkhajuthiun khúe;
Iegitsi Kam khúe, uerpes Hierkins iev Hierkri;426

Brot unser überwesentliches gib uns heute;
Und vergib uns Schulden unsere, wie auch wir
vergeben unsern Schuldnern;
Und nicht lass uns in Versuchung;
Sondern befreye uns vom Übel.
Denn dein ist das Reich, und die Kraft,
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Zhats mier hanapasuerd turmies aisor;
Iev thueg mies Spartis mier, uerpes iev miekh
thuegumkh mierliets Partapanats;
Iev mi thanir smies i Puerdsuthiun;
Ail perkea smies i Tscharè.
Si khue e Arkhajuthiun, iev Soruthiun,
iev Parrkh, haviteans. Amen.

60. Dasselbe.

Aus dem Munde des Grusinischen Prinzen, Abi Mehik
zu S. Petersburg 1804 nachgeschrieben.

Hair mir wur Girkinas jess,

Surb jechüzü Anun ku;

Gekiesze Arkagutiun kuch;

Jechüzün Kamk kuch, werbpess Gerkines,
jef Gerkrü;

Es Hatz mir hanapass wurd dtur miss ayssor;

Jef tuch miss Esbepardtis mir werbpess jew
mik tuhung miruz Partapanatz;

Jef mi thanir es müs i Bepurzu tiun;

Ail prikia i Tschare.427

3. Georgisch oder Grusinisch.

Georgien, bey den Russen Grusien (nicht
Grusinien,) bey den Türken Gurtsch, bey den
Persern Gurgistan, wahrscheinlich so genannt
von dem Flusse Gur oder Kur, dem Cyrus der Alten.
Daher ist auch der Nahme Georgien, denn
mit dem heil. Georg hat derselbe nichts zu schaffen,
zumahl da schon Mela hier ein Volk Georgi
kennet. Es hiess ehedem Iberien, und begriff
das alte Albanien und Colchis, ward auch frühe
durch die Fabeln von dem Prometheus, dem
Zuge der Argonauten, dem goldenen Fliesse u.s.f.
bekannt. Es ist ein sehr ansehnlicher Staat in
Norden von Armenien, auf der Süd- und Westseite
des Kaukasus, der auch seit den frühesten
Zeiten einige Cultur gehabt hat, dagegen die
übrigen Völker dieses Gebirges rohe Barbaren
und grausame Räuber sind. Dessen ungeachtet
fängt seine wahre Geschichte erst mit dem Christenthum
im 4ten Jahrhundert kümmerlich an,
seit welcher Zeit es sich mit fast allen berühmten
Völkern der alten und mittlern Welt herum
schlagen musste. Die heutigen Einwohner, welche
sich noch jetzt Iwerier nennen, theilen ihr
Land in zwey Haupttheile, in Ober-Iwerien, wohin
Kartalinien und Kachetien, mit einem Theile
der Herrschaft Saatab oder Achalzich gehören,
und Unter-Iwerien in Westen bis an das schwarze
Meer, worin Immerettien, Mingrelien, Gurien
und der übrige Theil von Saatab liegen. *)67428

Wenn man die in manchen Provinzen zerstreuet
wohnenden Turkomannen, Kurden, Tatarn
und Armenier abrechnet, so herrschet in
dem ganzen Staate nur Eine Sprache, welche
eigen und von allen bekannten Sprachen völlig
verschieden ist, aber durch Cultur und Herrschaft
mit Griechischen, Persischen, Armenischen
und Türkischen Wörtern vermischet worden.
Sie zerfällt in mehrere bald mehr bald weniger
abweichende Mundarten, welche sich doch
auf drey Haupt-Dialecte zurück führen lassen.
1. Den Kartuelischen in den Provinzen Kartuel,
Kacheti (ehedem Albanien,) Soncheti und Imirette,
Russisch Meletinien. Kartuel ist die vornehmste
und zugleich gebildetste Provinz in der
Mitte des Landes, welche daher auch vorzüglich
Georgien, Grusien und Iberien, und ihre Mundart
die Georgische, Grusinische und Iberische genannt
wird. Ein älterer Dialect dieser Provinz, welcher
damahls herrschte, als die Bibel in diese
Sprache übersetzt, und die vornehmsten Kirchenbücher
verfertiget wurden, ist noch jetzt
sowohl hier als in den übrigen Provinzen bey
dem Gottesdienste gangbar, und wird das gelehrte
Georgische genannt, weil er den heutigen
Georgiern unverständlich ist, und als eine gelehrte
Sprache erlernet werden muss. Auch das
gemeine Georgische wird in Kartuel und den
dazu gehörigen Provinzen am reinsten gesprochen,
und weicht in der Provinz Imirette oder
Mingrelien nur wenig ab. Nur in Kacheti, der
östlichsten Provinz, wohnt ein Völkchen, die
Tuschi oder Tuscheti, des Moses von Chorene
Dusi, welche Europäer seyn wollen, aber nichts
Europäisches an sich haben, als dass sie auf Bänken
und Stühlen sitzen, deren Georgischer Dialect
429sehr mit Kistischen Wörtern vermengt ist.
2. Den Mingrelischen, in Mingrelien, (dem alten
Kolchis,) und Guria oder Guriel, beyde am
Schwarzen Meere. Es ist ein grober Dialect, der
mit vielen fremden Wörtern vermischt ist. In
Guriel, wo auch die Modschaweli, ein Gebirgsvolk
in mehreren Stämmen wohnen, enthält er
besonders viel Tatarisches. 3. DenSuanetischen.
Die Suani, des Plinius Soani, welche sich selbst
Tson, und ihre Felsenthäler Tsuanetti nennen,
und jetzt unabhängig sind, wohnen in dem
höchsten Gebirge, und sind die unreinlichsten
auf dem ganzen Kaukasus. Ihre Sprache weicht
von allen Kaukasischen ab, doch soll die Georgische
die Mutter seyn.

Die Sprache gehöret mit zu den rauhen
Bergsprachen, indem sie unter ihren 37 Buchstaben
10 Zischer und 9 Kehllaute hat, welche
dem Europäer kaum aussprechbar sind: Sg, Ghh,
Cq, Sc, Zz, Cc, Chh. Dazu kommen die Zusammensetzungen
harter Consonanten: Chhhbo,
Kalb, Tzminda, heilig, Mtha, Berg, Thcquen,
ihr, Vprosi, grösser, Vmsthrosi, kleiner. Sie kennet
sowohl Ableitungen als Zusammensetzungen;
und zwar jene von aller Art, mit Vor- und
Nachsylben. Den Artikel kennet sie nicht.
Auch sind die Nennwörter nicht nach Geschlechtern
vertheilet, sondern haben insgesammt nur
Ein Geschlecht. Der Plural wird durch Beysatz
der Sylbe bi, in manchen Fällen ebi, ibi, gebildet.
Mama, der Vater, Mamabi, die Väter.
Einen Dual gibt es hier nicht. Man hat nur
Eine Declination, und diese ist sehr einfach, indem
das Wort durch die sechs Casus am Ende
regelmässig gebogen wird. Der Comparativ
430setzet si, der Superlativ aber sula dem Positive
vor: lamasi, schön, silamasi, schöner, sulalamasi,
schönster. Die Pronomina sind hier so
vollständig wie in andern gebildeten Sprachen.
Es gibt zwar vier Conjugationen, nach welchen
mehrere Verba gehen, besonders die eine
Bewegung bedeuten. Allein im Ganzen hat jedes
Verbum seine eigene Conjugation, welche
nach der Endung verschieden ist, daher die Conjugationen
fast unzählig und sehr schwer sind.
Dagegen kennet die Sprache keinen Conjunctiv.
Auch das Passivum wird umschrieben. Im
Indicativ hat sie sechs Zeiten, und ausser den
gewöhnlichen zwey Perfecta. In der Conjugation
wird das Wort am Ende gebogen; aber
auch die Pronomina werden voran gesetzt.
Es gibt hier wenig Praepositionen, aber desto
mehr Postpositionen. Der Ton hat keine bestimmte
Stelle, sondern ruhet bald auf der letzten,
bald auf der vorletzten, bald auch auf der
dritten Sylbe vom Ende.

An Hülfsmitteln zur Erlernung dieser Sprache
fehlt es nicht. Die vornehmsten sind:

Franz Carl Alter über die Georgianische Literatur,
Wien, 1798, 8; ein weitschweifiges Allerley,
wo die Georgianische Litteratur den kleinsten
Theil ausmacht. Es befindet sich daselbst
auch ein vergleichendes Wörterverzeichniss des
Kartalinischen, gelehrt Georgischen und gemein
Georgischen nach dem Vocabul. Petropol. Allein
Kartalinisch und gemein Georgisch sind einerley,
wie auch aus den Wörtern erhellet.

Über die Kirchensprache gibt es weder
Sprachlehren noch Wörterbücher; aber über
das gemein Georgische hat man:431

Alphabetum Ibericum s. Georgianum cum oratione
Dominica
, Rom, Propag. 1629, 8.

Franc. Mar. Maggii Syntagma linguarum, quae
in Georgiae regionibus audiuntur
, Rom, 1643, fol.
Wo das erste Buch, welches auch einzeln ausgegegeben
wurde, die Georgische, das zweyte
aber eine Türkische Sprachlehre enthält.

Die vollständige Grusinische Sprachlehre,
welche der gelehrte Katholikos Anton um 1760 in
Russland schrieb, ist nicht gedruckt worden,
aber dafür kam bald darauf des Achtalinskischen
Erzbischofs Warlaam kurze Grusinische Grammatik
zu Petersburg heraus.

Steph. Paolini et Niceph. Irbachii Dittionario
Georgiano
, Rom, Propag. 1629, 4; woraus sich
ein Auszug in Leibnitzens Collectan. Etymol. Th. 1,
S. 173 befindet.

Im 17ten Jahrhundert verfertigte auch der
Fürst Orbelianow Sulchan, welcher nachmals ein
Mönch wurde, ein Wörterbuch, welches aber
nicht gedruckt ist

Wörtersammlungen haben: Witsen in Noord- en
Ost
-Tatarye, Th. 2, S. 506, wo S. 526 auch
eine Meletinische oder Imirettische; besonders
Güldenstedt in seiner Reise, sowohl Th. 1, von
S. 343 an pass. als Th. 2, S. 496 eine vergleichende
der Kartalinischen, Mingrelischen und
Suanetischen Mundarten. Eben derselbe liefert
auch ein Verzeichniss Tuschetischer Wörter mit
Kistischen verglichen. Die in dem Vocabul. Petropol.
gesammelten Wörter befinden sich auch
in Alters obigen Schrift, und in dem Memoir of a
Map of the Countries between the Black Sea and the
Caspian
, London, 1788, 4.432

Die in Alters Schrift erwähnte höchst seltene
Grusinische Bibel, welche die nach Moskau geflüchteten
Zaren Backar Wachtangewitsch und
seine Brüder daselbst 1743, fol. drucken liessen,
befindet sich aus der Breitkopfischen Verlassenschaft
in der hiesigen Churfürstlichen Bibliothek.
Wenn diese aus den LXX gefertigte Übersetzung
gemacht worden, ist unbekannt; aber da Moses
von Chorene ihrer schon in der ersten Hälfte des
5ten Jahrhunderts gedenkt, so muss sie sehr alt
seyn. S. davon: Notizie riguardanti la sagra Scrittura
Giorgiana, per ordine del Card. Borgia da Stefano
Avutandil scritta in lingua Giorgiana, tradotta
da Paolo Leoni
, Rom, 1780; woraus sich ein
Auszug in Eichhorns allgem. Biblioth. der biblischen
Litteratur
, B. 1, S. 153 befindet. Die Psalmen,
Propheten und das N. T. hatte Waktangh bereits
zu Anfange des 18ten Jahrhunderts zu Tiflis abdrucken
lassen.

Der 1783 zwischen der Kaiserinn Catharina
und dem Zaren Heraclius geschlossene Tractat
ward in eben demselben Jahre zu Petersburg
Russisch und Grusinisch in Fol. abgedruckt. S.
Bacmeisters Russ. Biblioth. Th. 9, S. 1. folg.

Die beyden Formeln des gelehrt Georgischen,
welche Chamberlayne S. 17 unter dem
Nahmen Georgisch und Iberisch hat, sind nur der
Schrift, so wie die drey in der Leipziger Samml.
S. 78, 79, 80 und daraus im Hervas S. 174 nur
der Lesung nach verschieden. Sie sind insgesammt
aus des Maggio Syntagma. Ich wähle dafür
die aus des Archimandriten Eugenii Gemählde
von Grusien, S. 108, weil sie unmittelbar aus
der Grusinischen Bibel genommen ist, und von
der im Maggio nur in der Lesung und einigen
Kleinigkeiten abweicht.433

61. Gelehrt Georgisch.

Aus der Bibel, Moskau, 1743. fol.

Vater unser, der bist Himmel in
Heilig sey Nahme dein;
Komme Reich dein;
Geschehe Wille dein wie Himmel in
so auch Erde auf;
Brot unser tägliches gib unsheute;
Und vergib uns Schulden
unsere, wie wir vergeben uns;
Und nicht lass fallen uns Versuchung in;
Sondern befreye uns Bösen von.

Mamáo tschwéno, romeli char Tzatá schina,
Tzminda ickawn Sacheli scheni;
Mowedin Supewa scheni;
Ickawe Neba scheni witarza Tzáta schina,
egretza kwekanasa Szeda;
Puri tschweni arsobisa mometz tschwen dges;
Da mogwi tewen tschwen Tananadebni
tschwenni, witarza tschwen mintewebt
Tanamdepta mat tschwenta;
Da nti schemi kwáneb tschwen Gansatz delsa;
Arained gwigsen tschwen Borotisagan.

Anmerkungen.

Mamao, ist der Vocativ von Mama, Vater.
Irgendwo wollte jemand die Bemerkung gemacht
434haben, dass Mama in keiner Sprache den
Vater bedeute. Hier ist gleich ein Beweis des
Gegentheils. Die Mutter heißt Georg. Deda,
Imirett. Dida.

Tschweno, auch tschweni, unser, von tschwen,
wir, uns.

Roméli, das Relativum welcher, der.

Char, du bist, vor var, ich bin, char, du
bist, aris, er ist; wichawi, ich werde seyn, ichawi,
du wirst seyn.

Tzata, von Tza, Himmel, und der Postposition
ta, oder da, in. Was das folgende schina
bedeutet, habe ich nicht finden können.

Sacheli, der Nahme, jetzt Safeli. Scheni,
dein, von Schen, du.

Mowedin, es komme, von Mowed, kommen.

Supéwa, das Reich, im Maggio Supheka;
jetzt sagt man dafür lieber Samépo.

Tzeda, von Tze, Erde, und der Postposition
da. Jetzt heisst die Erde Miza.

Momez, gib, von dem Verbo mirzem, geben.
Im gemeinen Leben sagt man dammi. Dghes,
heute, von Dghe, der Tag. Daher Dghemdeli,
heutig.

Borotisagan, von Borotis, das Böse, Borotisa,
des Bösen, Borotisagan, von dem Bösen.

62. Gemein Georgisch.

Aus des Archimandriten Eugenius Gemähide
von Grusien
, S. 109.

Tschwèno Mamáo romélitz rom char
Tzáta schina,

Tzminda ickos Sacheli schèni;435

Mowides Supewa schéni;

Neba schéni rogortz Tzaschi ègretwe kweckanasse
Seda;

Puri tschweni arsobisa mometz tschwen
dges;

Da mogwitebe tschwen Tananadebni
tschweni, rogortz tschwen miutewebs
Tanamdebta mat tschwenta;

Da nu schemikwan tschwen Gansàtzdelschi;

Da gwichsen tschwen Borotisagan.

Vorstehende Formel ist in der gewöhnlichen
Kartalinischen Mundart. Ich will noch aus
den übrigen Mundarten so viele einzelne Wörter,
als ich habe auffinden können, beyfügen.

tableau Imirettisch | Mingrelisch | Suanetisch | Tuschetissch | Vater | Mama | Muma | Mu | Dada | Unser | Tschende | Du | Si | Ao | Himmel | Tschasch | Tsah | Dein | Tikani | Hem | Erde | Dihka | Dicha | Gim | Jobste | Brot | Tzull | Czacho | Tschkomi | Dier | Mak | Heute | Nur | Nuba | Ga | Gadi | Tgada | Wir | Czchini | Tschschini | Noi | Tschen | Böse | Choja | Moshin

4. Kaukasische Völker und Sprachen.

Ich nehme hier mehrere bald grössere bald
kleinere Volksstämme von verschiedener Herkunft
und Sprache zusammen, welche in dem
rauhen Kaukasischen Gebirge zwischen dem
Schwarzen und Kaspischen Meere in einem Raume
436von 95 Deutschen Meilen in die Länge und
etwa 40 in die Breite wohnen, und durch Wildheit
und gegenseitiges Misstrauen Jahrhunderte
lang getrennt werden, wenn gleich oft nur ein
Bach sie scheidet. Da alle diese Völker durch
Sprache und Sitten sich sehr merklich unterscheiden,
und nur in der ihnen allen eigenen
Wildheit und Raubsucht sich ähnlich sind, so
kann man sie nicht anders als Überreste grösserer
Völker ansehen, welche in den ehemahligen
Völkerwanderungen, zum Theil schon lange vor
Chr. Geburt, in dieses unwirthbare Gebirge versprengt,
und zu einer ungewöhnlichen Volksmenge
zusammen gedrängt worden, so dass oft
die unersteiglichsten Felsen bis in die höchsten
Gipfel bewohnt sind. Man weiss, dass hier ehedem
Scythen und Kimmerier, Gothen, Hunnen,
Aorsen, Siraken, Alanen, Usen, Chazaren,
Mongolen und andere nahmhafte und nahmenlose
Völker mehr hauseten. Jedem dieser
Völker hier sein Restchen anzuweisen, muss
auch die fruchtbarste Einbildungskraft zurück
schrecken. Die meisten dieser Völker waren
uns bisher eben so unbekannt, als sie es schon
den Alten waren; sonst würden sie nicht mit so
vieler Übertreibung von ihnen gesprochen, und,
wie Strabo, die hier einheimischen Völker und
Sprachen beynahe für unzählig ausgegeben haben.
Sie sind uns erst in den neuern Zeiten
durch den Fleiss Russischer und Deutscher Gelehrten
nothdürftig bekannt geworden.

Die erste umständliche Nachricht von den
westlichen Kaukasischen Völkern gab Jo. Just
Gärber
in Müllers Samml. Th. 4. Die ersten Proben
ihrer Sprachen lieferte das Vocabul Petropol.
Aber die ordentlichste und ausführlichste Nachricht
437mit vollständigern Sprachproben war dem
verdienten Güldenstedt in seiner Reisebeschreibung
vorbehalten; womit man Pallas nord. Beytr. Th.7,
S. 1 folg, und dessen neueste Reise, ingleichen
Fr. Aug. Marschalls von Biberstein Beschreibung der
Lande zwischen dem Terek und Kur am Kaspischen
Meere
, Frankf. 1800, 8 verbinden kann. Jac.
Reineggs
Nachrichten sind blosse Fragmente einer
unvollendeten Arbeit. Nach Güldenstedt und
dem Vocab. Petrop. gab der Britte Ellis heraus:
Memoir of a Map of the Countries between the Black-Sea
and the Caspian, with an account of the Caucasian
nations and Vocabularies of their languages
.
London, 1788, gr. 4 mit einer grossen Karte.
Die Wörterverzeichnisse sind aus dem Vocab. Petrop.
aber nach Englischer Aussprache umgeformt.
Ein Auszug daraus befindet sich in Sprengels
und Forsters neuen Beyträgen
, Th. 10, S. 158.
Eine vollständige und mit einem zweyten Theile
vermehrte Französische Übersetzung erschien zu
Paris, 1797, 4. Der hinzu gekommene zweyte
Theil betrifft bloss einige Gegenstände der alten
Geographie und Geschichte.

Alle diese Völker nach ihrer Herkunft und
Sprache in Classen und Arten ordnen zu wollen, ist
wohl noch ein wenig zu früh, weil dazu mehr
Kenntniss ihrer Sprache und Geschichte erfordert
wird, als man jetzt noch hat. Ich folge indessen
dem Güldenstedt, der sie bisher noch am
sorgfältigsten untersucht hat; sollte er gleich
seine Eintheilung in manchen Fällen zu milde
angelegt, und Völker zu Einem Stamme gerechnet
haben, welche bessere Kenntnisse einmahl
wieder trennen müssen. Nach Abzug der Tatarischen
Stämme, welche ich für die Folge verspare,
lassen sich die übrigen Bewohner des
438Kaukasus, ihm zu folge, auf nachstehende fünf
Hauptvölker und Sprachen einschränken: 1. Abchassen,
2. Tscherkassen, 3. Osseten, 4. Kisti und
5. Lesgi. Reineggs nennet zwar noch weit mehr
Völker, welchen er eigene von allen übrigen verschiedene
Sprachen zuschreibt; allein seine
Nachrichten sind zu verworren und zu mangelhaft,
als dass man darauf fussen könnte. Alle
diese Sprachen werden aus Mangel an einheimischen
Schriftzeichen nicht geschrieben; durch
fremde aber lassen sie sich nur schwer und unvollkommen
darstellen. Da alle diese Völker
wilde Räuber, und der Religion nach entweder
Mahomedaner, oder Heiden, oder gar
nichts sind, ich also von ihnen keine Gebeths-Formel
aufstellen kann, so will ich wenigstens
von den darin befindlichen einzelnen Wörtern
so viel liefern, als der vorhandene Vorrath
erlaubt.

A. Abassen oder Abchassen.

Das westlichste der Kaukasischen Völker an
der Nordküste des Schwarzen Meeres. Sie nennen
sich selbst Absne, von den Georgiern aber
werden sie Abchaseti, von den Tatarn und Russen
Abasa, von andern Abasechen, und von den
Tscherkassen Kusch-Hasib, jenseit des Gebirges,
genannt. Vermuthlich ist ihr Land das Abasgia
des im Purpur gebornen Constantin, und das
Awchasia der spätern Schriftsteller. Wenigstens
scheinen sie uralte Einwohner des nordwestlichen
Theiles des Kaukasus zu seyn, und vielleicht
schon die, welche nach dem Strabo auf
dem Schwarzen Meere Seeräuberey trieben. Sie
haben in ihren schmalen und seitwärts zusammen
439gedrückten Gesichtern, kurzem Untergesichte
und hervorstehenden Nasen einen besondern
National-Charakter. Sie treiben wenig
Ackerbau, etwas mehr Viehzucht, und leben am
liebsten vom Raube, daher sie auch keine Fürsten
haben, sondern sich von dem ersten besten
berühmten Räuber anführen lassen. Sie waren
ehedem Christen, allein jetzt bekennet sich ihr
Adel zu dem Islam. Sie theilen sich in die grosse
und kleine Abasa. Jene bestehet aus fünf Stämmen,
worunter die Natuchasch oder Natchukaitsch
im letzten schwarzen Gebirge die mächtigsten
sind. Die kleine Abasa zählet sechs Stämme,
und wird daher auch Alti-Kesek, d. i. die sechs
Stämme, von den Tscherkassen aber Tapanta genannt.
Nach Güldenstedt sind ihre und die
Tscherkassische Sprache Töchter Einer Mutter,
die sich aber so unähnlich geworden sind, dass
man die Verwandtschaft mühsam suchen müsse.
Eine solche Verwandtschaft ist denn wohl so gut,
als gar keine, daher Pallas sie auch richtiger für
eine ganz eigene Sprache hält, welche aber einige
Tscherkassische Wörter aufgenommen hat. Sie
theilet sich in zwey Hauptmundarten, die eine
in den Districten Altikesek, Buschilbai, Barckai,
und Schaigrai, an der Nordseite des Gebirges
an der Kumba; die zweyte in den Districten
Schapsich, Schaschi, Ubuch und Tubi, an der
nordwestlichen Ecke des Gebirges. Die letztere
wird von Güldenstedt Kusch-Hasib genannt. Man
sehe seinen Brief in Büschings wöchentl. Nachr.
Th. 1, S. 372, Güldenstedts Reise und Pallas
neueste Reise
, Th. 1, S. 328-335. Wörterverzeichnisse
haben das Vocab. Petrop. und Güldenstedts
Reise
, Th. 2, S. 527 folg. Die Wörter
des V. U. sind nach letzterm:440

tableau Kusch-Hasib | Alti-Kesek | Vater | Jaba | Urak | Unser | Harechta | Harechzo | Du | Vara | Erde | Tula | Tzula | Brot | Schakua | Mikel | Geben | Isti | Heute | Jechba | Wachtza | Wir | Harhab | Böse | Atschga | Itschge

B. Tscherkassen.

In Osten der vorigen, in dem Vorgebirge
des nördlichen Kaukasus bis in die benachbarte
schöne Ebene hinab. Sie nennen sich selbst
Adigi, von den Tatarn und Türken werden sie
Tscherkes. von den Russen Tschirkassy, von den
Georgiern Tscherkasiani, von den Osseten Kasach
genannt. Der letzte Nahme erinnert an des Constantinus
Porphyr. Kasachia, Nestors Kasagen,
welche im 10ten Jahrhundert Swatoslaw besetzten,
und die Kasaken der neuern Zeit. Sie haben
auch wirklich nebst den Russen den Donischen
Kasaken-Staat gebildet. Nach Pallas und
Reineggs sind sie die Kerketae des Strabo und die
Cercelae des Plinius, nach Thunmann die Siraken
des Mittelalters. Sie mit Büttnern für Überreste
der Scythen zu halten, ist ohne allen Beweis,
der hier gänzlich fehlet, viel zu viel gewagt. Da
das Land, welches sie unter der Russischen
Herrschaft besitzen, die Kabarda heisst, so werden
sie auch Kabardiner genannt, und in die grossen
und kleinen Kabardiner getheilt. Unter denen,
welche jenseit des Kuban wohnen, und
den Türken unterworfen sind, sind die Temirgoi
die edelsten und mächtigsten. Sie erhalten unter
sich die Überlieferung von einem weiblichen
441Stamme Emmetsch, mit welchem sich ihre Vorfahren
verbunden haben sollen. (Reineggs Th. 1,
S. 238). Die Erzählungen der Alten von den
Amazonen passen wirklich auf kein Kaukasisches
Volk besser als auf die Tscherkassen, welche
noch jetzt auf eine gewisse geheimnissvolle Art
mit ihren Weibern umgehen. Sie waren ehedem
Christen, sind aber jetzt Mahomedaner, und treiben
sowohl Ackerbau als Viehzucht. Sie haben
eine völlige Feudal-Verfassung unter sich, welche
der Deutschen im Mittelalter vollkommen ähnlich
ist. Die Fürsten und der Adel machen allein
die Nation aus, alle übrige sind im Kriege
unterjochte oder gefangen genommene Nationen,
welche ihre Sprache angenommen haben,
und als Leibeigene noch gelinde genug behandelt
werden. Sie theilen sich in mehrere Stämme,
welche auch nach Mundarten verschieden
sind; doch ist der Dialect in den beyden Kabarden
so ziemlich gleichförmig, wovon der in den
übrigen Districten nur wenig abweicht. Nach
Reineggs haben sie ausser ihrer gewöhnlichen
noch eine geheime oder Hofsprache, welche
man Sikowschir nennet, und welche die Fürsten
und der Adel nur unter sich sprechen. Daraus
scheinet zu erhellen, dass der Adel von einem
andern Volke ist, als der gemeine Haufe. Man
sehe Georgi Beschreib. Th. 2, S. 132; Stähelin in
dem Petersburg. geogr. Kalender, 1772, und in
Büschings Magaz. Th. 6, S. 453, Reineggs Th. 1,
S. 237; Pallas neue Reise, Th. 1, S. 327. Wörtersammlungen
haben das Vocab. Petrop., Güldenstedts
Reise, Th. 2, S. 527 und Reineggs, Th. 1,
S. 327, welche doch von den im Güldenstedt
sehr abweichen; die Zahlen Hervas Aritmetica,
S. 151.442

Vater | Yada.

Unser | Dedia.

Du | Uor, nach Rein. Uwae.

Himmel | Wuafä.

Dein, | nach Rein. Uwiäsch.

Nahme | Ihtsa.

Eide | Tschi; Rein. Jaethae.

Brot | Schakua; Rein. Saghkwä; geheime Spr. Näkusschä.

Geben | Prinsch.

Heute | Noba.

Wir | Fer. Der.

Böse | Psaye.

Macht | Pschago. Khwit.

Kraft | Gocha. Gvadj.

C. Osseten.

Die Ossi oder Osseten, bey den Russen Ossetinzi,
bey den Lesgiern Ossai, ein rohes, raubsüchtiges,
armseliges Volk am linken Ufer des
Terek auf dem hohen Gebirge der Nordseite des
Kaukasus. Sie nennen sich selbst Ir oder Ironen,
und ihr Land Ironistan, und sind nach Reineggs
die Assai des Plinius und die Ghossi des Moses
von Chorene. Nach Güldenstedt sind sie ein
Überrest der Polowzen oder Uzen, welche 1110
von den Russen an dem Don geschlagen und vertrieben
wurden. Sie werden wider die Sitte barbarischer
Völker von ihren Weibern beherrscht,
theilen sich in sieben Stämme, worunter besonders
die Tscherkassaten und Donifars bekannt
sind, und diese wieder in Horden und Familien.
Unter ihnen zeichnet sich der Stamm Badilldurch
seine Friedfertigkeit, Arbeitsamkeit und Geschicklichkeit
in Eisen- und Gewehr-Fabriken
vor den übrigen aus. Ihre ganz eigene Sprache
soll viel Persisches, Georgisches, Deutsches und
Slavisches haben, welches denn auf ältere Unterjochungen
und Vermischungen deuten würde;
aber nicht hinreicht, sie von den Persern
443oder Kurden abzuleiten. Sie ist in mehrere
Mundarten vertheilt, unter welchen die in dem
mächtigen District Dugor abweicht. Reineggs
gedenkt noch Th. 2, S. 81 der sehr abweichenden
Dialecte der Globi, christlicher Osseten in
Kartuel, der Mamminson und der Fitghor. Die
südlichen Ossen haben sich mit ihren Nachbarn
vermischt, und reden mehr die Georgische Sprache.
S. Reineggs Th. 1, S. 213-236; Pallas
neue Reise, Th. 1, S. 371; und dessen Nord.
Beytr. Th. 7, S. 1, 123. Wörtersammlungen
haben das Vocab. Petrop. Güldenstedts Reise, Th. 2,
S. 535, und Reineggs, Th. 1, S. 215.

tableau Ossetisch | Dugorisch | Vater | Fid | Fidde | Unser | Mach | Du | Himmel | Arv | Dein | Daun | Doi | Nahme | Nom | Erde | Tschigit | Segh | Tschigig | Brot | Dsul | Rein | Ghrinak | Dsol | Geben | Tatunn | Heute | Abon | Wir | Böse | Afserru | Lagus | Macht | Ebbuhn | Khorsag | Stärke | Tuyhk | Ezihr

D. Risti oder Inguschi.

Beyde Nahmen geben sie sich selbst. Aber
ausser dem sollen sie sich auch Lamus, d i. Gebirger,
nennen, so wie sie von andern auch
Galgai genannt werden. Sie wohnen um den

Ursprung der Sunscha und des Terek um den
Bach Kumbalei. Pallas hält sie für Überbleibsel
der Alanen, weil der Alanisch -Taurische Nahme
444Ardauda, der sieben Götter bedeuten soll, und
welchen die Taurische Stadt Theodosia führte,
im Kistischen, und nur in dieser Sprache allein,
dieselbe Bedeutung hat: uar, sieben, und Dada,
Vater, und Gott. Nach Reineggs Th. 2, S. 15
giebt es in Nordosten der Lesgier noch jetzt ein
schwaches armes Volk unter dem Nahmen Alanen,
welches bey den Tatarn Oeley oder Edeki
Alani heisst, aber von den Kisti verschieden zu
seyn scheint. Die Kistische Sprache ist mit keiner
andern verwandt, ausser allenfalls mit der
Tuschetischen, deren ich bey Georgien gedacht
habe. Die Tschetschenzen und Karabulaken, und
ihre Abkömmlinge die Gichen und Attigäer reden
mit ihnen einerley Sprache, doch in abweichenden
Mundarten. Die ersten übertreffen alle Kaukasier
an Wildheit und Raubsucht. Güldenstedts
Reise, Th. 1, S. 149; Pallas neue Reise, Th. 1,
S. 416 und dessen Nord. Beytr. Th. 7, S. 14, 28,
144. Wörter haben gesammelt, das Vocab. Petrop.,
Güldenstedt, Th. 2, S. 504, und Reineggs
Th. 1, S. 215.

tableau Inguschisch | Tschetschengisch | Vater | Dada | Da | Unser | Tschende | Du | Ho | Himmel | Sigelich | Stuigley | Dein | Henda | Nahme | Tsey | Dihn | Erde | Late | Rein | Mexa | Ghumm | Mette | Brot | Mak | Pälasch | Babik | Geben | Dojetse | Dajetse | Uns | Tschone | Heute | Tachan | Wir | Tschen | Tehen | Böse | Uonda | Macht | Sinatsa | Makokhilar | Kraft | Nihts | Nihtskey445

E. Lesgi.

Im östlichen Kaukasus am Kaspischen Meere.
Wenn sie Herodots und Plinii Lazi sind, so müssen
sie ihren Wohnplatz geändert haben, denn
zu des erstern Zeit sassen sie am Schwarzen
Meere, zu des letztern Zeit aber schon in Kolchis.
Die Luzi der Byzantiner sind sie gewiss;
man sehe Strittern Th. 4. Sie nennen sich selbst
Lazi, Lasi, Legi oder Leksi. Ihr Gebieth wird
Lesgistan genannt, welches andere bis über Dagestan
ausdehnen, vielleicht nur so fern sie hier
zu manchen Zeiten Eroberungen gemacht haben.
Sie sind ein zahlreiches in mehrere Stämme getheiltes
Volk, oder vielmehr eine Sammlung
mehrerer Völker, deren Anzahl von einigen auf
30 angegeben wird, welche sehr abweichende
Mundarten sprechen, die andern Stämmen oft
ganz unverständlich sind. Reineggs möchte daher
doch wohl Recht haben, wenn er behauptet,
dass Lesgi nicht der Nahme eines einzelnen Volkes,
sondern vielmehr des ganzen östlichen Theiles
des Kaukasus sey; daher hier mit der Zeit
wohl noch eigene Völker und Sprachen entdeckt
werden dürften, zumahl da auch unter den Völkern
selbst eine grosse Verschiedenheit herrscht.
Reineggs erklärt ihre Sprache für einen äusserst
verdorbenen Griechischen Dialect. Ich hätte gewünscht,
er hätte einige Beweise angeführt,
denn nach den bisher bekannten Sprachproben
zu urtheilen, findet sich davon keine Spur. Vermuthlich
ist auch des Pallas Behauptung, dass
ihre Sprache mit der Samojedischen verwandt
sey, nicht besser gegründet. Aber wie Gatterer
alle diese Völker zu den Finnen rechnen konnte,
446sehe ich noch weniger ein. Sie haben so wenig,
als andere Kaukasische Völker eine eigene
Schrift, sondern bedienen sich in Briefen und
andern schriftlichen Aufsätzen der reinen Arabischen
Sprache, ohne Zweifel noch von der Zeit
her, da die Araber den östlichen Kaukasus beherrschten.
Güldenstedt theilt diese ganze Völkermasse
den Sprachen nach in folgende sieben
Classen; wie verschieden sie sind, erhellet schon
aus der kleinen Probe am Ende: 1. Die Awar,
bey den Georgiern Chunsag, wohin auch die Anzug
und Dschar gehören. 2. Die Dido und Unso.
3. Die Kabutsch oder Kubeschaner. 4. Die Andi.
5. Die Akuscha. 6. Die Zadoch, und 7. die Kasi-Kumücken.
Pallas rechnet in der Vorrede zu dem
Vocab. Petrop. noch die Mundarten der Tabassarin
und Kuräli zu den Lesgischen, von welchen
ich doch weiter nichts zu sagen weiss. Die Awar,
welche sich selbst Oar oder Uar nennen, sollen
ein Überrest derjenigen Awaren seyn, welche seit
dem sechsten Jahrhundert eine so grosse Rolle
spielten, und von der Wolga und dem Kaspischen
Meere bis an die Ens in Oesterreich
herrschten, darauf von den Slaven, Franken,
Bulgaren und Chazaren zu Grunde gerichtet
wurden, bis sie sich aus der Geschichte verlieren.
Ihre eigenen Traditionen bey Reineggs
Th. 1, S. 204 scheinen das zu bestätigen. Wenn
aber die Awaren, wie Deguignes will, Hunnen,
d. i. Mongolen waren, so ist die Sprache dawider.
Indessen ist der Awar-Chan zu Kabanda
noch jetzt der mächtigste unter den Lesgischen
Fürsten. Die Kubeschaner, bey dem Reineggs
Th. 1, S. 107 Kuwätschi (Panzermacher) sind ein
merkwürdiges und für diese Gegend sehr gesittetes
447Volk, indem sie treffliche Eisen- und Gewehr-Fabriken
haben, und von diesen und der
Handlung im Wohlstande leben, ob sie gleich
keinen Ackerbau treiben. Sie wollen von Europäern
abstammen und nennen sich daher selbst
Franki. Man sagt, sie seyen Nachkommen derjenigen
Griechischen und Genuesischen Fabrikanten,
welche den Ertrag der hiesigen Bergwerke
verarbeitet hätten. Indessen hat ihre Sprache
nichts Europäisches mehr, sondern kommt
vielmehr mit der Sprache der Akuscha, und zum
Theil der Kasi-Kumücken überein. Sie leben
in einer republikanischen Verfassung, und sind
Mahomedaner, aber von einer besondern Secte,
indem sie keine Beschneidung haben, auch nur
Eine Frau nehmen. Die Akuscha hingegen sind
nach Reineggs ein zahlreiches rohes Volk, dessen
Sprache von keinem andern verstanden wird.
Vermuthlich sind also die Kubeschaner irgend
einmahl von den Akuscha unterjocht, und an deren
Sprache gewöhnt worden. Die Kasi-Kumücken
sind, des Nahmens ungeachtet, keine
Kumücken, d. i. Tatarn, sondern ein eigener
Lesgischer Stamm. Lesgische Sprachproben geben
das Vocab. Petrop. von vier Mundarten, noch
mehr aber Güldenstedt Th. 2, S. 512, 520. Von
der Sprache der Kubeschaner, von welcher Güldenstedt
nichts erfahren konnte, liefert Pallas in
seiner neuen Reise Th. 1, S. 378 einige wenige
Proben. Was Hervas im Vocab. Polygl. S. 65-71
von dem Fürsten Jo. Potocki von den Lesgiern
und ihrer Sprache erfuhr, scheint ein Missgriff
zu seyn; auch kommen die daselbst gelieferten
Wörter mit den Güldenstedtischen auf keine
Weise überein.448

tableau Chunsag,Anzug,Dschar,Dido,Unser | Nescherau | Nescher | Nescherab | Vater | Dadi | Dede | Obis | Du | Mun | Mi | Himmel | Zob | Zo | Zub | Dein | Durab | Dur | Dabi | Nahme | Kharateu | Erde | Ratl | Tschedo | Brot | Tsched | Sia | Geben | T'lela | Heute | Dshaka | Dshekul | Wir | Nisch | Nish | Eli | Böse | Geschabugu | Kueschab | Dschuka | Macht | Kubath | Kasi-Kum,Andi,Akuscha,Kubescha,Unser | Schul | Dichchelja | Pu | Ima | Tuttesch | Dudesch | Jua | Men | Ug | Wil | Elja | Kerki | Misa | Mussa | Tschat | Gan | Katz | Zulhe | Kaz | Duja | Beckisch | Dechta | Shetal | Isberi | Nä | Ishib | Nuchwa |

III. Hohes Mittel-Asien.

Ein ungeheurer Landstrich, welcher sich
von der Kaukasischen Landenge in Westen, bis
an den Ocean in Osten, und von den nördlichen
Grenzen Persiens, Vorder-Indiens, Tibets und
Sinas bis an und über die südlichen Grenzen des
Russischen Reiches über 100 Grad in die Länge
und 15 bis 20 Grad in die Breite erstrecket. Die
Wüste Kobi oder Schamo in der Mitte seiner
Länge, welche sein höchster Scheitel-Punct ist,
erhebt ihn zu dem höchsten Erdstrich in der
ganzen alten Welt. Die West-Asiaten wussten
ihn von Moses Zeiten an zwar Magog, die Perser
449Turan und Sakien, die Griechen Scythien, und die
spätern Europäer die grosse Tatarey zu nennen, hatten
aber bis auf die neuern Zeiten nur sehr
dunkele Begriffe von demselben.

Die unwirthbare Kälte des höchsten Theils,
und die vielen grossen Steppen und Sandwüsten,
mit welchen derselbe angefüllet ist, machen ihn
ausserhalb der wenigen fruchtbaren Flussgebiethe
nur für nomadische Horden brauchbar,
und es scheinet, dass die Natur selbst ihn zu
einer grossen Pflanzschule rauher Menschen bestimmt
habe, welche, nachdem sie durch Volksmenge
oder Übermacht aus dem wärmern und
weichlichern südlichern Asien vertrieben worden,
sich hier zu harten, unstäten Barbaren umbilden
sollten, theils die noch übrige leere Welt
bie an ihre äussersten Grenzen zu bevölkern,
theils aber auch die an den vollen Brüsten der
Natur erschlafften Südländer von Zeit zu Zeit
durch neues kräftigeres Blut aufzufrischen. Die
letztern wandern niemahls aus, und für sie wäre
die Welt wohl ewig unbevölkert geblieben. Es
bedurfte harter rauher Barbaren, sie unter allen
Zonen bis in den tiefsten Norden anzufüllen.

In der That hat auch Europa und das nördliche
Asien, und mittelbarer Weise vermuthlich
auch Amerika, von hier aus seine sämmtlichen
Bewohner erhalten, und die vielen in Westen
und um das Schwarze und Kaspische Meer noch
jetzt zusammen gedrängten Völker von so verschiedener
Herkunft und Sprache beweisen, dass
durch diese Gegenden von je her die grosse
Heerstrasse von Osten nach Westen gegangen
ist, in deren Engen die Völker sich zusammen
gedrängt, und sich theils aufgerieben, theils
versprengte Reste grösserer Scharen zurück gelassen
450haben. Auf der andern Seite ergossen
sich aus dieser Pflanzschule von Zeit zu Zeit barbarische
Horden über das südliche Asien, dessen
auf dem üppigen Boden eines warmen Himmels
an Geist und Körper erschlaffte Bewohner
durch einen neuen Zuwachs zwar roher aber
desto kräftigerer Menschen zu verjüngen. So
sind Persien, Vorder-Indien, Tibet und Sina,
so weit als die Geschichte reicht, mehr als Ein
Mahl von diesen nördlichen Barbaren erobert,
und Jahrhunderte lang beherrschet worden.

Dieser große Erdstrich zerfällt nach den
Völkern, welche denselben gegenwärtig bewohnen,
in drey Haupttheile, in das westliche oder
Türkisch-Tatarische Mittel-Asien, die Tatarey
in engerer Bedeutung, in das mittlere oder Mongolische,
die Mongoley, und in das östliche oder
Mantschuische, die Mantschurey. Alle drey Völker
sind an Sprache, und zum Theil auch an
Bildung, so sehr von einander unterschieden,
dass man nicht ohne den grössten Zwang eines
von dem andern ableiten kann.

Dass aber diese drey Völker noch eben dieselben
sind, welche in den frühesten Zeiten hier
gehauset haben, ebendieselben, welche die Alten
als Magog, Scythen, Massageten, Seres, u.s. f.
wenigstens dem Nahmen nach kannten, lässt
sich wohl kaum behaupten. Bey dem unaufhörlichen
Drängen und Treiben solcher Barbaren
von Osten nach Westen und Süden ist es sehr
wahrscheinlich, dass diejenigen, welche aus dem
südlichen Asien hierher versprenget worden,
bey zunehmender Volksmenge die vor ihnen liegenden
altern Horden werden west- und nordwärts
gedränget haben, so dass bey dieser unaufhörlichen
Ebbe und Fluth der Völker das mittlere
451Asien, wie schon Plinius B. 6, Kap. 71 bemerkt,
seine Bewohner mehr als Ein Mahl wird
haben erneuert gesehen. Wenigstens haben die
ältesten Europäischen Sprachen, einige allgemeine
tiefer liegende Bruchstücke ausgenommen,
keine Spur einiger Verwandtschaft mit
den heutigen Sprachen im mittlern Asien aufzuweisen.
Dass diese Völker, wie schon bemerket
worden, ursprünglich aus dem südöstlichen
Asien herstammen, erhellet noch aus den Mongolischen
und Mantschurischen Sprachen, welche,
so wie die Malayischen, in ihrem ganzen
Bau den einsylbigen Sprachen, an welche sie
grenzen, am nächsten kommen.

Da wir hier von aller Geschichte völlig verlassen
sind, so wissen wir jetzt freylich nicht,
wenn und wie sich diese drey Völker hier gebildet
haben. Dass sie aber nicht erst von gestern
her sind, sondern gewiss schon Jahrtausende
zählen, ergibt sich doch aus manchen nicht undeutlichen
Spuren, wenn man auch der Sinesischen
Geschichte ihre Zuverlässigkeit streitig
machen muss. Es können daher manche später
hin in der alten Geschichte genannte Völker
wohl noch jetzt, obgleich unter andern Nahmen
vorhanden seyn. Dass die Hunnen, bey den Sinesen
schon lange vor dem Anfange unserer
Zeitrechnung Hiong-nu, die heutigen Mongolen
sind, leidet keinen Zweifel, und wenn man bey
den Scythen der Griechen und Römer ein bestimmtes
Volk denken will, so wird man sich
wohl an die Tatarn erinnern müssen.

Diese sämmtlichen Völker, welche seit
Jahrtausenden die Geissel und der Schrecken
zweyer Welttheile waren, sind von den zwey
mächtigen Reichen Sina und Russland jetzt so
452eingeschränkt, dass sie kaum noch athmen können;
daher von ihnen für die Zukunft wohl
nicht leicht mehr solche Erschütterungen zu befürchten
sind, als sie in den vorigen Zeiten mehr
als Ein Mahl verursachet haben.

1. Türkisch-Tatarischer Sprach- und Völkerstamm.

Dasjenige grosse Volk, welches wir Türken
oder Tatarn nennen, hiess, wenigstens seinem
südlichem Theile nach, bey Moses und den Arabern
Magog. Die Griechen begriffen es mit unter
dem vieldeutigen Nahmen der Scythen. Bey
seiner grossen Menge, Unstätigkeit und wilden
Tapferkeit hatte es gewiss schon in den ältesten
Zeiten grosse Veränderungen verursacht. In
den mittlern Zeiten plagte es schon von dem
fünften Jahrhunderte an, unter dem Nahmen
der Bulgaren, Chazaren, Usen, Petschenegen
u. s. f. sowohl Asien als das östliche Europa.
Man sehe von Engelin derWelt-Historie neuerer Zeiten,
Th. 31, B. 1, S. 251 folg. Unter dem Nahmen
Tatar ward der eine Theil desselben in Europa
erst nach des Batu Einfall in Ungarn unter
Fridrich dem Zweyten bekannt. Die Araber
und Perser kennen diesen Nahmen nicht, auch
höret das Volk, welches man damit bezeichnet,
ihn nicht gern, indem es sich am liebsten Türken
nennen lässt. Indessen versichert Abulgasi,
dass ehedem wirklich eine Horde desselben diesen
Nahmen geführet habe. Wahrscheinlich
stammet er von den Sinesen her, welche alle
ihre nomadische Nachbarn Tata oder Ta-dse
nennen. Daher rühret es denn auch wohl, dass
man diesem Nahmen ehedem eine eben so weite
453Ausdehnung gab, als die Griechen dem Nahmen
der Scythen, und alle kriegerische und räuberieche
Nomaden im mittlern Asien, von dem östlichen
Meere an bis an das Kaspische, folglich
Buch die Mantschu und Mongolen mit dem Nahmen
der Tatarn belegte, und ihren ganzen grossen
Landstrich die grosse Tatarey nannte, so unähnlich
sich auch die genannten drey Völker in
Sitten, Sprache und Körperbau sind. Dasjenige
Volk, welches wir im richtigern Verstande
Türken und Tatarn nennen, bewohnet ursprünglich
den westlichsten Theil der so genannten
grossen Tatarey von dem Altaischen Gebirge
an bis an das Kaspische Meer, und in Norden
dieses und des Schwarzen Meeres von der
Donau an bis tief in Sibirien. Schon diese Lage
theilet dasselbe in zwey Hauptvölker, in die südlichen
Tatarn oder Türken in weiterer Bedeutung,
und in die nördlichen, welche man nur
Tatarn schlechthin zu nennen pflegt. Diese Abtheilung
wird auch durch die Sprache unterstützt,
indem die Mundarten eines jeden Hauptstammes
unter sich näher, als mit den Mundarten
des andern Stammes verwandt sind.

A. Südliche Tatarn oder Türken.

Dieser grosse Hauptstamm, welchen die Alten
unter dem Nahmen der Massageten, Chorasmier
u. s. f. kannten, heisst bey den Persern Turan,
und ihr Land Turestan oder Turkestan. Es
liegt in Norden von Persien und Tibet, und erstreckt
sich von dem Altaischen Gebirge an bis
an das Kaspische Meer. Woher der Nahme
Turk stammet, ist ungewiss. Des Herrn von Engel
Ableitung von dem Terek-Flusse, der auf
der Nordseite des Kaukasus entspringt, und sich
454in die Westseite des Kaipischen Meeres ergiesset,
würde Beyfall verdienen, wenn nur erweislich
wäre, dass dieser grosse Stamm eine beträchtliche
Zeit auf diesen kleinen Fluss eingeschränket
gewesen, und den Nahmen der Türken
nicht eher bekommen, als bis er sich an diesem
Flusse niedergelassen. Wahrscheinlicher
ist er ein Abkömmling des Persischen Nahmens
Turan, welcher dieser Gegend von je her beygeleget
worden, und mit deren Bewohnern Persien
schon von den ältesten Zeiten an die blutigsten
Kriege zu führen hatte. Diese Türken waren
von jeher, wenigstens schon zu Alexanders
Zeit, theils räuberische Nomaden (nomadische
Scythen), theils cultivirte Städtebewohner (Sogdianer).
Von 673-707 machten die Araber
hier Eroberungen, und breiteten den Islam unter
ihnen aus, nahmen auch Türken in ihre
Heere, wurden aber in der Folge von ihnen unterjocht.
In ihrem Lande stifteten sie das glänzende
Reich Turkestan, in welchem sich besonders
die Seldschuken von 1037 bis 1195 durch
ihre Eroberungen furchtbar machten. Andere
Horden gründeten andere Reiche im süd- und
westlichen Asien, worunter die Osmanen den Beschluss
machten. Alle diese Reiche sind bis auf
das letztere verschwunden, und selbst des östlichen
Theiles ihres ursprünglichen Landes haben
sich die Mongolen und besonders die Sonjaren
bemächtiget, unter deren Herrschaft die östlichen
Türkischen Stämme noch jetzt stehen.
Diese sind:

(1) Turkestaner.

Östliche Türken an der Grenze der Mongolei.
Sie sind der kleine Überrest des ehemahligen
455blühenden Reiches, wohnen in Städten und
Dörfern, und treiben Ackerbau und Handlung,
sind aber jetzt den Kirgisen unter Sonjarischer
Oberherrschaft unterworfen. Rytschkow gibt
ihre jetzige Anzahl nur auf 2000 Familien an,
ungeachtet auch die Karakalpaken, d. i. Schwarzmützen,
zu ihnen gehören. Von ihrer Mundart
ist nichts bekannt.

(2) Turkmanen.

Russisch Truchmenzi, sind eigentlich die
westlichen Türken oder Turkestaner, unter welchen
die Seldschuken, von einem tapfern Anführer
Seldschuk so genannt, von 1037 bis 1195 in
Persien und Vorder-Asien herrschten. Noch
1468 unterwarfen sie sich ganz Chorasan und
Persien, aus welchem Ismael Sofi sie 1508 wieder
verjagte. Jetzt nennet man vornehmlich
diejenigen, welche sich zu Ende des 11ten Jahrhunderts
von den übrigen absonderten, und
dem räuberischen Nomaden-Leben treu blieben,
Turkmanen. Seit dem haben sie sich im Astrachanschen,
in Georgien, Armenien (dessen
westlicher Theil daher Turkmanien heisst), Natolien,
Syrien, dem wüsten Arabien und Persien
verbreitet, wo sie mit ihren Heerden noch jetzt
herum streifen, und dabey bald rauben, bald
handeln. Ein Theil von denen, welche in Syrien
leben, werden Begdeleer, und ein anderer
Theil auf dem Berge Libanon Mutuali genannt.
Die Uruken und Nauwaar in Natolien und Syrien,
hier um Damask und Aleppo, und die Afscharen
in Persien gehören auch zu ihnen. Ihre Sprache
kommt der Türkischen näher, als der Tatarischen,
und doch konnte bey Niebuhr Arab. S. 84
456ein Türk die Turkmanen in Persien gar nicht
verstehen. Einige Wörter befinden sich in dem
Vocab. Petrop. No. 105.

(3) Usbeken.

Ehedem Chavaresmier, Herodots Charasmä,
der aber auch schon die Utii, bey dem Strabo
Uitii, auf der Ost- und Nordseite des Kaspischen
Meeres, kennt. Ihr Nahme erhält den
Nahmen der Usen, welche im eilften Jahrhundert
eine Rolle spielten. Da im 13ten Jahrhundert
ein Sultan aus des Dschingis-Chan Geschlecht
ihr Beherrscher war, so wurde derselbe
Us-bek, Herr der Usen, genannt, welcher
Nahme seit dem dem Volke geblieben ist. Sie
sind räuberische Nomaden, welche sich bloss
durch diese Verfassung von den Bucharen unterscheiden.
Ihre Sprache soll sehr mit Persischen
und Mongolischen Wörtern vermischt seyn. Sie
theilen sich in die Taschkenter, von der volkreichen
Stadt Taschkent in einer fruchtbaren Ebene;
die Araler, auf der Ostseite und den Inseln des
Aral-Sees, welche jetzt ihren eigenen Chan
haben; die Balcher, in dem ehedem so blühenden
Baktrien an der Grenze der alten Goldländer,
und die Chiwaer, von der Stadt Chiwa, deren
aus noch eilf Städten bestehendes Gebieth von
einem eigenen Chan beherrschet wird, welcher
sich noch den Charasinischen Chan zu nennen
pflegt. Sie treiben Feldbau, Viehzucht und
Handel, sind aber dabey sehr roh und ungesittet.
Die neueste und beste Nachricht von
Turkestan, Taschkent und Chiwa (Khiwa,) befindet
sich in den Geogr. Ephemeriden Th. 14,
S. 393 folg. Einige Chiwaische Wörter stehen
in dem Vocab. Petrop. No. 103.457

(4) Bucharen.

In dem Landstriche zwischen den Flüssen
Oxus und Jaxartes längs der Wüste Kobi bis
nach Sina. Man theilet denselben in die grosse
und kleine Bucharey, die letztere nicht wegen des
Umfangs, sondern weil sie später zur Bucharey
gekommen ist. In der grossen liegt Sogd, das
ehemahlige Sogdiana mit Samarkand. Die kleine
Bucharey wird auch das Königreich Kaschgar genannt.
Die Bucharen sind verschmitzte Handelsleute,
gesitteter als andere Stämme, und
wohnen in Städten, daher sie auch Sarti und
Tadsiken genannt werden. Das ist aber auch
alles, was ihnen von ihrer ehemahligen Cultur
übrig ist; denn noch vor 400 Jahren blüheten
hier Manufacturen und selbst Wissenschaften.
Die kleine Bucharey stehet jetzt unter Sina, die
grosse aber zum Theil unter den Sonjoren.
Viele Bucharen wohnen auch in den Vorstädten
des südlichen Sibiriens. Die Bucharische Mundart
wird für eine der gebildetsten gehalten, ist
aber sehr mit Persischen Wortern vermischt.
Einige Wörter derselben befinden sich in dem
Vocabul. Petrop. No. 102, und in Georgi Beschreib.
Th. 2, S. 144.

Brot, Nam.

(5) Karamanen.

In dem südlichen Klein-Asien, besonders
dem ehemahligen Cilicien und Phrygien. Sie
haben den Nahmen von einem gewissen Türkischen
Prinzen, Karaman, welcher unter dem
Kaiser Michael Palaeologus hier ein kleines
Reich stiftete, welches aber in der Folge von
den Osmanen erobert ward. Die heutigen Karamanen
458sind nomadische Viehhirten und Räuber,
und sprechen einen Türkischen Dialect.

(6) Osmanen.

Diese sind unter allen Türkischen Stämmen
den Europäern leider am besten bekannt.'
Bereits 545 riss sich von den Turkestanern oder
östlichen Türken ein räuberischer Haufe los,
welcher im südlichen Asien hausete, unter andern
auch Persien eroberte und eine Zeit lang
beherrschte, und zu Anfange des 14ten Jahrhunderts
von einem seiner glücklichen Heerführer
den Nahmen der Osmanen annahm, sich
in Klein-Asien ausbreitete, und endlich seinen
Sitz auf den Trümmern des Griechischen Reichs
gründete. Diesen Theil pflegen die Europäer
nur Türken schlechthin zu nennen, so wenig sie
selbst auch diesen Nahmen lieben, weil Türk im
Persischen einen Räuber bedeutet. So lange
jene noch weiter nichts als eine Horde räuberischer
Nomaden waren, hatten sie nebst ihren
nächsten Stammesverwandten zwar ihre eigene
Tatarische Mundart, welche aber so arm und
roh war, als das Volk, welches sie sprach.
Durch die Annahme der Mahomedanischen Religion
ward ihre Sprache mit Arabischen, und
nach der Eroberung Persiens mit Persischen
Wörtern vermischt, daher sie zu den sehr gemischten
Sprachen gehöret. Als sie nach Eroberung
des Griechischen Reiches doch einige
Fortschritte in der Cultur und im Geschmacke
machen mussten, fuhren sie fort, ihre ursprüngliche
arme und rohe Sprache durch die Arabische
und Persische zu bereichern und zu verfeinern,
daher sie den Nahmen Muvella und Mulemma,
Buntschecke, ein scheckiges Pferd, welchen
459man ihr wegen dieser Vermischung beylegt,
mit Recht führet. Noch jetzt mischen
Schriftsteller, wenn sie Anspruch auf Geschmack
machen, bald Arabisches, bald Persisches mit
ein. Dass diese Sprache bey ihrer weiten Verbreitung
mehrere Mundarten haben müsse, und
dass sie in den obern Classen zu Constantinopel,
als dem Sitz der Herrschaft, am reinsten und
besten gesprochen wird, ist der Natur der
Sache gemäss.

Litteratur.

Von den vielen Hülfsmitteln zur Erlernung
dieser Sprache nenne ich nur die vornehmsten.
(L. B. de Jenisch) de fatis linguarum orientalium,
Arabicae nimirum, Persicae et Turcicae
. Wien,
1780, fol. ist bereits bey Persien erwähnt
worden.

Hieron. Megiseri Institutiones linguae Turcicae.
Leipzig, 1612, 8.

Andr. du Ryer Rudimenta linguae Turcicae.
Paris, 1630, 4; eb. 1633, 4.

Grammaire Turque par le P. Bernard de Paris
et le P. Pierre d'Abbeville, Capucins
. Paris, 1667.

Jo. Bapt. Podesta tractatus varii de linguis orientalibus,
praecipue Arabica, Persica et Turcica
.
Wien, 1669, 4.

— — — Cursus grammaticalis linguarum
orientalium, Arabicae scil. Persicae et Turcicae
.
Eb. das. 1686, 4, 2 Voll.

Wilh. Seamann Grammatica linguae Turcicae.
Oxford, 1670, 4.

Franc. Mariae Maggii Institutiones linguae Turcicae,
Rom, 1670, fol. als der zweyte Theil seiner
Syntagmatum linguarum orientalium.460

Franc. a Mesguien Meninsky linguarum orientalium
Turcicae, Arabicae et Persicae Institutiones
.
Wien, 1680, fol. Neu heraus gegeben von A. F.
Kollar
, eb. das. 1756, 4; unstreitig die beste.

Jo. Dav. Schieferdecker Grammatica Turcica
breviter ac succincte ad captum nostratium accommodata
;
bey seinem Nucleus institutionum Arabicacum,
Leipzig und Zeitz, 1695, 8.

Thom. Vaughan Grammar of the Turkish language.
London, 1709, 8; mit einem Vocabulario.

Jo. Christ. Clodii Grammatica Turcica. Leipzig,
1729, 8.

Pet. Holdermann S. J. Grammaire Turque.
Constantinopel, 1730, 4; ein Auszug aus dem
Meninsky. Björnstohl irret, wenn er in seinen
Briefen einen Paul Eremiani für den Verfasser
ausgibt, indem derselbe nur Corrector war.
S. Toderini Letteratura Turchesca, Th. 3, S. 89.
Dieselbe in das Russische übersetzt, Petersburg,
1776, 8.

Bern. Pianzola Grammatica Turca, Latina, Italiana
e Greca volgare
, Padua, 1781, 8.

(Jos. de Preindl) Grammaire Turque d'une nouvelle
méthode avec un Vocabulaire
. Berlin, 1789, 8.

Cosmo Comidas de Carbognano primi principii
della Grammatica Turca
. Rom und Leipzig, 1795, 4.

Vocabulario nuovo Italiano-Greco, Italiano-Turcho,
e Italiano-Tedescho
. Venedig, 1599, 8.

Giov. Molino Dittionario della lingua Italiana e
Turchesca
. Rom, 1641, 8.

F. Bernardo da Parigi, Capucino, Vocabulario
Italiano-Turchesco
. Rom, 1665, 4, 3 Voll.

Ant. Mascisi Vocabularium Latino-Turcicum.
Florenz, 1677, 8.

Des schon im vorigen gedachten Meninski
Lexicon Arabicum, Persicum Turcicum
.461

Ovan-Kouli Dictionarium Arabico-Turcicum.
Constantinopel, 1728, fol. 2 Voll.

Jo. Christi Clodii compendiosum Lexicon Latino-Turcico-
Germanicum
. Leipzig, 1730, 8, 2 Bde.

Dictionarium Persico-Turcicum. Constant.
1742, fol. 2 Voll.

Übrigens sind diese Türken, so lange sie
auch Europäer und Europäische Cultur kennen,
immer rohe und stolze Barbaren geblieben, dagegen
die jetzigen Tatarn, bey weit weniger
Gelegenheit, sie an Milde und Biegsamkeit weit
übertreffen.

Charakter der Türkischen Sprache.

1. In dieser Sprache ist der alte Tatarische
Grundstoff nicht allein mit Arabischen und Persischen
Wörtern gemischt, sondern es findet sich
auch viel Germanisches darin, welches auf eine
nahe Verbindung beyder Völker, vermuthlich
in ihren ersten Wohnsitzen im mittlern Asien
schliessen lässt.

2. Sie hat übrigens einen ganz eigenthiimlichen
Charakter, und nur in den Substantiven
und Adjectiven einige Ähnlichkeit mit Europäischen
Sprachen.

3. Sie hat alle Buchstaben der Perser, nebst
ihrem Laut, und ausser dem noch einen Nasenlaut
(im V. U. durch ng bezeichnet;) daher in
allem 33 Buchstaben.

4. Die Biegungs- und Ableitungslaute am
Ende der Wörter sind sehr mannigfaltig.

5. Der Ton ruhet am häufigsten auf der letzten
Sylbe, selbst in vielsylbigen Wörtern.

6. Die Substantiva haben kein Geschlecht,
ausser der Bedeutung nach. Um Zweydeutigkeit
462zu vermeiden, werden die natürlichen Geschlechter
durch besondere Beywörter unterschieden.
Karindasch heisst Bruder und Schwester;
um sie zu unterscheiden, er Karindasch,
Bruder, kis Karindasch, Schwester. Die Nomina
augmentativa, diminutiva, actionis, loci, temporis
u. s. f. haben ihre eigenen Ableitungssylben.

7. Der Türk hat keinen Artikel, dagegen
eine Declination mit sechs sehr bestimmten Casibus,
den Vocativ mitgerechnet, in Endsylben,
welche dem Plural, wenn er erst gebildet worden,
eben so wie dem Singular angehänget werden.
Der Plural wird allemahl mit der Sylbe ler
gebildet. Einen Dual hat der Türk nicht.
Z. B. Er, der Mann.

tableau Sing | Nom | Er | Plur | Erler | Genit | Erung | Gen | Erlere | Dat | Ere | Accus | Eri | Acc | Erleri | Voc | Ja | Abl | Erden | Erlerden

8. Die Adjectiva bezeichnen weder Geschlecht,
noch Zahl, noch Casus, sondern werden
dem Substantive wie Adverbia beygefügt.
Kjusel Er, ein schöner Mann, Kjusel Erler,
schöne Männer, Kjusel Elerden, von den schönen
Männern.

9. Der Comparativ wird entweder durch
einen vorher gehenden Ablativ ausgedruckt: Erlerden
kjusel, schöner als die Männer; oder durch
die Adverbia viel, sehr, u. s. f. oder auch durch
eine angehängte Sylbe, Kjuselrekj, schöner. Der
Superlativ wird durch ein Nebenwort umschrieben.463

10. Die Pronomina bezeichnen kein Geschlecht,
werden aber durch alle sechs Casus
declinirt. Die Possessiva haben das eigene,
dass sie zugleich den Genitiv des Pronominis
personalis dem Substantive voran schicken, als
wenn man im Lateinischen sagen wollte, tui
frater tuus, tui fratrem tuum, tui fratres tuos.
S. das V. U.

11. Das Verbum ist der schwerste Theil in
der Türkischen Sprache, wegen der Menge der
Modorum und Temporum, und ihrer besondern
Biegungen. Der Türk hat einen Indicativ,
Conjunctiv und Optativ. Von Zeiten hat er Ein
Praesens, zwey Imperfecta, zwey Perfecta, Ein
Plusquamperfectum und viererley Futura, letztere
nicht in Ansehung der Zeitverhältnisse, sondern
der Biegung. Übrigens einen Imperativ,
Infinitiv, Participia und Gerundia. Die Conjugation
lässt sich grössten Theils aus der Verbindung
des Verbi seyn mit dem Participio erklären.
Alle Infinitive endigen sich auf mak oder mek.
Man könnte glauben, sie wären eigentlich Phrasen
aus dem Worte machen zusammen gesetzt,
Schnitt machen statt schneiden, Liebe machen statt
lieben; zumahl da dieses machen in der übrigen
Conjugation gänzlich wieder verschwindet.

12. Das Passivum wird gebildet, indem
zwischen dem mak oder mek des Infinitives, und
in allen Modis und Zeiten zwischen dem Hauptworte
und der Personal-Endung ein l eingeschoben
wird: Sewmek, lieben, sewilmek, geliebt werden;
sewer, er liebt, sewiliir, er wird geliebt.

13. Im Gebrauche der Participien kommt
der Türk dem Europäer gleich, besonders darin,
dass er sie so häufig zur Bildung seiner Conjugation
anwendet.464

14. Die Verneinung wird in dem Verbo
durch Einschiebung des m oder ma bewerkstelliget:
olmak, seyn, olmamak, nicht seyn; sewmek,
lieben, sewmemek, nicht lieben; sewdum, ich
habe geliebt, sewmedum, ich habe nicht geliebt;
und so in allen Modis, Zeiten und Personen.
Auch hier ist eine Phrasen-Analogie, die sich
durch Liebe nicht machen erklären lässt; zumahl
da auch im Arabischen ma eine verneinende Partikel
ist.

15. An dem Nomine wird die Verneinung
durch die Sylbe sys oder süs ausgedruckt: Korku,
Furcht, Korkusüs, furchtlos, unerschrocken.

16. Die Praepositionen sind hier Postpositionen.

17. Der Syntax ist weit verwickelter als in
den Semitischen, oder in der Persischen Sprache.
Da der Türk in der Declination bestimmte
Casus hat, so erlaubt er sich Inversionen, wo
das regierende Wort öfters, wie im Lateinischen,
ganz am Ende eines auch noch so langen
Satzes stehet.

18. Die Türkische Sprache ist eben so reich
an Zusammensetzungen, als die Persische, nähmlich
an solchen, welche durch blosse Zusammenstellung,
ohne Biegung, entstehen: Tag- (sprich
Tak-) buruni, Bergnase, d. i. Vorgebirge;
Dschair-kusch, Ackervogel, d. i. Lerche; Arpasui,
Gerstenwasser, d. i. Bier; Bos-At, Eispferd,
(Bos, Eis,) d. i. ein Schimmel, Frenki-dschesm,
Franken-Auge (Europäer-Auge) d. i. eine Brille.
Ein solches Compositum kann der Araber nicht
machen. Um den Stahl zu benennen, dessen
Erfindung er den Europäern zuschreibt, sagt er
Hadid afrendschi, Fränkisches Eisen. Er gebraucht
also das Adjectiv, weil er nicht, wie der
465Türk sagen kann Franken-Eisen; er müsste denn
im Genitivo Pluralis sagen Eisen der Franken; das
ist aber kein Compositum.

Sprachprobe.

Diejenige Formel, welche Megiser in seiner
Sammlung für Türkisch ausgibt, ist Arabisch, gehöret
also nicht hierher. Von den folgenden
drey Formeln scheint nur die erste rein Türkisch,
die beyden folgenden aber nach Dialecten zu
seyn. Die erste von Wilh. Seaman ist aus seinem
für die Griechischen Christen im Orient übersetzten
Türkischen N.T. Oxford, 1666, 4.
(S. Baumgartens Hall. Bibl. Th. 5, S. 471.) Aus
ihm haben selbige Gottfr. Henselius in Harmonia
linguarum
, S. 343, Lüdeken (Andr. Müller) in seiner
Samml. S. 18 und Chamberlayne S. 11, von
Hiob Ludolf nach der Englischen Aussprache eingerichtet.

Sie stehet auch in des Dugonics Ungarischen
Roman Ethelka und daraus in Alters
Miscellaneen
. Die zweyte ist aus des Pianzola

Türkischen Sprachlehre, 1781, der sie bereits 1777
einzeln unter dem Nahmen Armenisch-Türkisch
heraus gegeben hatte, mit des Hervas Übersetzung.
Die dritte von Barthol. Georgiewiz war
bisher in den ältern Sammlungen für rein Türkisch
ausgegeben worden; allein Hervas erklärt
in seinem Saggio prattico S. 153 die Sprache für
einen Dialect, ohne doch den Verfasser dabey
zu nennen. Georgiewiz lebte 13 Jahre unter den
Türken als Sclave, und wie es scheint, in Natolien.
Nach seiner Rückkunft gab er eine Schrift
de Turcarum moribus zu Lyon, 1555, 12. heraus,
wo diese Formel S. 141 stehet. Nach einem
Briefe Bayers in den Preuss. Zehenten Th. 2, S. 150
erschien diese Schrift, weil sie nicht habe abgehen
466wollen, unter Jo. Pickers Nahmen und dem
Druckort Hanau 1686, von neuen. Aus diesem
Buche haben selbige, obgleich die meisten sehr
fehlerhaft, Leonh. Thurrneisser, Andr. Thevet in
Cosmogr. universelle, Th. 1, S. 329, b, und die
meisten neuern Sammlungen.

63. Türkisch.

Aus Wilh. Seamans N.T.

Unser (nostrum) Vater unser (noster) der Himmeln in bist,
Dein (tui) Nahme dein (tuum) geheiliget sey;
Dein (tui) Reich dein (tuum) komme;
Dein (tui) Wille dein (tua) sey gleichwie
Himmel in auch Erde in;
Jed-tägliches unser Brot unser gib uns diesen Tag;
Und unser Schulden unsere uns erlass,
gleichwie wir auch unser Schuldnern
unsern wir verzeihen;
Und uns (nos) der Versuchung Eingang mache nicht;

Bisum Ata-müs ki Kjokler - deh sin,
Senüng Ad-üng mukaddes olsun;
Senüng Melcut-üng kielsun;
Senüng Iradet-üng olsun nitekim
Kjok-deh dachi Jer-deh;
Her kjunki bisiim Etmeke-müsi wer bise bu Kjun;
We-bisüm Burdschler-ümi bise baggischleh,
nitekim bis dachi bisüm Burdschlüler-
ümüsi baggischlerus;
We-bisiTadschribe adehal etma;467

Sondern Bösen von uns Rettung mache.
Weil dein (tui) ist Reich und Herrschaft
und Preis zur Ewigkeit.

Lekin Scherir- den bisi Nedschat ejle.
Sira senüng-dür Melcut, we - Sultanet,
we-Medschdi ta Ebed. Amin

Anmerkung.

Die Schreibung nach Deutscher Aussprache
ist nebst der buchstäblichen Übersetzung von
dem Herrn Legat. Rath Beigel. Die mit anderer
Schrift gedruckten Wörter sind aus dem Arabischen
entlehnt. Baggischleh in der fünften Bitte
ist mit zwey g statt eines einzigen geschriebien,
bloss um anzuzeigen, dass dieser Buchstab, (das
orientalische Gain) wie das Deutsche g vor a
und o ausgesprochen werden muss.

64. Armenisch-Türkisch.

Aus des Pianzola Italiänischen Sprachlehre,
nach Hervas
, S. 152.

Vater unser, der Himmeln in bist,
Dein Nahme dein gepriesen sey;
Dein Reich dein komme;
Wie Himmel in so Erde in dein Wille dein gethan sey;
Tägliches gebührendes Brot unser uns
gib diesen Tag;

Baba-miz ki Chiojler-de sin,
Senin Ad-in mubarek olsun;
Senin Padischialij - in chielsin;
Kikhe Chioj-de bojle Kher-de senin Murad - in olun - sun;
Her-chiun lazim olam Ekmekhe-mizi bize
ver bu Chiun:468

Und Schulden unsere uns erlass wie
unsern Schuldnern unsern wir erlassen;
Und uns Versuchung aus fliehen vergönn;
Aber uns Bösem von befreye.

Ve Borglari-mizi bise baghisla nikhe ki
bizde Borglula-miza baghislariz;
Ve-bizi Ighva-den emin ejle;
Amma bizi Fena-den kurtar.

65. Ein Türkischer Dialect.

Aus Georgiewiz de Turcar. moribus.

Baba-moz hanghe Gugte sson,

Chuduss olssum ssenung;

Adun gelsson ssenung Memlechetun;

Olssun ssenung Istedgung nycse Gugthe,
vle Gyrde;

Echamegu-mozi hergunon vere bize bu
Gun;

Hem bassa bize Borsligo-mozi, nycse bizde
baslaruz Borsetiglere-mozi;

Hem yedma Byzegeheneme;

De churtule bizy Jaramazdan. Amen.

B. Nördliche Tatarn,
Tatarn im engern Verstande.

Das sind diejenigen, welche man gemeiniglich
nur Tatarn schlechthin zu nennen pflegt.
Sie bewohnen theils allein, theils mit andern
Völkern untermischt, den grossen Landstrich in
Norden des Schwarzen und Kaspischen Meeres
469von dem Ausflusse der Donau an bis tief in das
südliche Sibirien, und sind nach den Russen die
zahlreichsten Bewohner dieses grossen Reiches,
auch unter allen ungebildeten nomadischen Völkern
die gesittetsten, indem sie insgesammt lesen
und schreiben können, gewisse Kenntnisse
besitzen, und nur selten grobe Verbrecher zeugen *)68.
Sie hatten unter den im vorigen gedachten
Nahmen der Scythen, Bulgaren, Avaren
u. s. f. das westliche Asien und östliche Europa
schon mehr als Ein Jahrtausend geplagt,
als der Mongol Dschingis Chan sie insgesammt
bezwang, worauf sie die vornehmste Stärke seines
ungeheuern Heeres ausmachten. Hörte
gleich diese Verbindung nach seinem Tode zum
Theil auf, so bildeten sich doch aus seinen Eroberungen
unter seinen Nachfolgern sechs einzelne
Reiche, welche immer noch den Mongoln
unterworfen blieben. Zu diesen Reichen gehören,
so viel besonders die Tatarn betrifft, das
Reich Kiptschak an der Wolga, und das Reich
Turan. Das erste begriff die Nogaischen Tatarn
mit der Krimm, und die Kasanschen, Orenburgischen
und Astrakanschen Tatarn, das
letzte aber ganz Sibirien mit den darin befindlichen
Stämmen. Beyde Reiche dauerten bis um
1552, da die Russen denselben ein Ende machten.
Behielten nun gleich die meisten Gegenden
ihre Tatarischen Einwohner, indem nur
der herrschende Theii aus Mongolen bestand,
so wurden doch in andern, besonders in dem
Reiche Turan, beyde Völker gar sehr vermischt,
470wovon denn eine sehr gemischte Sprache
die nächste Folge war. Da es jetzt unmöglich
seyn würde, die einzelnen Stämme eines so
unstäten Volkes nach so vielen Veränderungen
und Vermischungen genealogisch zu ordnen,
auch wenn man von ihren Mundarten vollständigere
Nachrichten hätte, als man wirklich hat,
so will ich sie nach dem jetzt gedachten Umstande
der Sprache in reine und gemischte Tatarn
theilen.

a) Reine Tatarn.

Reine nenne ich nur solche, welche weniger
gemischt sind; denn eine solche Menge unstäter
Horden, deren Lebenslauf Jahrtausende
hindurch in unterjochen und unterjochet werden
bestand, konnte an Blut und Sprache wohl
nicht lange ohne Vermischung mit mancherley
andern Völkern bleiben. Daher mögen auch
zum Theil die vielen abweichenden Mundarten
rühren, welche es unter ihnen gibt. Die vornehmsten
dieser weniger gemischten Horden
sind.

(1) Die Nogaischen und Krimmischen
Tatarn.

Sie nennen sich selbst Mankat, sind die
westlichsten unter allen Tatarn, und bewohnen
den ganzen Strich der Krimm von der Donau
bis an den Kuban und die Achtuba. Die letztern
werden auch die Chundorowschen Tatarn genannt.
Sie sind theils Nomaden, theils wohnen
sie in Dörfern, und theilen sich in die vier grossen
Horden Budjeak in Bessarabien, Jedsan, Janboilukund
Kuban, wozu noch einige abgerissene
471Stämme kommen, die ich am Ende anführen
werde. Sie waren die erste Eroberung des
Dschingis Chan, daher scheint die Vermischung
der weiberlosen Mongoln mit Tatarischen Weibern
hier am stärksten gewesen zu seyn, indem
die eigenthümliche Mongolische Bildung sich
allen Nogaiern so tief eingepräget hat, dass auch
Jahrhunderte sie bisher noch nicht haben verwischen
können. Nur die Sprache nahm nicht
so vielen Theil daran, als die Gesichtsbildung
erwarten lässt, weil die Tatarischen Weiber der
Mongolen ihre Kinder lieber in ihrer Muttersprache,
als in der schweren Mongolischen
Sprache unterrichteten, welche sie vielleicht
selbst nicht verstanden. Indessen haben doch
die Nogaier mehr Mongolische Wörter aufbehalten,
als die übrigen reinen Tatarn. Jene
Mongolischen Gesichter zeigen sich auch bey
den gemeinen Tatarn in der Krimm; nur die
Vornehmen haben sie nicht, vermuthlich weil
sie sich von dieser Vermischung frey erhielten.
Die südlichen Tatarn in der Krimm haben ihre
ganz eigene Bildung und Mundart; sie sind aber
auch Abkömmlinge anderer Nationen, welche
hier zusammen gedränget worden. Spuren der
ehemahligen Gothen finden sich hier lange nicht
mehr, so oft selbiges auch behauptet worden;
wohl aber haben die Krimmischen Tatarn noch
manche Griechische und Genuesische Wörter
in ihrer Sprache aufbehalten. Man sehe Pallas
neue Reise
in 8, Th. 2, S. 316. Die Nogajer haben
nach Reineggs Beschreib. des Kaukasus Th. 1,
S. 316 noch eine geheime mehr mit dem Mongolischen
vermischte Sprache, welche sie Schagaltai
nennen, und welche vielleicht ein alter
Mongolischer Dialect selbst ist. Eben derselbe
472fand unter ihnen genau dieselbe weibliche
Krankheit, welche Herodot seinen Scythen beylegt.
Diese lassen sich überhaupt in keinem
heutigen Volke mit mehr Wahrscheinlichkeit
wieder finden, als in den Tatarn. Wegen ihrer
unbezwinglichen Raubsucht wurden die meisten
nomadischen Nogajer 1788 von Russischen.
Truppen aus einander gesprengt, so dass ein
grosser Theil ein Raub der Gebirgsvölker wurde.
Andere leben noch unter Russischer Hoheit,
wohin die Mansuren von dem Stamme Kassai,
und die Terkischen Tatarn zu beyden Seiten des
Terek gehören.

Etwa 180 Nogaische Wörter befinden sich
in Nic. Witsens Noord- en Oost-Tatarye, Th. 2,
S. 578; andere in Pallas ältern Reise, Th. 3,
pass. in Güldenstedts Reise Th. 1, pass. und in
Vocab. Petropol. No. 92. Im Jahr 1785 wurden
zu Petersburg Kaiserliche Gouvernements-Verordnungen
in Russischer und Tatarischer Sprache
in 4 gedruckt, und zwar letztere sowohl in
der Krimmischen, als in der Kasanischen Mundart,
welche zur Vergleichung beyder dienen
können. Bakmeisters Russ. Biblioth. Th. 11, S. 25.
Prof. Alter beschreibt in Paulus Memorabil. St. 5,
S. 493 einen Armenisch-Tatarischen Psalter, in
der Schwachheimischen Bibliothek zu Wien,
woraus er den 1sten und 151sten Psalm am Ende
des ersten Theils seines Homer hat abdrucken
lassen. Er war ungewiss, welcher Tatarischen
Mundart er angehöret, vermuthet aber der
Krimmischen, aber nicht der gemeinen, sondern
einer Art gelehrten. Der Freyherr von Jenisch,
welcher sehr gut Türkisch verstehet, verstand
indessen nichts davon. Auch Biornstohl
fand Th. 1, S. 58 seiner morgenländischen
473Reise bey den Karaiten zu Haskiöl, einem Dorfe
unweit Constantinopel eine (Krimmisch-) Tatarische
Übersetzung der fünf Bücher Mosis mit
Hebräischen Buchstaben. Ob der Mann das Tatarische
wohl verstand?

Zu diesen Tatarn rechnet man noch:

Die Basianer oder Tschechen, Tschek, Dsigi
oder Scheki, ein wilder Stamm in der Mitte des
Kaukasus, in Osten der Avaren, welche man um
des Gleichlautes willen geraume Zeit für Abkömmlinge
der Zechen oder Böhmen hielt, welche
etwa in den ehemahligen Verfolgungen des Hussiten
hier Sicherheit gesucht und gefunden *)69.
Dieser Irrthum hätte für die Mährischen Brüder
zu Sarepta an der Wolga beynahe traurige Folgen
gehabt. Denn als sie hier eine brüderliche
Colonie zu finden glaubten, und daher 1782
zwey ihrer Glieder an sie schickten, mussten
sich diese noch glücklich schätzen, dass sie von
diesen rohen Barbaren mit dem Leben davon
kamen **)70.

Die Kumücken zwischen dem Terek und
Koisu, an der Küste des Kaspischen Meeres,
zwischen ihr und dem Kaukasus, welche mit
den Lesgischen Kasi-Kumücken eben daselbst
nicht verwechselt werden müssen.

Die Dagestanischen und Schirwanischen Tatarn,
welche ich doch nur muthmasslich hierher
rechne, weil sie auch zu den folgenden Kasanschen
474gehören könnten. Man rechnet sie gemeiniglich
zu den Persern, zu welchen sie doch
auf keine Weise gehören. Ihre Sprache ist eine
Tatarische Mundart, welche von der Krimmischen
nicht mehr verschieden ist, als das Gross-Russische
von dem Klein-Russischen. Auch in
Ansehung der Religion halten sie sich nicht wie
die Perser zur Secte des Ali, sondern wie die
übrigen Tatarn zur Secte des Omar. Die so berühmten
Aguanen in Kandahar sollen von ihnen
abstammen. S. des Marschalls von Biberstein
Beschreibung der Länder zwischen den Flüssen Terek
und Kur
, wo auch von den Kumücken gehandelt
wird.

Nach Pallas neuen Reise Th. 2, S. 97 wohnt
in der Georgischen Provinz Kacheti eine Tatarische
Horde Nahmens Serawan, welche er für die
Sarawari oder Kopfabschneider des Strabo hält,
und welche noch jetzt sehr fertig im Kopfabschneiden
seyn sollen.

Wie fern die Uitigur, ein Rest der Utiguren
des mittlern Zeitalters im westlichen Kaukasus
neben den Osseten hierher gehören, weiss ich
nicht. Nach Reineggs Th. 1, S. 234 reden sie
den ältesten bekannten Tatarischen Dialect;
aber eben daselbst erklärt er sie für einen Stamm
Hunnen, also für Mongolen. Nach Thunmanns
östl. Völker
S. 42 waren die Utiguren ein Ungarischer
Stamm.

Man hat zwey Formeln des V. U. welche
zwar nur Tatarisch überhaupt genannt werden,
von welchen ich aber vermuthe, dass sie den
Krimmischen Tatarn zugehören. Die erste ist von
Joh. Schildberger, welcher als ein Sclave 32 Jahr
unter Türken und Tatarn zugebracht hat.
Er war aus München gebürtig, und zog 1394
475mit der Armee des Kaisers Sigismund gegen die
Türken, ward aber gefangen und von Bajazet
dem Ersten nach Asien geschickt. Hier ward er
wieder von dem Kaiser Timur gefangen, welchen
er auf seinen Zügen begleitete, und nach
dessen Tode 1405 mit dessen Nachfolgern Turkestan
und die Tatarischen Horden an der Wolga
durchstreifte und erobern half. Zuletzt kam er
nach der Krimm, wo er Christen fand, und von
da endlich wieder nach Deutschland kam. Wahrscheinlich
hat er von diesen das V. U. erhalten,
weil sich nicht wohl erklären lässt, wie er auf
andere Art dazu gelangen können. Seine Reisebeschreibung
ist im 15ten und 16ten Jahrhundert
mehrmahls gedruckt, und derselben das
Armenische und Tatarische V. U. hinten angehängt
worden. Ich liefere davon zwey Abschriften,
die eine ist aus dem Schildberger selbst,
und zwar aus einer Ausgabe des 15ten Jahrhunderts
ohne Jahr und Ort, mit dem Roman von
Herzog Ernst in fol. zusammen gedruckt, womit
zwey neuere Ausgaben in 4 beyde zu Frankfurt,
die eine ohne Jahr und die andere von 1553
überein stimmen. Die zweyte ist aus dem Megiser,
und aus ihm in den spätern Sammlungen,
angeblich auch aus dem Schildberger, aber mit
Abweichungen, deren Quelle mir unbekannt ist.
Vielleicht hat Megiser, der eine Türkische
Sprachlehre heraus gegeben hat, also wohl etwas
Türkisches konnte, daran gebessert. Sie
stehet auch in des Prof. Dugonics Ungarischen
Roman Ethelka, Presburg, 1788, 8, und daraus
in F. C. Alters Miscellaneen, S. 178. Die
dritte ist aus dem Chamberlayne, der sie von la
Croze
hatte, und diese kann ich gleichfalls nur
muthmasslich für Krimmisch-Tatarisch ausgeben.476

66. Tatarisch.

Aus Jo. Schildbergers Reise am Ende.

Yater unser, der Himmel in bist,
dein Nahme dein;
Es komme dein Reich;
Wille dein wie Erde in
Gib unser tägliches Brot
diesen Tag;
uns wie auch
unsere
Auch nicht uns
befreye uns Bösen von.

Atha wisum, chy Chok-ta sen,
Algusch ludur senung Ad-ung;
Kelsuum senung Hauluchung;
Belsun senung archung aley Gier-dauk achta;
Wer wisum gundaluch Otmak chumusen
wou-gun;
Kay wisum Jasochni alei wis dacha ka yelle
nin wisun Jasoch lamasin;
Dacha koima wisni Sunamacha;
lila garta wisni geman-dan.

67. Dasselbe.

nach Megiser n. 44.

Vater unser, der Himmel in bist,
dein Nahme dein;
Es komme Reich dein;

Atha vizum, ki kok-ta sen,
Evlja ol dur senung ad-ung:
Kelsun Memleket-ung;477

Sey dein Wille dein wie Erde in
Himmel in;
Gib uns tägliches Brot unser diesen Tag;
Und uns gleichwie
wir unsern;
Auch nicht uns
befreye uns Bösen von

Olsun senung Iradet-ung ale jer-dahi
gug-de;
Ver vizum gundelik etmege-muzi bu-gjun;
Va bizum Jasu-ngisch kail ol-nitegim kail
biz juz Jasungisleru-muze;
Dahi kojma bizi Visvasije;
Illa kurta vizi jeman-dan. Amen.

68. Tatarisch.

Aus Chamberlayne, S. 12.

O Vater unser, der Himmel in bist,
Nahme dein sey;
Reich komme;
geschehe Himmel in
auch Erde auf;
Jed-tägliches Brot unser gib uns
diesen heute Tag;
Und Schulden unsere uns erlass, gleichwie
wir auch Schuldner unsern erlassen;

Ya Ata-muz, ki yuksek Ghiogh-da sen,
Aadin ari olsun;
Padishah-lighin ghelsun;
Boiruklerin itmish olsun Ghiogh-da, kibi
dahi Yirda;
Her-ghiunaghi ekmeki-muzi vir bize
bu-ghiun;
Va Burgjleri-muzi bize baghishla, nitschaki
biz dahi Burgjluleri-muzi baghishleriz;478

Und uns
Sondern uns
Weil dein Reich und
Macht und

Va bizi sinisha ghiturma;
Lakin yara-mazdan bizi sali-vir (va kortar va sakla.)
Zira-ki senungh-dur Padisha-lik, va
Kadirlik, va Boyuklik ta gjauid gjavidana. Amin.

(2) Kumaner.

Die Kumaner, ein Tararischer Stamm, welcher
den Nahmen von dem Flusse Kuma hatte,
wo wahrscheinlich sein Hauptsitz war; denn er
hatte sich von der Donau bis an die Wolga verbreitet,
aus welchen Gegenden er im 11ten und
I2ten Jahrhundert viel Geräusch machte. Nach
Thunmann sind Kumaner, Komanische Bulgaren,
Uzen, Polowzer, Bersilier, Kaptschaken u. s. f. ein und
eben dasselbe Volk. Ottokar Hornek und andere
Deutsche Schriftsteller dieser Zeit nennen sie
Valben. Wenn Thunmann und Herr von Engel
sie für Turkomannen halten, und der erste hinzu
setzt, dass die heutigen Osmannen in gerader
Linie von ihnen abstammen, so scheinen sie zu
irren, indem sich nicht findet, dass Turkomannen
in Norden des schwarzen Meeres und des
Kaukasus gewohnet hätten. Die Mongolen unterjochten
sie 1237 unter dem Dschingis Chan,
und obgleich damahls ein Theil von ihnen auswanderte,
so fanden doch de Plano Carpini 1246,
und Rubriquis 1253 Kumanen von der Donau bis
an die Wolga, unter der Herrschaft des Mongolen
Batu. In der Folge hat sich ihr Nahme unter
479den Nogajern verlohren. Am längsten hat sich
derselbe in Ungarn erhalten, wo sie schon 1086
eingewandert waren, aber in noch stärkerer Anzahl
vor dem Dschingis Chan dahin flüchteten.
Hier setzten sie ihre nomadische Wildheit fort,
bis sie endlich 1410 die christliche Religion annahmen.
Von ihnen haben Gross- und Klein-
Rumänien in Ober- und Nieder-Ungarn den Nahmen,
wo sie noch wohnen, und etwa 112000
freye Leute ausmachen, aber bereits die Ungarische
Sprache angenommen, die ihrige aber
völlig vergessen haben. Der letzte, welcher
noch etwas davon verstand, hiess Varro, war ein
Bürger zu Karezag, und starb um 1770. S.
ThunmannsPreisschrift von den Kumanern in den
Actis Jablonov. Th. 4, und Pet. Horvath Comment.
de initiiis ac moribus Jazygum et Cumanorum
, Pesth,
1803, 8; der sie aber irrig für Ungarn hält. Die
hier gedachten Jazygen sind nicht die Sarmaten
dieses Nahmens, sondern ächte Kumaner, welche
im Vortrab als leichte Truppen dienten, und
daher Ungarisch Jaszok, Bogenschützen, genannt
wurden.

In Ungarn haben sich noch fünf Abschriften
des V. U. in der Kumanischen Sprache erhalten,
welche theils der Prof. Dugonics in dem in Ungarischer
Sprache geschriebenen Roman Ethelka,
und daraus Alter in seinen Miscellaneen S. 166,
theils Thunmann in der eben gedachten Preisschrift
aufbehalten haben. Alter zählt ihrer zwar
sieben, allein seine dritte und fünfte Formel sind
mit Thunmanns zweyter völlig einerley. Nur
Schade, dass keine einzige davon ganz ist. Sonderbar,
dass in allen die zweyte Bitte fehlet.
Pray, der in seinen Dissertatt. S. 113 den Anfang
der einen mittheilt, hielt die Sprache für
480Ungarisch, Alter für Slavisch, Thunmann mit
mehrerem Rechte für Tatarisch, (vielleicht mit
Ungarischem vermischt,) daher es ihm auch
glückte, einige Wörter aus dem Türkischen zu
erläutern. Er hat sie zugleich in Bitten abgetheilt,
und die Lücken anzugeben gesucht, dagegen
sie im Dugonics und Alter ohne Abtheilung
und Unterscheidungszeichen fortlaufen.
Ich habe sie nicht allein, nach Thunmanns Vorgange,
so weit mir möglich war, abgetheilt,
sondern auch, um der Deutlichkeit willen, diejenigen
Wörter, welche als Postpositionen hinten
angehängt werden, durch einen Querstrich
von ihren Hauptwörtern getrennt, und so viel
davon übersetzt, als mir möglich war. Aber da
Thunmanns Anmerkungen mit der vierten Bitte
aufhören, so ist auch alles das noch sehr unvollkommen.
Wenn man bedenkt, wie schwer und
bey nahe unmöglich es ist, eine ganz unbekannte
ungebildete, und dabey seit Jahrhunderten ausser
ihrem Mutterlande verwilderte und ohne
Zweifel mit andern vermischte Sprache, wenn
sie von rohen unwissenden Menschen gesprochen
wird, gehörig aufzufassen und darzustellen, so
werden die Mängel der folgenden Formeln nicht
befremden.

69. Kumanisch.

Aus Dugonics Ethelka Th. 2, S. 384, und Alters
Miscellaneen
, S. 167.

Unser Vater unser, der bist Himmel in,
Heilig werde dein Nahme dein;

Bezom Atta-masz, kem-ke Kik-te,
Sze-lezon szen-Ad-on;481


Geschehe dein Wille eben so Erde auf wie Himmel in;
Unser Brot unser
tägliches


Dössön szen-Küklön netze-Ger-de, aliKük-te;
Bezom ok nemezne (Okne-mezne,) güt
büttor gungon borberge;
Eli bezon Mene-mezne ther-mez-bezge
ovgyi tengere;

70. Dasselbe.

Aus Dugonics l. c. S. 385, und Alter S. 170.

Unser Vater unser, der bist Himmel in,
Heilig werde dein Nahme dein;

wie Himmel in;
tägliches unser uns

Bezen Atta-maz, chen-ze Kik-te,
Szen liszen sin-Ad-ön;

Dösön mittigen kenge . .. ali-Kik-te;
Puthuter kungiri ilt bezen iltne bezen kutin;

Bezne migni bolsotati bocson megni tenge
nizni. Amen.482

71. Dasselbe.

Aus Dugonics l. c. S. 386, und Alter, S. 172.

Unser Vater unser der bist Himmel in,
Heilig werde dein Nahme dein;

eben so Erde auf wie Himmel in;
Unser Brot unser
heute;

Bezon Atta-maz kem-ze Kek-te,
Szen leszen szen-Ad-on;
… mitzi jegen-Ger-de, ali Kek-te;
Bezom Akko mozne bergezge pitbütöör
küngöd;
Ilt bezon Mene-mezde utrogergenge ilt
mebezde;
Olyon angja manya boka tsali botsanigjs
tengere. Amen.

72. Dasselbe.

Aus Thunmanns Abhandl. de Comanis in den
Act. Jablonov
. Th.4, S. 185.

Unser Vater unser der bist Himmel in,
Heilig werde dein Nahme dein;

Geschehe dein Wille eben so Erde auf wie
Himmel in;

Bezam Atta-masz ken-ze Kik-te,
Szen-lezon szen-Ad-on;

Dösön szen-Küklon netze Ger-de, ali-
Guk-te;483

uns Brot
unser
tägliches
Wie wir

Bezaniok menemezne (bezam Okmenemezne)
gutba tergunger (viell. gutbater
gunger)
Ali-bezam me-mezne … tscher-mez-bezga;
… kutkor-bezga eniklem-bezda;
Ovia malna szemberfank bokvesate;
… tengeri ovia tengeri tengeri. Amen.

73. Dasselbe.

Eben daher.

Unser Vater unser der bist Himmel in,
Heilig werde dein Nahme dein;

Geschehe dein Wille so Erde auf wie
Himmel in;
Uns Brot unser gib
tägliches;

Bezen Atta-niaz ken-ze Kik-te,
Szen leszen szen Ad-on;
Dösön szen Küklon nieziegen Ger-de, ali Kek-te;
Bezen Ako-moze (Okne-mezne) bergezge
pitbütör küngön;
Il bezen Mene-mezne neszem-bezde, jer-
mez-bezge utrogergenge iltme tscher-
mez-bezga;
Bezne olgya manga kutkor bezne;
Algya manna szen borszong boka csalli (beym
Alter osalli) boeson igyi tengere. Amen.484

Einige Anmerkungen meist nach Thunmann.

Bezen, bezam, ist das Türkische bizüm, unserer,
im Genitiv des Plurals.

Atta-maz, Vater unser, ist das Türkische
und Tatarische Atta, Ata, Vater, bey den Kasanschen
Tatarn Ata, Atai, bey den Jakuten
Agam. Das angehängte maz ist das Pronomen
postpositivum müz oder muz, unser. Bizüm Atta-müz
ist eine den Türken sehr gewöhnliche
nachdrückliche Art des Ausdrucks; der Deutsche
würde sagen unserer Vater der unsrige.

Kenze, kemze, chenze, richtiger getheilt ken-ze.
Im Türkischen ist kim das Pronomen welcher,
welche, welches; es, du bist, bey den
Krimmischen Tatarn sen, hier ze.

Kik-te, Gük-te, vom Türkischen Gok, der
Himmel, bey den Krimmischen Tatarn Kuk, und
der angehängten Präposition te, in, im Türkischen
deh, da, te, ta.

Szent leszen, heilig werde. Die Türken haben
ihr mukaddes, heilig, von den Arabern entlehnt,
die Kumaner von den Ungarn; denn
szent (von sanctus) heisst im Ungarischen heilig.
Für leszen möchte Thunmann gern ezon oder ösön
lesen, von dem Türkischen osun, sey, geschehe;
allein es ist wohl das Ungarische leszen, es
wird seyn.

Szen Ad-on, dein Nahme dein. Im Türkischen
ist sen, du, senün, dein. Ad ist im Türkischen
der Nahme, und Ad-on, sprich Adung,
dein Nahme. Es ist die vorige nachdrückliche
Wiederhohlung des Pronomens.485

Döson, vielleicht das Türkische osun, geschehe.
Küklon ist dunkel, wahrscheinlich bedeutet
es den Willen.

Nicziegen, netze, das Türkische nidscheki,
gleichwie, bey den Krimmischen Tatarn nitschaki.

Ger-de, auf der Erde, vom Türkischen Jer,
die Erde, bey andern Tatarn Jir, Cir, Er, und
der Postposition de, in.

Ali, so, Türkisch öjle.

Akomozne, Okmene- mezne, unser Brot. Von
dem Türkischen Ekmek, Etmek, Brot, bey den
Kasanern Itmak, und müz, unser. In der letzten
Formel, wo Ako-moze und Okne-mezne neben
einander stehen, bedeuten beyde wahrscheinlich
einerley, so dass das eine eine Glosse oder
Variante des andern ist, daher ich das eine in
Klammern eingeschlossen habe.

Bergezge, vielleicht ber-gezge, so dass das
Türkischeber, gib, vorzublicken scheint. Bey
den Jakuten ist bier, geben, bey den Kasakischen
Tatarn vermehé, bey den Türken wirmek.

Küngön, odergünger, scheint das Türkische
Gün, Tag, her gün, täglich zu enthalten.

Das am Ende befindliche tengeri ist dunkel.
Im Türkischen ist Tangri, Gott, im gemeinen
Tatarischen Tengeri, der Himmel, Gott, Teleutisch
Tegir.

So weit Thunmann.

(3) Kasanische Tatarn.

Kasan, Astrakan und Orenburg machten
nebst der Nogarey und Krimm das ehemahlige
Reich Kiptschak aus. Kasan eroberten die Russen
unter dem Iwan Wasiljewitsch 1552. Die
Kasaner waren ehedem, so wie alle Tatarn,
Nomaden, bis Mangel an Raum sie nach und
486nach nöthigte, sich in Städten, Vorstädten und
Dörfern zu sammeln, und sich dem Feldbaue zu
widmen, daher sie auch jetzt gesitteter sind, als
andere Stämme. Die in den Städten treiben
Handlung, Handwerke und Gewerbe. Auch ist
ihre Mundart unter allen die reinste und beste
und wird so wohl zu Kasan, als an andern Orten
in Schulen gelehret. Vermuthlich ist sie also diejenige
Mundart, welche die Russischen Schriftsteller
gemein Tatarisch zu nennen pflegen.

Azbuka Tatarskagho, Alphabet der Tatarischen
Sprache von Saghit' Chaljfin, ganz Russisch.
Moskau, 1778, 8. Tatarskaja Grammatika e Slowarem,
Petersburg, 1802, 4. Einige Wörter in
Müllers Samml. Th. 3, S. 382, Fischers Sibir. Gesch.
Th. 1, S. 167, Scherers Nebenstunden, S. 76 und
dem Vocabul. Petrop. N. 89.

tableau Vater | Atta | Aba | Himmel | Kuk | Tengeri | Erde | Jer | Dscher | Tag | Kun | Gün | Heute | Bu-Gün | Diesen Tag | Brot | Itmak

(4) Orenburgische Tatarn.

Zu diesen gehören vornehmlich die Ufischen
Tatarn
, die Mestscherjäken, die Baschkiren, und
die Karakalpaken. Alle vier Völker sind unter
sich in Sitten und Sprache ähnlich, dagegen sie
sehr merklich von den Kasanern abweichen.

Die Mestscherjäken, welche schon Nestor unter
diesem Nahmen kennt, wohnen theils in der
Isettischen Provinz unter den Baschkiren, mit
welchen sie sich doch nicht vermischen, theils
in der Ufischen, unter den Ufischen Tatarn,
von welchen sie sich in nichts unterscheiden.
Sie leben in Dörfern und treiben Viehzucht.
487Einige Wörter befinden sich in dem Vocab. Petrop.
No. 90.

Die Baschkiren, welche sich selbst Baschkurt
nennen, von Basch, Kopf, und Kurt, Biene,
weil sie zu allen Zeiten fleissige Bienenwirthe waren.
Sie bewohnen die südlichste Abtheilung
des Ural-Gebirges, und theilen sich in die untern
und obern. Die erstern haben sich Russland
unterworfen, und wohnen in der Ufischen und
Katharinenburgischen Provinz; die letztern stehen
unter dem Schutze der Sonjoren. Sie sind
stätige Feldbauer und Nomaden zugleich. Ihre
Mundart ist nicht so rein, als die vorige. Einige
Wörter in Georgi Beschreib. Th. 2, S. 167, Pallas
ältern Reise
, Th. 2, pass. Lepechins Reise,
Th. 2, pass. und dem Vocab. Petrop. No. 91.

Die Karakalpaken, Schwarzmützen, wohnen
zwar jetzt am Aral-See in Turkestan, weichen
aber sehr von den Bucharen und Turkestanern
ab, und gleichen den vorigen.

(5) Kirgisen.

Welche auch, wenigstens so viel ihrer auf
Russischem Gebiethe wohnen, Kirgis-Kasaken,
ingleichen die Kasakische Horde genannt werden.
Sie selbst nennen sich Sara- Kaisaki, Steppen-Kasaken,
und Kirgisi. Sie wohnen theils unter
Russischem Schutze im Orenburgischen Gouvernement,
theils in der Bucharey unter Sonjorischer
Herrschaft, theils unabhängig in den Indischen
Gebirgen. In allen diesen ungeheuern Wüsten
spielen sie die Rolle räuberischer Nomaden.
Ob sie gleich jetzt dem grössten Theile nach in
dem ehemaligen Turkestan wohnen, so weicht
doch ihre Mundart von der alten Türkischen gar
488sehr ab, und nähert sich der reinen Tatarischen.
Auch wollen sie ausdrücklich von den Nogajern
abstammen, daher sich Abulgasi irret, wenn er
sie für Mongolen halt. Sie werden in drey Horden,
die grosse, mittlere und kleine abgetheilet,
deren jede ihren eigenen Chan hat. Die von der
grossen Horde werden Burutten genannt, und
stehen mit den übrigen in keiner Verbindung.
Sie selbst nennen sich Brut Erdenä, dagegen sie
von den beyden übrigen Horden Koerger, Leute
der Wüste, genannt werden. Sie wohnen im
Gebirge Alatau, und sollen eine sehr reine Tatarische
Mundart reden. Gute geographische
Nachrichten von dem Lande der Kirgisen von
der grossen Horde aus Russischen Nachrichten
findet man in den Geogr. Ephemeriden, Th. 15;
S. 397 folg.

Einige Kirgische Wörter befinden sich in
Georgi Beschreib. Th. 2, S. 197, eben dess. Reise,
Th. 1, S. 999, Pallas älterer Reise, Th. 1, S. 387,
dem Vocab. Petrop. No. 104, und vorzüglich
Güldenstedts Reise, Th. 2, S. 545, wo er sie mit
Persischen und Kurdischen vergleicht.

tableau Vater | Ata | Baba | Tag | Gundus | Du | Sen | Geben | Vermehé | Dein | Senim | Wir | Biss | Erde | Er | Böse | Pis | Brot | Tschurek

(6) Turansche oder Sibirische Tatarn.

Sie sind Überreste des Mongolisch-Tatarischen
Staates Turan am Ural-Flusse, und sind
hier zum Theil schon sehr alt, indem sie die alten
Einwohner, noch ehe sie den Mongolen unterwürfig
wurden, verjagten oder unterjochten.
Die bekanntesten sind:489

Die Turalinzen, am Tura-Flusse in den
Statthalterschaften Perm und Tobolsk. Sie wohnen
in Städten und Dörfern, und gleichen an
Sitten und Sprache den Kasanern, nur dass ihre
Mundart mehr mit Russischen und Mongolischen
Wörtern vermischt ist. Die in Städten sind Mahomedaner,
die auf den Dörfern aber sind getauft;
wenigstens liess der Erzbischof Philophei
von Tobolsk sie 1719 und 1720 durch Dragoner
in den Fluss jagen, welches denn auf gut Russisch
für die Taufe galt.

Tobolskische Tatarn amTobol-Flusse, wo vor
der Eroberung der Hauptsitz der Tatarn war.
Sie wohnen in Dörfern, sind Mahomedaner und
gleichen ganz den vorigen, mit welchen sie Eines
Stammes sind. Einige Wörter stehen im
Vocab. Petrop. No. 94, die Zahlwörter in Hervas
Aritmet
. S 150.

Taraische Tatarn, am Tara, der in den Irtisch
fällt. Ein Theil von ihnen stammt von Bucharen
ab. Einige Wörter in Scherers Nebenst.
S. 21, die Zahlwörter in Hervas Aritm. S. 150.

tableau Himmel | Auwa | Asman | Erde | Jir | Tag | Kun | Brot | Itmak

Tomskische Tatarn am Tom-Flusse, über
und unter der Stadt Tomsk, gleichen den Tobolskischen
an Sitten, Sprache und Religion,
und sind vermuthlich mit ihnen Eines Stammes.
Die Tschatzkische Wolost ist die vornehmste unter
ihnen. Einige Tomskische Wörter in Scherers
Nebenst
. S. 21; ein Tschatzkisches Lied in
Gmelins Reise in Sibir. in 8, Th. 4, S. 525.

tableau Himmel | Kok | Asman | Erde | Jer | Tag | Kun | Brot | Itmak490

Obysche Tatarn am Ob, von der Mündung
des Tom an. Sie sind rohe Nomaden und gleichen
an Sitten und Sprache den Tobolskischen
und Tomskischen.

Die Barabinzen, welche sich selbst Baraminzen
nennen, in der Baraba zwischen dem Ob und
Irtisch in den Steppen von dem Altaischen Gebirge
an bis an das Narimsche. Sie treiben etwas
Feldbau, aber noch mehr Viehzucht. Ihre
Sprache ist reiner Tatarisch, als die Baschkirische,
doch nicht ohne einige Mischung mit der
Mongolischen, weil sie lange unter den Sonjoren
standen. Einige Wörter in dem Vocab. Petrop.
No. 99.

b) Mongolisch-Tatarische Stämme.

In welchen die Vermischung mit den Mongolen
so weit gegangen, dass das Mongolische
in ihrer Sprache merklich hervor sticht. Sie
leben insgesammt in Sibirien. Die vornehmsten
sind:

(1) Die Krasnojarschen und Kusnetzischen Tatarn.

Im Mongolischen Grenzgebirge am Ob und
Jenisei. Sie theilen sich in mehrere verwandte
Stämme, wohin auch die Sojeten in der Provinz
Irkutzk gehören. Einige Kusnetzkische Wörter
in dem Vocab. Petrop. No. 98.

(2) Die Katschinzen.

Am linken Jenisei in der Krasnojarschen
Provinz. Sie stammen zwar von den Kasanern
ab, sind aber so mit Mongolen vermischt, dass
ihre Sprache andern Tatarn unverständlich ist.
Einige Wörter in Pallas ältern Reise, Th. 2,
S.678; Th.3, S. 399.491

(3) Die Tschulymschen Tatarn.

Am Tschulym zwischen dem obern Ob und
Jenisei. Sie sind eben so getauft, wie die Turalinzen,
und gelten daher für Christen. Ihre
Sprache, welche eine Mischung der Tatarischen,
Burattischen und Jakutischen ist, hat so viele
eigene Wörter, dass man sie für eine eigene
Sprache halten kann. Einige Wörter in dem
Vocab. Petrop. No. 96.

(4) Die Teleuten.

Die Teleuten oder Telenguten, welche bey
den Russen weisse Kalmücken heissen, sind Schamanische
Heiden, und zum Theil Feldbauer.
Der grösste Theil von ihnen wohnt in der Sonjorey
oder Mongoley, der kleinste aber am Ob
unter Russischer Herrschaft. Sie sind sehr mit
Mongolen vermischt, daher auch ihre Sprache
andern Tatarn unverständlich ist. Einige Wörter
in Georgi Beschreib. Th. 2, S. 240; noch mehr
in Scherers Nebenst. S. 76 und dem Vocab. Petrop.,
No. 101.

tableau Vater | Babam | Himmel | Tegir | Erde | Cir | Tag | Kun

Folgende Stämme werden als Abkömmlinge
der Teleuten angesehen, welchen sie auch in
allen Stücken gleichen:

Die Kistinischen und Tulibertischen Tatarn,
neben den vorigen am linken Ufer des Tom,
sind theils getauft, theils Schamanische Heiden.
Einige Wörter in Pallas ältern Reise, Th. 3,
S. 373.

Die Abinzen am Kondoma und Mrasa, welche
sich selbst Abadar, im Singular Aba nennen.
Sie sind Schamanen und wohnen in Dörfern.492

Die Wercho-Tomskischen Tatarn, an den
Ouellen des Tom im hohen Gebirge.

Die Biriussen, am Abakan, welcher in den
Jenisei fällt.

Die Saganschen Tatarn, welche sich Söjön
nennen, in dem Gebirge Söjon an der Mongolischen
Grenze, am linken Ufer des Jenisei.
Sie sind Schamanische Nomaden, und werden
von andern zu den Mantschu gerechnet. Einige
Wörter in Pallas ältern Reise, Th. 3, S. 345, 348.
Ein Lied in Gmelins Reise in 8, Th. 4, S. 370.

Die Beltiren am Abakan, sind Schamanische
Heiden. Einige Wörter in Pallas Reise, Th. 3,
S. 355.

(5) Jakuten.

Am untern Lena, bis an das Eismeer, wohin
sie von den Mongolen und Büratten verdrängt
worden. Sie nennen sich selbst Sochalar,
im Sing. Socha. Von ihrer Mongolischen Mischung
zeuget schon ihre Kalmückische Gesichtsbildung;
auch ist ihre sehr abweichende Sprache
aus der Tatarischen, Mongolischen und
Tungusischen zusammen gesetzt. Im Jahr 1787
wanderten über 6000 derselben nach Sina aus.
35 Jakutische Wörter befinden sich nebst den
Zahlwörtern in Nic. Witsens Noord- en Oost Tatarije,
Th. 2, S. 677, andere in dem Vocab. Petrop.
No. 106, noch mehr aber in Jose. Billings
Reise von Mart. Sauer
, S. 387, wo sie S. 137 für
Mongolen gehalten werden. Folgende Formel
ist zwar mit einer Holländischen Übersetzung
versehen, allein sie ist nicht buchstäblich, sondern
es ist die gewöhnliche Holländische Formel
nach Gutdünken daneben gesetzt, daher ich sie
493nicht vollständig liefern kann. In der zweyten
Bitte scheinet das Atin aus Versehen wiederhohlet
zu seyn; vielleicht muss dafür Iragtati stehen.

74. Jakutisch.

Aus Nic. Witsen .l c. Th. 2, S. 677.

Vater unser Himmel
Nahme dein
Reich dein
Wille dein Erde Himmel
unser tägliches uns
Und vergib uns Schulden unsere wie
wir vergeben;
Uns
uns
Reich Stärke

Aibüt bisene, mega Tagara ur,
Duger kirbejer Atin jena;
Kelega Atin (Iragtati) jena;
Bologa kognün jena Jeme, Tagaraga isierge;
Aspitin bisenin kunatagini kulu bisaga;
Ani kebes bisaga Jespitin bisenin, kaitak
bisigi kebesebit;
Jemagh terbitin bisenin kilerima bisigini;
Aiga büsa bisigini abasintan Clisin.
Jena bar Iragtati, Küstak, Atin, buka
kirdiku.

Da die meisten der hier vorkommenden
Wörter in Jose. Billings Reise anders lauten, so
will ich selbige gleichfalls hersetzen.

tableau Vater | Agam | Tag | Kuin | Du | En | Geben | Bier | Himmel | Chaltan | Heute | Begon | Nahme | Aatta | Wir | Buissiga | Wie | Chaitak | Macht | Kuistak | Erde | Sirr494

(6) Tschuwaschen.

Im Kasanschen an der Wolga, ingleichen
in der Provinz Ufa. Sie werden von den Russen
Berg-Tatarn genannt, und haben sich von dem
nomadischen Leben zum Feldbaue gewandt,
auch die Taufe angenommen. Sie sind sehr mit
andern Völkern vermischt, wozu die Finnen, zu
welchen man sie ehedem mit Unrecht rechnete,
wohl nur den kleinsten, die Tatarn aber den
grössten Bestandtheil hergegeben haben. Ehe
sie mit den letztern vermischt worden, soll ihre
Sprache, welche sie nun zum Theil verlernet
haben, welche aber nicht näher bekannt ist,
nichts Tatarisches enthalten haben. Ihre jetzige
kann das letztere nicht verläugnen. Unter den
200 Wörtern im Müller sind wenigstens 6o Tatarisch.
Auch der grammatische Bau ihrer Sprache
weicht von der Tatarischen nur als Mundart
ab. Die Art zu decliniren und zu conjugiren ist
in beyden einerley: auch haben sie wie die Tatarn
verneinende Verba. Man hat zwey Sprachlehren
für das Tschuwassische in Russischer
Sprache, die eine Moskau 1769, und die andere
Petersburg 1775; beyde in 4. Wörtersammlungen
haben, ausser den gedachten Sprachlehren,
Müllers Samml. Th. 3, S. 382; Lepechins Reise
Th. 1, S. 97; Georgi Reise, Th. 2, S. 849; Pallas
ältere Reise, Th. 1, S. 86; das Vocabul. Petrop.
No. 64, und Gyarmathi, S. 189.

Die zweyte, von der ersten sehr abweichende
Formel habe ich durch Vermittelung meines
Neffen zu Petersburg von dem General-Gouverneur
zu Katharinenburg erhalten, der sie von
einem vereideten Dolmetscher aufsetzen lassen.
Schade, dass sie von keiner Übersetzung
begleitet war.495

75. Tschuwaschisch.

Aus Müllers Samml. Russ. Gesch. Th. 5, S. 411.

Vater unser, der Himmeln in
Dein Nahme sey heilig;
Komme dein Reich;
Dein Wille wie Himmel in so Erde auf;
Brot unser gib uns alle Tage;
Vergib uns Schuld unsere wie wir
vergeben unsere Schulden den Menschen;
Nicht führe uns
uns Satan von
dein Reich, Macht, Ewigkeit in.

Atei chamema, chosch Püllu-sina,
San Jat asnátob;
Killes san Scachèr;
San Irek … ljäpljä Pullu-sinä, i Sir-sinä;
Sukru pern Bar mana sairem Kon;
Chwar mana Chasjät pern, ljäpljä abir
chwarateber peru Chasjat Sin-sinä;
An isekai mana …
… mana Schaitan-ran.
… san Schacher, Batur… Konni-bach.

76. Dasselbe.

Von dem General-Gouverneur in Katharinenburg.

Atä, tora Pilt sintschi;

Sánin ada túdusch tschondán asinmà parä
bar;

Kiläs füd sändalak ráda pirä anbrach;

Sanin tora Irek boldür Pilet: sintschè da, sir
sintschè da;496

Pirä bormálich tudusch Siúkur tukàr bar;

Kasär piren silich sané, á ber dé por sin
sané pirä osàl túnaschan tschondàn
kasárabir;

Anbàr pirä irek silich tukma;

Osrà pirä Schoitan osal tuwas-ran i osal
schoksch baras-ran.

2. Mongolischer Sprach- und Völkerstamm.

Der Nahme Mongul, nicht so richtig Mogol,
stammet von den Mantschu, ihren Nachbarn
her, welche dieses Volk Mongusu, im Singular
Mongu, nennen. Dass Abulgasi sie mit den
Mantschu und eigentlichen Tatarn irrig für Abkömmlinge
eines und eben desselben Stammes
hält, ist bereits im vorigen bemerket worden.
Sie unterscheiden sich von allen ihren Nachbarn
nicht allein durch die Sprache, sondern auch
durch die ihnen so ganz eigene Gesichts- und
Körperbildung, durch die weiten Augenhöhlen,
kleinen tief liegenden schief stehenden Augen,
hohen Backenknochen, breiten platten Nasen,
fast gänzliche Bartlosigkeit und gekrümmten
Schenkel und Beine. Dass manche dieser Eigenheiten
von Erziehung, Clima, Lebensart und
andern Umständen herrühren können, leidet
wohl keinen Zweifel; aber ob auch alle? das ist
noch nicht gehörig erwiesen. Dabey hat diese
Mongolische Bildung doch das eigene, dass sie
sich andern Völkern durch Vermischung sehr
leicht mittheilt, und alsdann beynahe unvergänglich
ist, wie sich mit den Sinesen, Tibetanern,
Japanern, Nogaischen Tatarn, Kirgisen,
497Russen am Baikal u. s f. beweisen lässt, welche
dieses Gepräge immer noch an sich tragen, ungeachtet
oft Jahrhunderte seit der ersten Vermischung
verflossen sind. Hingegen sind die Mongolen
selbst ähnlicher Eindrücke von andern Völkern,
wie es scheint, unempfänglich, und erhalten
ihre eigenthümliche Bildung rein und unvermischt,
so sehr und oft auch ihr Blut mit
fremden Blute zusammen fliessen mag. Selbst
der Neger artet unter einem fremden Himmel
endlich aus, allein der Mongol beynahe nie.
Zwar haben die Mongolen in Indostan diese widrige
Bildung nicht, sondern sind schön gebildet
und gebauet; allein vielleicht nur, weil diejenigen
Barbaren, welche unter Timurs Enkel
dieses Reich eroberten, mehr Tatarische, Türkische,
Persische und Afganische Abenteurer,
als eigentliche Mongolen waren. Diese Beharrlichkeit
der Mongolischen Bildung ist, so viel ich
weiss, noch nicht in dasjenige Licht gesetzet,
welches sie so sehr verdienet.

Ihr Vaterland ist, so weit die Geschichte
reicht, der mittlere Theil des hohen Mittel-Asiens,
und zwar besonders das Altaische Gebirge,
von welchem sie sich nach Massgebung
der Umstände auf allen Seiten verbreiteten.
Dasjenige, was ich im folgenden von ihrer Sprache
sagen werde, wird es wenigstens sehr wahrscheinlich
machen, dass sie unmittelbar aus dem
Gebiete der einsylbigen Sprachen herstammen,
welches ihnen ohnehin so nahe liegt, und gewisser
Massen mit dem ihrigen zusammen fliesst.
Die Sinesische Geschichte führet ihr Alter sehr
hoch hinauf; denn nach ihr errichteten sie schon
1230 Jahr vor Chr. ein mächtiges Reich, und gegen
sie ward schon frühe die berühmte Mauer
498aufgeführet, welche sie aber nicht abhielt, Sina
schon 209 vor Chr. zu erobern. Wahrscheinlich
ist es, dass Herodots Agrippäer, und die
Seres anderer Schriftsteller keine andere Völker
als die Mongolen, und besonders die zu ihnen
gehörigen Kalmücken sind. Mit noch mehr Gewissheit
lässt sich behaupten, dass die Hunnen,
Sines. Hiong-nu, welche im ersten Jahrhundert
der christlichen Zeitrechnung durch innere Uneinigkeit
und Sinesische Übermacht verdrängt
und westwärts getrieben wurden, aus ihrer Mitte
waren *)71. Seit dieser ihrer Vertreibung von den
Sinesischen Grenzen gingen aus ihnen drey grosse
Weltstürmer hervor, grösser als die Welt sie
je gesehen hat, welche ganz Asien und Europa
erschütterten, aber zum Glück nur wie Meteore
erschienen, und wieder verschwanden, weil sie
nur zu erobern und zu verwüsten, aber nicht zu
besitzen und zu regieren verstanden. Attila und
seine Hunnen drangen bis in die Mitte Europens.
Acht Jahrhunderte nach ihm bezwang Dschingis
Khan von dem Stamme der Kalkas nicht allein
alle Mongolische, sondern auch alle Tatarische
Stämme, unterjochte mit diesem furchtbaren
Heere ganz Asien, und bereitete seinem Enkel
den Besitz Sina's vor, wo sich dessen Nachkommen
bis 1368 behaupteten. Über 200 Jahr nach
ihm ward Timurleng, ein anderer Weltstürmer
499aus diesen Horden, der Schrecken des westlichen
Asiens und Indiens, welches letztere seine Nachkommen
bis in die neuesten Zeiten beherrschet
haben *)72. Diese zahlreiche Völkerschaft theilet
sich, so weit sie der Geschichte zugänglich ist,
in drey Hauptstämme, in Mongolen in engerer,
Bedeutung, in Kalmücken, und in Buratten.

A. Mongolen in engerer Bedeutung,

deren Land die Mongoley heisst, in Osten, zwischen
den Mantschu, Tibet und Sibirien, wo
sie theils dem Sinesischen, theils dem Russischen
Reiche unterworfen sind. Sie sind, wie alle
Mongolen, Lamaische Götzendiener, und nähren
sich theils von der unstäten Viehzucht, theils
von dem Feldbau. Sie sind etwas gesitteter als
die übrigen Stämme, wie sie denn auch das Mongolische
am reinsten sprechen. Zu ihnen gehören:
1. Die Kalkas in Norden der vorigen, an
und in der grossen Wüste Kobi. Aus ihrer Mitte
war Dschingis. Sie sind der Rest derjenigen Mongolen,
welche unter dem Kublai, des Dschingis
Enkel, 1260 Sina völlig eroberten, und es bis
1368 beherrschten, da sie vertrieben wurden,
und der in Sina erhaltenen Cultur ungeachtet sogleich
wieder zu ihrem alten Schmutz, und zu
ihrer alten Rohheit zurück kehrten. 2. Die Ortosch,
in Norden der grossen Mauer, und in
500Westen der eigentlichen Mongolen. 3. Die
Choit und Tummüt, zwey schwache und unbekannte
Stämme in der östlichen Mongoley.

B. Die Kalmücken.

Der bekannteste und zahlreichste Stamm,
welcher am westlichsten in der so genannten
Kalmückey wohnet. Sie werden von den Tatarn
Chalmak genannt, von Chal, Feuer, und Aimak,
Leute, Leute, die auf Einem Herde kochen,
oder in Familien leben. Nach andern bedeutet
der Nahme so viel als Abtrünnige oder Nachgebliebene.
Sie selbst nennen sich Dörbön Oröt,
die vier Verbundenen, aus welchem letztern
Worte die Europäer Elut gemacht haben, mit
welchem Nahmen sie auch oft belegt werden.
Ihre Sprache ist seit Dschingis Khans Zeit mit
Tatarischen Wörtern vermischt. Sie theilen sich
in vier Horden. 1. Die Choschot in Tibet an
dem Kokonor oder blauen See, in den rauhen
Gebirgen zwischen Sina und Tibet. Die Sinesen
nennen sie Sifanen oder Tufanen, und theilen sie
nach der Farbe ihrer Gezelte in schwarze und
gelbe Sifanen. Sie waren ehedem sehr mächtig,
und beherrschten eine Zeitlang nicht allein ganz
Tibet, welches daher von ihnen auch das Reich
Tufan genannt wurde, sondern auch einen Theil
der Sinesischen Provinzen Se-tschuen und
Chen-si. Innere Zwistigkeiten richteten sie zu
Grunde, daher sie jetzt den Sinesen unterworfen
sind. Doch wird aus den gelben Tufanen
noch jetzt der Dalai Lama erwählt, daher auch
die gelbe Farbe die heilige Farbe aller Mongolen
ist. Die schwarzen sind sehr roh. Beyde Stämme
sind grössten Theils Nomaden, und leben von
501der Viehzucht. 2. Die Sonjoren, welche sich
von 1696 bis 1746 furchtbar machten, dann aber
durch innere Unruhen getrennt wurden, worauf
sich ein Theil an Sina, ein anderer aber
1758 an Russland ergab. Der letztere wanderte
1770 grössten Theils wieder aus, und warf sich
dem Sinesischen Reiche in die Arme. Sie sind
noch jetzt die mächtigsten unter den Kalmücken,
indem sie die kleine Bucharey, Turkestan und
die Kirgisen beherrschen. Von ihnen werden
zuweilen alle Kalmücken Sonjoren genannt.
3. Die Derbeten an der Wolga unter Russischer
Hoheit. 4. Die Torgoten, auch an der Wolga,
von wannen sie aber 1770 und 1771 auswanderten,
und sich an Sina ergaben.

C. Die Buratten.

Russ. Bratski, um den See Baikal im Gouvernement
Irkutzk, längs der Mongolischen und
Sinesischen Grenze. Sie sind die ungebildetsten
und unreinlichsten unter allen Mongolen; auch
ist ihre Mundart die rauheste, und wegen ihrer
Verwechselung der Consonanten, wovon die
meisten guttural und nasal sind, am meisten abweichend.

Mongolische Sprache.

Schade, dass es von dieser Sprache weder
Grammatik noch Wörterbuch gibt, indem sie
einer nähern Kenntniss vor andern werth ist.
Das wenige, was man von ihr weiss, ist in folgenden
Schriften enthalten:

Grammaire de la langue des Tatares-Mongols,
traduite d'un Ms. Arabe
, in Melchised. Thevenot's
Voyages
, Th. 2, ist sehr unvollständig, und beträgt
502nur Eine Folio-Seite. Einige Wörter befinden
sicll in Witsen Tatarye, Th. 1, S. 266, Scherers
Nebenstunden, S. 191, 202, und dem
Vocabul. Petropol. No. 135. Die Zahlwörter in
Fischers Sibir. Gesch. Einleit. S. 40. Theoph.
Siegfr. Boyers Orthographia Mongolica
, in den Act.
Erud
. 1731, S. 307, und eben desselben Elementa
Litteraturae Mongolicae
in den Commentat.
Petropol.
Th. 3, S. 180, und Th. 4, S. 289 betreffen
bloss die Schrift. Diese ist eine Art Sylben-Schrift,
indem sie aus 98 Zeichen für eben
so viele einfache Sylben bestehet. Joh. de Monte
Corvino
, welchen der Pabst in die Tatarey
schickte, und welcher um 1305 Bischof zu Cambalu
(Peking) war, übersetzte, nach Mosheims
hist. eccl. Tataror
. S. 96, das N.T. in die Mongolische
Sprache.

Kalmückische Wörtersammlungen haben,
Witsen in Tatarye, Th. 1, S. 297-304; Strahlenberg
im Nord- und östlichen Europa und Asien,
S. 137-156; Vocabul. Petrop. No. 137; Pallas
Reise
, Th. 1, passim; Falks topogr. Beschreibung,
Th. 3, S. 575. Die Zahlwörter in Müllers Samml.
Th. 4, S. 355, Fischers Sibir. Gesch. Einleit. S.40,
und Nov. Act. Upsal. Th. 2, S. 1775. In Pallas
Nachricht
. Th. 1, S. 153 befinden sich Deutsche
Übersetzungen Kalmückischer Lieder, und darunter
zwey mit dem Original.

Bürattische Wörter haben: Pallas Reise,
Th. 3, pass. Georgi Beschreib.Th. 4, S. 420,
und dessen Reise, Th. 1, pass. Fischers Sibirien,
Th. 1, S. 33, und daraus Schlözers Norden,
S. 400; Regniers Nachr. in Meusels Beytr. zur Erweit.
der Geschichtsk
. Th. 1, S. 119-180; das
Vocab. Petrop. No 136. Ein Bürattisches Lied
in Jo. Ge. Gmelins Reise in 8, Th. 3, S 370.503

Aus dem wenigen, was man von der innern
Einrichtung dieser Sprache weiss, scheinet doch
zu erhellen, dass sie unmittelbar aus den einsylbigen
Sprachen hervor gegangen ist, so wie
auch das Volk selbst zu allen Zeiten seinen
Hauptsitz an und in Tibet gehabt hat. Eben dieselbe
Armuth in Bezeichnung der Nebenbegriffe,
eben derselbe Mangel an Verbindung der Sätze
und Perioden; besonders aber eben dieselbe
sonderbare Stellung der Begriffe in der Folge
der Rede.

Sie bestehet aus wenig einfachen Wurzellauten,
welche nicht über drey Buchstaben haben,
und gemeiniglich kurz sind. Indessen ist
sie nicht mehr einsylbig, sondern sie kennet sowohl
die Biegung als Ableitung, sowohl für
Nenn- als Zeitwörter.

Sie hat die gewöhnlichen Buchstaben, und
darunter sieben Vocale und vierzehn Consonanten,
keine harten Zusammensetzungen der letzten,
aber desto mehr Vocale, welches nebst der
Kürze der Sylben ihr einen eigenen Wohlklang
gibt. Dass sie sehr bildlich und mahlerisch ist,
hat sie mit allen alten und ungebildeten Sprachen
gemein.

Sie kennet keinen Artikel, hat aber dafür,
wie es scheinet, vollständige Declinationen.

Sie hat Pronomina, gebraucht sie aber nur
selten, und wiederhohlt dafür das Substantiv.

Das Verbum scheint sehr mangelhaft zu
seyn; wenigstens kennet sie keinen Conjunctiv,
sondern behilft sich in allen Fällen mit dem Indicativ.
Doch scheinet sie den Optativ zu haben.

Die Praepositionen sind auch hier Postpositionen.
An andern Partikeln ist sie sehr arm.
504Die gemeine Sprache kennt gar keine Conjunctionen,
sondern stellt die Sätze einzeln und unverbunden
neben einander. Die Schriftsprache
hat doch wenigstens das und.

Denn nach Herrn Bergmann gibt es ausser
der Umgangssprache noch eine eigene Schriftsprache,
worin die wenigen Bücher, welche sie
haben, geschrieben werden. Diese soll sich von
der gemeinen eben so unterscheiden, als das
Slavonische von dem gemeinen Russischen. Sie
wird also wohl ein veralteter, oder auch ein veredelter
Dialect seyn.

Vorzüglich zeichnet sich hier die Wortfolge
aus, indem der Mongol die ängstliche Beobachtung
des Ranges im bürgerlichen Leben in seiner
ganzen Sprache nachahmt. Das Wichtige und
Grosse, oder was er dafür hält, stehet allemahl
voran, das minder Wichtige folgt, und das ganz
Unwichtige macht den Beschluss, wodurch denn
die Folge der Begriffe ein sehr sonderbares Ansehen
bekommt. Dabey sind seine Perioden sehr
lang, welches alles denn viele Dunkelheit und
Zweydeutigkeit macht, und dem Errathen Spielraum
genug lässt.

Da diese Eigenheiten in dem V. U. nicht so
merklich sind, so will ich zum Beschluss eine
Stelle aus einem Mongolischen Romane beyfügen,
welche Herr Bergmann mit der Lesung und
buchstäblichen Übersetzung in Kupfer gestochen
liefert, und Th. 1, S. 114 mit einer syntactischen
Übersetzung begleitet.

Sprachproben.

Die folgende Mongolische Formel ist aus
Nic. Witsens Noord- en Oost-Tatarye, so wie er
505sie einem bey der Russischen Gesandtschaft befindlichen
Sclaven abgefragt hatte, über dessen
Dummheit er sehr klagt. Ihre Zuverlässigkeit
mag daher auch nicht sehr gross seyn, wenn sie
gar noch Mongolisch ist. Denn sie kommt mit
der folgenden Formel nur in wenig Wörtern
überein. Wenigstens ist die eigentümliche
Wortfolge ganz verfehlt. Die Leipziger und
Bergmanns Sammlungen liefern sie zwey
Mahl, und zwar das Eine Mahl unter den
Malayischen.

Die zweyte ist richtiger und genauer. Es
ist diejenige, welche die ersten Anbauer zu Sarepta
von den getauften Kalmücken bey Stawropol
an der Wolga erhielten, und welche seit dem
von mehrern Kennern der Sprache für richtig
erklärt worden. Man hat von derselben einen
Abdruck auf einem einzelnen Bogen, mit Kalmückischer
Schrift, der Lesung und einer buchstäblichen
Übersetzung, aber ohne alle weitere
Anzeige. Von dieser habe ich eine Abschrift
durch die Gütigkeit des Herrn D. Wald in Königsberg
erhalten. Sie stehet auch, aber sehr
fehlerhaft, in einem Aufsatze Bayers über die
Kalmücken in Lilienthals Preuss. Zehenten, Th. 1,
S. 81. Richtiger liefert sie Herr Bergmann in
seiner Sammlung nach einer aus Sarepta erhaltenen
Abschrift. Eben diesem Freunde habe ich
nachstehende sehr genaue Abschrift von einem
Herrn Neiz in Sarepta zu danken, von welchem
auch die grammatischen Anmerkungen sind. In
den vorigen Abschriften fehlte die Doxologie,
welche Herr Neiz erst in der nachstehenden beygefüget
hat.506

77. Mongolisch.

Aus Nic. Witsen Tatarye, Th. 1, S. 245, und
Leibnitzens Collect. etymol. Th. 2
, S. 373.

Unser Vater, der bist im Himmel,
Heilig sey Nahme dein;
Dein Reich komme;
Geschehe Wille dein Himmel so auf Erde:
Tägliches Brot gib uns heute;
Vergib unsere Schulden, wie wir vergeben
unsern Beleidigern;
Lass uns nicht in Versuchung;
Befreye uns vom Bösen.
Weil Reich, Macht, Herrlichkeit dein in
Ewigkeit. So sey es.

Aslu Itsichcha de tende baitsie Tingri,
Gerete Neretsine;
Sine Thuru tufsim;
Bolcho Sorechsinei Tingri, ga der Dere,
Talcha Mandatse o daat ze;
Nagolimane ka Gatso, jase vida salutse
gube Manei-vrituchi;
Bietege galga Mandu;
Sietkiri Tasul.
Mocho Ucho, Delegi, Turiet sini koet
Kusam. Krik mangdim.

78. Kalmückisch.

Von Hrn. Neiz in Sarepta.

Vater unser Himmel im seyend,
Euer Nahme sich ausbreiten möge;

Ätschigä mani Octorgoi du baiktschi,
Tani Närätäni dälgäräku boltugai;507

Euer Seligkeit Reich möge kommen;
Euer Wille Himmel Erde auf auch
geschehe;
Unser Tag jeden Nahrung jetzt uns
geben sie;
Unrecht gemacht uns vergeben (sie) wir
an uns Unrecht gemacht (von) Menschen
vergebend eben so;
Schlechte Sachen von uns bewahrend verleihen sie;
Böse Geister Unfall von uns erledigen
möchten sie.
Denn Reich und alle Stärke und
Vorzug und Majestät-Glanz wirklich euere
Hand in ist. Amen.

Tani Amogolangün Oron irätugai;
Tani Duran Octorgoi Gasar tu tschigi
boltugai;
Mani Odör burun Tarahlang odo mandu
öguita;
Buruu käksäigi mani öngörööl, bidä
bajädän Buruu kaksan Kümuigi
öngöröölduktu adali;
Moo Uiläsa mani ibän ssoirchuktun;
Ada Todchör äfsä mani sailoolchö
boltugai.
Charin Oron kigäd chamuk Kutschin kigäd
Ärkäschil kigad Ssur Sali mön tani
Gar-tu amai. Mangalam.

Anmerkungen.

Ätschigä, Vater, Genit. Ätschigain, des Vaters.
Da die Mongoln keinen Artikel haben, so
kann jenes sowohl der Nominativ als Vocativ
seyn; hier ist er das letztere. Nach Witsen und
Falks Beschreib. Th. 3, S. 575 heisst Vater auch
Aba, Abagay und Atey.508

Octorgoi, Himmel, Gen. Octorgoin, Dat. Octorgoidu.
Nach Witsen und dem Vocab. Petrop.
heisst der Himmel auch Tengri, Buratt. Tingiri.

Du, in auch zu, eine Postposition, welche
allemahl hinter ihrem Substantive stehet. Nach
einem Vocale heisst sie du, Octorgoi du; nach
einem Consonanten aber tu, Gusar tu, auf
Erden.

Baiktschi, seyender, das Participium von
Baicho, seyn.

Tani, euer. Die Kalmücken sind vielleicht
die einzigen, welche Gott, auch wenn sie den
einzigen wahren Gott im Sinne haben, mit ihr
oder Sie anreden. Du heisst sonst tschi, und
dein tschini.

Nürätäni, Nahme euer, von Närän, der
Nahme. Das angehängte Pronomen wird bloss
um des Wohllautes willen wiederhohlet, zumahl
da es mit dem vorhergehenden tani etwas reimartiges
hat

Dälgäräku, sich ausbreiten, sich fortpflanzen.
Boltugai, es werde, oder es möge; die
dritte Person des Praes. Optativi von Bolcho,
werden.

Amogolang, die Glückseligkeit; Genit. Plur.
Amongolangün, der Glückseligkeiten. Oron, das
Reich.

Irätugai, es komme, die dritte Person des
Praes. Optativi von Iräku, kommen.

Duran, der Wille; Genit. Durani.

Gasar, Gassar, die Erde; tschigi, auch.
Nach dem Vocab. Petrop. heisst die Erde auch
Schroï vielleicht in einer andern Bedeutung, und
nach Falk Scharos.

Odör, der Tag; Genit. Odörün. Burun,
jeder.509

Tarahlang, Nahrung. Brot heisst nach Witsen
Borsok, nach dem Vocab. Petrop. Talcha,
und nach Herrn Neiz Ödmock. Weil aber nicht
dieses, sondern Milch und Fleisch der Kalmücken
Nahrung, so hat man hier das allgemeinere
Wort gewählet.

Odo, jetzt. Heute heisst eigentlich ändar
oder änä Odär, diesen Tag, und würde hier
wohl besser als odo stehen.

Öguita, gebet ihr, oder geben sie, von
öcku, geben.

Buruu, das Versehen, Unrecht. Kaksäigi,
das gemachte, der Accusat. des Partic. Praet.
kaksän, gemacht, von kaku, machen.

Ongorööl, vergebet, von öngeroolcho, vergeben.
Diess sollte wohl eigentlich richtiger
öngerööldukkuu, vergeben sie, heissen.

Bidä, wir. Bäjädän, oder Bijedän, uns,
an uns.

Kümuigi, von Kümün, Mensch, Genit. Kümuni,
Dat. Kümundu, Accus. Kümuigi, Ablat. Kümunäsä;
doch wird es mehr im Plurali als Singulari
gebraucht. Kuun, Kühn, heisst ein Mann.

Ongöröolduktu adali, dem vergeben gleich,
d. i. wie wir vergeben.

Moo, schlechte, Uilä, Sachen, Thaten, mit
der Postposition ässa, von, Uilasä.

Ibän, bewahrend, das Partic. von Ibäku, bewahren.

Ssoirchuktun, verleihen sie, von Ssoircho.

Ada, das Übel, was von bösen Geistern
herrühret. Todchor, Unglück, Unfall; Ada todchor
äsä
, von allem Bösen.

Sailoolchö, befreyen. Mani sailoolcho boltugai,
uns befreyen beliebet.510

Charin, denn. Kigäd, und. Diess wird
aber bloss in Schriften gebraucht; im Umgange
bleibt es weg, höchstens setzt man statt dessen
ein tschigi, auch.

Chamuk, alle. Kutschin, Stärke. Arkäschill,
der Vorrang; auch die Eigenmacht, Selbständigkeit.
Ssur Sali, der majestätische Blick,
Glanz.

Mön, wirklich, wahrlich. Gar, die Hand;
tani Gar tu, in eurer Hand.

Amui, es ist; wird nur in Schriften gebraucht.
Im gemeinen Leben sagt man baine,
oder auch boltugai, es sey, möge seyn.

Mangalam, Amen, kommt auch nur in
Schriften vor. Es scheint Tibetanisch oder Sanscrit
zu seyn. In dem letztern ist Mangala, die
Glückseligkeit.

Eine Stelle aus einem Kalmückischen Roman.

in Benjam. Bergmanns nomadischen Streifereyen,
Th. 1
, S. 114.

Sprechend also was für Worte werden
gehört gesprochen Herz wild mit
gekommen sich zu unterreden.
Minister also gesprochen. Geberde aber
erhaben Seher Gemüth aber ruhig
Körper ansehnlich Angesicht aber heiter
Jüngling woher gekommen?

Kämädschi äjn jamar Ugä ssonolstochoj
büj kamäim Surkän dokschikssler
iräa solgoldukssakdu.
Tuschimäll äjn kämän Jabudal inu
go Tolgün Ssädkill inu amugolangtäj
Bäjä usässkülängtäi Gagän inu tunggulack
Koböön chamiga äzä irä bäj?511

Gesprochen auf das Gefragte Jüngling also sprach:
ich mittelst Gegend Reichs Unäkär Törölkitu
Chans jung ich auch Go Tschikitu wirklich
wohl der Gemahlinn jüngere ich wirklich gesprochen.
Das Gesprochene auf Minister also sprach:
Der Gemahlinn jüngerer Bruder dir gleich seyn
nicht Kuh von Pferd kein geboren werde Sprichwort
mit gleich gesagte du wahr sprich ich ein
leidender Greis sehr bejahrt wirklich.
Körper Pferd aber ermattet aussehend
weit Land aus von gereiset weil ihr
Go Tschikitu Chan Jüngling Ardani
Zäzäk genannt Madchen Jüngling beyde des Schanchala
Reich in genannt erreicht haben Nachricht
gehört habt ihr? Meinen Geist
überwältiget grosses Leiden erheitern
um wahr sprich. Dein Erblicken
durch mein Geist zu erfreuen um.

Kämän assagukssandu Köbön äjn kämän:
bi dundadu Töb Oron Unäkär Törölkitu
Chani baga bi tscho Go Tschikitu mön
büjsa Chatuni doe bi mön män.
Sarlikkakssan du Tuschimäll äjn kamän:
Chatuni Doe tschimdu adali bolcho
ugäj Ukär äzä Morin ulü törökö Uligär
lugä adali kämägäd tschi unä ögölä bi niggä
sobülongtu Kökschinn jucka nussatu mön.
Bäjä Morin inu ssuldänikssän baidallaj
cholo Gazar äzä jabukssän büja ta
Go Tschikitu Chan Köbön Ardäni abchaj
Zakäk kämäkö Okin Köbön chojor Schanchalijn
Oron du kämakö kurbäj Käläkür
ssonossokssän büjta? Mini Ssädkill
bodonggirakssan jäkä Sobülong tonygaschujn
tula unär ögölä. Tschimaj Usäkssan
jar mini Ssädkill bajassukssänj tula.512

Auf das Gesagte Chans Sohn Lüge
kein zu sprechen um ich auch Go Tschikitu
wirklich wohl.

Kämäkssändu Chan Köbön Chudall
ülü ögölaküjn tula: bi tscho Go Tschikitu
mön büjsa.

Syntactische Übersetzung.

Als er (der Prinz) also gesprochen hatte, kam er
mit wildem Herzen (zu dem Alten,). Was werden,
(sprach er) für Reden geführt?

Da sprach der Minister: deine Geberden verrathen
einen erhabenen Seher. Ruhig ist dein Gemüth, voll
Ansehen dein Körper, heiter dein Antlitz. Woher
kommst du wohl, Jüngling?

So sprach er, und der Jüngling antwortete: ich
bin aus der mittelsten Gegend des Reichs, des Chans
Unäker Törolkitu jungen Gemahlinn jüngerer Bruder
Go Tschikitu. Und das bin ich wirklich.

Hierauf sprach der Minister: du gleichst nicht
dem Jüngern Bruder der Gemahlinn. Von einer
Kuh wird kein Pferd geboren, sagt das Sprichwort.
Sage mir die Wahrheit, denn ich bin ein leidender
bejahrter Greis.

Dein Körper (Du) und dein Pferd scheinen so
ermattet, dass ihr wohl aus einer fernen Gegend
herkommet. Hast du niemahls von des Chan Go
Tschikitu Sohn und Tochter Ärdäni Zäkäk gehöret,
ob sie beyde in das Schanchala- Reich glücklich angelanget
sind? Meinen Geist überwältiget grosses Leiden;
erheitere mich und sprich die Wahrheit. Schon
dein Anblick hat meinen Geist erfreuet.

Hierauf versetzte des Chans Sohn, um keine Lüge
zu sagen: dieser Go Tschikitu bin ich wohl selbst.513

3. Mantschurisch.

Mantschu, Mantschuren, Mansuren, Sines. Man
tscheu
, ist der allgemeine Nahme der Bewohner
der Östlichsten Tatarey, d. i. des Landes zwischen
den Mongolen und dem östlichen Ocean
auf der einen, und Sina und Sibirien auf der andern
Seite. Bey manchen Schriftstellern werden
sie, obgleich irrig, östliche Mongolen genannt;
indem sie sich von den Mongolen durch
Sprache, Bildung und Sitten hinlänglich unterscheiden.
Der Mongol Abulgasi, der aus einer
genealogischen Grille alle so genannte Tatarn so
gern aus den Lenden Eines Mannes ableiten
möchte, behauptet, die Sprache der Mantschu
sey eine Mischung des Sinesischen und des nunmehr
unbekannten alten Mongolischen. Dass
sie mit dem Sinesischen nichts gemein hat, gibt
die geringste Vergleichung; das alte Mongolische
aber hat der gute Chan gewiss nicht gekannt.
Die Sinesen, welchen jetzt die ganze
Mantschurey unterworfen ist, theilen selbige in
drey Statthalterschaften: 1. Shin-Yang oder
Mugden, welche die östlichste ist, und das alte
Lyau-Tong oder Quan-Tong begreift; 2. Kirin-Ula,
worin die Yupi, Kesching und Han-tala
wohnen; und 3. Tsitsikar, worin sich ausser
eigentlichen Mantschu auch Solonen und Da-urier
befinden.

Das Volk grenzt unmittelbar an das einsylbige
Sprachgebieth, besonders an Sina, und ist
wahrscheinlich auch von demselben ausgegangen.
Die Sprache ist zwar mehrsylbig, hat aber
doch noch viele Spuren ihres ehemahligen rohen
und sinnlichen Ursprunges aufzuweisen. Bey
nahe wüsste ich keine Sprache, welche noch so
514viele Onomatopöien in ihrer eigentlichen Bedeutung
beybehalten hätte, als diese. Jede auch
noch so fein schattirte Art des Lautes hat ihren
Nahmen, welcher denn gern durch eine Verdoppelung
ausgedruckt wird. Tschang tsching, der
Klang der Glocken. Tang tang und Tang ting,
der Klang des geschlagenen Eisens. Kaka kiki
oder Kiki kaka, das Gelächter. Tuk tuk, das Herzklopfen.
Tak tik, Tap tib, Pata pata, Patar pitir,
Pak pak, Pai pai, Per par, Pes pas, Pitschik pitschak,
Potor potur, Sir siar, Schor schar, und hundert
andere drucken verschiedene besondere Arten
des Lautes aus. Bty manchen derselben findet
man noch deutliche Spuren der ersten Unvollkommenheit
der Organen.

Diese Verdoppelung wird denn auch nach
einer auch in andern Sprachen, z. B. der Deutschen,
nicht ungewöhnlichen Figur gebraucht,
Veränderungen zu bezeichnen, welche mit einer
mehrmahligen Wiederhohlung verbunden sind,
und nach einer noch weitern Figur eine Intension.
Pekte pakta, im Gehen wankend; Porbon
porban
, ein Rinnauge, auch das Geheul mehrerer;
Siran seran, ohne Aufhören; Tahin tahin,
mehrmahls; Son son, getheilt, zerstückelt;
Schari schari, glänzend; Ulan ulan, ein allgemeines
Gerücht; Takta takta, springend; Tebe taba,
untereinander; Lascha lascha, stückweise; Lang
lang
, nachlässig, (Deutsch Schling schlang;) Lete
lata
, schwere Last; Lapta lapta, zerlumpte Kleidung;
Lulu, kleiner Mensch; Tuta tuta, taub;
Mem meni, jeder; Mutan mutan, zuweilen, u. s. f.

Das hohe Alter dieser Sprache erhellet auch
daraus, dass sie an den östlichsten Grenzen der
alten Welt noch manche Überbleibsel einer alten
Ursprache aufzuweisen hat, welche tief in
515Westen gleichfalls noch angetroffen werden:
Ura, der Hintere, Gr. Ουρα; Kaka, Koth kleiner
Kinder, kacken, cacare; Kalpin, der dünne
Theil des Leibes unter den Rippen, die Weichen,
Κολπος; Tschop, Berggipfel, Schopf, Zopf,
und ohne Zischlaut Gipfel selbst; Non, junges
Mädchen, Nonne, Lat. Nonnus; Tschos, das Geräusch,
wenn ein zurück gehaltener Körper
plötzlich entlassen wird, erinnert an unser
schiessen in allen Bedeutungen; Heren, Heer,
Heerde, Franz. Haras; Kiri, Geduld, kirre, welches
bey uns keine Etymologie hat; Kisun, Wort,
Kisureme, reden, kosen; Hife, Hafer, Avena,
hat in beyden Sprachen keine Etymologie, ist
aber im hohen Mittel-Asien, dem Sitz der Mantschu
einheimisch; Fahala, schwärzlich, fahl;
Fara, Schlitten; Farsche, Stück, Theil, Pars;
Fialhu, träge, faul; Furu, heftiger Zorn, Furor,
ingleichen ein Schwären, Furunculus; Furdan,
enger Weg, Pass, Furt; Lete lata, schwere Last,
laden; Lapta, zerlumpt, Lappen; Leta, spät,
Nieders. laat; Mala, Käule, Malleus; Morin,
Pferd, Mähre; Sengui, Blut, Sanguis; Ania, das
Jahr, Annus, u. s. f.

Diese und manche andere Wörter ausgenommen,
hat sie in ihren Wurzeln mit keiner
bekannten Sprache Ähnlichkeit, sondern sie ist
eine eigene Original-Sprache. Dass sie in den
spätern Zeiten manches aus dem Sinesischen geborget
hat: Kiai, Gasse, Sin. Kié, Ku; Fense,
Becken, Schüssel, Sin. Pen tsee; Tyse, Entwurf,
Sin. Ty tsee, u. s. f. kann wohl nicht befremden.

Auch trägt sie noch unverkennbare Spuren
ihrer Abstammung von einer der einsylbigen
Sprachen, an welche das Volk unmittelbar grenzet,
und von welcher es ohne Zweifel ausgegangen
516ist. Eine derselben ist, dass manche, besonders
einsylbige Wörter, als der erste Bestandtheil
der Sprache, nicht allein viele oft ganz
fremde Bedeutungen haben, sondern auch mehr
als Einen Redetheil vertreten müssen; indem
manches Wort ein Pronomen, ein Verbum, ein
Substantiv, ein Adjectiv, und eine Partikel zugleich
ist. Pi, bedeutet ich, seyn, haben, lassen.
Pe, wir, nimm, Futter der Vögel, der
Onkel, die Achse am Wagen. Ta, ein Maass
von 5 Fuss, messen, der Anfang, Ursprung,
das Oberhaupt, verlangen, die Wurzel. Tua,
siehe und Feuer. Sui, Sünde, Verbrechen,
mahlen, molere. Das Perfectum von mahlen
heifst Suihe, dieses bedeutet aber auch Büchse,
Futteral, eine Art Schlüssel, Getreide, das
Ende, Äusserste eines Dinges. Etsche, erinnere
dich, ein Ochs, ein männliches Thier. Scha,
siehe, feine Gaze, zarte Fäden, ein dicker
Wald. Sa, wisse, die Endung des Plurals, eine
Pflanze, ein gewisses Holz am Wagen, der Rand
eines Stuhles. Si, du, ihr, verstopfe, fülle aus,
eine Reihe Soldaten von 5, der Punct im Schreiben.
Ob diese Bedeutungen noch durch den
Ton unterschieden werden, weiss ich nicht, wenigstens
finde ich davon nichts bemerkt.

So ungebildet nun dieses nomadische Volk
von je her war, und es in seinen Steppen zum
Theil noch ist: so gehöret doch dessen Sprache
zu den sanften. Ihre Wurzeln sind einfach, und
bestehen entweder aus einem Consonanten, mit
einem darauf folgenden Vocal oder Diphthong,
wie die Sinesischen: Na, Erde, Po, Haus, Pa,
Ort; oder aus zwey Consonanten mit einem Vocal
dazwischen. Zwey verbundene Consonanten
duldet sie nicht, sondern trennet sie allemahl
517durch einen Vocal; (das tsch macht als ein einfacher
Laut keine Ausnahme.) Peterus, Andereas,
für Petrus, Andreas. Plebs est prostrata, lautet
im Munde des Mantschu: Pelebes esut parosuturata;
bey dem Sinesen, der kein b, d und r
aussprechen kann: Pelebesu nghesete polosutulata.
Sie hat aber auch noch andere weit gebildetern
Sprachen unbekannte Feinheiten. So ist es einem
Mantschurischen Ohre unerträglich, wenn
ein und eben dasselbe Wort, wäre es auch ein
Pronomen oder eine Partikel, in dem Raume
von einigen Zeilen wiederhohlet wird, daher
man sich entweder durch die Stellung der Wörter,
oder durch die Umschreibung zu helfen
sucht *)73

Vorzüglich hat sich diese Sprache durch die
Ableitung, welche hier sehr regelmässig und
reichhaltig ist, von dem Joche der Einsvlbigkeit
zu befreyen gesucht Soho, gelb, Sohori, sehr
gelb, Sohon, blass gelb, Sohoken, ein wenig
gelb. Talpa, die Seite, Talpade, auf der Seite,
Talparame, auf die Seite gehen, Talpaki, bey
Seite, Talpashun, an jemandes Seite. Amba,
gross, Amban, ein Grosser, Minister, Ambaki,
Grösse, Majestät, Ambarame, vergrössern, Ambula,
sehr, Ambukilame, prahlen. Man bemerke
die Verkleinerungssylben lien und ken oder kan,
welche mit den Deutschen lein und chen, Nieders.
ken, überein stimmen. Ambakalien undAmbukan,
ein wenig gross; Muhelin, rund, Muheliken, ein
wenig rund, rundlich; Mua, dick, Muakan oder
Mualien, dicklich; Sektu, weise, Sektuken, ein
wenig weise.518

Der Mantschu kennet keinen Artikel, auch
sind seine Substantiva nicht nach Geschlechtern
vertheilt, daher auch die Adjectiva kein Geschlecht
zu bezeichnen haben. Sain Hage, der
gute Mann, Sain Heghe, die gute Frau, Sain
Morin
, das gute Pferd.

Die Declination ist sehr mangelhaft, und
athmet ganz den Geist der einsylbigen Sprachen.
Der Plural wird nicht allemahl bezeichnet, sondern
oft dem Verstande und Zusammenhange
überlassen. Bezeichnet man ihn aber, so geschiehet
es auf doppelte Art: 1. Durch Beyfügung
eigener Wörter, welche eine Mehrheit bedeuten,
wie sei, die übrigen, scherschi, derselben
Art, urse, welche, tome, jeder. Sain urse,
gute, d. i. Menschen. 2. Durch die Endsylben
sa, se, si, und te, oder de, wie in ausgebildeten
Sprachen. Endori, Geist, Endorisa, Geister;
Heghe, Weib, Plur. Heghesi; Teu, Bruder, Pl.
Teude.

Die Casus werden nicht an dem Worte
selbst, sondern, wie in den einsylbigen Sprachen,
durch besondere Partikeln ausgedruckt,
welche dem Worte nachgesetzet werden. Diese
sind: 1. Für den Genitiv, wenn der letzte Buchstab
ein Vocal ist, iodery, wenn er aber ein
Consonant ist, ni. Dabey stehet der Genitiv,
wenn zwey Substantiva zusammen kommen,
voran: Apa i Eschin, des Himmels Herr; Sun ni
Tschai
, Milch-Thee; Schan ni ta, des Ohres
Wurzel. 2. Für den Dativ, de, Nialma de, dem
Manne. 3. Für den Accusativ, be: Ama Chu be
cogimi
, der Vater den Sohn liebet. 4. Der Vocativ
bleibt unverändert 5. Für den Ablativ
schi, de, und y, ni, nachdem eine Trennung,
eine wirkende Ursache, ein Werkzeug oder eine
519Art ausgedruckt werden soll. Na schi, von
der Erde.

Die persönlichen Pronomina werden wie
die Substantiva declinirt: Pi, ich; Gen. Mini;
Dat. Minde; Accus. Mimbe; Ablat. Minsche. Der
Plural der ersten Person, wir, ist doppelt, nachdem
man den Gegenstand mit einschliesset oder
nicht. Bey der zweyten Person macht das Verhältniss
der redenden allerley Veränderungen
nothwendig.

Die Conjugation ist, was das Genus, die
Modos und die Zeiten betrifft, sehr vollständig;
alles wird an dem Worte selbst ausgedruckt.
Die Wurzel des Verbi ist (wie im Deutschen)
der Imperativ. Dieser wird im Praes. Act. mi
oder mbi, im Imperf. pige, (eigentlich das Praeteritum
des Verbi Substantivi pi, sey,) im Perfecto
ha, ge oder ga, im Futuro ra, ro, re, angehängt.
Diese Endungen bleiben durch alle
Zahlen und Personen unverändert, doch setzt
man auch wohl die Person voran; Pu, gib;
Praes. Pumi, ich gebe, du gibst, er gibt, wir
geben, u. s. f.; Imperf. Pumpige, ich gab; Perf.
Puha, Puga; Fut. Pure. Dem Infinitiv wird ein
me, und dem Partic. ein fi angehängt: Pume,
geben; Pufi, gebend. Das Plusquamperfectum
zu bezeichnen, wird dem Perfecto noch das pigepi
beygefügt: Puha pigepi, ich hatte gegeben.

Im Passivo wird zwischen dem Imperativ
und der Endung des Temporis noch bu eingeschaltet:
Pubumi, ich werde gegeben; Pubume,
gegeben werden. Ist das Verbum verneinend,
so wird noch aco, nicht, beygefüget: Puha, ich
habe gegeben, Puha aco, oder Puhaco, ich habe
nicht gegeben. Hulaha pigepi, ich hatte gerufen;
Hulaha pigepi aco, ich hatte nicht gerufen.520

Sehr reich ist diese Sprache an solchen Formen,
welche man in den Semitischen Sprachen
Conjugationen nennet, den Begriff des Verbi
mit allerley Nebenbegriffen zu bezeichnen, oder
Factitiva, Collectiva, Inchoantia u. s. f. zu bilden.
Apa, die Jagd; Apala, jage; Apalame, jagen;
Apalabume, gejaget werden, und jagen lassen;
Apalaname, auf die Jagd gehen; Apalatschime,
von der Jagd kommen; Tatschi, der
Imperativ lerne, auch die Lehre; Tatschime, lernen;
Tatschiname, gehen zu lernen; Tatschintschime,
kommen vom lernen; Tatschintume, lernen,
von mehrern; Tatschibume, lehren; Tatschihiame,
unterrichten, abrichten; Tatschihiabume,
unterrichten lassen. Solime, einladen;
Solibume, befehlen einzuladen, einladen lassen;
Soliname, gehen einzuladen; Solintschime, vom
einladen kommen; Solinume, sich gegenseitig
einladen, u. s. f.

Die Praepositionen sind hier Postpositionen.
Teri, durch, Scheden teri, durch die Mitte.

Die Adjectiva und Praepositionen werden
den Substantiven gemeiniglich vorgesetzt: aïen
Puhu, ein grosser Hirsch; aïen Edun, ein starker
Wind. Zuweilen stehen die Adjectiva aber auch
nach: Ania tari, Jahr jedes; Aha simeke, Regen
sanfter.

Die vornehmsten Hülfsmittel dieser Sprache
sind:

Theoph. Siegfr. Bayer diss. de Litteratura Mangutica
in Commentat. Acad. Petropol.
Th. 6, S. 325,
betrifft bloss die Schrift, wovon auch le Roux de
Hauterayes in des Petity Encyclop. élémentaire,
Th. 2, B. 2, S. 546 folg, handelt. L. Langlès
Alphabet Tartare-Mantchou, Paris, 1787, 4; auch
vor seinem folgenden Wörterbuche.521

Elementa Linguae Tataricae, in des Melchised.
Thevenot Relations de divers Voyages curieux
, Paris,
1696, fol. Th. 4; wovon der Jesuit Franç. Gerbillon
Verfasser ist.

Des Ex-Jesuiten Amyot zu Peking Grammaire
Tartare-Mantchou
stehet in dem 13ten Bande der
Mémoires concernant la Chine, S. 39-73.

B. L. Langlès Dictionnaire Tartare-Mantchou-François,
Paris, 1789, 4, drey Theile in zwey
Bänden, wovon eigentlich der Ex-Jesuit Amyot
zu Peking Verfasser oder wenigstens Einsender
ist. Die Mantschurischen Wörter waren Sinesisch
erkläret, welches Langlès nur in das Französische
übersetzte. Aber da die arme Sinesische
Sprache unzählige Begriffe oft dürftig genug
umschreiben muss, so ist auch die Französische
Erklärung oft schwankend und unbestimmt.
Auch fehlt es an aller Sprachkritik, und
nur zu oft an der gehörigen Ordnung, daher der
Gebrauch des Buches schwer und unbequem ist.
Die Mantschurischen Wörter sind zwar mit Mantschurischer
Schrift gedruckt, aber da diese syllabisch
ist, und eigentlich aus 1500 Zeichen bestehet,
so hat Langlès dieselben auf 29 eigentliche
Buchstaben zurück geführet, auch die perpendikuläre
Schrift in eine horizontale verwandelt.
Wie fern ihm das gelungen ist, müssen
andere beurtheilen. Mehrere Wörter des folgenden
V. U. habe ich vergebens darin gesucht.
Es sollte noch ein vierter Theil folgen, welcher
ausser den Sprachlehren des Gerbillon und Amyot
auch die noch ungedruckten des Domenge und
Raux enthalten sollte, aber noch nicht erschienen
ist.

Eben desselben Verzeichniss von 200 in der
National-Bibliothek zu Paris befindlichen Mantschurischen
522Handschriften, nebst einer Nachricht
von einem handschriftlichen Dictionario Latino-Sinico-Mantchou
in drey Folio-Bänden, befindet
sich in den Notices et Extraits des Ms. de la
Biblioth. nationale
, Th. 5.

Die Mantschu theilen sich in mehrere, zum
Theil ansehnliche Stämme. Die bekanntesten
sind:

A. Die Mantschu in engerer Bedeutung.

Bey den Sinesen Niu-tsche, bey den Russen,
Bogdoi oder Bodoitzen, in Norden von Sina und
Korea, zwischen den folgenden Stämmen und
den Mongolen und dem Amur-Flusse. Dieser
Stamm bemächtigte sich 1644 des Sinesischcn
Reiches, welches er noch jetzt beherrschet.
Von der Cultur, welche derselbe in Sina erhielt,
strahlte manches auf die ausser Sina zurück, daher
zwar ein Theil derselben noch Nomaden
sind, viele andere aber in Städten und Dörfern
wohnen. Am meisten ist ihre Sprache in Sina
ausgebildet worden, indem die Kaiser von dem
Antritte ihrer Regierung an Sorge trugen, dass
ihre Sprache nicht aussterben, sich aber auch
nicht mit der Sinesischen vermischen möchte,
daher sie alle Sinesische Schriften in das Mantschurische
übersetzen liessen. Von dieser gebildetern
Mundart gilt eigentlich das, was im
vorigen von der Mantschurischen Sprache gesagt
worden. Die zu ihnen gehörigen Stämme
Atschari, Moko, und vielleicht noch andere sind
der Sprache nach unbekannt.

Die folgende Formel hatte der JesuitJ. Bouvet
dem Leibnitz, dieser aber dem la Croze mitgetheilt,
von welchem sie Chamberlayne empfing,
in dessen Sammlung sie sich S. 13, und
523daraus auch in den folgenden Sammlungen befindet.
La Croze beschweret sich in dem Thes.
Epistol. la Croziano
Th. 1, S. 20, Wilkins habe
die Formel nach seiner Art so abdrucken lassen,
dass sie kaum mehr kenntlich sey. Das gilt aber
nur von der Mantschurischen Schrift. Ich besitze
eine Abschrift, welche der bekannte C. S.
Jordan
gleichfalls von Bouvets Handschrift genommen
hatte, und worin die mit Lateinischer
Schrift geschriebene Formel mit der gedruckten
genau überein stimmet. Auch Langlès erklärt
die Formel im Chamberlayne der Lesung und
Übersetzung nach für richtig. Eben derselbe liefert
in der neuesten Pariser Sammlung S. 25 eine
andere von den Missionarien in Peking eingesandte
Formel, aber bloss mit Mantschurischer
Schrift. Die zweyte hier befindliche Formel
habe ich meinem Neffen in Petersburg zu danken,
welcher sie von einem Dollmetscher erhalten
hatte. Sie scheint nur in der Übersetzung
und Schreibung abzuweichen, war aber von keiner
Version begleitet. Des Langlès Dictionnaire
Tartare-Mantchou verliess mich fast bey allen in
derselben vorkommenden Wörtern.

79. Mantschurisch.

Aus Chamberlayne, S. 13.

Himmel in (der) wohnest unser Vater,
Dein Nahme heilig sey;
Dein Reich komme;

Abka de thege megni Ama,
Sini Kebu enturinge okini;
Sini Kuron tschikini;524

Erde auf Himmel in gleichfalls deinem Willen gemass geschehe;
Tages jeden (genit.) Speise Leute uns verleihe;
Und anderer (genit.) Sünden wir
vergeben werden so unsere Sünden
vergeben wirst;
Und uns Begierden in nicht führen wirst;
Sondern uns Bösen von abwehre.
Diesem gemäss geschehe es.

Na de Abka de adali sini Kunin de atschabu kini;
Inengi tari i Tscheku enengi mende pureu;
Keli kérenn i Endebuku be megni
kuéburé sonkoi megni Endebuku
kueburëu;
Keli membe Puyen de umé togimburé;
Elemanga membe Eget schi tschailaburëu.
Ere sonkoi okini.

Anmerkungen.

Abka, der Himmel, in der zweyten Formel
Appia, mit der Postposition de, in, im Ablativo,
im Himmel.

Thegé, übersetzt Bouvet, qui habitas. Von
dem Imperativo Te oder The, lautet das Praesens
Tembi oder Temi, ich ruhe, du ruhest u. s. f.
Tege kann nichts anders als das Perfectum seyn,
welches hierher nicht passt.

Megni oder Meni, ist der Genit. Plur. des persönlichen Pe,
wir, wenn der Gegenstand der Rede
ausgeschlossen wird, wird er mit eingeschlossen,
so heisst wir Muse, und im Genitive Omusey.

Ama, Vater; sonst auch Tschetsche. Die
Mutter heisst Mama, Eme, Enie und Atscha.525

Sini, dein, der Genitiv von Si, du. Kebu,
in der zweyten Formel Jebu, der Nahme. Daher
Kebunge, berühmt; Kebu arame, einen Nahmen
geben; Kebuleme, nennen.

Enturinge, heilig, weise, eigentlich geistig;
von Enturi, Geist; Enturinge Nialma, ein heiliger
Mann.

Okini, sey, ist der Imperativ der dritten
Person, von Ome, seyn, Omi oder Ombi, ich
bin; 0, sey du.

Kuron, bedeutet sowohl den Kaiser, als das
Reich, und die kaiserliche Familie; verwandt
mit Κυριος. Kurun ni Potohon, der Reichsrath;
Kurun ni Efun, des Kaisers Schwiegersohn.

Tschikini, der Imperativ der dritten Person,
von Tschi, komm, Tschimbi, ich komme, Tschibe,
ich bin gekommen.

Kunin, der Wille, die Meinung, Absicht;
im Dativo Kunin de.

Mende, uns, ist der Dativ von Pe, wir; wie
oben.

Pure, ist eigentlich das Futurum von Pu,
gib, du wirst geben. So auch Kuebure, du wirst
vergeben, wir werden vergeben. Woher das u
am Ende in der Formel kommt, weiss ich nicht.

Endebuku, das Vergehen. Der Singular stehet
hier statt des Plurals.

Membe, uns, der Accusativ von Pe, wir,
wie oben. Togimbure, das Futurum.

Eget schi, der Ablativ mit der Postposition
tschi, von.

Tschailaburëu, das Futurum von dem Factivo
Tschailabume, abkehren machen, und diess von
Tschai, verändere, vermeide, welches aber
auch zwey, ingleichen ferner bedeutet.526

80. Dasselbe.

Von einem Dolmetscher zu S. Petersburg.

Appia de bishire meni Amah bi,

Sini Jebu en duringe iletulebure bo baimbi;

Sini Shese be Apia de jaburenge inu jemu
adali jabure bo baimbi;

Enengi baitalara dseku bo enengi minde
bure bo baimbi;

Min de beïdun aracha ursse bo bu guobure
bo dachamo, bi sinwde aracha beïdun,
bo inu guobore bo baimbi;

Mimwo jarkara eche bade lifaburaku obure
bo baimbi;

Mimwo dalimo karmafi eche zi dshailabure
bo baimbi. Amen.

B. Tagurien.

Bey den Russen Da-urien, so dass a und u
in der Aussprache getheilt werden. Es begreift
das östliche Sibirien vom Baikal an bis an das
Mongolische Gebirge und den Amur. Als die
Russen Sibirien eroberten, wohnten hier mehrere
Mantschurische Stamme, und unter andern
auch die Taguren am Selenga und obern Amur,
welche sich aber damahls tiefer hinunter an den
Amur und in das Sinesische Gebieth zogen. Indessen
müssen sie wohl nicht alle ausgewandert
seyn, oder es müssten Tungusen, und besonders
Pferde-Tungusen an ihre Stelle getreten
seyn. In Nicol. Witsen Noord- en Oost-Tartarye
befindet sich Th. 1, S. 63 ein Verzeichniss von
527etwa 180 Da-urischen Wörtern, von welchen
folgende in dem V. U. vorkommen:

Unser, Manay ikn.
Vater, Jetschegey, vielleicht Irrig für Tschetsche.
Dein, Tschini.
Komm, Iré. Kommet her, Nari iret.
Der Himmel, Tengri.
Die Erde, Ka-Aziar.
Der Tag, Oedur.
Gebt es mir, Nada atza.
Heute, Enedur.
Schuld, Abatschatay

C. Tungusen.

Ein sehr zahlreicher Stamm, welcher sich
selbst Oewöen, Boje, d. i. Menschen, Volk, und
Donki nennet, bey den Sinesen aber Sche-goei
und Solon, und bey den Jukadschiren Erpeghi
heisst. Sie sind Nomaden, und durchstreifen das
Östliche Sibirien von dem Jenisei an, nebst einem
Theile des Sinesischen Gebiethes. Unter
und neben ihnen wohnen in Sibirien Ostiaken,
Samojeden und Jakuten. Man theilet sie nach
der Verschiedenheit ihrer Lebensart in Wald- und
Steppen-Tungusen. Zu jenen gehören die
Jagd- und Fisch-Tungusen, zu diesen aber die
Pferde- und Hunde-Tungusen; die Rennthier-Tungusen
gehören zu beyden Classen. Die zunächst
am Ochotskischen Meere wohnen, und
Hunde-Tungusen sind, werden Lamuten, Meeranwohner,
die am Penschinischen Meerbusen
aber Tunausin genannt. Ihre Sprache, von welcher
es wenigstens acht Mundarten geben soll,
ist mit Mongolischen Wörtern vermischt; besonders
sind die Nahmen ihrer Hausthiere Mongolisch;
ohne Zweifel, weil sie selbige von den
Mongolen bekommen haben. Wörter aus acht
Mundarten liefert das Vocabularium Petropol.
No. 138-145; andere Wörter in drey Mundarten
528arten Strahlenberg in der Tab. polygl. Noch haben
Tungusische Wörter, Witsen in Noord- en Oost-Tartarye,
Th. 1, S. 68-73; Georgi in Reisen,
Th. 1, S. 268-271, auch im Buche hin und
wieder; Jose Billings Reise von Sauer, S. 387;
die Zahlwörter in vier Mundarten, Fischer in der
Sibirischen Geschichte, Einleit. S. 116. Lamutische
Wörter befinden sich in dem Journal historique
du Voyage de Lesseps
, Paris, 1790, 8, am
Ende, und die Zahlen, im Witsen, Th. 2, S. 678.

Die folgende Formel, welche man dem Nic.
Witsen
zu danken hat, zeigt wenig Verwandtschaft
mit der Mantschurischen Sprache, und
wenn nicht noch einige Wörter selbige behaupteten,
so würde man sie für ganz verschiedene
Sprachen halten müssen. Doch muss man wohl
auch etwas auf die verschiedene Übersetzung
rechnen. In der Leipziger Sammlung stehet sie
gleich hinter einander zwey Mahl, das erste
Mahl S. 108 unter dem Nahmen Tungusisch, und
das zweyte Mahl S. 109 unter dem irrigen Nahmen
Tangutisch. Da sie im Witsen ohne Zweifel
nach Holländischer Aussprache geschrieben ist,
wo das oe wie u lautet, so habe ich jenes mit diesem
vertauscht. Da auch in den obigen Verzeichnissen
manche Wörter anders lauten, als in der
Formel, so füge ich sie am Ende mit bey.

81. Tungusisch.

Aus Nic. Witsen, Th. 2, S. 654, und Leibnitzens
Collect. Etymol.
Th. 2, S. 374.

Vater unser, der du bist Himmel im,
Geheiliget sey Nahme dein;

Aminmun mungi avagu Negdaugidadu,
Garisjegan Gerbisch singi;529

Geschehe Wille dein wie Himmel in so Erde auf;
Brot unser tägliches gib uns heute;
Und vergib uns Schulden unsere, wie wir ver-
geben Schuldnern unsern;
Und führe nicht uns Versuchung in;
Sondern erlöse uns Bösem von.
Denn dein ist Reich, Macht, Herrlichkeit
Ewigkeit in. Amen.

Osjegan Sitlu singi onNegdadu do Endradu;
Kiltere mungi inegdu bukal mungi tikin;
Akakal mundu Ogbi mungi, on bu am-
nenkiteref Kotatsjaldu munduk;
Aminkalivra mundu Jeregduvi;
A jukal mundu Malgaduk.
On singi bisin Ogdidgu, Mandi, Baschin,
Jereger. Tesje.

tableau Tungusisch | Lamutisch | Vater | Amai. Väterchen, Amenikan | Amai | Du | Bu | Ssi | Himmel | Dschiulbka | Dschiulbka. Nian | Nahme | Gerbin | Wie | On | Erde | Dunda. Tor | Tag | Tirgani. Ining | Brot | Kiltora | Speise | Jektil | Geben | Omul | Gib, Omuli | Wir | Nonganube | Boi | Böse | Kaniult. Eiang | Kraft, Stärke | Egui

D. Übrige Stämme.

Auf dem Sinesischen Gebiethe an der Küste
des östlichen Oceans und am Amur wohnen noch
einige halbwilde Stämme, worunter die Yupi,
oder Yupitase, d. i. Fischhäute, weil sie von Fischen
leben, und sich mit Fischhäuten kleiden,
und die Ketsching oder Ketscheng-tase, zu beyden
530Seiten des Saghalien-Ula, die vornehmsten seyn
mögen. Beyde zusammen genommen werden
auch Fiatta, oder nach andern Giljaki genannt,
und haben ihre eigenen abweichenden Mundarten,
welche aber nicht weiter bekannt sind. Sie
wohnten ehedem in Da-urien, d i. im östlichen
Sjberien, zogen sich aber bey dessen Eroberung
von den Russen hierher. Die Hurnar sind ein
ähnlicher, aber eben so unbekannter Stamm.

An der Küste, der Mündung des Flusses
Amur gegen über befindet sich die Insel Sagalien
oder Tschoka, welche eine der längsten auf der
Erde ist, und von den Japanern Oku-Jesso, Ober-Jesso,
genannt wird. Sie ist erst seit des la Peyrouse
Reise 1787 ein wenig bekannter geworden.
Die Einwohner ändern wie die Canadier Nahmen
und Sprache mit jedem Dorfe. An der Bay
Castries wohnten die Orotschys und etwas südlicher
die Bitschys. Sie sind mit den Bewohnern
der südlichern Insel Tschika, dem Jedso der Holländer,
und den Bewohnern der südlichen Kurilen
Ein Volk, und ohne Zweifel Mantschurischen
Stammes. In der Bay Langles verstanden
zwey Mantschu die Einwohner sehr gut. In der
Reise des la Peyrouse Th. 3, S. 116 befindet sich
ein Verzeichniss einiger Wörter.

Der Himmel, das Firmament, Hurara.

4. Koreisch.

Diese beträchtliche Halbinsel von 4000 Quadrat-Meilen,
welche aus der Mantschurey südwärts
hervor gehet, und in Westen von dem Sinesischen,
in Osten aber von dem Japanischen
Meere bespület wird, wird von den Sinesen
Ku-uli, von den Mantschu Solso, von den Einwohnern
531selbst aber Tio-cen-koak genannt. Sie
bestand ehedem aus mehrern kleinern Staaten
und Horden, welche ein glücklicher Eroberer
zu einem Ganzen vereinigte. Von den einzelnen
Stimmen, welche es hier ehedem gab, und
zum Theil noch gibt, werden besonders die Kukiuli,
Me und Han als die vornehmsten genannt.
Seit langer Zeit ist der Beherrscher ein Vasall
des Sinesischen Reiches, dessen Geschichtschreiber
die Halbinsel bereits 2188 vor Chr. erobern
lassen. Die Bewohner sind, wie alle Süd-Asiaten,
ein weichliches Volk, welches nicht ohne
Cultur ist, aber doch den Sinesen und Japanern
darin nachstehet. Da das Land von den Mantschu
nur durch ein hohes Schneegebirge getrennt
wird: so ist die Vermuthung sehr natürlich,
dass es auch von ihnen Bewohner und Sprache
erhalten habe. Es gibt auch wirklich Schriftsteller,
welche die Koreische Sprache für eine
Vermischung der Mantschurischen mit der Sinesischen
erklären. Einige Sinesische Worter gibt
es hier allerdings, z. B. Nam, Süden, Sines.
Nan, Kay, Hund, Sines. Keu; welche aber auch
von dem langen und vielen Verkehr mit den Sinesen
herstammen können, von welchen sie auch
die Religion des Fohi und die Sinesische Schrift
erhalten haben. Das übrige der Sprache scheint
nicht Mantschurisch zu seyn, so viel sich wenigstens
nach dem wenigen, was man von dieser
Sprache weiss, urtheilen lässt. Denn ausser einigen
Wörtern in dem Vocabul. Petrop. und den
Zahlwörtern in Hervas Aritmetica, S. 149 und dem
Orient. und Occident. Sprachm. S 204, hat man
von ihr weiter nichts, als 76 Wörter nebst den
Zahlen in Nic. Witsens Noord- en Oost-Tatarye,
Th. 1, S. 52, woraus sich wenig machen lässt,
532wenn auch diese Wörter zuverlässiger seyn sollten,
als sie im Witsen zu seyn pflegen. Als die
Jesuiten, welche von Peking abgeschickt wurden,
die Mantschurey aufzunehmen, in das
nördliche Korea kamen, verstanden die Einwohner
weder ihre Mantschu noch ihre Sinesen. Es
gibt auch hier sowohl eine vornehme als gemeine
Sprache. Beyde weichen, wenigstens in den
Zahlen beym Witsen und in dem Orient.
Sprachm. beträchtlich ab.

In der neuesten Pariser Sammlung befindet
sich S. 26 unter dem Nahmen Coreanice eine Gebethsformel,
welche die Missionarien zu Peking
1790 an Langles zu Paris geschickt haben;
allein Anblick und Vergleichung lehren, dass
sie, wenig Abweichungen abgerechnet, völlig
Sinesisch ist. Ich lasse sie daher weg, zumahl
da auch die hier vorkommenden Wörter von den
in den obigen Sammlungen befindlichen völlig
abweichen. Hier heisst z. B. der Himmel Hanel
und der Tag Jangsey; in der vorgegebenen Formel
aber jener Tschen, Sin. Tien, und dieser Ye,
Sin. Je.

IV. Nord-Asien. Sibirien.

1. Verschiedene vermischte Völker auf den
Grenzen zwischen Europa und Asien.

Ich will in diesem Abschnitte sieben Völker
zusammenfassen, welche in der Geschichte der
Sprachen eben so einzeln und abgerissen da stehen,
als die Ungarn, Albanier, die Kaukasischen
Völker und so viele andere. Ich weiss, dass
man sie gemeiniglich zum Finnischen, richtiger
Tschudischen Völkerstamme rechnet, bloss weil
533sich in ihren Sprachen einige wenige Wörter
befinden, welche Finnisch sind, oder seyn können.
Allein wenn eine Vertheilung in Gattungen
und Arten nicht willkührlich seyn darf, sondern
sich auf die herrschenden Merkmahle gründen
muss, so kann man sich unmöglich dabey
beruhigen. Ich finde in der Deutschen Sprache
unter 200 Wörtern 10 oder 20, welche völlig
mit Griechischen oder Semitischen überein kommen;
folglich gehöret die Deutsche Sprache zum
Griechischen oder Semitischen Sprachstamme.
Wer wird den Schluss billigen? Und doch
schliesst man in Ansehung der jetzt gedachten
Völker gerade eben so, ohne zu bedenken, dass
ihre Sprachen eben so viele und vielleicht noch
mehr Tatarische, Mongolische, Slavische, Samojedische
u. s. f. Wörter enthalten, als Finnische,
und daher mit eben so vielem Rechte zu
einem dieser Völker, oder wohl gar zu allen zugleich
gerechnet werden müssten, als zu dem
Finnischen Stamme. Es sind vielmehr Überreste
alter ehedem zahlreicher Volksstämme, welche
durch mehrere uns jetzt unbekannte Veränderungen
und Vermischungen gegangen sind, und
endlich ihre übrigen Verwandten überlebt haben,
oder auch deren Vermischung mit andern
gleich von Anfange an von so eigenthümlicher
Art gewesen ist, dass man sie nicht einmahl als
unter sich verwandt ansehen kann. Man vermische
drey Theile Tatarn mit zwey Theilen Samojeden,
einem Theile Mongoln, zwey Theilen
Slaven, so wird man ein anderes Product erhalten,
als wenn man die Vermischung nach andern
Verhältnissen einrichtet, und wieder ein
anderes, wenn man einen Theil der Mischung
aus abgestorbenen oder aufgeriebenen Völkern
534bestehen lasset. Dergleichen Erscheinungen
sind in diesen ungeheuern Ebenen unter wilden
Nomaden noch jetzt nicht ganz selten, und mussten
ehedem, da sie einen grössern Spielraum
hatten, und denselben mit mehr Ungebundenheit
benutzen konnten, noch häufiger seyn.

A. Die Permier und Sirjänen.

Die Permier, ehedem Biarmier, wohnen
nebst den Sirjanen im Gouvernement Archangel,
ein Theil von den erstern auch im Kasanschen.
Im mittlern Zeitalter scheinen sie das ganze Land
zwischen dem weissen Meere und dem Gebirge
Ural bewohnt zu haben. Other fand sie im neunten
Jahrhunderte neben den Finnen an der Dwina.
Er fand das Land so wohl bewohnt, dass er
sich nicht hinan wagen durfte, und doch dünkte
ihm, dass die Finnen und Permier bey nahe dieselbe
Sprache redeten. Allein, da er wahrscheinlich
weder Finnisch noch Permisch verstand,
und mit den Permiern keinen Verkehr hatte, so
weiss man schon, wie wenig bey unbekannten
Sprachen, wo man bloss von dem Klange abhängt,
auf solche Versicherungen zu bauen ist.
Im eilften und zwölften Jahrhunderte schickte
die Republik Novogrod Russische Colonisten unter
sie, welche die alten Bewohner verdrängten,
so dass der kleine Überrest nichts als seine Sprache
behalten hat. Was die Isländischen Sagen
von dem ehemahligen grossen und reichen Handel
in Biarmien und am weissen Meere vorgeben,
daher auch wohl ernsthafte Schriftsteller,
wie Rytschkow, Sprengel in seinen Entdeckungen
und andere von einem ehemahligen Handelswege
aus Persien und Indien an das weisse
Meer reden, ist reine Dichtung. Man hätte
535doch zuvörderst fragen sollen, was Waaren des
Indischen Luxus dem armseligen Lappen, Finnen
und Samojeden gesollt, dem sein Fischthran,
Wallfischspeck und Rennthierfleisch mehr
als Zimmt und Muskaten gelten. Auch die Geschichte
widerlegt dergleichen Träume zur Genüge.
Das nördliche Russland ist dem übrigen
Europa erst um die Mitte des 16ten Jahrhunderrs
bekannt geworden. Wie hätte es so lange unbekannt
bleiben können, wenn es einen Stapel der
kostbaren Indischen Waaren in seiner Mitte gehabt
hätte. Als der Engländer Rich. Chancellor
1553 in das weisse Meer kam, fand er daselbst
die rohesten Wilden, welche noch kein solches
Schiff gesehen hatten, und ängstlich vor ihm flohen.
Und hier sollte ehedem der reiche Indische
und Persische Handel geblühet haben?
Zwar fand man hier in den neuesten Zeiten an
dem Flusse Kama, auf den Gütern des Grafen
von Stroganow mehrere silberne Schalen von
Alt-Griechischer, Arabischer, Mongolischer
und Indischer Arbeit, welche in den Götting.
gel. Zeit. 1803, B. 1, S. 81 folg. beschrieben
werden. Hr. Hofr. von Köhler glaubt, dass sie
auf diesem alten Handelswege dahin gekommen.
Warum nicht lieber als Beute und Raub, wie
schon aus der so verschiedenen Arbeit zu erhellen
scheinet?

Unter 200 Permischen Wörtern, welche
Müller in derSammlung Russischer Geschichte, Th.3,
S. 382 aufstellet, habe ich 17 Finnische gefunden,
deren Daseyn sich aus der nahen Nachbarschaft
beyder Völker leicht erklären lässt, aber
gewiss nicht hinreicht, mit Gatterern zu behaupten,
dass die Permier eine reine Finnische Mundart
reden, Wohl aber reden die Permier und
536Sirjänen nur eine und eben dieselbe Sprache in
zwey verschiedenen Mundarten. Auch nennen
beyde Völker sich selbst Komi und Komi-Murt.
Ausser Müllern liefern auch Permische Wörter
das Vocabul. Petropolit. No. 60 und Gyarmathi de
affinitate linguae Hungaricae
, S. 191 aus Fischers
Sammlungen. Lepechin hat in seiner Reise Th. 3,
S. 122 50 Permische Wörter, welche mit Tschuwassischen
und Morduanischen überein kommen,
daher auch diese Völker mit zur Mischung
gehören müssen, woraus die Permier entstanden
sind. Sirjänische Wörterverzeichnisse haben
Müller in Samml. Th. 3, S. 383 f., das Vocabul.
Petropol.
No. 59, Gyarmathi S. 184 und Lepechin
in seiner Reise Th. 3, S. 153. Der letztere liefert
S. 148 auch einige Stücke aus der Sirjänischen
Liturgie. Es befindet sich darunter auch
das V. U., allein da es bey ihm weder in Bitten
abgetheilet ist, noch sonst einige Unterscheidungszeichen
hat, so weiss ich nicht, ob ich es
mit der Abtheilung überall werde getroffen haben.
Beyde Formeln weichen, selbst in den
Wörtern des ersten Bedürfnisses so ab, dass man
sie kaum für Mundarten Einer Sprache halten
sollte. Witsen hat seiner Permischen zwar eine
Übersetzung beygefügt; allein sie scheint nicht
so buchstäblich zu seyn, als man wünschen
möchte.

82. Permisch.

Aus Nic. Witsen Noord- en Oost-Tatarye, Th.2, S.811.

Unser Vater, der du bist in Himmeln,
Geheiligt werde dein Nahme;

Mian Aje, kon dose vilin Olaniin,
Medrezasas tead Namid;537

Dein Königreich komme;
Dein Wille geschehe wie in
Himmeln so Erde auf;
Unser täglich Brot gib uns heute;
Erlass unsere Schulden, wie wir erlassen unsern
Schuldnern;
Führe uns nicht in Versuchung;
Erlöse uns vom Bösen.

Canulni medvoas;
Mianorda it zytujnasmedvo, zegol vilin
Olaniin, Imu vilien;
Mon cudolai Nian vai mianlo oni;
Lez mianlo Uzjek, tegol mi lezam mian
Uzjezuvotirla;
Vozty Porsalomos;
Dorz mianlo Kulordis.

83. Sirjänisch.

Aus Lepechins Reise, Th. 3, S. 152.

Vater unser Himmel in
heilig Nahme
Königreich
Himmel in Erde auf
Brot uns heute
Vergib uns unsere wir
vergeben unsern

Ain mijan, wety Delaninydy,
Wolosemd weshajas Nimyd;
Medy woas Kanalanyd;
Medacas gashid Kutschumko welty Dola-
ninyde, Mu wylin;
Taporjä Nijannanet set mijanty talum;
Inelt mijanlu mysh Jasnymo, kuszsimi
inel' taemym mysh Niajandy;538

uns

Worjasjan pytschko Kutschko;
Mynty mijandy Warkoslys.

Zu einiger Erläuterung will ich noch die
hier vorkommenden Wörter aus den oben angeführten
Verzeichnissen hersetzen.

tableau Permisch | Sirjänisch | Vater | Ai | Batja | Unser | Mian | Mijam | Du | Te | Himmel | Kümar, auch Wolken | Jen-Esch, Jen-Welt. Jen heisst im Permischen, und En im Sirjanischen Gott | Heilig | Weshai | Dein | Tead | Nahme | Namid | Erde | Mu | Mu, Ma | Brot | Njan | Tag | Lun, Daher Lun | Heute | Ta-lun | Talun | Gib | Wei | Wir | Mia | Mi | Nicht | Og

B. Die Woguln.

Welche sich selbst Mansi nennen. Sie wohnen
in der Provinz Tobolsk, an den Flüssen Kama
und Irtisch in Norden des Ural. Nach Gatterer
kommt ihre Sprache mit der Ungarischen,
und eigentlichen Finnischen, am meisten aber
mit der der Kondischen Ostiaken überein.
Georgi in Beschreib. der Nationen des Russischen
Reiche leitet sie Th. 1, S. 65 zwar auch von den
Finnen ab, gestehet ihrer Sprache aber doch so
viel Eigenthümliches zu, dass man sie mit Recht
für eine eigene Sprache halten könne. Und so
ist es auch. Ich habe in den Wörterregistern im
539Müller unter 200 Wörtern höchstens 8 gefunden,
welche mit Finnischen, 16, welche mit
Ungarischen, aber 55, welche mit Wörtern der
Kondyschen Ostiaken Ähnlichkeit haben; daher
Volk und Sprache sehr gemischt seyn müssen.
Die letztere theilet sich in mehrere sehr abweichende
Mundarten, welche ohne Zweifel schon
in der verschiedenen Mischung ihren Grund haben.
Ein zahlreiches Wogulisches Wortregister
mit dem Kondyschen verglichen, befindet sich
aus Fischers Sammlungen in Schlözers Norden,
S 308-315, einige daraus auch in Gyarmathi,
S. 189. In dem Vocabul. Petropol. befinden sich
Wörter aus vier Wogulischen Mundarten, der
Wogulen am Tschussowa No. 66, im Werchoturischen
No. 67, bey Tscherdüm No. 68, und
bey Beresow No. 69.

84. Wogulisch.

Aus Nic. Witsen Noord- en Oost-Tatarye,
Th. 2, S. 732.

Unser Vater, der in den Himmeln,
Geheiliget werde dein Nahme;
Dein Reich komme;
Dein Wille geschehe wie im Himmel, so
auf Erde;
Tägliches Brot gib uns beute;

Mem-Jef, conboge Eterdarum,
Naerdaroin amut Nema;
Nerosia sochtos;
Omut Nun gerae, tegali Eterdarum, scinan
Maanku;
Candalas Tep mi me tiegalgad;540

Vergib unsere Schuld wie wir vergeben
unsern Schuldnern;
Und führe uns nicht in Versuchung;
Sondern erlöse uns vom Bösen.
Denn dein ist das Reich, und die Macht,
die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Julokults me Gavarant, tuigali menik julgoli
amut Tzagaraldin;
An mengolem Julvagarias;
Toromalt dorom nerku mem Kul.
Tagolodamu Negotsku, vaan Booter,
Nemonsoigi nekoztatiu. Peitse.

C. Ostiaken am Konda und Oby.

Üschtäk bedeutet bey den Tatarn einen
Fremdling. Unter diesem Nahmen begreift man
in Sibirien drey ganz verschiedene Völker, von
welchen die Narymschen oder Tomskischen, und
die Jeniseischen Ostiaken im folgenden vorkommen
werden. Die gegenwärtigen, welche auch
Irtischische und Beresowsche Ostiaken genannt werden,
wohnen in der Provinz Tobolsk an dem
Ob und der Konda in Dörfern, und leben von
der Jagd und der Fischerey. Bey den Tatarn
heissen sie Tube. Die Wogulen belegen sie mit
eben dem Nahmen Mansi, welchen sie sich selbst
geben; auch kommt ihre Sprache der Wogulischen
am nächsten, ob sie sich gleich selbst von
den Permiern ableiten. Nach Georgi hat ihre
Sprache, welche sich wieder in mehrere Mundarten
theilet, eine starke Beymischung von der
Samojedischen. Wörterverzeichnisse haben
Schlözers Norden S. 308 f. aus Fischers Sammlungen,
Pallas ältere Reise Th. 3, S. 57 f. nach
zwey Mundarten, und das Vocabul. Petropol.
No. 70. In Falks topogr. Beschreib. Th. 3, S. 463
541werden ausser den Zahlwörtern 80 Wörter mit
Finnischen, Tscheremissischen und Wotiakischen
verglichen. Nur drey sind Finnisch; mit
den letztern aber kommt kein einziges überein.
In der folgenden Formel aus Witsen liegt allem
Ansehen nach die Holländische Aussprache zum
Grunde, daher ich sein oe allemahl in u verwandelt
habe.

85. Ostiakisch.

Aus Nic. Witsens Noord- en Oost-Tatarye, Th. 2,
S. 633, nach einer verbesserten Abschrift in Fry
Pantog
r. S. 289.

Vater unser, der du bist im Himmel,
Heilig sey Nahme dein;
Komme Reich dein;
Geschehe Wille dein wie im Himmel, so auf Erde:
Brot unser tägliches gib uns heute;
Vergib uns Schulden unsere, wie wir
vergeben Schuldnern unsern;
Und führe nicht uns in Versuchung;
Sondern uns vom Bösen.
Denn dein Reich, Macht, Herrlichkeit in
Ewigkeit. Amen.

Jez me, kundind jejand Nopkon,
Nuni Nip tät;
Tule Nutkotsj tät;
Tät Tenel tät tät Nopkon, its jots Jogodt;
Nai me 'tsjelelemi tallel mekosjek titap;
Kvodtsjedi mekosjek Kolzja mei, tät mei
kvodtsjedi Kolzja mei;
Nik jgosjid kvondik mat Kekend;
Tät… mat Losogod.
Tät tät Nudkotsj, Orup, Uvorganin, tam
Nun. Nat.542

D. Tscheremissen.

In den Gouvernements Kasan und Nischnei
an der Wolga. Sie nennen sich selbst Mari,
d. i. Männer. Unter 200 Wörtern habe ich nicht
mehr als 16 gefunden, welche allenfalls Tschurisch
seyn können. Da sie lange unter Tatarischer
Herrschaft gestanden haben, und noch
jetzt mit Tatarn vermengt wohnen, so hat auch
ihre Sprache manches Tatarische angenommen.
Im Jahr 1775 erschien zu Petersburg eine Tscheremissische
Sprachlehre in Russischer Sprache
in 4. Wörterverzeichnisse haben Fischers Sibir.
Gesch. Th. 1, S. 126-165; Müllers Russ.
Samml. Th. 3, S. 382-409; Falk topogr. Beschreib.
Th. 3, S. 463; Gyarmathi in affinitas linguae
Hungaricae
, S. 189, und das Vocabul. Petropol.
No. 63.

Die Sprache hat nur zwey Declinationen,
und in jeder sechs Casus. Um den Plural zu bezeichnen,
wird schamütz angehängt, und dann
das Wort durch alle Casus des Singularis declinirt.
Aba, Abaschamütz, Genit. Abaschamutz'un,
u. s. f. Die Pronomina machen Ausnahmen, und
werden besonders declinirt. Die Adjectiva stehen
entweder vor oder hinter dem Substantive;
im ersten Falle werden sie gar nicht declinirt, im
letztern folgen sie den Declinationen des Substantives,
nur dass sie kein Geschlecht bezeichnen.
Der Comparativ wird durch ein angehängtes
-rak, der Superlativ durch ein vorgesetztes
pesch- gebildet. Sie hat zwey Conjugationen;
die dritte Person im Plurali endigt sich fast jederzeit
auf t. Jede Conjugation hat vier Genera,
activum, passivum, neutrum und causale, die
aber im Verneinungsfalle wieder ganz anders
543conjugiret werden; fünf Modos; drey Tempora,
das Praesens, Imperfectum und Plusquamperfectum,
welches fast nach Art der Slaven gebildet
wird. Das Futurum wird durch das Praesens
und ein Adverbium der Zeit ausgedruckt.
Die Praepositionen sind Postpositionen, welche
gemeiniglich dem Nennworte angehänget
weiden.

Die drey folgenden Formeln scheinen bloss
in der Übersetzung und Schreibung abzuweichen.
Die dritte, welche der General-Gouverneur
zu Katharinenburg durch einen vereideten
Dolmetscher aufsetzen lassen, erhielt ich von
meinem Neffen zu Petersburg unter dem Nahmen
Tatarisch; allein die Vergleichung zeiget,
dass sie Tscheremissisch ist.

86. Tscheremissisch.

Aus Witsens Tatarye Th. 2, S. 622, und Leibnitzens
Collectan. etymol.
Th. 2, S. 369, und einem Petersb.
Kalender
von 1737.

Unser Vater, der du bist im Himmel,
Dein Nahme werde heilig;
Dein Reich komme;
Dein Wille geschehe, wie im Himmel
so auf Erde;
Unser tägliches Brot gib uns heute;

Memnan Uzin, ili mazet Kiusiuluste,
Tinin Liumet volgusertes;
Tinin Vurduschu tooles,
Tinin Jerek ilies, kusu i Kusiuluste,
i Ijulnin;
Memnan kedzin Kinde puske malana ikelset;544

Und vergib uns unsere Schulden, wie wir
vergeben unsern Schuldnern;
Und leite uns nicht in Versuchung:
Und erlöse uns vom Bösen.

I kode malana memnon Suiluk, kuse me
kondena malano Tuirulisticzy;
I tzurtij memnon i Langoske;
I utura memnon i Jalaez.

87. Dasselbe.

Aus Müllers Sammlung, Th. 3, S. 410.

Unser Vater, der in Wohnung Gottes,
Dein Nahme sey heilig;
Dein Reich komme:
Dein Wille geschehe wie in Wohnung Gottes,
so auf Erde;
Unser tägliches Brot uns
gib heute;
Vergib unsere Schuld wie wir vergeben
unsern Schuldnern;
Nicht führe uns
erlöse uns vom Satan.
dein Reich, Macht, Herrlichkeit in Ewigkeit.

Ainin Atjä, kuda Küschna-Juma,
Tinin Lümet wolgaltesch;
Tinin Kukscha tolesch;
Tinin Erek etleesch, kuse Kuschna-Jume,
sugok i Meläntesta;
Memnan tschilla-ketschin Kindem malanna
pu tatscha;
Utara memnan Parangetsch, kuse mi utarescha
memnan Nalschaschketsch;
It wade memnan …
… serlaga memnan Schaitangetsch.
… tinin Kukscha, Wi, Tschjab tschillägodom.545

88. Dasselbe.

Von dem General-Gouverneur zu Katharinenburg
mitgetheilt
.

Vater unser, Himmel
Nahme dein heilig werde:
dein
Werde dein Wille wie Himmel
Brot unser
gib uns heute;
Vergib uns Schulden unsere, wie
wir vergeben unsern Schuldnern;
uns
Erlöse uns vom Satan.
Dein Reich

Atä memnàn, ilescha Kjuschna sótaschta,
Yum tünin swätoi lischa;
Adáktólscha tünin kuguschágantscha anschamásch;
Lischa tünin Wolà, kuzè Kjuschna i
rokaschta tugè;
Kindam memnánam kaschdakétsalscham
pu malanà tagátscha;
Kóda malanà Sútukwläm memnánam, kuzè
imü kodanà memnàm Burssascháwläm;
Ig kurta memnàm Oltalmaschka,
Sjurlága memnàm Schaitangez.
Tun memnàm Kuguschà, Koatalscha i
Sáiklescha bés Sandalinaschta.

E. Die Wotiaken.

Sie nennen sich selbst Ud, und wohnen unterhalb
der Permier am Flusse Wiàtka im Kasanischen
Gouvernement, wo sie das ehemahlige
546Hirtenleben mit dem Feldbaue vertauscht haben.
Auch von ihrer Sprache ist 1775 zu Petersburg
eine Sprachlehre in Russischer Sprache in 4 erschienen.
Nach derselben haben die Substantiva
kein Geschlecht. Die Declination hat viel
eigenes. Wenn ein Pronomen possessivum vor
einem Substantive stehet, so wird dieses bey
einem jeden Pronomine anders decliniret, woraus
sechs verschiedene Declinationen entstehen.
Nomin. munam Pi, mein Sohn; tunad Pied, dein
Sohn; solen Pies, sein Sohn; miläm Pimü unser
Sohn; tüläd Pidü, euer Sohn; soüslen Pisü, ihr
Sohn. Genit. mülam Pilen; tünad Piedlen; solen
Pieslen
; miläm Pimülen; tüläd Pidülen; soislen Pisülen.
Die Pronomina werden sehr abweichend
declinirt. Das Verbum hat zwey Conjugationen,
fünf Modos und bald mehr, bald weniger Tempora.
Die Verneinung verursacht grosse Veränderungen
in der Conjugation. Statt der Praepositionen
gibt es hier lauter Postpositionen. Einige
derselben haben drey Endungen, aber nicht
für die Geschlechter, sondern für die Personen.

Wörtetverzeichnisse liefern:. Fischers Sibir.
Gesch
. Th. 1, S. 133, 162; Falk topogr. Beschreib.
Th. 3, S. 463, wo unter 73 Wörtern, nur 6 Finnischen
ähnlich sind; Georgi in Beschreib. Th. 1,
S. 53; Gyarmathi affinitas linguae Hungar. S. 189;
Müllers Samml. Th. 3, S. 382-409; und das
Vocab. Petrop. No. 65. Von den 200 Wörtern
im Müller kommen etwa 22 mit Finnischen überein;
wohl aber nähert sich die Sprache der
Tscheremissischen, und noch mehr der Permischen.

Eine Gebeths-Formel hatte man bisher in
dieser Sprache nicht. Die folgende habe ich
durch Besorgung meines Neffen in St. Petersburg
547von dem General-Gouverneur in Katharinenburg
erhalten, der sie von einem vereideten
Dolmetscher aufsetzen lassen. Ich bedaure nur,
dass sie mit keiner buchstäblichen Übersetzung
versehen ist, obgleich einzelne Wörter sich errathen
lassen.

89. Wotiakisch.

Von dem General-Gouverneur in Katharinenburg.

Atài miläm, ton kud uliskod in Wülün,

Med todonò luòs pastanà tünad Nimud;

Ton günè med luod milämutismü;

Tünad günè ürukid med luos in Wülin-no,
Musum wulunno;

Kes Nän kuküno milémlü siót;

Soberu kültie miltetim Punembastemmès,
mino kületüsekòm Punembastüs-iosüs;

En no les milümiis Erezzänü;

Soberè kósma Duschmonlès.

Zum Überflusse will ich noch die einzelnen
Wörter in dem V. U. so viel deren in den obigen
Wörterverzeichnissen vorkommen, hersetzen.

Unser, millyam.
Vater, Atai, Ai.
Du bist, ton vany; ich bin, mon vany; er ist, szo vany; seyn, vujni.
Himmel, Külden-Jumar, eigentlich Wohnung Gottes.
Dein, Tinad.
Kommen, Uini.
Gleichwie, Mirden, Kizi.
So, Ozi.
Erde, Musjem; in der obigen Formel Musüm.
Tag, Jugkut, Nunasi, Nunal.
Brot, Njän.
Heute, Tunna.
Wir, Mi.
Nicht, L'e548

F. Morduinen.

Russisch Mordwa, in den Gouvernements
Kasan, Orenburg und Nischnei, an der Oka
und Wolga. Sie theilen sich in drey verschiedene
Stämme, die Mokscha, Ersad und Karatajen.
Der letztere ist nur noch schwach. Die beyden.
erstern sollen ehedem ganz verschiedene Sprachen
geredet haben, durch Vermischung aber
einander näher gerückt seyn. Unter 200 Wörtern
habe ich etwa 24 Tschudische, aber auch
mehrere Tatarische gefunden. Verzeichnisse
von Wörtern haben, Witsens Tatarye, Th. 2;
S. 624-627; Fischers Sibir. Geschichte, Th. 1,
S. 162-165; Müllers Samml. Th. 3, S. 382 bis
409; Pallas ältere Reise, Th. 3, S. 57, 58; Lepechins
Reise
, Th. 1, S. 94, mit einigen Formeln;
Gyarmathi, S. 189, und das Vocabul. Petrop.
No. 67. Die nachstehende Formel ist gleichfalls
von dem General-Gouverneur zu Katharinenburg;
aber da sie nicht allein ohne Übersetzung,
sondern auch ohne Abtheilung der Bitten war,
so weiss ich nicht, ob ich es mit der letztern
überall werde getroffen haben.

90. Morduinisch.

Von dem General-Gouverneur in Katharinenburg.

Tatäi minèk, kona erät Mänel,

Lankso ulésa swätoi;

Lämet tónet sáso äk inäsorekárdema;

Tonet ulésa olät tònt koda Mänel lánkso
istä äk Mástor;

Lankso ischi minänek tuká erwá tschísle;549

Kadik minänek pandomonok minak, koda
äk min pandlitänok panotli;

Zinem minek Kodàmojak;

Bidas no wánomisk Schaitäneto.

Einige der hier vorkommenden Wörter lauten
in den oben angeführten Wörterverzeichnissen
folgender Gestalt:

Vater, Tetei.
Du, Ton.
Himmel, Menil. Werepass, Schkai, bedeutet auch Gott.
Heilig, Siloman.
Erde, Moda.
Tag, Schi, Tschi.
Brot, Pché, Ksché.
Heute, Tetscha.
Wir, Min

In Lepechins Reise, Th. 1, S. 94 kommen
folgende Gebethsformeln der heidnischen Morduinen
vor, denn die meisten sind jetzt getauft.

Trjäszjä wardjä Schkabas maket tschatschesziora
kaldas shiwota, kuz sem'jä
Schumara uljäsza mir ingalkanju mon'
migak statrjä mjäst.

Höchster Gott, gib Gott Getreide, gib Gott Vieh,
Kinder, die auf das Vieh Acht geben, lass mich
gesund seyn.

Gebeth an die Sonne.

Kebedi Waljugi kaubawas trjäda, winda
schibawas kubawas.

Die höchste Sonne erleuchtet das ganze Königreich;
erleuchte auch uns und unser Getreide.550

Gebeth an den Neumond.

Kebedi Waljugi schibawas trjäda, wanda
kubawas.

Der Mond leuchtet im ganzen Königreich; bescheine
uns und unser Getreide.

Hauptgebeth nach Rytschkow, S. 147.

Trjäk Schtai Boas, trjäkton bakton.

Gib, o Gott, der ganzen Welt Nahrung.

G. Teptjerai.

Der Nahme bedeutet im Tatarischen Leute,
welche keine Steuern geben können. Sie wohnen
im Orenburgischen Gouvernement, sind
ein vermischter Haufe von Tscheremissen,
Tschuwaschen, Wotiaken und Tatarn, und dienen
zu einem Beyspiele, wie noch in neuern
Zeiten neue Völker und Sprachen zu entstehen
pflegen. Sie nahmen ihren Ursprung im 16ten
Jahrhundert, als der Grossfürst Iwan Wasiljewitz
das Tatarisch-Kasanische Reich zerstörte, und
die Bewohner desselben aus einander sprengte.
Diese an Sprache und Sitten so verschiedenen
Menschen haben sich, die Tatarn ausgenommen,
so vermengt, dass es jetzt Mühe kostet, sie
zu ihrem Stammvolke zurück zu führen. Sie
wohnen in Dörfern, theils nach den Völkerschaften
abgesondert, theils vermengt. Jedes Volk
redet seine Sprache, die aber mit den Sprachen
der Nachbarn sehr vermengt ist, und künftig
einmal mit ihnen zusammen fliessen muss.551

2. Samojedischer Sprach- und
Völkerstamm.

Unter dem Nahmen der Samojeden, welcher
eigentlich und zunächst der folgenden Völkerschaft
zukommt, begreift man verschiedene
Stämme, deren Sprache mit der ächten Samojedischen
verwandt, oder bestimmter zu reden,
mit derselben vermischt ist. Alle diese Stämme
scheinen ehedem südlicher gewohnt zu haben,
und weiter verbreitet gewesen zu seyn, und sind
wahrscheinlich von den Tatarn und Mongolen
vertrieben, und theils an die unwirthbare Küste
des Eismeeres, verdrängt, theils in das innere
Sibirien und in das Sajansche Gebirge, an den
See Baikal und die Mongolische Grenze versprengt
worden. Daher weichen sie auch in der
Sprache gar sehr von einander ab, und manche
enthalten eben so viel Tatarisches als Samojedisches.
Da man nun sie und ihre Sprachen überhaupt
noch sehr wenig kennt, so werden hier in
der Folge wohl noch eigene Stämme und Sprachen
angenommen, wenigstens manche zu den
sehr gemischten gerechnet werden müssen. Diejenigen
Völker, welche man zu ihnen rechnet,
sind,

A. Samojeden in engerer Bedeutung.

Der Nahme Samojed schreibt sich ohne Zweifel
von den Finnen her, und bedeutet einen Anwohner
der Sümpfe, indem es dem Lande der
Samojeden so wenig an Sümpfen und Morästen
fehlt, als dem der Lappen und Finnen. Sie
selbst nennen sich Ninetz, Nenetsch, Menschen,
oder Chosowo, Männer, weil sie, wie so viele
552andere Völker aus Mangel eines eigenen Nahmens
sich so allgemein benennen müssen. Sie sind
die armseligsten Bewohner der kalten unfruchtbaren
Küsten des Eismeeres, wo sie sich an die
Lappen anschliessen, und sich von dem weissen
Meere in Europa bis fast an die Lena in Sibirien
erstrecken. Sie sollen insgesammt von zwey
Stämmen herkommen, welche Laghe und Wanuta
genannt werden, zerfallen aber wieder in
mehrere kleinere Haufen. Da ihr von der Natur
verwahrloseter Himmel und Boden andern
Völkern wenig Reitze anboth, sich mit ihnen zu
vermischen; so haben sie auch die Samojedische
Sprache am reinsten erhalten; aber da sie sehr
zerstreut wohnen, und wegen ihrer öden Wildnisse
wohnen müssen, so gibt es unter ihnen,
wie unter den Lappen, eine Menge abweichender
Mundarten. Man benennet sie gemeiniglich
nach den Flüssen und Kreisen, an und in welchen
sie wohnen; manche haben aber auch besondere
Nahmen. In dem Europäischen Russlande
wohnen die Mesenschen Samojeden, zu welchen
die Objondiren oder Obdoren und ihre Nachbarn,
die Tihijondiren gehören, und die Pustoserischen
und Petschorischen am See Pustosero und
Flusse Petschora, welche auch die Jugrischen genahnt
werden, weil ihr Land ehedem Jugorien
hiess. In Sibirien hausen die Guarizi, längs der
Meerenge Waigats, die Tassowski oder Tawgische
Samojeden, von dem Meerbusen gleiches Nahmens,
die Juraken, ihre Nachbarn, und die
Mangaseischen oder Turuchanischen Samojeden von
dem Flusse Turuchan und der Stadt Mangasea.
Von allen diesen Mundarten befinden sich in
demVocabul. Petropol. von No. 120 an Wörterverzeichnisse.
Einige Obysche oder Mesensche
553Wörter befinden sich in Witsens Noord- en Oost-Tatarye,
Th. 2, S. 890; einige Mesensche und Jugrische
in Schlözers Norden aus Fischers Sammlungen,
S. 297; einige Samojedische überhaupt ohne
nähere Bestimmung in Scherers Nebenst. S. 67, 68,
und Pallas ältern Reise, Th. 3, S. 74, 374.

Wie sehr die drey folgenden Formeln von
einander abweichen, ungeachtet sie den reinern
Samojedischen Mundarten angehören, wird jeder
selbst bemerken. Die erste, welche Witsen
den Samojeden um Archangel beylegt, gehöret
den Mesenschen oder Objondiren zu.

91. Samojeden um Archangel.

Aus Witsen's Tatarye, Th. 2, S. 890, und Leibnitzens
Collectan. Etymol.
Th. 2, S. 372.

Unser Vater, der in den Himmeln ist,
Geheiligt sey dein Nahme;
Dein Reich komme;
Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden;
Unser tägliches Brot heute;
Und vergib unsere Schulden, wie wir vergeben
unsern Schuldnern;
Und führe uns nicht in Versuchung:

Mani Nisal, huien tämuvä Numilembarti tosu,
Tadisse pider Nim;
Pider Parowadie tosu;
Pider Gior amga de Numilembart, tarem Jae;
Man jeltema Nan tuda;
Ali ona mani Isai, tai mano wangundar
mani Mi manuo;
Ja merum hanna sa Neninde baka;554

Erlöse uns vom Bösen.
Denn dein das Reich, die Kraft,
Herrlichkeit in Ewigkeit. Es geschehe.

Japtan mani Suadera.
Tekindapt schin pider Parowadea, ni Hooka,
Wadado, il Iwan. Tosu.

92. Tawgische Samojeden.

Aus Witsen Th. 2, S. 890, und Leibnitzens
Collect. etymol.
Th. 2, S. 370.

Unser Vater, der du bist im Himmel,
Dein Nahme werde geheiligt;
Dein Himmelreich komme;
Dein Wille geschehe, wie
im Himmel, so auf Erden;
Unser tägliches Brot gib uns heute;
Vergib uns unsere Schulden, wie
wir vergeben unsern Schuldnern;
Führe uns nicht in Versuchung;
Sondern erlöse uns von dem Bösen.

Mi Jeseme, neiteio Nuontone,
Tonon Nilo tontokui kusuiri;
Tonon Nuontomeiro tondo tuifantu;
Tonon Nianzepsialo tuifano, tondone
Nuontonu Mamorutonu;
Mi niliusiame Kirvu tozu nanc jele;
Kuoje nane mogorene Oteine, tondone
oniede kuvojefantome naine Oteaoponteinianan;
Letancto men koli Takonto;
Si lupto men muezy Logoto.555

Denn dein ist das Reich, und
die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit.
So sey es.

Tondo tonon noncinu nu Ontomouro, ni
Chomeon, ni Timeon, n Lecneeno.
Buldadu.

93. Turuchansche Samojeden.

Aus Witsen, S. 890, und Leibnitz, Th. 2, S. 370.

Unser Vater, der bist im Himmel,
Dein Nahme werde geheiligt;
Dein Reich komme;
Dein Wille geschehe wie im Himmel
so auf Erde;
Unser tägliches Brot gib uns
heute;
Und vergib uns unsere Schulden, wie wir
vergeben unsern Schuldnern;
Führe uns nicht in Versuchung;
Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich, und die Kraft, und

die Herrlichkeit in Ewigkeit. So geschehe es.

Modi Jescje, teio na Csonaar,
Todi Nilo toreke csuzuiro;
Todi Naksiaro toretusu;
Todi Agnaaro toretusu tone na Csonaar,
i Jacsona;
Modi puieresiudara Kirva toratsui mena
ereksone;
I kai nena noina Oteine, tone imodi-
nana kalodie neine Oteoponede;
Iro sirene ta ora Basiedo;
I role sirene Kodago choro.
Tone todi tonea Naksiaro, i Nichoro, i su
Vuraaro i Reine. Bodera.556

Ich will noch die in den vorigen Wörterverzeichnissen
befindlichen einzelnen Wörter
hersetzen, welche wieder manche Abweichungen
an die Hand geben. Die Obyschen sind
aus Witsen, die beyden übrigen aus Schlözers
Norden.

tableau Obysche S. | Mesensche S. | Jugrische S. | Vater | Niesee | Niza | Himmel | Num | Kommen | Jomman | Erde | Jaá | Ja. Ma. Mogh | Tag | Jeleda | Jele | Brot | Ne. En | Nau | Nan | Heute | Tuki. Jele

B. Narymsche und Tomskische Ostiaken.

Es ist schon bemerket worden, dass das
Wort Ostiak bey den Russen sehr schwankend
gebraucht, und dreyerley Völkern von ganz verschiedener
Herkunft beygeleget wird. Die gegenwärtigen,
welche von manchen Schriftstellern
auch Tomskische, Narymsche oder Surjutische
Samojeden
genannt werden, heissen auch Morasen
oder Morast-Samojeden, und wohnen oberhalb
des Surgut an dem Ob bis an den Narym,
um die Mündung der Flüsse Ket und Tom. Sie
müssen indessen keine reine Samojeden, sondern
gemischter Herkunft seyn, weil nur die
Hälfte ihrer Sprache Samojedisch seyn soll. Einige
Wörter der Narymschen befinden sich in
dem Vocab. Petropol. No. 127, und der wenig
abweichenden Tomskischen, ebendas. No. 126;
von den letztern auch in Schlözers Norden, S. 297.
und Scherers Nebenst. S. 67.

Himmel, Nom-sünde. Num heisst Gott.
Tag, Tjel.
Brot, Nan, Njai557

C. Die Kamaschen oder Kamatschinzen.

Welche sich selbst Kischtim nennen, im
Krasnojarschen Gebiethe zwischen den Flüssen
Kam und Mana, an der rechten Seite des Jenisei.
Sie sind Schamanische Heiden, und sollen
den Koibalen gleichen. Aber sie müssen mit
andern Völkern gemischt seyn, indem nur die
Hälfte ihrer Sprache Samojedisch ist. Einige
Wörter derselben befinden sich in Fischers Sibir.
Th. 1, S. 137, 168, Schlözers Norden, S. 297,
Pallas ältern Reise, Th. 3, S. 373 und dem Vocabul.
Petrop.
No. 132.

Himmel, Gott, Num.
Erde, Dscha

D. Die Karagassen und Taiginzen.

Schwache Überreste stärkerer Stämme, welche
an dem Tassewa, einem Flusse der obern
Tunguska herum streifen. Ihre Sprache soll
eine nicht sehr veränderte Samojedische Mundart
seyn. Einige Wörter befinden sich in Pallas
Reise
, Th. 3, S. 304, und dem Vocabul. Petropol.
No. 130, 131.

Himmel, Tere.
Erde, Dsha

E. Die Tubinsken.

Welche ehedem an der Ostseite des Jenisei
um den Tuba-Fluss wohnten. Sie sind jetzt unter
die Tatarn, besonders unter die Katschinskischen
zerstreuet, deren Sprache sie auch angenommen
haben.

F. Die Koibalen.

Im Kutzneckischen und Krasnojarschen
Gebiethe. Sie sind Nomaden, waren ehedem
558Schamanische Heiden, haben aber insgesammt
die Taufe angenommen. Sie sind sehr mit Tatarn
vermischt, wie schon aus ihrer Samojedisch-Tatarischen
Sprache erhellet. Einige Wörter
befinden sich in Fischers Sibir. Th. 1, S. 170,
Pallas Reise, Th. 3, S. 373, und dem Vocabul.
Petrop.
No. 133.

Vater, Op.
Himmel, Num.
Erde, Dshu

G. Die Motoren.

Sie werden auch Madoren und Matorzi genannt,
nennen sich aber selbst Mati und Mator
Aimak. Sie wohnen auf der Ostseite des Jenisei
am Flusse Tuba und dem Sajanschen Gebirge.
Sie sind arme Nomaden, und waren ehedem den
Kirgisen und Sonjoren zinsbar. Sie sollen an
Sitten und Sprache den folgenden Sojeten völlig
ähnlich seyn. Einige Wörter in Pallas Reise,
Th. 3, S. 374 und dem Vocab. Petropol. No. 134.

Himmel, Orgochairachan.
Erde, Dsha.

H. Die Sojeten.

In dem höhern Sajanschen Gebirge, am
westlichen Ende des Baikals, auf der Mongolischen
Grenze, zum Theil auch im Sinesischen
Gebiethe. Sie sind armselige Nomaden und
Schamanische Heiden. Ihre Sprache ist mit der
Samojedischen verwandt, dagegen Büsching sie
für Mongolisch hält. Vielleicht ist sie aus beyden
gemischt.559

3. Völker von verschiedenen unbekannten
Stämmen im nord-östlichen Asien.

A. Die Jeniseischen Ostiaken.

Zu beyden Seiten des Jenisei, von der
obern Tunguska an, an und unter den Samojeden,
in äusserst rauhen und kalten Wildnissen.
Ihre Sprache ist von der der Obyschen und Narymschen
Ostiaken, so wie von allen übrigen
Sibirischen völlig verschieden. Sie theilen sich
in zwey Stämme und Mundarten, die Imbatzkischen
und Pumpokolischen Ostiaken, letztere am
Flusse Ket. Von beyden befinden sich Wörter
in dem Vocabul. Petropol. No. 151 und 152.
Zwölf Wörter nebst den Zahlwörtern hat auch
Fischers Sibir. Gesch. Th. 1, S. 139, 170. Eben
dieselbe Sprache, aber in abweichenden Mundarten
reden auch:

Die Arinzen oder Araler, im Krasnojarschen
Bezirk am Jenisei. Aber sie sind dem grössten
Theile nach von den Kirgisen aufgerieben worden,
daher nur noch ein kleiner Theil von ihnen übrig
ist, welcher unter den Katschinskischen Tatarn
wohnet, und auch deren Sprache angenommen
hat. Als Müller und der ältere Gmelin 1735 am
Jenisei waren, fanden sie nur noch Einen Mann,
welcher die Sprache kannte, durch dessen Hülfe
Müller sein Wörterbuch vermehrte. Einige
Wörter liefern Strahlenberg in der Tab. polygl.
Fischers Sibir
. Th. 1, S. 139, 170, und das Vocabul.
Petropol.
No. 148. Eben so ausgestorben
sind ihre ehemahligen Stämme der Jariner, Buktjiner
und Kaidiner.

Die Kotowzen, oder wie die Russen sie nennen,
Kanski, weil sie am Kan-Flusse in Osten
560des Jenisei wohnen, sind auch nur noch ein
schwacher Überrest eines grössern Stammes, der
aber doch seine Sprache erhalten hat, welche
von den übrigen Mundarten sehr abweichen soll.
Wörter derselben liefern, Fischers Sibir. S. 139,
170, der sie mit den Koibalen für ein und dasselbe
Volk hielt, und das Vocabul. Petrop. No. 149.

Die Assanen oder Asanen am Flusse Ussolka
im Jeniseischen Gebiethe. Auch sie sind grössten
Theils aufgerieben, selbst der Sprache nach;
denn die wenigen, welche noch unter den Krasnojarschen
Tatarn übrig sind, reden schlecht
Tatarisch. Einige Wörter in Fischers Sibir. S. 139,
170 und dem Vocabul. Petropol. No. 150.

Vater, Pumpokol. Obo. Arinzisch. Bjab. Kotowisch. Op. Assanisch. Op.

B. Die Jukadschiren.

Welche sich selbst Andon Domni nennen,
von den Koriäken aber Jedel, d. i. Weisse, genannt
werden. Sie wohnen zwischen den Jakuten
und Tschucktschi zu beyden Seiten der Nieder-Indigirka
bis an das Eismeer, und leben,
wie die Samojeden, von der Jagd, Rennthierzucht
und Fischerey. Zu Billings Zeit bestanden
sie nur noch aus 300 Mannspersonen. Sie werden
von einigen für Jakuten, von andern für
Finnen ausgegeben. Das letztere können sie auf
keinen Fall seyn. Für ihre Jakutische Abkunft
ist auch Georgi, welcher in Beschreib. Th. 3,
S. 328 versichert, ihre Sprache enthalte viele Jakutische
Wörter, doch nicht so viele, dass sie
einander verstehen könnten. In Jose. Billings
Reise von Mart. Sauer befindet sich S. 387 ein
Verzeichniss von 250 Jukadschirischen Wörtern;
561ich habe aber darunter nur zwey gefunden, welche
mit Jakutischen überein kommen. Ausser
dem befinden sich auch Wörter aus ihrer Sprache
in dem Vocabul. Petropol. No. 147.

94. Jukadschirisch.

Aus Nic. Witsen Noord- en Oost-Tatarye,
Th. 2, S. 687.

Vater unser, der in den Himmeln,
Geheiliget sey Nahme dein;
Komme Reich dein;
Geschehe dein Wille wie im Himmel,
so auf Erde;
Das Brot unser tägliches gib uns heute;
Und vergib uns die Schulden unsere,
gleichwie wir vergeben den Schuldnern unsern;
Und nicht führe uns in Versuchung;
Sondern erlöse uns vom Bösen.
Denn dein ist das Reich, und die Macht, und
die Herrlichkeit, in Ewigkeit.

Otjé mitsje, kandi Kundsjunga,
Temlälängh Nim totlié;
Legatei Pugandallanpoh totlié;
Lätiot t'sjemol Alkaltei, konda koet Zjuga,
je Leviangh;
Lünliagel miltjé monidetjeläh keyck mitin telaman;
Jeponkatsj mitin Taldelpon mitläpul,
mitkondan poniatsjock Tannevinol mitläpul;
Je kondo olgoniläk mitel olo Oimik;
Kondo moliak mitel kimda Annelan.
Le dot pugundal Lenpoh, je Tonbank, je
Tändalov kundejank.562

In Jose. Billings Reise lauten die hier vorkommenden
Wörter etwas anders, daher ich sie
auch hersetzen will.

Vater, Etchéa | Geben, Keick.
Du, Tat | Heute, Pondschirkoma.
Himmel, Kundschu | Wie, Kondamiel.
Nahme, Nehve | Wir, Mitek.
Auf, Pudendago | Bosheit, Erritsch.
Erde, Lewjie | Macht, Tonboy.
Tag, Pondscherka | Stark, Addi

C. Die Koriäken und Tschuktschen.

Beyde lassen sich als verwandte Völker betrachten,
indem wenigstens ihre Sprachen verwandt,
wo nicht vermischt sind. Beyde wohnen
auch neben einander im nord-östlichen
Theile von Sibirien, die Tschuktschi in Norden,
und die Koriäken in Süden.

Die Koriäken, vermuthlich von Kora, Rennthier,
ihrem einzigen Reichthum, ober- und
unterhalb des Flusses Anadyr, theilen sich wieder
in drey Stämme, 1. Die sesshaften Koriäken
am Penschinischen Meerbusen, welche sich
Tschautschu nennen. 2. Die Rennthier-Koriäken,
welche in eben dieser Gegend mit ihren
Rennthieren nomadisiren, und sich Tumuhutu
nennen. Beyder nicht sehr verschiedene Mundarten
sollen die Stammsprache seyn, und härter
und männlicher lauten als die folgende. 3. Die
am Flusse Olutora, im nördlichen Theile von
Kamtschatka, welche bey den Russen Olutorzi,
bey den übrigen Koriäken Elutetat, bey dem Witsen
Lutoren, sonst aber auch Elutoren heissen.
Ihre Sprache weicht von der vorigen gar sehr
ab. Koriäkische Wörter liefern Strahlenbergs
Tab. polygl., Stellers Beschreib. von Kamtschatka,
S 59-71, dessen Reise (Frankf. 1774, 8;)
563Lesseps Voyage, am Ende, und nach allen drey
Mundarten das Vocab. Petrop. No. 153, 154, 155.

Die Tschuktschi, auf der nordöstlichsten
Landspitze, ein noch ganz rohes und wildes
Volk, welches von der Jagd, Fischerey und
Rennthierzucht lebt, und, wie alle seine Nachbarn,
in der Nähe und Ferne Schamanische
Heiden sind. Sie bestehen aus zwey Stämmen,
den eigentlichen Tschuktschi und denSchelagi.
Ihre Sprache soll leichter, weichlicher und mit
mehr Zischlauten versehen seyn, als die Koriäkische.
Nach Steller verstehen sie und die Koriäken
sich vollkommen, und sprechen ohne
Verwirrung mit einander; und doch kommen
in Lesseps verglichenen Wortregister am Ende
seiner Reise, etwa nur die Hälfte Wörter mit
Koriäkischen überein. Auch hat Wörter das Vocabul.
Petropol.
No. 157. Zu diesem Volke gehören
noch einige bewohnte Inseln in Norden und
Osten, die aber noch sehr unbekannt sind. Auf
der nächsten Insel in Osten wohnen Achüchalät,
die eine eigene Sprache haben sollen, daher sie
vielleicht aus Amerika stammen; auf der folgenden
Pejeskoli. Die folgenden Wörter sind aus
Lesseps Reise, die abweichenden in Stellers Reise
sind mit St. bezeichnet.

tableau Koriäkisch | Tschuktschisch | Vater | Empitsch, Enpiz, Appa, St | Illiguin | Du | Guitsché | Guir | Himmel | Kh'igan. Cherwol, St | Keh-Iguin | Nahme | Ninna | Ninnéa | Erde | Nurölut, St | Tag | Alvui. Allo, St | Liugiut | Gib | Khinéélgui | Ketam | Heute | Etschieig, St | Wie | Mintschi | Miniri | Wir | Muiu | Muri | Böse | Khatkin | Guetkin, Querkin | Das Böse | Tatsch Guiguin | Teguel564

D. Die Kamtschadalen.

In dem südlichen Theile der Halbinsel Kamschatka,
denn in dem nördlichen wohnen die
Koriäken. Sie nennen sich selbst ltelmän, und
werden von den Koriäken Kontschala und Nümylaha,
von den Kuriten aber Arutarunkur genannt.
Sie sind Schamanische Heiden, und dabey ein
rohes, träges und unreinliches Volk. Steller,
der sie am genauesten beschrieben hat, legte
ihnen eine Mongolische Abkunft bey, wovon
sich doch nur wenig Beweise in ihrer Sprache
finden. Sie scheinen nach Sprache und Sitten
vielmehr ein eigenes, vielleicht mit mehrern ihrer
Nachbarn vermischtes, und allenfalls mit den
Bewohnern einiger Kurilen verwandtes Volk zu
seyn. Ihre Sprache theilet sich in viele Dialecte,
wovon aber manche so sehr von einander verschieden
sind, dass sie sich zwar zur Noth verstehen,
aber nicht mit einander sprechen können.
Der eine ist um den Kamtschatka-Fluss gangbar,
und wird von den Russen Schandalsky Jasik genannt,
weil bey der Ankunft der Russen der
Schandalsche Ostrog der vornehmste war. Der
zweyte herrscht an der Penschinischen See von
Lopatka bis an den Tigil, hat aber auch wieder,
seine Verschiedenheiten, besonders vermengt
er sich immer mehr mit dem Koriäkischen, je
mehr er sich dem Tigil nähert. Verzeichnisse
von Wörtern befinden sich nach verschiedenen
Mundarten in Krascheninnikow Opisami zemli Kamtschatki,
Petersb. 1755, 4; G. W. Stellers Beschreib.
von Kamtschatka
, Frankf. 1774, 8, pass.
in der Voyage par Lesseps, Th. 2, S. 355-380,
in dem Vocabul.Petropol. No. 158; 159, 160,
in Jose. Billings Reise, S. 399 f.565

Vater, Is-Ch | Brot, Popkom.
Du, Kis | Gib Her, Tatach.
Himmel, Kochan | Heute, Daanguh.
Nahme, Hogaah | Wie, Nochkuis.
Kommen, Koquasitsch | Stärke, Macht, Takasna.
Erde, Simmt

E. Die Kurilischen Inseln.

Sie erstrecken sich von der südlichen Spitze
Kamtschatkas südwestwärts bis nach Japan. Die
ersten 19, welche aber nicht alle bewohnt sind,
gehören jetzt dem Russischen Reiche, die drey
südlichsten, worunter sich auch die grosse Insel
Matmai befindet, sind den Japanern unterworfen.
Man sehe Pallas Nord. Beytr. Th. 1, S. 112.
Die Bewohner der ersten Russischen Insel
Schumtschu, welche Kamtschatka am nächsten
liegt, sind keine Kurilen, sondern Itelmän, welche
zu verschiedenen Zeiten auf diese Insel übergegangen
sind. Die eigentlichen Kurilen, welche
sich besonders dadurch auszeichnen, dass
sie unter ihren Japanischen seidenen Kleidern
am ganzen Leibe mit schwarzen Haaren bewachsen
sind, fangen erst auf der zweyten Insel Poromuschir
an. Sie nennen sich selbst Ujut-Jejeke,
bey den Koriäken heissen sie Kuinala, bey den
Kamtschadalen aber Kuschi, Sie haben ihre eigene
Sprache, welche auch auf den übrigen Inseln
zu herrschen scheint, wenigstens auch auf
der 20sten oder ersten Japanischen geredet wird.
Die Insel Matmai wird an der Küste von Japanern,
im Innern aber von behaarten Kurilen bewohnt,
welche so, wie auf den beyden übrigen
Japanischen Inseln, ihre eigene Sprache zu haben
scheinen. Einige Wörter von den Russischen
Kurilen haben Strahlenbergs Tab. polyglott.,
Stellers Beschreib. von Kamtschatka pass. und das
Vocabul. Petropol. No. 162.566

F. Die östlichen Inseln.

Sie bestehen aus einer langen Reihe vieler
Inseln zwischen Kamtschatka und der Amerikanischen
Küste, und deren Landspitze Alaska.
Man theilet sie ausser den beyden unbewohnten
Inseln, der Berings-Insel und der Kupfer-Insel,
in drey Inselhaufen, die Aleutischen, Andreanowschen
und Fuchsinseln, zu welchen letztern
auch die grosse Insel Unalaschka gehöret. Die
Bewohner aller dieser Inseln scheinen von Einem
Stamme zu seyn, sprechen auch eine und eben
dieselbe Sprache, obgleich in mehrern Mundarten.
Diese Sprache unterscheidet sich von der
Kamtschadalischen eben so sehr, als von der auf
der zunächst an der Amerikanischen Küste gelegenen
und dahin gehörigen Insel Kadiak, wie
aus dem zahlreichen vergleichenden Verzeichnisse
von Wörtern in Jose. Billings Reise S. 399
bis 406 erhellet. Eben so sehr weicht sie von
der Sprache der Grönländer und Eskimo ab, wie
Pallas in Nord. Beytr. Th. 1, S. 308 selbst
gestehet.

Vater, Athan | Erde, Ttchekak.
Du, Ingaan | Tag, Anghalik.
Himmel, Inkak | Heute, Wonangalik.
Nahme, Assia | Wie, Alkolli.
Kommen, Agatha | Kraft, Stärke, Matalukan.

V. Ost-Asiatische Inseln.

1. Japan.

Dieser grosse Staat, welcher aus vielen
theils grossen, theils kleinen Inseln bestehet,
enthält auf ungefähr 8600 Quadrat-Meilen an
15, nach andern gar 30 Millionen Einwohner,
567und gibt an Cultur dem so nahen Sinesischen
Reiche nichts nach, ja übertrifft dasselbe sogar in
manchen Stücken, besonders in der Polizey.
Der Japaner ist gelehrter, witziger und lebhafter
als der Sinese, und fasst die Europäischen
Wissenschaften, die dem Sinesen immer unbegreiflich
bleiben, sehr leicht. Die grösste und
vornehmste Insel heisst Niphon oder Nipon, von
welcher oft der ganze Staat benannt wird, nach
welcher die Inseln Schimo oder Kiusju, und Schicoko,
oder Sikokf, die vornehmsten sind.

Die Japaner wissen von ihrer Herkunft
nichts zuverlässiges, ausser dass sie von den Sinesen
herstammen wollen, welches aber ihre
Sprache widerleget. Obgleich ihre wahre Geschichte,
ihrem Vorgeben nach, 660 vor Chr.
angehet, da Sin-Musa die Monarchie gestiftet
haben soll, so ist sie doch in den ältern Zeiten
zwar reich an Naturbegebenheiten, aber desto
ärmer an historischen Umständen. Bis 1143 war
die weltliche und geistliche Macht in Einer Person
vereiniget. In dem gedachten Jahre setzte
sich dem Dairi oder geistlichen Beherrscher ein
Kubo oder weltlicher an die Seite, seit welcher
Zeit das Reich bis 1585 getheilt blieb, da der
Kubo alle Gewalt an sich zog, und dem Dairi
den blossen Schatten eines Regenten liess. Es
gibt hier, wie in Sina, drey Haupt-Religionen,
Sinto oder Schinto, die älteste, , welche mancherley
Götzenbilder verehret, Budsko, die reformirte
Bramanische Religion, oder die Religion
des Fo, welche sie aus Indien bekommen haben,
und Siutto, der Deismus des Confucius, welcher
aus Sina herstammet.

Da dieser Staat den Küsten von Korea und
der Mantschurey am nächsten liegt, so hat er
568seine Einwohner wahrscheinlich auch von dieser
Seite erhalten, daher auch Kämpfer die Japaner
für verfeinerte Tataren hielt. Indessen muss das
sehr frühe geschehen seyn, da noch ganz andere
Völker und Sprachen diese Küsten beherrschten,
als jetzt, indem die Japanische Sprache mit keiner
bekannten Sprache überein kommt, am wenigsten
aber mit der einsylbigen Sinesischen.
Theoph. Siegfr. Bayer wollte zwar im Thes. epist. la
Croziano
Th. 1, S. 54 aus Vergleichung gefunden
haben, dass sie mit der Tatarischen überein
komme; allein das war wohl eine Übereilung,
er mochte nun das Mantschurische, oder Mongolische
oder Türkisch-Tatarische verstehen. Ich
habe sie mit allen drey Sprachen verglichen,
und nicht einmahl so viel Ähnlichkeit gefunden,
als sich oft zufälliger Weise unter den Sprachen
auch der entferntesten Länder antreffen lässt.
Da die Japaner die so ausgezeichnete Mongolische
Bildung haben, so müssen sie, wenn sie ja
nicht von diesem Volke abstammen sollten, doch
irgend einmahl von demselben seyn beherrschet
worden. Die Japanische Geschichte kennt zwey
Einfälle fremder, barbarischer Völker, den einen
von 799, und den andern von 1281; allein
beyde fielen für die Angreifer sehr unglücklich
aus.

Ob sich diese Mongolische Bildung über den
ganzen Inselhaufen erstreckt, wird nicht gesagt.
Vielmehr sind nach Kämpfer und andern die
Einwohner an Gesichtsfarbe, Haar, Bildung und
Sitten gar sehr verschieden, welches denn auch
auf einen verschiedenen Ursprung schliessen
lässt. Ihre Geschichte gedenkt schwarzer Einwohner,
welche man auf den Inseln an der südlichen
Küste von Niphon gefunden, und welche
569wohl zu den Schwarzen in dem Innern der Philippinen
und der meisten Ostindischen Inseln
gehören mögen. Es wird daher auch an mehrern
Sprachen, wenigstens Mundarten, nicht
fehlen können. Allein diese sind uns noch sehr
unbekannt, indem man nur die Sprache der Insel
Niphon, und auch hier nur die der Hauptstädte
Meaco und Jeddo und der Handelsstadt
Nangasakki kennt. Diese theilet sich denn nun
wieder, wie in einem jeden nur einiger Massen
gebildeten Lande, in die Hof- und Büchersprache,
welche auch hier von den Europäern die
Mandarinen-Sprache genannt wird, und in die
Volks-Dialecte, welche in jeder Provinz abweichen.

Es fällt auf, dass von den vielen Holländern,
welche seit 200 Jahren auf der Insel Desima das
ganze Jahr über Musse und lange Weile genug
haben, auch kein einziger sich um die Sprache
bekümmert hat. Was wir davon wissen, haben
wir grössten Theils den Europäischen Missionarien
zur Zeit ihres Glanzes auf der Insel zu
danken.

Specimen litterarum vocumque Japanicarum e regis
Bungi diplomate desumtum
, stehet hinter Jo.
Pet. Maffei ep. de rebus Japonicis
, in seinen Operibus,
Th. 1, S. 317. Alphabeta Japonum auch in
Engelb. Kämpfers History of Japan. Die Japaner
haben ihre eigene Schrift. In wissenschaftlichen
Dingen bedienen sie sich auch der Sinesischen.

Eman. Alvarez de institulione grammatica libri
III, cum versione Japonica. In collegio S. J.
Amacusano
. 1593, 4. Führet Hr. von Murr an.

Joam Rodriguez arte breve da lingua Japona.
Amacao, 1620, 4; nach Marsden.570

Didaco Collado (eines Dominicaners) ars
grammatica Japonicae linguae
. Rom, 1632, 4; ist
dunkel, unordentlich und unvollständig.

Carl Pet. Thunberg observationes in linguam Japonicum
in Nov. Actis Upsal. Vol. 5, 1792, 4 ,
S. 258-273; und daraus in Groskurts Übersetzung
der Reise Thunbergs.

Dictionarium Latino-Lusitanicum ac Japonicum
ex Ambros. Calepini volumine depromptum
. Amacusa,
1595, 4; nach Marsden.

Ra cu yo schu, s. Dictionarium Japonicum.
Nangasacki, 1598; nach Marsden und von Murr.
Es befindet sich auch in der National-Bibliothek
zu Paris. Der Titel scheint Sinesisch zu seyn.

Didaci Collado Dictionarium s. Thesaurus Japonicae
linguae
, Rom, 1638, 4. Ich besitze davon:
Additiones ad Dictionarium Japonicum auct.
Fr. Did. Collado
; ohne Jahr und Ort in 4. Das
Lateinische stehet voran.

Engelb. Kampfers Japanisches Wörterbuch
befindet sich handschriftlich in dem Brittischen
Museum zu London.

Wörtersammlungen haben: Hadr. Relandin
Dissertatt. miscell. Th. 3, S. 103-119; Ge.
Meister
im oriental. Kunst - und Lustgärtner, Dresden,
1692, 4, S. 185-192 nebst zwey Gesprächen;
Batavische Verhandelingen, 1781, Th. 3.
Vocabul. Petropol. Hervas Vocabulario polyglotto,
S. 163, folg. und die Zahlwörter in seiner Aritmetica,
S. 148. Vorzüglich in Carl Pet. Thunbergs
Resa
, Upsala, 1791, 8, und deren Deutschen
Übersetzung von Groskurt; denn in Sprengeis
Auszug ist dieses Verzeichniss sehr abgekürzet.
Indessen kommen die von ihm angegebenen
Wörter mit den im Collado nicht allemahl
überein.571

Guida de los Peccadores, in Japanischer Sprache.
Nangasaki, 1599, 4.

Nittonno — modus confitendi et examinandi
poenitentem Japonum, aut. Fr. Did. Collado
. Rom,
1632, 4; Japanisch und Lateinisch. Das Japanische
mit Lateinischer Schrift.

Herr von Murr erwähnt im Neuen Journal
Th. 1, S. 129 des von den Jesuiten zu Miaco vor
1613 in klein Folio heraus gegebenen N.T. in
Japanischer Sprache. Vorher schon hatten der
erste christliche Japaner Angerius und hernach
Paulus a S. Fide das Evangelium Matthäi zu Goa
1548 übersetzt.

Nach Arn. Montanus in den Gesandtschaften
der Holländer an den Kaiser von Japan, ist die
Sprache auch darum schwer, weil die Nahmen
der Dinge in den meisten Fällen von dem Stande
der Sprechenden abhängen, ja in dem Munde
eines Mannes oft anders lauten, als in dem
Munde eines Weibes. Auch die Zahlwörter sind
nach den Dingen verschieden, von welchen sie
gebraucht werden.

Die Buchstaben hat sie mit den meisten
übrigen Sprachen gemein; aber darunter einen, von
welchem Collado sagt: „orare debet discipulum
Deum, ut ei venas pronunciationis aperiat”;
und das ist , wo beyde Buchstaben
hart und deutlich ausgesprochen werden sollen.
Die Aussprache der meisten übrigen Buchstaben
ist schwankend und unsicher, indem auch der
beste Japaner die Buchstaben l und r, h und f,
b und k, b und m, und f u. s. f. nicht unterscheiden
kann; daher man sich nicht wundern
darf, wenn man ein und dasselbe Wort auf verschiedene
Art geschrieben findet.

Sie ist mehrsylbig, hat also mit der Sinesischen
572Sprache nichts als einige von ihr erborgte
Wörter gemein. Die mehrsylbigen Wörter entstehen
durch die Biegung, Ableitung und Zusammensetzung,
wie in andern ausgebildeten
Sprachen, gehet aber dabey ihren eigenen Weg.
Viele Verba werden durch Verbindung eines
Substantives oder Adjectives mit dem Verbo suru,
machen, thun, gebildet: Ogamo das Gebeth,
Ogamo suru, bethen. So auch viele Substantiva
und Adjectiva mit den Wörtern Mono, Mensch,
Ding, oder Koto, Ding.

Die Substantiva haben kein Geschlecht; das
natürliche Geschlecht zu bezeichnen, setzt man
dem männlichen vo und dem weiblichen me vor:
vo Jica, der wilde Bock, me Jica, die wilde Ziege.
Von dem Artikel weiss die Sprache nichts.

Die Declination hat noch manche Überreste
der einsylbigen Sprachen; es werden nehmlich,
die Casus durch nachgesetzte Partikeln bezeichnet,
welche aber nach dem Stande der Sprechenden
verschieden sind. So hat man für den
Nominativ 5, für den Genitiv 2, für den Dativ
auch 2, für den Accusativ 5, und für den Ablativ
3 Partikeln. Dem Vocativ wird icani vorgesetzt.

Für den Plural hat man 4 Partikeln, gleichfalls
nach der Würde der Sprechenden, welchen
die vorigen Casus-Zeichen nachgesetzt werden.
Tono taschi, Herren, Fiacuscho domo, Bauern,
Genit. Tono taschi no, der Herren, Fiacuscho domo
ga
, der Bauern.

Eben so werden die Adjectiva declinirt, nur
dass sie in Verbindung mit Substantiven und Verbis
mancherley Veränderungen leiden.

Da die Japaner die größten Complimentarii
in der Welt sind, so zeigen sie dieses besonders
573an den persönlichen Pronominibus. Sie haben
deren 8 für die erste, 13 bis 14 für die zweyte,
und 6 für die dritte Person, welche auf die vorige
Art decliniret werden; aber alles nach Stand
und Würden der Sprechenden oder des Gegenstandes.

Die Verba haben Vocem und Modos wie
andere Sprachen, und darin vier Tempora, das
Praesens, Perfectum, Plusquamperfectum und
Futurum. Alles dieses wird durch eigene Biegungssylben
an dem Worte selbst bezeichnet.
In Ansehung der Zahlen und Personen bleibt
das Wort unverändert, doch werden die persönlichen
Pronomina voran gesetzt. Der Infinitiv
endigt sich gemeiniglich auf u oder aru, das
Perfectum auf ta, die Participia und andere von
Verbis abgeleitete Adjectiva gleichfalls auf ta.
Übrigens gibt es drey bejahende und eben so
viel verneinende Conjugationen. Ich gebe, wataks
(nach Befinden werden andere Pronomina
gewählt) jaru; ich habe gegeben, wataks jatta;
ich werde geben, wataks jarrimassu. Er schreibet,
ano fito kakarimas; er hat geschrieben, ano
fito no kakarimasta
; wir haben geschrieben, watakusi
domo kahimassita
.

Die Wortfolge weicht von der in den Europäischen
Sprachen üblichen völlig ab.

Hervas erwähnet im Saggio prattico S. 241
eines Japanischen Katechismus, in welchem sich
aber nur der Anfang des V. U. befand. Eben
derselbe Anfang stehet auch in des Collado
Sprachlehre S. 17, und lautet so:

Himmel in stehet unser der Vater.

Ten ni maschimasu varera ga von Voia.574

Da nun keine vollständige Übersetzung bekannt
ist, so will ich wenigstens die einzelnen
Wörter nach Thunberg und des Collado additionibus
hersetzen. Einige wenige aus Reland und
Kämpfer habe ich besonders bezeichnet.

Vater, Voya, vermuthlich wenn man mit
Ehrerbietung spricht; daher Voyano, väterlich.
Bey dem Thunberg heisst Vater Tete, Toto, und
bey dem Reland Cici.

Unser, in der obigen Formel Varera ga.
Aber das bedeutet eigentlich mein. Varera ist
ich, wenn man demüthig mit einem höhern
spricht; im Plural auch mit Demuth Varera domo,
wir, und im demüthigen Genitiv, das Possessivum
zu vertreten, Varera domo ga, unser, nostrum.
Spricht man mit Würde gegen Niedrige,
so heisst ich Vatacuschi, Soregaschi, Vare, oder Mi.

Der, Von, die Partikel, ein Relativum zu
bezeichnen, welche mit dem Substantive, worauf
sie sich beziehet, dem Verbo nachgesetzet
wird.

Du, heisst gegen Vornehmere Conata, Kischo,
Kifo, Sama, Hanata. Hier fehlet es, weil
das Verbum in der dritten Person zu stehen
scheinet.

Stehet, Maschi masu, müsste nach der buchstäblichen
Übersetzung im Hervas das Participium
seyn, stehend; allein dieses bekommt nach
Collado fito, Aguru fito, offerens. Masu ist vielmehr
nach ihm S. 40 eine Partikel, welche den
Verbis beygefüget wird, wenn man die Handlung
einem Höhern beylegt. Maschi wird also
wohl das eigentliche Verbum seyn.

In, Ni. Die Praepositionen werden hier
nachgesetzet.575

Himmel, Ten, ist aus dem Sinesischen Tien
entlehnt. Der Himmel der Seligen heisst nach
Thunberg Gekurako.

Heiligen. Sassuke uru, ich heilige. Uru ist
die Partikel des Praesens.

Dein, Conata no, Kischo no, Kifo no, u. s. f.
von dem Pronomine der zweyten Person, du,
und no der Partikel des Genitives, wenn man
mit Ehrerbietung spricht.

Nahme, Na.

Das Reich, Kwuni, Kuni, Kiruni.

Kommen, Ki, ist ein Irregulare; Ki uru,
oder Kuru, ich komme; Kita, ich bin gekommen;
Kosu, ich werde kommen; Koi, Koio,
komm.

Zu, Made Tu. Uns, Vara domo vo, von
Vara, ich, Vara domo, wir, und vo, der Partikel
des Accusatives.

Der Wille, Fuska. Nosomi, Cocoro. Wollen,
Konomu, Nosomi.

Geschehen, Scherare.

Wie, gleichwie, Do. Auf, über, Sugi, Owe.

Die Erde, Tsutsno; nach Reland, Cino, Ci.
Der Erdboden, Tji, Tsi, Dsi.

Der Tag, Aki, Pi; nach Reland Fi. Täglich,
Akino.

Brot, Mochi. Pang, bey dem Reland ist aus
dem Portugiesischen. Nahrung, Speise, Fagocumi,
Schöcubut, Sukomots, Kusmos, Kuimono.

Geben, Fureru, Jaru. Gib, Ose tskuke jare;
höflicher, Kuda fare.

Heute, Konjits, Konisi, Kjo.

Und, To, No. Vergeben, Yuruschi; Vergebung,
Yurusche.

Schuld, Sukugin, Voi mono.Schuldner, Sukugin
ota fito
.576

Wir, mit Demuth, Varera domo.

Einführen, Ire, Nru, Komi, Irokomi.

Nicht. Naka, I, Ine, Jaija. In, mit dem
Accusative, Je.

Versuchung, Kokoromi, Susume.

Sondern, Saredomo, Arwatekkasa.

Befreyen, Uomoi tsuke, Tzuru, Uomoi uotosch,
ich befreye.

Von, Yori, Kara, No.

Böse, das Böse, Faradate, Kuso, Warri, Warikakuse.

Denn, weil, Nassi, Nassii narewa.

Stärke, Macht, Kraft, Sikaria, Schei, Ehikara,
Kikon
.

Ehre, Meiyo. Ruhm, Siman. Majestät,
Gajo.

Ewig, Iso, Murio mufen.

2. Lieu-Keu, Liquejo-Inseln.

Diese Insel-Gruppe von 36 Inseln, welche
Japanisch Rjuko heisst, liegt zwischen Japan, Formosa
und den Philippinen, und macht einen beträchtlichen
ziemlich gesitteten Staat aus, von
welchem 1721 eine Beschreibung in Sinesischer
Sprache in 2 Bänden zu Peking gedruckt ward.
Er ward schon einmal frühe von Sina erobert,
aber wieder verlassen, worauf er sich 1372 freywillig
wieder an Sina unterwarf, wohin er auch
noch jetzt zinsbar ist. Als Beniowsky 1771 hier
war, soll der Staat unabhängig gewesen seyn,
allein Macartney, der sich um 1793 hier befand,
versichert das Gegentheil. Es ist ein sanftes, gefälliges,
geschicktes und arbeitsames Volk, welches
seine Cultur von Sina erhalten zu haben
scheint, daher auch die Religion des Fo hier
577herrschend ist. Nach Kämpfer und Beniowsky
reden die Einwohner Sinesisch. Allein das gilt
wohl nur von den Sinesischen Flüchtlingen, deren
sich immer eine grosse Menge hierher gewandt
hat. Nach dem P. Gaubil in den Lettres
édifiantes
und Grosier in Description de la Chine gibt
es auf diesen Inseln drey verschiedene Sprachen,
welche weder Sinesisch noch Japanisch sind.
Auf der grossen und den nahe liegenden kleinern
Inseln herrscht einerley Sprache, worin doch
viele Japanische Wörter vorkommen. Auf den
nördlichen Inseln, und auf den Inseln Pat-chong
chan
und Tay-ping-chan, gibt es zwey verschiedene
Sprachen.

3. Formosa.

Formosa, Sinesisch Tai-ouan, ist eine beträchtliche
Insel von 140 Seemeilen im Umfange,
nahe an der östlichen Küste von Sina, der Provinz
Fo-kien gegenüber. Indessen scheinet es
doch nicht, dass sie vor dem 17ten Jahrhundert in
Verbindung mit diesem Reiche gekommen sey.
Im Jahr 1620 bemächtigten sich die Holländer
derselben, und machten sich um den Unterricht
der Einwohner rühmlichst verdient *)74, allein
5781661 nahm der Sinesische Seeräuber Coxinga
ihnen selbige ab, und behauptetete sich als König,
worauf dessen Nachfolger sie 1682 dem
Reiche Sina abtrat, welches sie noch beherrscht,
aber doch nur den westlichen Theil der Insel besitzt.
Seit dieser Zeit sollen an die 500000 Sinesen
dahin ausgewandert seyn. Im Innern des Landes
wohnet ein schwarzes Volk mit breiten Gesichtern
und schwarzen Haaren, welches unabhängig
lebt, und eine ganz eigene noch unbekannte
Sprache redet. Die Küstenbewohner
sind von einem andern Stamme und olivenfarbig,
und scheinen ein sanftes gebildetes Volk zu
seyn. Es scheint, dass sie mehr als eine Sprache
oder doch Mundart reden; denn die Holländer
nannten die Sprache, worin sie die unten gedachten
Religions-Bücher übersetzten, Sideis-Formosanisch,
und setzten hinzu, dass sie in den ihnen
gehörigen Dörfern Soulang, Mattauw, Cinckan,
Bactoan, Tavokan, Tevorang, Dorko
und Tilocen gesprochen werde. Die Sprache
scheint von allen bekannten völlig verschieden,
obgleich einige Malayische Wörter darin vorkommen,
z. B. Matta, Auge, Rima, Hand, Tangira,
Ohr, welche sich aber in allen Sprachen,
579sowohl der Ost-Indischen Inseln als der Südsee,
wiederfinden. 1782 wurden die Küstenländer
der Insel von einem heftigen Orkane und dem
wüthenden Meere auf das grausamste verwüstet.
Die beyden folgenden Formeln sind bloss
in der Übersetzung verschieden. Ich entlehne
die erste aus Baumgartens Nachr. von merkwürdigen
Büchern
, welcher sie aus des Junii Katechismus
ausgezogen hat. Die, Formel in des Gravii Formulier,
welches ich selbst besitze, ist zwar mit
einer Holländischen Übersetzung versehen, allein
es ist die Holländische Kirchensprache, welche
von dem buchstäblichen Sinne des Formosanischen
gar sehr abweicht. Da es nun weder
Sprachlehre noch Wörterbuch in dieser Sprache
gibt, so kann ich auch nur einzelne Wörter
übersetzt liefern, so wie ich sie in dem Formulier
zusammen lesen konnte.

95. Formosanisch.

Aus Rob. Junii Katechismus, Delft, 1645, 12.

Vater unser, der im Himmel,
Gepriesen sey der Nahme dein;
das Reich;
Wille auf Erde wie
im Himmel;
Gib uns Nahrung Tag diesen;

Diam-eta ka tu Vullum,
Lulugniang ta Nanang oho;
Mabatongal ta tao tu Goumoho;
Mamtalto ki Kamoienhu tu Nay, mama
tu Vullum;
Pe-came ka Cangniang Wagi katta;580

uns Sünde
wie Sünde
Nicht uns
uns Teufel.
Denn dein ist das Reich, Macht,
Herrlichkeit, ewiglich.

Hamie-came ki Varauiang mameniang mar
mia ta Varau ki tao ka mouro ki rüch
emitang;
Ine-came poudangadangach;
Souaiame-came ki Litto.
Ka imhouato ta Gumaguma, Kallipuchang,
Kasasamayang mikagna. Amen.

96. Dasselbe.

Aus Dan. Gravii Formulier des Christendoms, S. 137.

Vater unser, der Himmel
Himmel,
Heilig gepriesen der
Nahme dein;
Komme die Herrschaft deine;
Geschehe der Wille dein wie im
Himmel, also auf Erde;
Gib uns Tag diesen Brot
welches genug;

Rama-jan, ka itou Tounnoun kow
ki Vullum,
Pakou-tiktik-auh loumoulough ta
Nanang-oho;
Pa-irou- au ta Pei-sasou-an-oho;
Paamt-au ta Kamoei-en-hou, mama tou
Tounnoun, kma-hynna tou Näi;
Phei-kame Wä'i katta ki Paoul-i-an
ka mamsing;581

Vergib die Schuld unsere.
wie vergeben wir die uns
schuldig sind;
Nicht uns führe in
Sondern befreye uns Teufel;
Denn dein die Herrschaft, die Macht,
die Herrlichkeit in Ewigkeit
Ewigkeit.

Attaral-a ta Käuitting-en-hou ymiän-än,
mama ka attaral-kame ta ymiän ki
käuitting-nian;
Inei-kame dmilough tou R'poung-an;
Ra haoumi-ei-kame ki Lyttou;
Ka'am-hou ta Pei-sasou-an, ta Peilpoug-en,
ta Keirang-an ki kidi, tou Yhkaquang
Myddarynnough. Amen.

Anmerkungen.

Vater heisst sowohl Rama, als Diam und Raraman.
Jan und eta, sind das Pronomen, welches
hier allemahl hinten angehängt wird: Ramau,
mein Vater, Ram'appa-moumi, euer Vater.
Alid ka Meirang-eta ka Dama-eta, Gott, der unser
Herr und Vater ist. Alid, Gott, scheint aus
dem Arabischen Allah zu seyn.

Ka, das Relativum welcher, durch alle drey
Geschlechter. Tou oder itou, die Praeposition
in.

Tounnoun und Vullum bedeuten jedes für
sich allein den Himmel, (letzteres auch die
Wolken,) werden aber auch häufig verbunden.
In andern Stellen des Formulier heisst es: nimakka
Tounnoun ki Vullu-vullum
, aus den Himmeln;
tou Tounnoun ki Vullu-vullum, in den Himmeln;
ni-sahta Tounnoun saba-Vullum, und nisaba-Vullum
582tou Tounnoun
, gen Himmel; pahsata-Tounnoun
pasaba-Vullum
, in dem Himmel.
Die Wiederhohlung Vullu-vullum scheint der
Plural zu seyn. Doch wird in andern Fällen der
Plural anders gebildet.

Pakou-tiktik-au. Im Formulier bedeutet
mei-tiktik und ma-tiktik, heilig, undParatiktik-en,
die Heiligkeit. Loumoulough heisst loben, preisen,
und wird mehrmahls mit dem vorigen verbunden.
1 Petr. 3, 15: Makou-tiktik-ka laumoulough
ki Alid ka Madrang tou Tintin-ourni
, heiliget
Gott den Herrn in euren Herzen. Loulougan
in der ersten Formel bedeutet Ehre: tou Loulougan
ki Alid
, zur Ehre Gottes. Ki ist der Genitiv
des Artikels ta, hat aber auch noch andere
Bedeutungen.

Pa-irou-ou, es komme. Iroua, ich komme;
irou-a, komm, im Imperativ.

Pei-safou-an, das Reich, die Herrschaft.
Saäsat, der Herr.

Ta Näi, die Erde, Welt.

Phei-kame oder Pe-kame, gib uns. Piä,
geben, Pi-ä, er gibt, Pä'ä-saoun-nah, ihr gebet,
phä-eih, gib, Piä-jau-an, gib mir.

Mamsing, oder Ma-'msing, bedeutet sowohl
die Nothdurft, als auch bequem, genug.

Wa'i-katta, oder, wie es in der ersten Formel
heisst, Wagi-katta, diesen Tag, d. i. heute.

Attaral-a, vergib. Die Vergebung der
Sünde heisst im Formulier sowohl ta Attaral-an
ki Varau
, als ta Atta-haumaan ki Varau, und ta
Atta-nynnoan ki Varau
.

Repoung-an, Prüfung, Versuchung, von
repoung-auh, prüfen, untersuchen. Die Partikel
583an oder en scheint Substantiva, wie auh oder
au Verba zu bilden.

Myhkaqua mydarynouh heisst im Formulier
ewig, und Myhaqua-ah Myddarynnouh, in der
Ewigkeit.

VI. Süd-Asiatische oder Ost-Indische
Inseln.

Diese grosse Sammlung von Inseln erhält
noch das Andenken eines ehemahligen grossen
durch unbekannte Naturbegebenheiten zertrümmerten
festen Landes, welches wahrscheinlich
mit dem südlichen Asien zusammen hing, und
sich vielleicht tief in die heutige Südsee erstreckte,
von welchem jetzt nur noch die höchsten
Gegenden und Berggipfel in einer Menge
grosser und kleiner Inseln hervor ragen, die,
wenn sie in ein zusammenhangendes Land vereiniget
wären, einen Welttheil so gross wie Europa
ausmachen würden. Nur Schade, dass diese
Insel-Sammlung uns dem grössten Theile nach
noch sehr unbekannt ist. Denn obgleich die
Europäer, und besonders die Holländer, in den
meisten derselben Jahrhunderte lang gehandelt,
geherrscht und gehauset haben: so hat es ihnen
doch nicht gefallen, uns mit den alten Einwohnern
so vertraut zu machen, als es der Sprach- und
Menschenforscher wünschen möchte. Die
sämmtlichen Bewohner dieser Inseln zerfallen in
zwey Haupt-Classen, in schwarze Neger-artige
Menschen mit krausem wolligem Haare, und in
hellere von brauner Kupfer- oder Oliven-Farbe,
mit langem Haare, von guter Bildung und ansehnlicher
Länge.584

Die erstern hält man für die ursprünglichen
Einwohner, welche zum Theil noch einige Inseln
allein bewohnen, in den grössern aber in
die Gebirge im Innern des Landes gedränget
worden. An Farbe und dem krausen Wollhaare
gleichen sie den Afrikanischen Negern, daher
sie von den Holländischen Schriftstellern auch
oft Negern und Mauren genannt werden; sie unterscheiden
sich aber von ihnen theils durch die
Sprache, theils durch den buschigen krausen
Bart, daher sie wohl nicht Eines Stammes mit
ihnen sind *)75. Sie haben verschiedene Nahmen.
Auf Sumatra heissen sie Batta, auf Borneo Byajos,
auf den Molucken Harafora oder Alfurier,
auf den Philippinen Ygolotes, und in Neu-Guinea
Papuhs. Schon im 9ten Jahrhundert fanden
Renaudot's Araber auf den Indischen Inseln Neger-artige
Einwohner, welche wilde Menschenfresser
waren. Noch jetzt sind sie dem grössten
Theile nach sehr roh und unzugänglich, und
noch insgesammt Menschenfresser. Selbst diejenigen,
welche unter den Holländern Christen
geworden sind, suchen diesen Appetit zu stillen,
wenn sie Gelegenheit dazu haben. Auf der
Insel Ceram kann kein junger Mensch seine
Blösse oder sein Haus bedecken, oder heirathen,
wenn er nicht für jede dieser Erlaubnisse den
Kopf eines Feindes bringt; Feind ist ihnen aber
ein jeder, der kein Alfurier ist. Indessen sind
sie doch nicht überall so wild; sondern wohnen
585oft an den Küsten, treiben Handlung, und sind
mit den Holländern verbunden. Auf der zu Amboina
gehörigen Insel Buro sind sie sanft und
gesellig. Daher ihre Wildheit wohl eine Folge
des harten Betragens gegen sie ist. Ihre Sprache
ist daher auch noch sehr unbekannt; ja man
weiss nicht einmahl, ob die auf so vielen Inseln
zerstreuten Menschen dieser Art eine und eben
dieselbe Sprache nur in verschiedenen Dialecten,
oder mehrere verschiedene Sprachen reden.

Die zweyte Classe der hellern Menschen mit
ovalen Gesichtern und schönen Augen, bewohnet
die Küstenländer der grössern Inseln, auch
manche Inseln allein. Unter ihnen zeichnen
sich zuförderst die Malayen aus, welche theils
der Handlung, theils der Eroberung wegen zu
verschiedenen Zeiten, und besonders im 13ten
Jahrhundert, von ihrer engen Halbinsel ausgegangen
sind, und welche bey ihrer Sprache,
Bildung und Sitten ihren Malayischen Ursprung
nicht verleugnen können. Auch werden sie von
den übrigen Einwohnern als eingedrungene
Fremde angesehen. Der übrige weit zahlreichere
Theil wird von vielen auch für Malayen
gehalten, welche aber in weit frühern Zeiten
hier eingewandert, und daher an Sprache und
Sitten so sehr ausgeartet seyn sollen. Ich zweifele
gar sehr an ihren Malayischen Ursprung, da
sie weit roher und wilder als die ächten Malayen
sind, und die wenigen Malayischen Wörter, welche
sich in ihren übrigens ganz verschiedenen
Sprachen befinden, entweder Überreste
einer ältern allgemeinen Sprache sind, oder
auch durch Handlung und Verkehr eingeführet
seyn können. Sind diese Inseln Überbleibsel
eines ehemahligen festen Landes, so können
586diese und jene Neger-artigen Menschen wohl
noch Reste der ehemahligen Urbewohner
zu welchen in der Folge Malayen, Sinesen,
vermuthlich bey der Eroberung ihres Landes von
den Mongolen und Mantschu, und Araber kamen.
Die letztern haben sich und ihre Religion
schon von Alters her hier verbreitet, daher auch
die Sultans mancher Mahomedanischer Staaten
unmittelbar von Mahomed abstammen wollen.
Auf manchen Inseln scheinen die Araber sich
unter den Malayen verloren, und ihre Sprache
angenommen zu haben.

Da wir nun dieSprachen dieser Inseln noch
bey weitem nicht so kennen, dass wir diese nach
jenen eintheilen könnten: so bleibt mir nichts
weiter übrig, als die vornehmsten dieser Inseln
und Inselhaufen einzeln aufzuführen, und was
von der Sprache einer jeden bekannt ist, besonders
zu bemerken *)76.

1. Die Andamanischen Inseln.

Der Küste von Siam gegen über. Die nördlichste
und grösste heifst Gross-Andaman, und ist
140 Englische Meilen lang, aber nicht über 20
breit, soll aber nicht mehr als 2000 bis 2500 Einwohner
haben. Die Engländer nahmen sie 1791
in Besitz. Die Einwohner sind negerartig mit
krausem Wollhaar, und das waren sie schon um
850, als Renaudots Araber reisete, welcher diese
Inseln schon Andeman zu nennen weiss. Damahls
waren sie auch, und noch lange hernach, Menschenfresser;
doch sollen sie diese Unart jetzt
587abgelegt haben. Da sie schon im 9ten Jahrhundert
hier einheimisch waren, so können sie wohl
nicht von Afrikanischen Negern abstammen,
welche etwa von den Portugiesen oder durch
Schiffbruch hierher gerathen sind. Einige Nachricht
von ihnen gibt Symes in Embassy to Ava,
S. 127-138, Nic. Fontana und R. H. Colebroke,
die letztern in den Asiatik Researches, Th. 3 und 4.
Ihre Sprache ist mit keiner bekannten verwandt,
welches auch aus den 41 Wörtern erhellet, welche
Colebroke daraus mittheilet. Erde heisst
daselbst Totongnandschih.

2. Die Nikobarischen Inseln.

Der Küste von Malakka gegenüber. Ein
Schwede Koeping wollte hier 1641 Menschen mit
Katzenschwänzen gesehen haben, welches Mährchen
selbst Linne, Büffon und Monboddo glaubten.
Neuere Reisende wissen davon freylich
nichts. Die Einwohner sind Oliven-farbig,
scheinen aber von verschiedenen Stämmen zu
seyn, weil mehrere Sprachen unter ihnen gangbar
seyn sollen. Dampier fand ihre Sprache
von allen, die er kannte, verschieden; doch
fanden sich einige Malayische Wörter darunter.
Die auf Carnicobor, der nördlichsten Insel, sollen
aus Pegu herstammen. 18 Wörter aus ihrer
Sprache befinden sich aus den Asiat. Researches
Th. 2 in Sprengels und Forsters neuen Beytr. Th, 13,
S. 215, welche doch nicht hinreichen, sie mit
Peguanischen zu vergleichen, von welchen man
ohnehin auch nur wenige kennt. 25 andere
nebst den Zahlwörtern von zwey Nikobaren erfragt,
stehen in den Dänischen Miss. Bericht. B. 2,
S. 887, ingleichen Contin. 86 vom Jahr 1760
588des Dän. Missionarii Polzenhagen Nachricht von
seiner Reise nach den Nikobaren
, wo er auch starb,
nebst einer Sammlung Nikobarischer Wörter.
Man sehe auch R. H. Colebroke über die Nikobabarischen
Inseln, Nancowry und Comarty in den
Asiat. Researches, Th. 4, N. 7, und von den Inseln
überhaupt Hennings gegenwärt. Zust. der Besitzungen
der Europ. in Ost-Indien
, S. 263-344.

3. Sumatra.

Diese grosse Insel und ihre Sprachen hat
uns der gelehrte Britte, Will. Marsden, welcher
sich mehrere Jahre als Secretär der Regierung
auf derselben aufgehalten hat, vortrefflich bekannt
gemacht *)77. Da sie unmittelbar an Malacca
gränzt, so ist sie auch sehr frühe, und vermuthlich
dem grössten Theile nach daher bevölkert
worden. Marsden hält die Achimeser, Rejangs,
und Lampuhns für alte Malayen, weil
sich ihre Sprachen immer noch als Dialecte des
Malayischen ansehen lassen. Das neuere Malayische
wird auf den Küsten und in dem Reiche
Meningcabo gesprochen, nur dass es hier gröber
ist, als auf der Halbinsel. Die Staaten und
Völker dieser Insel sind:

1. Meningcabo, das vornehmste Reich, beherrschte
ehedem die ganze Insel, gerieth aber
schon 1500 in Verfall; doch hat es dem Nahmen
nach noch verschiedene Könige zu Vasallen. Es
ist ein altes Sumatranisches Reich, welches von
589Malacca weiter nichts, als seine Cultur erhalten
hat, daher auch manches mit in die Sprache
übergegangen ist. Die Einwohner sind seit etwa
1400 Mahomedaner.

2. Die Rejangs, welche von Marsden am
ausführlichsten beschrieben werden.

3. Die Lampuhn in Süden. Sie sind unter
allen Sumatranern den Sinesen am ähnlichsten,
besonders in den runden Gesichtern und den
kleinen schiefen Augen. Ihre Sprache weicht
von der der vorigen beträchtlich ab, und ist voll
Gurgellaute.

4. Die Batta auf der nördlichen Hälfte, aber
von der See entfernt, im Innern der Insel. Da
sie ein wildes Volk sind, welches unter gewissen
Umständen noch jetzt Menschenfleisch isset, so
werden sie wohl Abkömmlinge der schwarzen
Urbewohner seyn, zumahl da sich auch ihre
Sprache am weitesten von der Malayischen entfernt.
Indessen erhellet aus Marsden nicht, dass
sie schwarz und Neger-artig sind; vielmehr
schreibt er ihnen eine gute Bildung zu. Marsden
hat in einer Tabelle die 10 Zahlwörter und
27 andere Wörter dieser und der folgenden
Sprachen mit der Malayischen verglichen; da
sich denn ergibt, dass die Sprache der Batta und
Rejangs am meisten von der Malayischen abweicht.

5. Achem (Atschim), ein ehedem sehr mächtiges
Königreich am nordwestlichen Ende der Insel,
so dass es die Portugiesen von der ganzen
Insel vertreiben konnte. Die Einwohner, welche
sich zu dem Islam bekennen, sind eine Mischung
von Batta, Malayen und Ost-Indiern.
Im Innern wohnen die Carrow, welche den Batta
gleichen.590

Noch wohnen im Innern des Landes zwey
ganz unbekannte wilde Völker, die Kubuh und
Gugu, welche ihre eigene Sprache haben.

Von den vielen um Sumatra gelegenen Inseln
ist die Insel Neas bekannt, deren Bewohner
an Sitten und Sprache den Batta gleichen. Dagegen
sollen die Einwohner der Insel Enganho
ihre eigene Sprache haben, welche keinem in
diesen Gegenden verständlich ist. In Westen
von Sumatra liegen die Nassau- oder Poggy-Inseln,
deren Bewohner ein unschuldiges gutes Volk
von unbekannter Herkunft sind. Einige Nachricht
von ihnen gibt John Crisp in den Asiat. Research.
Th. 6, No. 3.

tableau Malayisch | Achim | Lampuhn | Rejang | Batta | Vater | Bapa | Bah | Ammak | Tag | Harik | Urai | Rannih | Bileytueng | Torang-harik | Erde | Tana | Tano | Tanno | Pihra

4. Java.

Eigentlich Djava, von einer Art Hirse, welche
daselbst sehr häufig gebauet wurde, eine
grosse Insel von 2400 Quadrat-Meilen, und der
Hauptsitz der Holländischen Besitzungen in Ost-Indien,
wo sie vorzüglich die Küstenländer beherrschen,
aber auch die übrigen Staaten von
sich abhängig zu machen gewusst haben. 1768
bemächtigten sie sich des ganzen Reiches Balimbuam,
und setzten den Fürsten mit seiner ganzen
Familie gefangen. Unter den hiesigen Staaten
ist das Reich Mataram das vornehmste, dessen
Besitzer man wohl den Kaiser von Java zu
nennen pflegt, weil die übrigen Könige auf der
591Insel ehedem seine Vasallen waren. Seit dem
der berühmte Scheik Ibn Moelana die Insel 1406
eroberte und beherrschte, bekennet sich der
grösste Theil der Einwohner zu dem Islam. Vorher
soll die Religion des Brama hier geherrschet
haben, von welcher sich im Innern der Insel
noch Spuren finden sollen. In den rauhesten
Gebirgen wohnen noch Stämme der Neger-artigen
Menschen, welche aber noch äusserst unbekannt
sind. Unter den Bewohnern der Küsten,
und minder rauhen Gebirge von hellerer Farbe
sind die Isalams die vornehmsten. Wenn das
Wort nicht von dem Arabischen Islam verderbt
ist, und Mahomedaner überhaupt bedeutet, so
scheinen sie die eigentlichen Javaner zu seyn.
Sie sind grösser und weisser von Farbe, als die
Malayen, haben auch ihre eigene Sprache, welche
aber sehr mit Malayischen Wörtern vermischt
ist. Ausser den wahren Malayen an der
Küste und in den Handelsplätzen gibt es hier
auch viele Sinesen, welche sich bereits vor der
Ankunft der Holländer hier niedergelassen hatten.
Thunberg fand sie auf seinen zwey Reisen
auch häufig in dem Innern des Landes, sagt aber
nichts von ihrer Sprache. Dav. Wilkins versichert
in der Vorrede zum Chamberlayne, es gebe auf
der Insel Java drey Dialecte, einen ausgebildeten
Hof-Dialect, welchen die Beamten in den
Städten und Dörfern unter sich sprechen, und
dessen auch ihre Untergebene sich gegen sie bedienen
müssen; einen andern niedrigern, welchen
die Herren gegen ihre Untergebene, und
diese unter sich gebrauchen; und einen dritten,
welcher unter den Wald- und Bergbewohnern
üblich sey. Das ist nun ein wenig unbestimmt.
Sind seine Wald- und Bergbewohner die Neger-artigen
592Menschen, so haben sie, so viel man
sonst weiss, ihre eigene Sprache, und keinen
blossen Dialect einer andern. Sind es aber Isalams,
so werden sie freylich auch ihren eigenen
Dialect haben. Weder er, noch andere Schriftsteller,
welche der Hofsprache gedenken, erklären
sich, was sie darunter verstehen. Ich vermuthe,
es ist der gebildetste Dialect der Landessprache,
so wie derselbe an dem Hofe des
Kaisers von Java zu Mataram gesprochen wird,
und welchen andere Hoch-Javanisch nennen.
Diese Sprache scheinet eine eigene für sich bestehende
Sprache zu seyn, welche aber sehr mit
der Malayischen vermischt seyn mag. Wenn
Valentyn Th. 5, S. 65 Recht hat, so bestehen
zwey Drittheile derselben aus Sanscrit-Wörtern.
Ich glaube, das ist übertrieben; denn in der folgenden
Formel kommt nur das einzige Wort Surga,
Himmel, vor, welches Sanscrit seyn könnte,
aber auch im Malayischen üblich ist. Ausserdem
gibt es mehrere Malayische Wörter in dieser Formel.
So bedeuten Regioki, Dosa, sala, bada,
Kowasa u. s. f. auch im Malayischen Speise,
Sünde, sündigen, gegen, Macht. Auch scheint
der grammatische Bau der Sprache sehr mit der
Malayischen überein zu stimmen. Man müsste
das Javanische genauer kennen, ehe man es für
eine blosse Mundart des Malayischen erklären
kann.

Die neuesten Nachrichten von Java enthalten
die zu Amsterdam 1782 und 1783 in Holländischer
Sprache in vier Bänden in 8 gedruckte
Beschreibung und Geschichte von Batavia und der Insel
Java
, welche Jo. Jac. Ebert, zu Leipzig, 1785
Deutsch heraus gab; und J. S. Stavorinus Reise,
Leiden, 1793, in einem Deutschen Auszuge unter
593dem Titel: Beyträge zur nähern Kenntniss einiger
Ost-Indischen Besitzungen der vereinigten Niederlande
,
Rostock, 1796, 8. Ein anderer Auszug
erschien in Sprengels Auswahl, Th. 4, S. 83,
folg. In der ersten Schrift wird sehr wenig, in
der zweyten gar nichts von der Sprache gesagt.

Javanische Wörtersammmlungen enthalten:
de Bry Orient. Indien, Th. 5, S. 57; Begin en Voortgang
der Oostind. Compagnie
, Th. 2, S. 43-52;
Hadr. Relands Dissertatt. miscell. Th. 3, S.91-103;
dasVocabul. Petrop. No. 184; Batavische Verhandelingen,
Th. 2, wo auch des Josua van Iperen
Probe verschiedener Dialecte auf Java; Marsden
in Archaiol. Britann. Th. 6, S. 124; Forsters Bemerkungen
S. 254, und Hervas Vocab. Polygl.
Einige Wörter aus der Sprache der Prinzen-Insel
nicht weit in Westen von Java, deren Bewohner
von dieser Insel herstammen, in Hawkesworth
Reisen
, Th. 3, S. 387.

Die folgende Formel, welche Dav. Wilkens
von dem Franc. Valentyn bekommen hatte, ist
in dem so genannten Hof-Dialect. Wilkins begleitet
sie in der Vorrede mit einigen Anmerkungen.
Diese klären in einer so unbekannten Sprache
zwar wenig auf; indessen theile ich sie
doch mit.

97. Javanisch.

Aus Chamberlayne, S. 23.

Vater unser der du bist im Himmel,
Nahme dein sey gepriesen;
Reich dein komme;

Rama kahoéla kang waantan ing Surga,
Wasta andíka dadi elapïénno;
Saddscháman andika dirawoeï;594

Wille dein geschehe auf Erden wie im Himmel;
Speise unsere welche jeden Tag für
Tag (nöthig ist) gib Tag diesen
an uns;
Und vergib an uns Sünde
unsere, wie wir vergeben
an jegliche Person,
welche sündiget gegen uns;
Und nicht führe uns in Versuchung;
Sondern befreye uns auch von uns böse (ist).
Weil Reich auch Macht und
Herrlichkeit dem Herrn (dir) eigen bis
in Ewigkeit.

Karsa andíka dadi ing Lemmà, kadscha ing Surga;
Reddschékki kahoéla kang sa Dientan Dientan
njoekán Dientan poníki
máring kahoéla;
Ambi poéntan maring kahoéta Dosa
kahoéla, kadscha kahoéla poéntan
maring sa noénggil noénggil Titíang,
kang sálah maring kahoéla;
Ambi sampon bacta kahoéla ing Patsschoban;
Tapi oetsdscholákan kahoéla bari pada sang awon.
Sebab Saddscháman bari Kowása, ambi
Kamoékten Gusti kagoengáne taká
ing Awet. Amièn.

Anmerkungen.

Dadi bedeutet nach Befinden der Umstände
sowohl sey, als geschehe.595

Reddschekki bezeichnet eigentlich Nahrung,
Speise überhaupt; wird aber auch häufig für
Brot gebraucht.

Das doppelte Dientan in der vierten Bitte bezeichnet
den Plural, welchen die Javaner durch
die Verdoppelung ausdrucken. Eben das gilt
von sa noenggil noenggil, jede, in der fünften.

Maring, an, zu, gegen, wider, und bezeichnet
den Dativ. (Eine Biegung am Ende
des Wortes scheinen die Javaner so wenig zu haben
als die Malayen.)

Dosa, Irrthum, Fehler, Sünde. Salah,
sündigen.

Bari bedeutet für sich allein auch, undpada,
von; aber auch verbunden sagt bari pada weiter
nichts als von. Das Verbum ist wird nach
Art der Griechen häufig ausgelassen.

Gusti, dem Herrn, d. i. dir. Die orientalische
Höflichkeit nennet Vornehmere niemahls
du, sondern gebraucht dafür die dritte Person
mit dem Worte Herr.

5. Kleine Sunda-Inseln.

Die meisten Bewohner dieser Inseln sollen
von Malayen und Makassaren abstammen; das
wird denn auch wohl ihre Sprache bezeugen,
wenn man sie näher wird kennen lernen. Die
Einwohner der zunächst an Java liegenden Insel
Klein-Java oder Bali sind Schwarze mit krausem
Haare, gehören also zu dem Neger-artigen Urvolke,
nicht aber zu den Dschentuhs oder Vorder-Indiern,
wie Plant will, auch nicht zu den
Sinesen, wie andere versichern.596

6. Borneo.

Die grösste Insel, nicht nur in Ost-Indien,
sondern nach Neu-Holland auch in der ganzen
Welt, indem sie 14250 Quadrat-Meilen enthält;
und doch wissen wir von den eigenthümlichen
Sprachen ihrer Bewohner blutwenig. Der ältere
Forster gibt in seinen und Sprengels Beytr.
Th. 2, S. 237 eine dem Anscheine nach genaue
Nachricht von den verschiedenen Einwohnern
auf dieser Insel; allein da er ihre Nahmen verwechselt
hat, so muss selbige aus bessern Quellen
berichtiget werden *)78. Die Einwohner sind
nehmlich: 1. Schwarze Neger-artige Menschen
mit krausem Haare; also ein Zweig der ursprünglichen
Bewohner aller dieser Inseln. Sie
herrschen im Innern der Insel, und werden Biadschuhs
(Biajos) oder Budschuhs, im nördlichen
gebirgigen Theile Marut oder Eidahan, in andern
Gegenden aber Darat oder Dajak genannt. Sie
sind gross, wild und räuberisch; jede Begünstigung
muss mit einem feindlichen Kopfe erkauft
werden. Indessen handeln sie doch, sind auch
zum Theil Mahomedanischen Sultans unterworfen.
Die meisten leben aber Familienweise ohne
Oberhaupt, sind Heiden und opfern Menschen.
2. Ein Stamm von hellerer Farbe mit langen,
schwarzen und geraden Haaren. Sie werden Banjaresen
genannt, von dem Flusse Banjar, und
597bewohnen die Küsten. Rademaker hat am unten
angeführten Orte 17 bis 20 Wörter aus beyden
Sprachen; allein es sind nur zwey darunter,
welche zur Vergleichung dienen können, und
nach diesen zu urtheilen, sind beyde Sprachen
ganz verschieden. Hingegen befinden sich unter
den 17 Banjaresischen Wörtern drey Malayische
und zwey Javanische: des Morgens,
Banj. Esug-esug, Mal. Esuk, der Morgen; die
Nacht, Banjar. Malang, Mal. Malam; der Knabe,
Butu, Mal. Budak; das Wasser, Banj. Banju,
Javan. Banjo; Ich, Banjar. Kola, Javan. Kula.
Vater heisst bey den rohen Biadschuhs Apün.

7. Celebes.

Eine Insel so gross wie Gross-Britannien,
welche eine Bevölkerung von drey Millionen
Menschen enthalten soll Die Einwohner sind:
1. Neger-artige Biadschuhs, in Süden bis an die
Bay Tambocco; eben so wild als anderwärts. Sie
nennen sich selbst Oran-Badschu, sind Mahomedaner,
und sollen von Java vertrieben seyn. Nach
Forster wären sie von Johore an der östlichen
Einfahrt der Strasse von Malacca gekommen; in
welchem Falle sie wahre Malayen seyn würden.
Das Wort Oran ist wenigstens Malayisch, und
bedeutet Menschen. Man sehe von ihnen Forrest
Voyage, S. 372. 2. Hellere Menschen mit
langem Haare, welche wieder nach den zwey
Reichen Bony und Macassar in zwey Classen zerfallen.
Die Bewohner des ersten Reiches werden
Bonier oder Buggesen, die des letztern aber
Macassaren genannt. Vermuthlich sind sie nur
politisch, nicht aber genealogisch verschieden.
Es scheinet, dass beyde ehedem eine von der
598jetzigen verschiedene Sprache gehabt, welche
in der Folge von der Malayischen verdrängt,
oder vielleicht nur mit derselben vermischt worden;
denn es fehlt hier an einer genauern Bestimmung.
So viel ist gewiss, dass die Malayen
bereits 1603 alle Macassaren zum Islam bekehret
hatten, worauf auch die Bugginesen bald nachfolgeten.
S. J. E. Rademakers Beschreibung dieser
Insel in den Verhandelingen der Bataviaasche
Genootschap
, und daraus in Sprengels und Forsters
neuen Beytr
. Th. 1, S. 153. In eben diesen
Verhandelingen befinden sich auch Th. 2 Rademakers
Wörtersammlungen von Macassar, Bony
und Bali.

8. Molucken.

Dahin gehören Ternate, Tidor, Modir, Machian,
Bachian, Uby, Ceram, Amboina, Schiloto
(Giloto), die Banda-Inseln, Timor u. s. f. Überhaupt
gibt es auch hier die mehrmahls genannten
drey Hauptstämme, kraushärige Schwarze,
welche hier Alfurier, Alfuresen oder Harafora
heissen, braune oder kupferfarbige Weisse, und
ächte Malayen, die letztern an den Küsten. Die
beyden ersten befinden sich besonders auf den
Inseln Timor, Ceram, Uby, Patenta, Wätschiau,
den 16 Jaut- oder Aeau-lnseln, und andern mehr.
Ternate und Amboina scheinen keine Alfurier, sondern
theils braungelbe Weisse, theils Sinesen,
theils Malayen zu enthalten. Die erstern sind
auf Amboina insgesammt Holländische Christen,
welchen Malayisch geprediget wird. Viele Wörter
aus der Sprache der Insel Ternate befinden
sich in der von Pigafetta beschriebenen premier
Voyage autour du Monde, de Magellan
, S. 243.599

Vater, Papa | Erde, Buchit.
Himmel, Languin | Geben, Ambil, Minta.
Kommen, Dinama | Tag, Alli

Hervas hat in seinem Vocabul. Polygl. S. 37,
13 Wörter von der Insel Tidor mit Malayischen
verglichen, wovon doch 10 überein stimmen.
Einige Wörter von der Insel Timor stehen in den
Bataviaasche Verhandelingen, Th. 2, 3, und 4;
und die Zahlwörter von Ceram in Parkinson's
Voyage
, S. 200.

9. Savu.

Diese kleine Insel, welche auch noch zu
den Molucken gehöret, ist erst seit wenig Jahren
bekannt geworden, und doch weiss man von
ihr beynahe mehr, als von allen Molucken zusammen
genommen. Das hat man aber auch
dem unsterblichen Cook zu danken, welcher sich
1770 hier drey Tage aufhielt. S. Hawkesworth
Reisen
, Th. 3, S. 288 folg. Die Einwohner sind
dunkelbraune Weisse, deren Sprache, nach den
Proben im Hawkesworth, S. 310, Parkinson's
Voyage
, S. 163-170, und in Marsdens Tab. Polygl.
in der Archaiol. Britann. Th. 6, S. 154 zu
urtheilen, bis auf einige Wörter von der Malayischen
ganz verschieden ist. Die Zahlwörter
befinden sich in Hervas Aritm. S. 140. Die Holländer
haben das N.T., den Katechismus und andere
Religions-Bücher in die Sprache dieser und
der benachbarten Inseln drucken lassen, halten
auch auf Savu einen Schulmeister. Auf den
nahe gelegenen Inseln Rotte, den drey Solars-Inseln,
und Ende sollen eigene Sprachen herrschen,
welche den andern unverständlich sind.

Himmel, Savu, Liruh.
Erde, Vorai, Rai.
Brot, Buro
600

10. Suluh-Inseln.

Oder Dscholo, deren es 50 bis 60 mittlere
und kleinere gibt, sind nebst Balambangan an
der nordöstlichen Spitze von Borneo, erst seit
1764 durch die von den Engländern versuchte,
aber 1775 wieder aufgegebene Niederlassung bekannt
geworden. Die Einwohner sind auch hier
theils Schwarze, Negritos, theils braungelbe
Weifse, theils Malayen. Die mittlern sind noch
sehr roh und ungesittet, sollen aber doch eine
sanfte Sprache in mehrern Mundarten haben.
Man sehe Dalrymple'sSchriften, Forrest und le Gentils
Reisen, Forsters und Sprengels Beytr. Th. 2,
S. 235, und Sprengels Auswahl, Th. 4, S. 51.

11. Magindano.

Oder Mindanao, eine beträchtliche Insel,
gleich in Süden der Philippinen, zu welchen sie
oft auch gerechnet wird. Forrest und Meare haben
sie beschrieben. Man fand auf dieser Insel
dreyerley Einwohner: 1. Zwey wilde Stämme
im Innern des Landes, wovon wenigstens der
eine zu den Neger-artigen Schwarzen gehöret,
der andere aber Bantschilen genannt wird. Forrest
nennt die erstern Illanen, Meare aber Hillunas.
Bey den Spaniern heissen sie Berg-Negern.
Die nahe gelegene Neger-Insel und die von
Meare entdeckten Tati-Inseln sind ganz von ihnen
besetzt. 2. Schwarzbraune Magindanoer im
südlichen Theile der Insel, welche wahrscheinlich
mit den oliven-farbigen Weissen der übrigen
Inseln Eines Stammes sind, und im 13ten
und 14ten Jahrhundert hier eingewandert seyn,
und die schwarzen Urbewohner in die Gebirge
getrieben haben sollen. Sie haben ihre eigene
601Sprache in 14 Mundarten, worin man viel Sinesisches
will entdeckt haben, obgleich die Sprache
nichts weniger als einsylbig ist. Ein zahlreiches
Wortregister befindet sich in Forrest's
Voyage to New-Guinea
, der S. 304 auch ein Lied
beym Rudern in ihrer Sprache hat. Zu ihnen
scheinen auch die Subanos zu gehören. 3. Ilyaner,
welche von den obigen schwarzen Illanen
wohl noch verschieden seyn müssen, indem sie
Abkömmlinge der vorigen genannt werden. Da
sie eine besondere Malayische Mundart reden,
so könnten sie wohl eingewanderte Malayen
seyn. Ausser ihnen gibt es hier auch noch Bissayer
von den Philippinen, Makassaren, neuere
Malayen u. s. f.

Nach Hervas Catalogo delle lingue S. 96 gibt
es auf dieser Insel folgende Dialecte. 1. Den
reinen Bissayischen in manchen Gegenden.
2. Den Mahomedanischen oder Malanischen, welchen
die drey Mahomedanischen Völkerschaften
Mindanaa, Malana und Irana reden. 3. Den Subanischen
der Subani, welche in den Gebirgen
wohnen. 4. Den Lutaischen der Lutai. 5. Den
Negrischen im Innern der Insel.

Magindanoische Wörter aus Forrest.

Vater, Ämmä | Tag, Cenäng.
In, Lätum | Führen, Weit.
Himmel, Längit | Böse, Pintäs, Mägäsäki, Mugkasalla.
Nahme, Nälläng.
Kommen, Seika | Jederzeit, Amug amug.
Erde, Lopä | Ewig, Wey.
Speise, Kännon

12. Die Philippinen.

Diese grosse Sammlung von ungefähr 1500
Inseln mit drey Millionen Menschen, worunter
Lusson oder Manilla die vornehmste ist, ward
602von den Spaniern im 16ten Jahrhundert in Besitz
genommen, ob sie gleich kaum den zwanzigsten
Theil der Inseln wirklich besitzen. Die
Einwohner sind auch hier theils Neger-artige
Schwarze mit krausem Wollhaar, theils kupferfarbene
Weisse.

Die erstern, welche wild und menschenscheu
die unzugänglichen Gebirge bewohnen,
werden hier Ygelotes, und in der Landschaft
Pampanga auf der Insel Lüsson Zambalen genannt.
Sie sammeln Gold in ihren Gebirgen,
und vertauschen dessen jedes Jahr wohl für
200000 Piaster an die Spanier, wodurch sie nicht
nur alles Silbergeld in ihre Berge ziehen, sondern
auch den grössten Theil derjenigen Schätze
besitzen, welche die Spanier bisher mit so vieler
Mühe und Gefahr aus der neuen Welt eingeführet
haben *)79. Ob die wilden Italonen und
Calingas auf der Ostseite der Insel Lüsson auch
zu ihnen gehören, weiss ich nicht. Aber gewiss
sind von ihrem Stamme die Bewohner der schon
gedachten Neger-Insel, Span. de los Negros,
welche auch Buglas genannt wird. Nach dem
Ex-Jesuiten Bernardo de la Fuente, welcher auf
der Neger-Insel Missionar gewesen war, in
Hervas Catalogo delle lingue S. 99 gibt es auf den
Philippinen zweyerley Negern, 1. Zwar völlig
schwarze, aber mit langen feinen Haaren, und
wohl gestalteten Indischen Gesichtern. Diese
sind mehr gesittet wie die folgenden, und sollen
von Malabaren, vielleicht von Malayen, abstammen.
Sie wohnen in verschiedenen Gegenden
der Insel Lüsson, und sprechen zum Theil
603die Dialecte von Panai, Casamalan und Bohol.
2. Wilde Agta in den Gebirgen mit wahren Neger-Gesichtern
und krausem Wollhaar. Von
diesen gibt es einige auf Lüsson; die meisten befinden
sich aber auf der Neger-Insel. Sie sprechen
den Dialect von Bohol, und sollen von
Afrikanischen Negern abstammen.

Die zweyte Ciasse der kupferbraunen mehr
gesitteten Einwohner wird auf der Insel Lüsson
Tagoler, auf den übrigen Inseln aber Bissajer
(Bissayos) genannt. Sie theilen sich in mehrere
Stämme und Mundarten, worunter die Pampanger,
Cagayaner und Illocker auf Lüsson die bekanntesten
sind. Diejenigen von ihnen, welche,
sich das Gesicht bemahlen, werden von den
Spaniern Pintados genannt, welche also wohl
kein eigener Volksstamm seyn werden. Als die
Spanier sich hier fest setzten, fanden sie auf den
Küsten, folglich unter den kupferfarbenen Weissen,
sechs verschiedene Sprachen, welche sie
insgesammt für Mundarten des Malayischen erkannten.
Es gibt allerdings mehrere Malayische
Wörter und Formen in diesen Sprachen, aber
doch immer nicht so viel, dass man sie alle als
Mundarten einer und eben derselben Hauptsprache
ansehen könnte. Wer weiss, wie viel
davon auf Rechnung ehemahliger jetzt unbekannter
Vermischungen zu setzen ist, indem uns
die ältere Geschichte dieses ganzen Inselhaufens
völlig unbekannt ist. Dass sie hier nicht einheimisch
sind, scheint wohl gewiss zu seyn, indem
die schwarzen Urbewohner erst von ihnen in die
Gebirge gedränget worden, welchen sie daher
immer noch Tribut geben müssen, wenn sie
Ruhe vor ihnen haben wollen. Die Tagaler, von
Tagay-log, Flussbe wohner, und Pampanger wollen
604von den Maldiven abstammen, und erst nach
Borneo, und von da hierher gewandert seyn.
Nach le Gentil haben die Bissajer und Pintados
mit den Makassaren einerley Ursprung. Den
Spanischen Missionarien haben wir manche gute
Nachrichten von den Sprachen dieser Inseln zu
danken, welche aber insgesammt ausser Europa
gedruckt, und daher in den hiesigen Gegenden
sehr selten sind. Die vornehmsten sind:

Alonso de Mentrida Vocabulario de las lenguas
de las Filippinas
, 1637, 4; führet Marsden an.

Aug. de la Magdalena arte de la lengua Tagala.
Mexico, 1669, 8, Marsden.

Arte y Reglas de la lengua Tagala, 125 Seiten
in kl. 4, von dem Fr. Thom. Ortiz; wenigstens
hat sich dieser am Ende unterschrieben. In dem
von mir gebrauchten und auf der See sehr beschädigten
Exemplare fehlet Titelblatt und Vorrede,
wenn es anders letztere gehabt hat, daher
ich die übrigen Umstände des Druckes nicht angeben
kann. Das Buch scheint um den Anfang
des vorigen Jahrhunderts zu Manilla gedruckt
zu seyn.

Domingo de los Santos Vocabulario de la lengua
Tagala
. Tayabus, auf den Philippinen, 1703,
fol. Marsden.

P. Juan de Noceda y el P. Pedro de S. Lucar
Vocabulario de la lingua Tagala
. Manilla, 1754,
folio.

Fr. Car. Alter über die Tagalische Sprache,
Wien, 1802, 4; ist eine Ergänzung des Petersburgischen
Vocabul. aus einem geschriebenen
Spanisch-Tagalischen Wörterbuche, in der Bibliothek
des Grafen von Wrbna zu Wien.

Einige Tagalische Wörter in dem Vocab.
Petrop.
No. 187; in Hervas Vocab. Polygl. S. 165;
605in Forsters Bemerkungen, Tab. S. 254. Die Zahlwörter
in Hervas Aritm. S. 140.

Dottrina Cristiana Tagalo-Spagnuola, mit Tagalischer
und Lateinischer Schrift, in der Drukkerey
der Dominicaner zu Manilla, 1593.

Des P. Girol. Ripalda Tagalischer Catechismus,
Manilla, 1747.

Matthaeus Sanchez Vocabulario de la lengua Bisaya.
Manilla, 1711, fol. Einige Bissayische
Wörter von der Insel Zabu, jetzt Sebu, befinden
sich in des Pigafetta premier Voyage autour du
Monde
, S. 243; 63 andere in Hervas Vocab. Polygl.
S. 163. Die Zahlwörter in Hervas Aritm. S. 140.

Diego Berganno arte de la lengua Pampanga.
Sampaloc, 1736, 4; welches schon die zweyte
Auflage ist.

Eben desselben Vocabulario de Pampango en
Romance, y de Romance en Pampango
. Manilla,
1732, fol.

Einige Pampangische Wörter in dem Vocab.
Petrop.
No. 186; in Forsters Bemerk. S. 254.

Franc. Lopez arte de la lengua Itoca. Manilla,
1617, 4. Von dieser Sprache oder vielmehr
Mundart habe ich sonst keine Nachricht gefunden.

Nach den Ex-Jesuiten Bern. de la Fuente und
Ant. Tornos in Hervas Catalogo delle lingue S. 95.
gibt es auf den Philippinen, Mindanao und die
Neger-Insel mit eingeschlossen, nur Eine Hauptsprache,
welche eine Tochter der Malayischen
ist, und sich in die zwey Haupt-Dialecte Tagalisch
und Bissajisch theilet. Tagalisch wird auf
den Inseln Lüsson und Marinduque gesprochen,
und zwar am reinsten in und um Manilla. In
606andern Gegenden gibt es mehrere und zum
Theil sehr abweichende Mundarten, 1. Die Camarinische
in Camarines, welche eine Mischung
von Tagalisch und Bissajisch von Samar ist.
2. Die Pampangische. 3. Die Pangasinanische.
4. Die llocosische. 5. Die Zambalische der Gebirger.
6. Die Cagayanische, und 7. die Maitimische,
d. i. Negrische, der Negern im Gebirge.
Auf allen übrigen Inseln wird Bissajisch gesprochen,
daher sie auch die Bissajischen Inseln genannt
werden. Mundarten mag es denn wohl
so viele geben, als es Inseln gibt. Hier werden
folgende genannt: 1. Der Insel Mindanao, deren
schon im vorigen besonders gedacht worden.
2. Der Insel Samar. 3. Die Jolanische,
auf den Inseln Jolo und Basilan. 4. Die Boholanische
auf der Insel Bohol. In dem Origine delle
lingue
S. 88 No. IX. erwähnt Hervas noch der
Harayischen Mundart, aus welcher er den Englischen
Gruss mittheilet, und ihn mit dem in Tagalischer
und Bisajischer Mundart vergleicht,
ohne diese Mundart näher zu bestimmen.

In der Tagalischen Sprache ruhet der Ton
allemahl auf der vorletzten Sylbe.

Sie kennet, so wie auch die Malavische,
keine eigentliche Declination, sondern die Casus
werden durch den Artikel ang, Genit. nang,
Dat. sa, Accus. nang, Vocat. ay, Ablat. sa, bezeichnet,
welcher auch im Plural unverändert
bleibt, nur dass alsdann manga zur Bezeichnung
des Plurals nach dem Artikel gesetzt wird. Ang
Tavo
, der Mensch, ang mang Tavo, die Menschen.

Die persönlichen Pronomina sind irregulär.
Aco, ich; Genit. Aquin, Co, meiner; Dat. Accus.
und Ablat. Sa aquin. Im Plural, wenn die Person,
607mit welcher man spricht, eingeschlossen
wird; Tayo, wir; Genit. Atin, Natin; Dat. Accus.
Ablat. Sa Atin. Wenn aber die zweyte Person
ausgeschlossen wird, Cami, wir; Genit. Amin,
Namin; Dat. Accus. Ablat. Sa Amin.

Possessiva gibt es hier nicht; wohl aber
Demonstrativa, Interrogativa und Relativa.
Statt der Possessiven wird der Genitiv der persönlichen
Pronom. gebraucht.

Es gibt vier Arten zu conjugiren, um, nag,
nan, na, welche den Wurzelsylben des Verbi
vorgesetzet werden, aber die Bedeutung ändern,
und die Conjugation schwer und verwickelt
machen, daher sie den grössten Theil von des
Ortiz Sprachlehre ausmacht. Der Zeiten sind
nur drey, Praesens, Praeteritum und Futurum,
welche an dem Worte selbst bezeichnet
werden.

Zwey Seemeilen von Lusson in Osten liegt
die Insel Capul, welche die Einwohner Abac nennen.
Sie wird theils von Neger-artigen Schwarzen,
theils von kupferfarbigen Weissen bewohnt,
deren Sprache gleichfalls ein Dialect der Malayischen,
oder vielmehr der allgemeinen Philippinischen
Sprache seyn soll. Ausser dem gibt
es auf der Insel noch zwey Dialecte, von welchen
der nördliche lnabacnum genannt wird.
Hervas Catalogo delle lingue, S. 94. Eben derselbe
hat in Aritm. S. 141 die Zahlwörter in der
Sprache Capul.

Die folgenden drey Formeln sind aus Hervas.
Die beyden letzten hat er mit einer buchstäblichen
Übersetzung und einigen Anmerkungen
begleitet, die erste aber nicht; daher
meine Übersetzung auch nur mangelhaft ist.608

98. Tagalisch von 1593.

Aus Hervas Saggio prattico, S.129.

Vater unser, der im Himmel du,
Angebethet sey der Nahme dein;
Komme zu uns das Reich dein;
Befolget werde der Wille dein, hier auf Erde,
wie im Himmel;
Gegeben werde uns jetzt der unser
Reiss so wie in Tag;
Und vergeben werde uns
wie gegen uns;
Nicht lass uns
Versuchung:
befreye uns von allemÜbel.

Ama namin na sa Langit ca,
Ipasamba-mo ang Ngala mo;
Moui sa amin ang Pagiahari mo;
Ipasonor-mo ang Loob mo, dito sa Lupa,
paran sa Langit;
Bigian-mo cami ngai-on nang camin
Cacanin para nang sa Arao;
At pacavalin-mo ang-amin Casalanan,
yagang vinavalan bahala namin sa Loob
ang Casanan nang nagcasasa sa amin;
Houag-mo caming auan nang di cami
matalo nang Tocso;
Datapo uat yadia-mo cami sa dilan Masama.609

99. Heutiges Tagalisch.

Eben daselbst S. 128

Vater unser bist im Himmel du,
Angebethet sey der Nahme dein;
Komme zu uns das Reich dein;
Geschehe der Wille dein, hier auf Erde, so
wie im Himmel;
Gegeben werde uns jetzt der unsere Reiss
von Tag zu Tage;
Und vergeben werden uns die unsere Ver-
gehungen so wie vergeben werden von uns
Schulden haben gegen uns;
Und nicht lass uns fallen in Versuchung;
Und befreye uns von allem Übel.

Amà namin sungma sa Langit ca,
Sambahin ang Gnalan mo;
Mapa sa amin ang Caharian mo;
Sundin ang Loob mo, dito sa Lupa, para
nang sa Langit;
Bigian-mo camin ngai-on nang amin Canin
sa Arao-arao;
Et patauarin-mo cami nang aming manga-
Otang, para nang pagpatawat namin sa
nangagcacaotan sa amin;
At huuag-mo caming ipahintolot sa Tocso;
At yadia-mo cami sa dilan Masama.

Anmerkungen,
theils aus Hervas, theils aus des Ortiz Sprachlehre.

Ama namin, Vaterunser. Namin oder amin
ist der Genitiv von Cami, wir, und diess der
Plural von aco, ich. Cami bedeutet wir, mit
Ausschluss der zweyten Person; soll sie mit eingeschlossen
610werden, so heisst es Tayo, und im
Genitivo Atin, Natin. Die Philippiner haben
keine eigentlichen Possessiva, sondern gebrauchen
dafür den Genitiv der persönlichen Fürwörter.

Sungma, bist, von dem Verbo um, seyn.
Die Conjugation ist in diesen Sprachen weitläuftig,
schwer und verwickelt, und füllt daher fast
die ganze Sprachlehre des Ortiz. Sa ist die
Praeposition in, auf. Hervas ziehet diese drey
Wörter, wie er in mehrern Fällen zu thun gewohnt
ist, ohne Noth zusammen: sungmasalangit,
wodurch der Sinn nur verdunkelt wird. Ca,
oder Ycao, du, gehöret zu dem Verbo sungma,
und stehet allemahl am Ende; sungma ca, du bist.

Sambahin, das Futurum und Praesens Optativi
in der passiven Form von Samba, anbethen,
im Bissajischen Sambayan. Ang, der, ist der
Artikel; Genit. nang, des; Dat. sa, dem; Accus.
nang oder sa, den; Vocat. ay; Ablat. sa. Im
Plural wieder so, nur dass dem Substantivo das
manga, als das Zeichen der Menge vorgesetzet
wird.

Gnalan mo, Nahme dein. Mo ist der Genitiv
von Ca, oder Ycao, du; Genit. Jyo oder Mo,
deiner. Der Genitiv stehet, wie schon gesagt,
statt der Possessiven.

Sa amin, zu uns, vertritt zugleich den Dativ,
Accusativ und Ablativ. Caharian, das Reich,
von Hari, Herr, Oberherr.

Sundin, es werde befolget, das Futurum
und Praesens Oprativi im Passivo. Im Bissajischen
heisst es Ipasonod.

Bigian-mo, es werde gegeben; es ist das
Futurum und der Imperativ von bigai, geben;
eigentlich bigayan, zusammen gezogen bigian.
611Das mo scheint hier und in andern Stellen, besonders
der vorigen Formel, nicht der Genitiv
mo, deiner, zu seyn, sondern zur passiven Conjugation
zu gehören, obgleich ich im Ortiz keine
Auskunft darüber gefunden habe. Hervas hält
es für das Pronomen, und übersetzt es da te,
von dir. Allein das kann es nicht, bedeuten,
denn von dir heisst sa iyo.

Ngai-on ist ein Adverbium der Zeit, jetzt,
heute. Canin bedeutet in Wasser gesottenen
Reiss, dessen man sich in Indien statt des Brotes
bedienet. Sa Arao-arao, täglich. Arao, bedeutet
die Sonne und den Tag, die Verdoppelung
bedeutet von Tag zu Tage, tagtäglich.

Manga-otang. Otang bedeutet Schuld, Vergehen.
Das vorgesetzte manga, welches allemahl
den Plural bildet, bezeichnet die Mehrheit.
Das folgende Nangagcacaotang erklärt Hervas in
der Übersetzung durch, denen die Schulden
haben, und in den Anmerkungen durch, denen
die nicht Schulden haben; das letztere wohl unrichtig.

Jpahintolot, von Tolot, laufen lassen. Yadiamo,
befreye, von adia, befreyen.

100. Bissajisch.

Aus Hervas, S. 129.

Vater unser, der bist du im Himmel,
Gepriesen sey der dein Nahme;
Komme zu uns das dein Reich;

Amahan namu nga itotat ca sa Langit,
Ipapagdayet an imong Ngalan;
Moanhi canamun an imong Pagcahadi;612

Erfüllet werde der dein Wille hier auf Eiden,
wie im Himmel;
Gegeben werde uns der Reiss unser an
jedem Tage;
Und vergeben werden uns die Sünden unsere,
wie vergeben wird von uns welche sün-
digen wider uns;
Und nicht von dir erlaubt werde wir fallen
in Versuchungen von unsern Feinden;
Auch befreyet werden wir von Übeln allen.

Tumanun an imong Buot dinhi si Yuta,
maingun sa Langit;
Ihatag-mo damun an Canun namun sa
matagarlao;
Ug pauadin-mo cami san mga-Sala namu,
maingun ginuara namun san mga-
nacasala damun;
Ngan diri imo tugotan cami maholog
sa manga-Panulai sa amun mangaCaauai;
Apan bauiun-mo cami sa manga-Maraut ngatanan.

Anmerkungen.

Amahan, Vater, auch Amai. Itotat ca, du
bist, von Totat, seyn, stehen.

Ipapagdayet, das Futurum Passivi von
Dayep, Lob.

Moanhi, auch Macanhi, es komme, von
Anchi, hier.

Pagcahadi, Reich, von Hadi, Herr, König.

Buot bedeutet sowohl den Willen, als auch
wollen. Buot aco, ich will.613

Matagarlao, von Arlao, Tag, und ma-etag,
jeder.

Pauadin, das Futurum Passivi von uara,
vergeben. Sala, Sünde, im Plural mga Sala,
Sünden. Ginuara, das Praesens Passivi von uara,
vergeben.

Tugotan, das Futurum Passivi von tugot,
erlauben, zulassen. Caauai, Feind, im Plural
manga Coauai, von auai, streiten, zanken.

Bauiun, das Futurum Passivi von baui, befreyen.

VII. Südsee-Inseln.

Diese beynahe unzählige Sammlung grosser,
mittlerer und kleiner Inseln ist eine Fortsetzung
der Asiatischen und besonders der Ost-Indischen,
welche sich von den Molucken und Philippinen
an die 120 Grade oder 2400 Seemeilen
ostwärts erstrecket. Da die meisten von ihnen
bewohnet, und zwar von Menschen sehr verschiedener
Art bewohnt sind, so ist wohl die erste
Frage, woher sie diese ihre Bewohner erhalten
haben. Dass sie selbige nicht aus Amerika
bekommen können, wie wohl die östlichen Passat-Winde
sollten vermuthen lassen, hat der ältere
Forster in seinen Bemerkungen sehr einleuchtend
gezeigt; zumahl da sie auch in den
Sitten und Sprachen nichts mit den Amerikanern
gemein haben. Es bleibt daher kein anderer
Weg zu ihrer Bevölkerung übrig, als das östliche
Asien, und besonders die östlichen und Ost-Indischen
Inseln. Sind diese blosse Überreste
eines ehemahligen grossen festen Landes, so
könnten wohl die grossen westlichen Südsee-Inseln,
das ungeheuere Neu-Holland, Neu-Guinea
614mit den Marianen und Pelew-Inseln, vielleicht
auch Neu-Caledonien und die Neuen Hebriden,
deren Bewohner sich von den Bewohnern
der östlichen in Farbe, Sitten und Sprache
so sehr unterscheiden, auch noch zu diesem
ehemahligen festen Lande, und deren Bewohner
zu dessen Urbewohnern gehören. Wenn
man aber auch dieses nicht annehmen will, so
eröffnet uns doch die Nähe aller dieser Inseln,
von welchen die meisten selten über drey oder
vier Tagereisen entfernet sind, einen sehr bequemen
Weg zu ihrer Bevölkerung. Es ist leicht
begreiflich, dass wenn die Bewohner einer Insel
entweder durch Volksmenge oder auch durch
innere Unruhen gedrängt wurden, einige werden
ausgewandert seyn, und sich in der Nähe
einen bequemern Wohnplatz gesucht haben.
Aber es kann diese Bevölkerung auch durch
einen Zufall geschehen, wenn Menschen, welche
sich in ihren armseligen Kähnen dem ungestümen
Elemente anvertrauen, auf unbekannte
und bis dahin unbewohnte Inseln verschlagen
werden. Diese Fälle sind in der Südsee nicht
selten. So wurden 1697 die Pelew-Inseln
durch einen Kahn voll Menschen entdeckt, welche
von ihnen an die Philippinen verschlagen
wurden, ungeachtet die Entfernung an die
300 Seemeilen beträgt. Die Einwohner sind
auch bereits so daran gewöhnt, dass auf den
freundschaftlichen und Societäts-Inseln nicht
leicht jemand von einer Insel zur andern fähret,
ohne eine junge Frau und eine Sau mit Ferkeln
mitzunehmen, weil es im Nothfalle weiter nichts
bedarf, eine Colonie zu gründen.

Man kommt, wenn man von den Bewohnern
dieser Inseln spricht, immer so gern auf
615die Malayen zurück, und da diese den grössten.
Theil der Ostindischen Inseln besetzt und bevölkert
haben sollen, so legt man ihnen eben diesen
Antheil auch an der Bevölkerung der Südsee-Inseln
bey. Die Ursache ist, weil sich in den
meisten Sprachen dieser Inseln Wörter finden,
welche mit Malayischen überein kommen. Allein
einige wenige Wörter reichen zu einer solchen
Abstammung nicht bin, indem sich diese
Erscheinung, wie bekannt ist, bey so vielen andern
Völkern und Sprachen, und oft in einem
weit reichern Masse, als hier befindet, welche
man doch unmöglich von einander ableiten
kann. Forster hat in seinen Bemerkungen S. 254
eine eigene Tabelle, worauf er 32 Wörter aus
der Malayischen und Philippinischen Sprache
mit eben so vielen aus der Südsee vergleicht,
und da findet sich denn, dass diese Übereinstimmung
nur in sehr wenig Wörtern Statt hat, welche,
wie in so vielen andern Fällen, Überreste
einer allgemeinen Ursprache, oder einer frühen
vor der Trennung vorgegangenen Vermischung,
seyn können. Unter diesen einstimmigen Wörtern
fallen besonders zwey auf, Matta, das Auge,
und Matte, Tod, sterben, tödten, welche fast
in allen diesen Sprachen vorkommen. Das letztere
würde zu viel beweisen, indem es nicht allein
auch in dem Semitischen Mot, Tod, sondern
auch in mehrern alten Europäischen Sprachen
angetroffen wird *)80. Selbst die Zahlwörter,
616welche doch ein Volk so gern von dem andern
anzunehmen pflegt, sind hier sehr verschieden *)81.
Forster selbst wagt es daher nicht,
diese Sprachen von der Malayischen abzuleiten,
sondern siehet diese Übereinkunft einzelner Wörter
als einen Beweis der Abstammung der Südseer
von solchen Völkern an, welche mit Malayen
verwandt oder vermischt gewesen.

Und in der That biethen auch alle diese Völker
selbst in ihrer äussern Gestalt eine so grosse
Verschiedenheit dar, dass man sie unmöglich zu
einem und eben demselben Stamme rechnen
kann. Es gibt braune, schwarze, olivenfarbige,
kleine, grosse, hässliche, schöne, Menschen mit
langen geraden und mit krausen Wollhaaren,
und das oft nahe bey einander. Bey dem allen
lassen sie sich doch mit Forstern auf zwey Hauptarten
zurück führen, auf schwarze Neger-artige
Menschen mit krausen Haaren, und auf hellere,
meist braune wohlgebildete Menschen mit langen
glatten Haaren, aus deren Vermischung
denn mancherley Mittelsorten entstanden sind.
Beyde sind auch in ihrer Cultur und Gemüthsart
gar sehr verschieden. Jene sind misstrauisch,
wild, und noch meist Menschenfresser, diese
sanft, gutherzig, und ohne vorhergegangene
Reitzung nicht leicht grausam.617

A. Neger-artige Menschen mit
krausen Haaren.

Diese bewohnen den südwestlichsten Theil
der Südsee bis an die freundschaftlichen Inseln,
und stammen wahrscheinlich von der ähnlichen
Menschenart in den Molucken und den übrigen
Ostindischen Inseln ab, zumahl da ihnen diese
so nahe liegen. Sie zerfallen wieder in mehrere
Arten, und sind in der Sprache nicht allein von
der zweyten Hauptart, sondern auch unter sich
sehr verschieden. Nur Schade, dass man diese
wegen ihrer Ungeselligkeit noch so wenig kennet.
Die Inseln, welche sie bewohnen, erstrecken
sich von den Molucken bis nach Neu-Seeland
und die freundschaftlichen Inseln in
Osten, und bis an den Aequator in Norden. Es
gehören dahin:

1. Neu-Holland oder Ulimaroa.

Die grösste Insel in der Welt, beynahe so
gross wie Europa, in Süden unter Java. Einzelne
Theile der Küste waren bereits vorher unter
den Nahmen van Diemens Land, Arnheim, Carpentaria,
de Witts Land, Nuits-Land, u. s. f. bekannt.
Das Ganze ist aber erst in den neuern
Zeiten von Cook und seinen Nachfolgern entdeckt
und umsegelt worden; da sich denn gefunden,
dass manche Küsten, welche man bisher
für Theile desselben gehalten, z. B. van Diemens
Land, besondere Inseln sind. Auf der
Ostküste derselben, welche jetzt Neu-Süd-Wales
genannt wird, haben die Britten seit 1796
die Colonien Botany-Bay und Port Jackson in der
Statthalterschaft Sidney Cove angelegt.618

Diese grosse Insel ist, so viel man jetzt
noch weiss, im Innern gar nicht, sondern nur
an den Küsten, und auch hier nur sparsam von
armseligen rohen Menschen bewohnt, welche
in Höhlen, hohlen Baumstämmen oder elenden
Laubhütten, von Fischen und Yam-Wurzeln
leben und dabey Menschenfresser sind. Dass
sie alle Neger-artig sind, ist noch nicht entschieden.
Die auf der Westküste sind es wohl
gewiss; allein die auf der Ostküste, welche die
Britten in der Nähe ihrer Niederlassungen haben
kennen gelernet, sind es mehr durch
Schmutz und aufgestrichene Farbe, als von Natur;
auch ist ihr Haar nicht so kraus, als bey
ächten Negern. Wahrscheinlich sind die Einwohner
von mehrern ganz verschiedenen Stämmen,
welches auch ihre verschiedene Sprachen
beweisen, die doch noch sehr unbekannt sind.
Selbst auf der Küste Neu-Süd-Wales muss es
mehrere Sprachen geben; wenigstens weichen
diejenigen Worter, welche Cook in Norden an
dem Endeavour-Flusse aufzeichnete, grössten
Theils von denen ab, welche spätere Beobachter
um Botany-Bay angemerket haben. Parkinson
versichert, dass aipa, nein, das einzige
Wort sey, welches er mit Tahitischen einstimmig
gefunden habe. Aber es scheint hier auch
der Tahitische Artikel te üblich zu seyn. Sollten
in der Folge mehr Wörter aus der Sprache der
östlichen Südsee entdeckt werden, so würde
daraus folgen, dass wenigstens ein Theil der
Bewohner der Ostküste von Neu-Seeland
stamme, welches 400 Seemeilen in Osten entfernt
ist.

Zwey und dreissig Wörter vom Cap Diemen
auf der Süd-Seite befinden sich in des
619la Billardière Voyage à la Recherche de la Peyrouse,
Th. 2, Anh. S. 44-46. Einige wenige auch
in Cooks dritten Reise, Th. 1, S. 76. 48 Wörter
am Endeavour-Fluss in Norden der Ostküste
in Hawkesworth Reisen, Th. 3, S. 250. Sidney
Parkinson Voyage in the Endeavour
, S. 148, 152.
Vocabul. Petrop. No. 190. Verschiedene andere
aus der Gegend von Botany-Bay in des Lieut.
Kings Nachricht von der Norfolk-Insel, aber nur in
dem Original, und in der Übersetzung, Nürnberg,
1794; denn in Forsters Auszug im Magazin
der Reisen
, Th. 11, fehlen sie. Ferner in John
Hunter historical Journal of the Transactions of Port
Jackson
, London, 1793, 4; und in Dav. Collin's
account of the English Colony in New-South-Wales
,
London, 1798, 4. Forsters Tab. Polygl. in Bemerkungen,
S. 254.

Auf der Ostküste.

Vater, Dunjo; um van Diemens Land Bina.
Der, Te.
Der Wolkenhimmel, Kere, Kirre.
Die Erde, Poapoa.
Böse, Were

2. Neu-Guinea oder Papua.

Eine grosse lange Insel von 8 bis 9000 Quadrat-Meilen
in Norden der vorigen, von welcher
sie nur durch die Endeavours-Strasse getrennt
ist. Ihr Inneres ist noch eben so unbekannt
als das der vorigen. Eigentlich wird nur
der mittlere Theil Neu-Guinea, der nordwestliche
aber Papua, und der südöstliche Louisiade
genannt. Die vornehmsten Einwohner sind die
wilden Papua, Neger-artige Schwarze mit
grossen krausen Bärten. Ausser ihnen soll es
noch andere Schwarze mit langen Haaren geben,
welche, wie auf den Molucken, Horafora
620genannt werden. Eine dritte Art von brauner
Kupferfarbe, welche Badschu genannt wird, soll
von Malacca, nach andern aus Sina oder Japan
herstammen. Wahrscheinlich gehören sie zu
dem zweyten Hauptstamm der Südseer. Von
der Sprache der Papua hat man einige Wörtersammlungen,
woraus erhellet, dass sie von den
Sprachen in Neu-Holland völlig verschieden ist.

S. Schouten's und le Maire's Reisen, und daraus
in Dalrymple's Collection, Th. 2, Anh. S. 20;
mit den Zahlwörtern. Hadr. Relands Dissertationes
miscellae
, Th. 3, S. 129-133. Vocab. Petrop.
No. 189. Forrest Voyage to New-Guinea, London,
1779, gr. 4. Weichen in diesem die Wörter
von den vorigen ab, so rühret es ohne Zweifel
daher, weil beyde von verschiedenen Völkerschaften
sind.

Du, Suru.
Erde, Taar | Auf der Erde, ingleichen am Ufer, Behut

3. Neu-Britannien.

Mit den Inseln Neu-Hannover, Neu-Irland,
York, Sandwich, Portlands- und Admiralitäts-Inseln
gleich in Norden der vorigen. Diese, oder
doch einige derselben waren ehedem unter dem
Nahmen der Salomons-Inseln dunkel bekannt,
bis sie in den neuesten Zeiten von Carteret wieder
entdeckt und beschrieben wurden. S. Hawkesworth
Reisen
, Th. 1, S. 364-380. Die Bewohner
von Neu-Britannien und Neu-Irland
sind ächte Schwarze mit krausem Wollhaar.
Die auf der York- und einigen andern Inseln
sollen nach Hunter's Reise im Magazin der Reisen
heller von Farbe, aber doch wollhaarig seyn.
Einige Wörter aus der Sprache der Salomons-Inseln
hat Hadr.Reland in Dissertatt. miscell. Th. 3,
S. 119-122.621

4. Neu-Georgien mit den Charlotten-Inseln.

Neu-Georgien ist eine grosse lange Insel
gleich in Osten der vorigen, von welcher die
Franzosen Surville und Bougainville einige
Theile unter dem Nahmen des Landes der Arsaciden,
worin Port Praslin, und Isle Choiseul, entdeckten.
Die Einwohner sind theils Neger-artige
Schwarze mit krausem aber langem Haar,
theils kupferfarbige Weisse; also wohl von den
beyden Hauptstämmen. Einige Wörter aus der
Gegend des Port Praslin in Jean Franç. de Surville
Voyage
, und daraus im Magazin der Reisen, Th. 9,
S. 235. Die Charlotten-Inseln liegen gleich in
Osten der vorigen, und wurden 1767 von Carteret
entdeckt. Die grösste davon wird Egmonds-Insel
oder Neu-Guernesey genannt, und von
Neger-artigen Schwarzen bewohnt.

5. Die neuen Hebriden.

Zwölf grosse und viele kleine Inseln in Südost
der vorigen, wohin auch des Quiros Terra
del Spiritu Santo
, des Bougainville Aurora, Pfingst-Insel
und Isle des Lépreux, u a. m. gehören. Die
vornehmsten und bekanntesten sind Mallicolo und
Tanna. S. Forsters Reise Th. 2, S 159-297.

Mallicolo, deren Bewohner Schwarze mit
krausem Wollhaar, starken krausen Bärten, und
flachen breiten Neger-Nasen sind. Sie sind
klein und hässlich, und unter allen den Affen
am ähnlichsten, übrigens aber sehr gelehrig,
und im Ganzen gutartig. Ihre Sprache ist von
allen bekannten völlig verschieden, und klingt
sehr hart. Sie zeichnet sich besonders durch
622eine wirbelnde Aussprache der Buchstaben brrr
aus. Einer von ihnen hiess Mambrrum, ein anderer
Bonombrruai. Tomarro scheint Freund zu
bedeuten. Einige Wörter befinden sich in
Cook's zweyten Reise, der Englischen Ausg.
Th. 2 am Ende, und in Forsters Bemerkungen,
Tab. polygl.
S. 254.

Auf der Insel Tanna, deren Einwohner
noch wilde Menschenfresser sind, gibt es drey
ganz eigene und von andern verschiedene Sprachen.
In der einen kamen einige Wörter mit
der auf Mallicolo und der Malayischen überein.
Oft hatten die Einwohner für einerley Gegenstand
zwey verschiedene Nahmen, deren einer
fremd war, der andere aber mit der Sprache der
freundschaftlichen Inseln überein kam, welches
bey der Nähe der letztern eben nicht befremden
kann. Ja auf der noch hierher gehörigen Insel
Irronan kam die Sprache mit der der freundschaftlichen
Inseln, von welchen sie nur acht
Meilen entfernt ist, völlig überein. Einige Wörter
aus der allgemeinern Sprache in Cooks zweyten
Reise der Engl. Ausg. Th. 2 am Ende, und
Forsters Bemerkungen Tab. polygl. S 254.

Auf der Insel del Spiritu Santo scheint wieder
eine eigene Sprache zu herrschen. Doch
verstanden sie die Zahlwörter der freundschaftlichen
Inseln, daher deren Sprache hier wenigstens
nicht unbekannt zu seyn scheint.

6. Neu-Caledonien.

Eine grosse und verschiedene kleinere Inseln,
welche Cook auf seiner zweyten Reise entdeckte.
S. Forsters Reise, Th. 2, S. 298-346.
Die Einwohner sind von allen bekannten Menschenarten
623völlig verschieden. Im Ganzen sind
sie schwarz oder dunkel Kastanienbraun von
Farbe, mit starken schwarzen und stark gekräuselten
Haaren und Bärten. Bey einigen war das
Haar wollig, die Nase platt, und die Lippen
aufgeworfen, wie bey den Negern. Übrigens
sind sie gutartig und friedfertig, doch mehr aus
Trägheit als Cultur; auch sind sie keine Menschenfresser
mehr. Da ihr Land arm und unfruchtbar
ist, so leben sie elend und kümmerlich.
Ihre Sprache ist von den vorigen völlig
verschieden, und hat zwar wenig harte Consonanten,
aber desto mehr Nasen- und Gurgellaute.
Doch kam das Tahitische Eri, König,
hier vor. Einige Wörter aus derselben in Forsters
Bemerkungen
, Tab. polygl. S. 254, la Billardière
Voyage à la Recherche de la Peyrouse
, Th. 2,
Anh. und dem Vocab. Petrop. No. 192. Die Zahlwörter
in Hervas Aritm. S. 142.

Himmel, Ndaoè.
Erde, Guiuhse.
Gib, Padak, Umi, Namè namè.
Gib Mir, Nanhi, Hambaling.
Nicht, nein, Nda

7. Die Fidschi- oder Blighs-Inseln.

Die östlichsten und letzten von denjenigen
Inseln, welche von Neger-artigen Schwarzen
bewohnt werden. Sie grenzen unmittelbar an
die freundschaftlichen Inseln, für deren westlichste
man sie halten könnte, wenn die Bewohner
nicht von einer so verschiedenen Menschenart
wären. Sie zeichnen sich unter allen Südseern
durch ihre künstlichen Arbeiten ans.
S. Jam. Wilson's missionary Voyage to the Southern
Pacific Ocean
, London, 1799, 4; wo aber nichts
von ihrer Sprache gesagt wird.624

B. Kupferfarbige Weisse mit langem
Haare.

Diese unterscheiden sich auch in der Gemüthsart
und Cultur von ihren Neger-artigen
Brüdern, indem sie im Ganzen sanfter und
friedfertiger sind, und darin den übrigen Menschen
von ihrer Farbe in den Philippinen und
Ostindischen Inseln gleichen. Sie theilen sich
in zwey, der Sprache nach sehr verschiedene
Classen, in die westlichen und östlichen.

a) Westliche.

Zu diesen gehören die drey Inselhaufen,
der Pelew-Inseln, Marien- oder Diebesinseln, und
der Carolinen. Ob die in Osten der letztern liegenden
Mullgraves-Inseln auch zu diesen oder zu
den folgenden östlichen gerechnet werden müssen,
lässt sich noch nicht bestimmen, indem
ihre Sprache noch ganz unbekannt ist. Da diese
Inselhaufen zunächst in Osten der Philippinen
liegen, so haben sie ihre Einwohner wahrscheinlich
auch daher bekommen. Es muss dieses aber
sehr frühe geschehen seyn, weil ihre Sprachen
sich so sehr geändert haben; denn obgleich
mehrere Wörter in denselben mit Tagalischen
und Bissajischen überein kommen, so weichen
sie doch, so weit man sie kennet, in den meisten
Fällen sowohl von ihnen, als unter sich so
weit ab, dass man sie als eigene Sprachen betrachten
muss.

(1) Pelew-Inseln.

Bey den Spaniern Palaos, eine Sammlung
von 32 Inseln zwischen den Philippinen und
Carolinen, welche von einem sanften, wohlwollenden
625und ordentlich eingerichteten Volke
bewohnet werden. Man sehe Ge. Keate account
of the Pelew-Islands
, Deutsch von Ge. Forster,
Hamburg, 1789, 8, und John Pierce Hockin
Supplement to the account of the Pelew-Islands
,
London, 1803, 4. Beyde enthalten zahlreiche
Wörtersammlungen, woraus erhellet, dass ihre
Sprache weder mit der Malayischen noch mit
der Sprache der östlichen Südseer verwandt ist.
Das erkannte schon der Jesuit P. Clain, welcher
1697 die erste Nachricht von ihnen gab, und
versicherte, dass ihre Sprache weder mit der
der Philippinen, noch der der Marien-Inseln
überein komme. Es hat sich also wohl Don
Ant. Torres, welcher Missionar auf der Philippinischen
Insel Samar gewesen war, geirret, wenn
er dem Hervas im Catalogo delle lingue S. 94 versicherte,
dass sie Bissajisch redeten.

Vater, Kättäm.
Du, Ihr, Kau.
Himmel, Yängley.
Kommen, Mey. Komm Her, Morä Mey. Komm Herein, Ämuno.
Geben, Annäbuketh.
Tag, Kokuhk.
Böse, Schlecht, Mogull

(2) Die Marianen.

Marien- oder Diebesinseln, Spanisch Ladrones,
auch der Archipelagus S. Lazari, eine Sammlung
von 20 grössern und kleinern Inseln in Norden
der vorigen und der Carolinen, 400 Seemeilen
von den Philippinen, von welchen Charl.
Gobien in der Histoire des Isles Marianes, Paris,
1700, gr. 12, und die Nouveau Voyage à la Mer
du Sud commencé sous les ordres de M. Marion
, Paris,
1783, 4, Nachricht geben. Die bekanntesten
sind Tinian und Guan. Die erste ist jetzt
626unbewohnt; die zweyte wird als ein irdisches
Paradies beschrieben. Als Magellan die Marianen
1521 entdeckte, enthielten sie 60000 Einwohner,
und Guan deren allein 20000. Allein
die grausame Bekehrungswuth der Spanier verminderte
sie bis auf 8 bis 900. Diese versammelte
man in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
zu Guan, und unter dem wohlthätigen
Befehlshaber Thomas hatten sie sich 1772 bereits
wieder bis auf 1500 vermehrt. Als die
Spanier diese Inseln entdeckten, war das Feuer
den Einwohnern noch ganz unbekannt. Gobien
behauptet, dass die Sprache in allem mit der
Tagalischen überein komme. Eben das versicherte
Don Plac. Lampurlanes, welcher hier
Missionar gewesen war, dem Hervas in Catalogo
delle lingue
, S. 94, und gab die Sprache für einen
Malayischen Dialect aus, welcher mit Tagalisch
und Bissajisch vermischt sey. Hervas theilet im
Vocabul. Polyglotto, S. 163, 63 von ihm erhaltene
Wörter mit, unter welchen ich 8 Malayische,
und 11 Tagalische und Bissajische gezählet habe,
daher die Sprache doch auch manches eigene
haben muss.

Vater, Assainalagi.
Himmel, Languit. Tagal, Langit.
Erde, Tano, Tagal. Tuna, Mal. Tana

(3) Die Carolinen.

Eine zahlreiche Sammlung von Inseln, welche
eigentlich aus fünf besondern Inselhaufen
bestehet, in Osten der vorigen. Allein sie sind
noch sehr unbekannt; doch gibt des Brosses in
der Histoire des Navigations aux Terres australes,
Th. 2, S. 445-511, und daraus der ältere
Forster in seinen Bemerkungen, S. 519-529,
627einige Nachricht von ihnen. Die Sprache ist
noch völlig unbekannt. Nach Gobien in der
vorhin angeführten Schrift kommt sie mit der
Tagalischen überein; allein die wenigen Wörter,
welche er beyläufig beybringt, z. B. Eliulep,
grosser Geist, Elus melabut, böser Geist,
Elus melafirs, gute Geister, Lugueiling, der mittlere
Himmel, bestätigen das nicht.

b) Östliche.

Diese beherrschen die grössere östliche
Hälfte der Südsee, von Neu-Seeland an in
184° bis zur Oster-Insel in 265° östlicher
Länge, und von dem gedachten Neu-Seeland,
im 38° südlicher Breite bis zu den Sandwichs-Inseln
im 22° nördlicher Breite, folglich einen
Raum von 4860 Quadrat-Graden. Woher diese
Inseln, deren Bewohner sich durch Sprache
und Sitten von allen bekannten Menschenarten
so sehr auszeichnen, bevölkert worden, ist
schwer selbst nur zu muthmassen. Dass die
östlichern immer von den westlichern ihre Bewohner
erhalten haben, leidet wohl keinen
Zweifel. Die Schwierigkeit trifft bloss den ersten
Volksstamm auf den westlichsten Inseln. Die
Inseln, welche diesen am nächsten liegen, sind
Neu-Holland, Neu-Caledonien, die Neuen
Hebriden, und Neu-Georgien. Allein alle
diese werden von einer ganz andern Menschenart,
nehmlich von Neger-artigen Schwarzen
bewohnt, welche daher hier nicht in Betrachtung
kommen können. In Nordwest der unsrigen
liegen die Carolinen, welche mit ihnen von
einer ähnlichen kupferfarbenen Art Menschen
bewohnt werden, und von diesen lässt auch
628Forster unsere östlichen Südseer herstammen.
Allein dawider spricht theils die ganz verschiedene
Sprache, theils die grosse Entfernung von
600 Seemeilen, welche Menschen mit so armseligen
Fahrzeugen dem Anscheine nach wohl
schwerlich zurücklegen können. Indessen da
man in den neuern Zeiten zwischen den Carolinen
und den freundschaftlichen Inseln, als den
westlichsten der unsrigen, noch einen zahlreichen
Inselhaufen, die Marschalls- oder Lord
Mullgraves-Inseln
entdeckt hat, so machen diese
eine Verbindung mit den westlichern Inseln
wahrscheinlicher. Nur kennet man ihre Sprache
noch nicht, daher sich auch nicht bestimmen,
lässt, wie fern diese eine solche Verwandtschaft
bestätigen wird. Indessen, wenn man auch mit
der Bevölkerung der freundschaftlichen und der
mit ihnen in gleicher Breite liegenden übrigen
Inseln auf das Reine ist, wenn es sich auch
denken lässt, dass die entferntern Neu-Seeland
und die Oster-Insel vermittelst verschlagener
Fahrzeuge haben bevölkert werden können: so
machen doch die so entlegenen Sandwichs-Inseln
neue Schwierigkeiten. Diese sind von den
übrigen durch einen freyen Ocean von 700 Seemeilen
getrennt, und man sollte es beynahe für
unmöglich halten, dass ein solcher Raum mit
so kleinen und unsichern Fahrzeugen, als hier
üblich sind, zurück geleget werden könne. Indessen
muss es doch möglich seyn, weil sich
sonst kein anderes Mittel zu ihrer Bevölkerung
denken lässt. War doch Tupaja bey seinen ärmlichen
astronomischen Kenntnissen zehn bis zwölf
Tagereisen in Westen von O Raietea gewesen.

Denn es ist immer eine seltene Merkwürdigkeit,
dass auf allen diesen so weit zerstreuten
629Inseln nur eine einzige unverkennbare Hauptsprache
herrscht, deren besondere Abweichungen
sich bloss als nahe verwandte Dialecte verhalten,
woraus denn folget, dass alle diese Inseln
von einem einzigen ursprünglichen Hauptstamme
bevölkert worden. Ist dieser, wie nicht
wohl anders seyn kann, von den westlichen Inseln
gekommen, so muss solches sehr frühe geschehen
seyn, und zwar zu einer Zeit, da die
Sprache, welche sie aus ihrem Vaterlande mitbrachten,
noch sehr ungebildet war, und erst
von ihnen unter ihrem neuen Himmel weiter
fort- und ausgebildet wurde. Anders lässt sich,
so viel ich sehe, die grosse Verschiedenheit dieser
Sprache in den Wörtern von allen bekannten,
und dabey doch das Daseyn mancher Überreste
des Malayischen, oder vielmehr einer alten
Ursprache des östlichen Asiens nicht erklären.
Ihren Sitten nach sind die Bewohner dieser Inseln
im Ganzen die gebildetsten Menschen in
der ganzen Südsee, besonders auf den mittlern
Inseln, wo Volksmenge und der milde Himmel
die Cultur sehr frühe befördert zu haben scheinen.
Nach Forsters Bemerk. S. 196 verhält
sich die Bevölkerung von Tahiti gegen die Bevölkerung
der volkreichsten Provinzen Frankreichs
fast wie 17 zu 1. Diese Volksmenge hat
die Insel der Brotfrucht zu danken, wo von
Einem Englischen Acker zu 43560 Quadrat-Schuh
10 bis 12 Menschen 8 Monathe lang
leben können, dagegen in Frankreich 51550
Quadrat-Schuh nur Eine Person sechs Monathe
lang ernähren. Auf den entlegenern und nicht
so bevölkerten, wie in Neu-Seeland und den
Sandwichs-Inseln sind sie friedfertig und unschädlich,
so lange sie nicht gereitzet werden,
630alsdann aber grausam und offenbar noch Menschenfresser.

Was die Sprache dieser Inseln und ihre
Dialecte betrifft, so haben uns die neuern Seefahrer
seit Byron's, Bougainville's und Cook's
Zeit, welchen wir die Bekanntschaft mit denselben
vornehmlich zu danken haben, mit zahlreichen
Wörtersammlungen beschenkt, welche
ich im folgenden anführen werde; aber in ihren
grammatischen Bau ist keiner derselben eingegangen.
Und doch verdient derselbe eine vorzügliche
Aufmerksamkeit. Das wenige, was ich
aus den Wörtersammlungen und einigen Formeln
und Fragmenten schliessen können, bestehet
in folgendem.

Die Sprache ist mehrsylbig; allein, da sie
keine Biegung kennet, so rühret die Mehrsylbigkeit
entweder von der Ableitung, von welcher
ich doch nichts bestimmtes zu sagen weiss,
oder von der Zusammensetzung her.

Ihre Wurzelsylben sind sehr einfach; fast
jede Sylbe bestehet entweder aus Einem oder
mehrern Vocalen, oder aus einem Consonanten
mit einem nachfolgenden Vocal oder Diphthong.
Sie scheinet daher unmittelbar von einer sehr
einfachen einsylbigen Sprache herzustammen,
dergleichen z. B. die Sinesische ist.

Überhaupt spielen die Vocalen hier eine
Hauptrolle, und zwar nach allen Schattirungen
der Aussprache. Ahau, der Mantel, Wahaa,
Feuer, Awai, Fuss. Zusammengesetzte Vocale
kommen häufig vor; allein es scheint, dass sie
nach Art der Sinesen einsylbig gesprochen werden:
Aeo, Fleisch, Ao-ao, Herz.

Zwey Consonanten verschiedener Art werden
nicht zusammen gesetzt, wohl aber Einer
631Art, besonders die flüssigen. Selbst von den
einfachen vermeidet sie die härtern. Auf den.
Gesellschaftsinseln kennet man keinf, ch, g, k,
s und z; wohl aber auf einigen der übrigen.
Alles das macht die Sprache sehr sanft, weich
und oft schlüpfrig.

In der Zusammensetzung wird das bestimmende
Wort hinten gesetzt, welches andere
Sprachen voran setzen. Marai-tata, Männergrab,
wörtlich Grab-männer. Tahauwa-mai,
ein Arzt, wörtlich Priester (der) Schmerzen.
Tute-upa, Taubendreck, wörtlich Dreck-Taube,
der Nahme einer Pflanze.

Sehr oft wird ein Wort in der Zusammensetzung
verdoppelt. Gemeiniglich eine Intension
zu bezeichnen: Mala-mala, sehr bitter;
Tea-tea, sehr weiss; hurry-hurry, eilig; Whaau-whaau,
es stinkt. Vielleicht auch Collectiva
oder den Plural zu bezeichnen: Huru-huru,
Haar, Haare; Orre-orre, der Gott der Winde,
von orre, Wind; Pirri-pirri, Kletten. In andern
Fällen ist mir die Bedeutung unbekannt:
Whitti-whitti, eine Fischangel; Moa-moa, der
Knöchel. Man sehe, was bey der Mantschurischen
Sprache von dieser Verdoppelung gesagt
worden.

Es scheinet nicht, dass die Redetheile allemahl
schon gehörig abgesondert wären, wenigstens
fehlt es nicht an Wörtern, welche mehr
als Einen vertreten müssen. Maa, Speise und
essen; tayo, lieb, Freund, befreunden, lieben.

Die Nennwörter haben kein Geschlecht.
Dagegen ist der Artikel sehr häufig, selbst vor
Eigennahmen; aber er bleibt der Zahl, dem
Geschlechte und, den Casus nach völlig unbiegsam.
Auf den Gesellschaftsinseln hat man deren
632mehrere, o, e, te, ta. Ob, und wie sie verschieden
sind, weiss ich nicht. Man muss daher
von den Tahitischen Wörtern in den meisten
Fällen das o und e, wenn sie zu Anfange stehen,
absondern, und als den Artikel betrachten.
E-hettu, oder Ta-hwettu, der Stern; O-porori,
der Mangel; O-Purea, der eigene Nahme einer
Königinn; O-pattea, die Mutter; Te-wharre,
das Haus; Te-arri, der Stern. Indessen scheint
es nicht, dass er schlechterdings nothwendig
wäre, indem er auch häufig fehlt. Auf den
freundschaftlichen Inseln, der Oster-Insel und
Neu-Seeland lautet der Artikel ko.

Der Plural wird, so viel ich finde, nicht
bezeichnet. Tata bedeutet sowohl Mensch,
Mann, als Menschen, Männer und Leute. Es
müsste denn, wie schon gedacht, der Plural zuweilen
durch die Wiederhohlung des Wortes
angedeutet werden.

Eben so wenig werden die Casus bezeichnet,
sondern das Nennwort bleibt mit seinen
Bestimmungswörtern in allen Fällen unverändert.
Te rua t' erai, die Versammlung des Himmels,
der Himmel der Seligen. In sehr hervor
stechenden Fällen werden die Casus obliqui
durch die vorgesetzte Praeposition no, von,
gegen, an, nach, zu, bezeichnet. Whanno
no te Erih
, Bothe von dem Könige, des Königes;
Marai no Ahetua, Grab des Ahetua; Tata no
t' Eatua
, Mann der Gottheit, d. i. Priester;
E Hoa no te Erih, der Freund des Königes, der
Kammerherr.

Das Adjectiv wird dem Substantive nachgesetzet.
Eatua rahai, der grosse Gott; E hwettu
werra
, der brennende Stern, d. i. der Komet.
Tata ete, kleine Männchen; Tata ino, ein
633schlechter Mensch. O Porori o muri, der letzte
Mangel.

So mangelhaft wie dieDeclination ist, ist es
auch die Conjugation, und es scheinet, dass die
Wurzel des Verbi hier alle Zeiten, Arten und
Zahlen vertreten müsse. Harre mai, bedeutet
sowohl er kommt, als komm her; Harre hea,
wo gehest du hin? Parau, er spricht; Hi naro,
ich liebe.

Das Verbindungswort seyn wird häufig,
vielleicht allemahl, weggelassen: Malama matte,
Mond todt, d. i. er ist unsichtbar. Ima Tate,
nicht Mann, d. i. es ist niemand da. Tata
maitai
, Whennua ino, die Leute (sind) gut, das
Land (ist) schlecht. So abgebrochen auch in
andern Fällen: Matte Toa? umbringen Freund?
d. i. wird man ihn als Freund umbringen.

Dabey ist die Sprache sehr arm. Ein Wort
druckt mehrere verwandte Begriffe aus. Toa
heisst Feind, aber auch der Krieg, ingleichen
das Casuarinen-Holz, woraus die Streitwaffen
verfertiget werden. Auf der andern Seite hat sie
aus Mangel an allgemeinen Benennungen wieder
einen unnützen Reichthum. Der Schwanz
eines Hundes hat einen andern Nahmen, als der
Schwanz eines Vogels, und dieser wieder einen
andern, als der Schwanz eines Fisches.

Zur Erläuterung will ich noch einige Formeln
und kleine Gedichtchen hersetzen, welche
die fröhlichen Einwohner auf Tahiti gern aus
dem Stegereife zu machen pflegen.

Von dem Freund Ori an Cook.
Der (Gott) Mauwe schüttelt die Erde.

No te Tay Ori no Tute.
O Mauwe turor te Hwennua, d. i.,
es ist ein Erdbeben.634

Cook nicht töthen den Freund;
Das Wölkchen in dem Monde,
Das Wölkchen das ich liebe.
Vielleicht befreundete Mond dieser
Den Banks der zu Freunden seinen kam.

Tute aipa matte te Tayo; Cook wird
seinen Freund nicht umbringen.

Te Uwa no the Malama,
Te Uwa te hi narro.
Epaha tayo Malama taye
No Taba ne to no Tawa hwanno maye.

Man bemerke zugleich den Reim, welcher
hier allgemein gangbar ist.

Aus allem erhellet, dass diese Sprache noch
zu den weniger gebildeten gehöret, welche sich
kaum der rohen Einsylbigkeit entschwungen hat,
indem sie noch die Hauptbegriffe schroff und
unverbunden neben einander stellt. Sie gleichet
in diesem Stücke der Malayischen, der
Mongolischen, Mantschurischen und manchen
andern, ohne dass man um deswillen eine von
der andern ableiten dürfte. Der Mensch hat
überall einerley Fähigkeiten, er gehet daher
auch überall einen und eben denselben Weg.

Die zu diesem Sprachstamme gehörigen
Inseln liegen theils beysammen in der Mitte
zwischen dem 12ten und 23sten Grad südlicher
Breite, theils in einiger Entfernung. Zu den
ersten gehören die fünf Inselhaufen der freundschaftlichen
Inseln, der Schifferinseln, der Gesellschaftsinseln,
der Mendoza-Inseln, und der
niedrigen Inseln; zu den letztern aber Neu-Seeland
in Südwest, die Osterinsel in Südost, und
die Sandwichs-Inseln tief in Norden.635

(1) Die freundschaftlichen und Schiffer-Inseln.

Sie sind die westlichsten unter den östlichen
Südsee-Inseln, und liegen bey einander,
diese in Norden, jene in Süden. Es sind ihrer
150, welche aber nicht alle bewohnt sind.
Einige derselben, z. B. die Verräther-Insel, Cocos-Insel,
Horn-Insel, Middelburg, Amsterdam und
Rotterdam wurden bereits von den Holländischen
Seefahrern Schouten, le Maire und Tasman
entdeckt und benannt. Vollständiger entdeckte
selbige Cook auf seiner zweyten und dritten
Reise, besonders die Inseln Tongatabu und
Ea-Uwhe, Tasmans-Inseln, Amsterdam und Middelburg.
S. Forsters Reise Th. 1, S. 315-363,
Th. 2, S. 127-154. Cook's dritte Reise, Th. 1,
S. 155-305. Die Einwohner sind gutmüthig,
wohlgebildet und fleissig. Die Sprache ist mit
der auf den folgenden Inseln einerley, nur
etwas härter, und mehr aspirirt; auch haben
sie die Buchstaben f, g, k und s, welche jenen
fehlen. Erih, der König, heisst hier Arighi,
Awa, das Pfeffergetränk, Kawa, E Whaha, der
Kahn, Wagga. Der Artikel lautet hier ko.

Wörtersammlungen von den freundschaftlichen
Inseln haben: Cook's dritte Reise, der
Englischen Ausgabe, Th. 1, S. 302-304, und
Th. 2, Anh. am Ende; Forsters Tab. Polygl. in
den Bemerkungen, S. 254; das Vocabul. Petropol.
No. 196; la Billardière Voyage à la Recherche de la
Peyrouse
, Th. 2, Anh. S. 47-57. Die Zahlwörter
in Hervas Aritm. S. 142. Glass on the affinity
of certain words in the language of Sandwich
and Friendly Isles with the Hebrew
, in der Archaiol.
Britann.
Th. 8, S. 81; betrifft bloss das Wort
Tabu, welches Hebräisch seyn soll.636

Einige Wörter von. der Cocos-Insel, in
Hadr. Relands Dissert. miscell. Th. 3, S. 123-129.

Einige andere von der Horn-Insel nebst
den Zahlwörtern in Schouten's und le Maire's
Reise
und daraus in Dalrymple's Collection, Th. 2,
Anh. S. 20.

(2) Die Societäts- oder Gesellschaftsinseln.

In Osten der vorigen, welche Wallis, Bougainville,
und Cook auf seinen drey Reisen vollständig
entdeckten und beschrieben. Die vornehmste
und grösste darunter ist Tahiti, mit
dem Artikel Otahiti, welche Wallis König Georgs-Insel,
Bougainville aber Neu-Cythere nannten.
Ausser dem gehören dahin: Meatea, oder die
Osnabrück-Insel, Eimeo oder Yorks-Insel,
Huaheine, Borabora, Ulietea, und weiter in
Süden Mandschia, Watiu, und Alokutäa. Die
Einwohner sind das gutmüthigste, gebildetste,
fröhlichste, aber auch wollüstigste Völkchen in
der ganzen Südsee, bey welchem daher die
Mission, welche die Britten hier 1796 anlegten,
eine traurige Rolle spielet. Ihre Sprache ist so
sanft und weich, wie das Volk, welches sie
spricht, indem ihr, wie schon gedacht, die
Buchstaben f, g, k, s und e fehlen; daher sie
auch die Eigennahmen und Wörter anderer
Sprachen trotz den Sinesen verunstalten. Cook
hiess bey ihnen Tute, Banks Tapane, Fourneaux
Tonno, Hicks Hiti, Gore Toarro, Solander Torano,
Green Eteri, Sporing Polini, Bougainville
Potaviri. Indessen scheinet an dieser Verunstaltung
nicht allein die Unaussprechbarkeit mancher
Buchstaben Schuld zu seyn, sondern auch
die Gewohnheit, fremde Wörter zugleich so zu
modeln, dass sie gewissen bedeutenden Wörtern
637ihrer Sprache ähnlich werden. Denn sonst
wüsste ich nicht, warum sie den Nahmen Mollineux
schlechterdings nicht aussprechen konnten.
Vermuthlich fanden sie in ihrer Sprache kein
Wort, welchem sie dieses hätten anpassen, und
folglich etwas dabey denken können.

Wörtersammlungen haben: Bougainville
Voyage autour du Monde
, S. 389; Hawkesworth
Reisen
, Th. 2, pass. und S. 227, 228; George
Forsters Reise
pass. des älternForsters Bemerkungen
pass. und Tab. polygl. S. 254; Sidney Parkinson's
Voyage
, S. 51; Vocabul. Petrop. No. 197;
Court de Gebelin monde primitif, Th. 8. S. 543;
Hervas Vocab. Polygl. S. 163. Einige Wörter von
der Insel O-Wheihih in Ge. Dicksons und Portlocks
Voyage round the World, London, 1789
, 4.
Einige andere von den Inseln Mandschia, Watiu,
Otakutäa und Hervey in Süden, in Cook's dritten
Reise
, Th. 1, S. 112-120; S. 140-155.

(3) Die Marquesas oder des Marchese
Mendoza-Inseln.

Ein kleiner Inselhaufen in Südost der vorigen,
zu welchen die Amerikanischen Capitäns
Ingraham und Roberts, beyde von Boston,
1791 und 1792 verschiedene neue entdeckten.
Eine dieser Inseln wird Waitahu genannt. Die
Sprache der freundlichen Einwohner ist ein Dialect
der vorigen, nur dass sie kein r aussprechen
können, sondern dafür l hören lassen. Eine
umständliche Beschreibung befindet sich in Forsters
Reise
, Th. 2, S. 6; noch mehr in Marchand
Voyage autour du Monde
, Th 1, S. 58 folg.

Einige Wörter aus ihrer Sprache haben:
Forsters Bemerkungen, S. 254; Cook's dritte Reise,
der Engl. Ausg. Th. 2, am Ende; Vocab. Petrop.
638No. 199; Marchand Voyage, Th. 1, S. 554. Die
Zahlwörter in Hervas Aritm. S. 142.

(4) Die flachen oder niedrigen Inseln.

Eine Menge kleiner Inseln in Süden der vorigen,
welche doch nicht insgesammt bewohnt
sind. Sie wurden in den neuern Zeiten von
Bougainville, Byron, Wallis und Cook entdeckt
und beschrieben. S. Hawkesworth Reisen, Th. 1,
S. 95, folg. S.198-205, Th. 2, S. 73 folg.
Forsters Reise, Th. 2, S. 28 folg. Von der Sprache
der Einwohner ist weiter nichts bekannt, als dass
sie ein Dialect der vorigen, nur etwas härter ist,
und durch die Gurgel gesprochen wird.

(5) Neu-Seeland.

Zwey grosse Inseln ungefähr 300 Seemeilen
in Südwest von den freundschaftlichen Inseln,
welche Cook in allen seinen drey Reisen, ingleichen
Marion in seiner Reise in die Südsee
besucht und beschrieben haben. Ausser den
kupferfarbenen Weissen soll es hier auch
Schwarze mit Wollhaar geben, welche wahrscheinlich
aus Neu-Caledonien oder Neu-Holland
herstammen. Die Einwohner sind gutartig,
aber sehr reitzbar, und alsdann grausam
und Menschenfresser, wie mehrere Seefahrer
erfahren haben. Ihre Sprache ist ein Dialect
der vorigen, nur etwas härter. Der Artikel lautet
hier He, Hi und Ko. Ihre gewöhnliche Ausforderung
an die Britten war: Häro mai, häro
mai, härre juta ä Pätuh Pütuh oge
, kommet her,
kommet her, kommet ans Land, dass wir euch
mit unsern Pätuh-Pätuh tödten.

Verzeichnisse von Wörtern haben: Hawkesworth
Reisen
, Th. 2, von S. 283 an pass. und
639Th. 3, S. 64; Ge. Forsters Reise, pass. Forsters Bemerkungen,
S. 254; Cook's dritte Reise, Th. 1, S. 109,
110; Vocabul. Petrop. No. 191; Sidney Parkinson's
Voyage
, S. 126; Dav. Collins account of the English
Colony in New-South-Wales
, London, 1798, 4.

(6) Die Oster-Insel oder Waihu.

In Südost der flachen Inseln, eine armselige
von feuerspeyenden Bergen verwüstete Insel,
deren sparsame Einwohner ihr elendes Daseyn.
nur kümmerlich fristen. S. Forsters Reise, Th. 2,
vornehmlich aber Voyage de la Peyrouse, Th. 2.
Ihr Dialect kommt dem Neu-Seeländischen
am nächsten, hat auch eben die Härten und
Gutturalen.

Wörter liefern: Cook's zweyte Reise, der
Engl. Ausg. Th. 2, am Ende; Forsters Bemerkungen,
S. 254; la Billardière Voyage à la Recherche
de la Peyrouse
, Th. 2, Anh. S. 66. Die Zahlwörter,
Hervas Aritm. S. 142.

(7) Die Sandwichs-Inseln.

Eilf Inseln 700 Seemeilen in Norden, worunter
Owaihi die grösste ist. Cook entdeckte sie
1778 auf seiner dritten Reise, fand aber auch
das folgende Jahr hier seinen Tod, weil er die
sehr reitzbaren Einwohner aus Übereilung beleidigte.
S. seine dritte Reise, Th. 1, S. 455-504,
Th. 2, S. 192-331; ingleichen Vancouvers
Reise
. Die Sprache kommt mit der der vorigen
Inseln völlig überein.

Einige Wörter haben: Anderson in Cook's
dritten Reise
, der Engl. Ausgabe Th. 3, S. 549,
denn in Forsters Übersetzung fehlen sie; Dixon's
und Portlock's Reise
, S. 235; Vocab. Petrop.
No. 200.640

Wörter des V. U. aus den vorigen Dialecten.

tableau Freundsch. | Cocos-Ins. | Tahiti. | Marques. | Neu-Seel. | Oster-I. | Sandwich. | Vater | Tamai | Medua. E-ure | Pappa | Mama | Moduah | Der | Te, He | Du | Coè, koè, kè | Oi | Oe | In | Enia. Iroto | Irotto | Himmel | Elandschi | E-rai | Tahia. Hani | Harani | Nahme | Taira | Kommen | Haäte mel | Hoemy. Harremy | Komm her | Hau | Harre mai | Hanna mai | Harro mai | Tommo my | Erde | Tugutu | Kille | Hwennua | Whennua | Soupe | Tag | Ao | Po. Mahana | Speise | Moa | Masi, unsere Speise | Maa | Eëi | Geben | Mohi | Evaha. Nate | Hoatu | Gib mir | Oraih. Megu | Komy | Heute | Auanä | Aguenä | Wir | Taoa. Yta | Taua | Tauu | Nein, nicht | Kai. Olu | Eai | Ima. Ure | Eisa | Ka-ura | Böse, schlecht | Kowi. Pango | Ino | Keno. Ekino641

1*) Europa hat alle seine gezähmten Thiere Asien
zu danken. Nur 16 bis 17 Arten sind unserm Welttheile eigen, und das sind grösstentheils Mäuse und Fledermäuse. Zimmermanns geogr. Gesch. des Menschen.
Th. 5, S. 183.

2*) De Pauw Recherches philosophiques sur les Américains,
Th. 1; Brief 3. Pallas Observations sur la formation des montagnes, Petersbourg 1777. E. A. W.
Zimmermann geographische Geschichte des Menschen
,
Th. 1, S. 114, 2O1; Th. 3, S. 250.

3*) Bailly Histoire de l'Astronomie ancienne, Paris,
1775, 4; Deutsch, Leipzig, 1777, 8. Eben dess. Lettres
sur l'origine des Sciences
, London. 1777, 8; Deutsch,
Leipzig, 1777, 8; und vorzüglich seine Lettres sur l'Atlantide
de Platon
, Paris, 1779, 8; wo er sein Urvolk
gar nach Spitzbergen und an das Eismeer setzet.

4*) Noch weiter und bis zum Abenteuerlichen trieb
der Franzose Delille, in der von Hissmann übersetzten
Welt- und Menschengeschichte, Münster, 1781, folg.
seinen Roman von den Atlantiden oder Urmenschen,
die er auf dem Gipfel des Kaukasus entstehen, und bey
der noch ganz unter Wasser stehenden Erde wie Gemsen,
von einem Berggipfel zu dem andern bis auf den
Atlas hüpfen lässet.

5*) Die Cultur ist die nothwendige Wirkung der
Volksmenge im eingeschränkten Räume. Wo Naturgrenzen
und ein milder Himmel die Auswanderung
hindern, da drängen sich die Menschen sehr bald zusammen,
und der Trieb der Selbsterhaltung lehret sie
auf Vervielfältigung der Nahrungsmittel, auf Ordnung
zur Sicherheit von innen und aussen, u. s. f.
denken. Der warme südliche Himmel ist der Vermehrung
des menschlichen Geschlechtes schon an sich
günstiger, als der kältere nördliche, und der leichte
fast gar nichts kostende Unterhalt unterstützt und erhöhet
sie, so sehr auch der Despotismus und alle seine
Übel an ihrer Zerstörung arbeiten. Es kommt dazu,
dass die Bewohner wärmerer Gegenden nie, oder doch
nicht ohne den höchsten Drang auswandern. Die Auswanderung
war von je her eine Eigenheit des Norden.
Es vereiniget sich daher alles, die Cultur hier früher
als unter einem andern Himmel zu gründen.

6*) Desguignes Examen critique des Annales des Chinois,
und Revue de la Litérature Chinoise, in den Mémoires
de l'Acad. des Inscript
. Band 36, 42, 43. Aber
seine Kritik ist noch sehr sanft und milde, und gehet
bloss auf die Möglichkeit. Freylich ist die Kritik für
Ausländer in einer so grossen Ferne, wo es an allen
dazu notwendigen Hülfsmitteln fehlt, schwer, wo
nicht gar unmöglich, und von einheimischen Gelehrten
ist sie noch weniger zu erwarten. Aber wenn Desguignes
die Sinesen zu einer Aegyptischen Colonie
macht, welche 1122 vor Chr. eingewandert seyn soll,
so verdienet er selbst, von der historischen Kritik in
den Schatten gestellet zu werden.

7*) Diese Eigenheit haben sogar die in Sina lebenden
Juden angenommen. Für Breschit sprechen sie
Pieleschitze, (sie werden also wie die Deutschen und
Pohlnischen Juden wohl Galiläer seyn,) für Tohu
vabohu
, Theohung vapeohung. S. P. Ignat. Kögler de
Bibliis Judaeorum Sinensibus
, in von Murr Journal
Th. 7, S. 240 f.

8**) Ein Verzeichniss dieser Ursylben liefern nach
Portugiesischer Aussprache Bayer und Fourmont, nach
Französischer le Comte, und nach Englischer Thom.
Hyde
in denjenigen Schriften, welche ich im folgenden
anführen werde.

9*) Sind etwa die zweysylbigen Wörter anderer
Sprachen auf ähnliche Art entstanden? z. B. Pa-ter
Ma-ter
.

10*) Man findet diese Schlüssel in Bayers Museum
Sinicum
, noch besser aber in Fourmonts Grammat. Sinica,
und Petite Encyclop. élémentaire, Th. 2, Abth. 2,
S. 625-660, wo auch die Geschichte dieser Schrift
in Sina selbst erzählet wird.

11*) Aus dem bisher gesagten läst sich nun auch
leicht beurtheilen, was von den Vorschlägen derer zu
halten ist, welche die Sinesische Sprache und Schrift
zu einer Universal-Sprache und Universal-Schrift
empfohlen haben. Etwas unschicklicheres lässt sich
nicht leicht gedenken. Wären ja Universal-Sprache
und Schrift möglich und nützlich, so würden dazu
weit bessere Mittel gewählet werden müssen, als diese
ersten armseligen Versuche des ungebildeten menschlichen
Verstandes. Das hiesse wieder zu den Windeln
des Geistes zurück kehren, deren wir uns glücklicher
Weise seit Jahrtausenden entlediget haben.

12*) Von diesem bisher sehr unbekannten Lande
haben wir in den neuern Zeiten von dem Missionarius
Percoto und dem Britten Symes gute Nachrichten, welche
sich doch nicht bis auf die Sprache erstrecken.
Della vita di Msgr. Giov. M. Percoto, dal P. Mich. Ang.
Griffini
, Udine,1782, 4. Deutsch im Auszuge in
Sprengels und Forsters Beytr. Th. 4 S. 275. Percoto
starb zu Ava 1776, nachdem er viele Bücher in das
Bomanische übersetzt, auch eine Sprachlehre und ein
Wörterbuch geschrieben hatte, wovon aber nichts gedruckt
ist. Symes's Account of an Embassy to the Kingdom
of Ava
, London, 1800, gr. 4; auch Deutsch,
Hamburg, 1802, 8.

13*) Eine der neuesten Nachrichten ist W. Hunters
concise Account of Pegu
. Calcutta, 1785, gr. 4, London,
1789, 8, und Deutsch von C. D. Ebeling, Hamburg,
178, 8; wo in der Vorrede von den übrigen
vorhandenen Nachrichten von diesem Reiche gehandelt
wird. Hunter sagt nichts bedeutendes von der
Sprache, so wenig als Percoto, Symes und Sonnerat,
welche dasselbe gleichfalls berühren, letzterer in seiner
Voyage aux Indes, Th. 2, S. 38, in einem eigenen
Abschnitte. Dan. Sheldons ältere Nachricht, befindet
sich in Ovingtons Reise, und Deutsch in der
Allgem. Hist. der Reisen, Th. 10, S. 574. Einige
Sprachproben befinden sich doch in den Asiatic Researches
Th. 5.

14*) Unter den vielen dadurch veranlassten meist
windigen Beschreibungen und Reisen verdient des
Simon la Loubere Royaume de Siam, Paris, 1691, 8,
2 Bände, Amsterdam, 1714, 12, allein einige Aufmerksamkeit,
zumahl da er der einzige ist, der sich
auf die Sprache eingelassen hat. Neuer ist Turpin
histoire naturelle et civile du Royaume de Siam, Paris,
1771, 2 Voll. 12, wo aber die Sprache leer ausgeht.

15*) Einzelne Siamische Wörter befinden sich im
la Loubere passim, und im Vocabul. Petrop. No. 181.

16*) Obgleich die Engländer und Holländer Niederlassungen
auf dieser reichen Halbinsel haben, so ist
sie uns doch noch sehr unbekannt, und ich wüsste
keine einzige brauchbare Beschreibung derselben nachzuweisen.
Desto bekannter ist die Sprache.

17*) Vielleicht war der Ursprung des moralischen
Übels, welches den Menschen in der rohen und noch
ungebildeten bürgerlichen Gesellschaft am schwersten
drücket, dasjenige was seine Denkkraft am ersten
weckte und in Thätigkeit setzte, und sie nur im Verfolg
der Schlüsse auf den Ursprung der Welt und der
Dinge leitete.

18*) Rogers, Paullinus a S. Bartholomäo, Sonnerat
und andere, welche uns mit dem Bildlichen der
Indischen Religion, und besonders mit den so genannten
Verkörperungen des Wischnu bis zum Ekel
unterhalten, hätten besser gethan, wenn sie uns dafür
den Geist derselben aufgeschlossen hätten. Allein
diesen kannten sie vielleicht selbst nicht.

19*) Ein Auszug daraus befindet sich in des Persers
Mohamed Casim Ferischta Geschichte von Indostan,
welche Alex. Dow Lond. 1768, gr. 4, 2 Bde. Englisch
heraus gab. Eine Episode daraus, das Baghat Dschihta,
welches in einem Gespräche zwischen
Krischna und Ardschuhn bestehet, und auf die Empfehlung
der Einheit Gottes abzuzielen scheint, findet
man in Klaproths Asiat. Magaz. Th. 1, S. 406 folg.

20*) Z. B. der Jesuit du Pons in den Lettres édifiantes,
der das Lob bis zum Lächerlichen übertreibt.

21**) Ein Verzeichnis der vornehmsten bis jetzt
bekannten Sanscrit-Bücher findet man in den Asiatick
Researches und daraus in den von Kleuker übersetzten
Abhandlungen des Will. Jones, und in Fridr. Herrmanns
Gemählden von Ostindien
, Th. 2, S. 342 folg.
vorzüglich aber in des verdienten Missionars Paullini
a S. Bartholomaeo
vielen Schriften, welche zur Kenntniss
sowohl dieser Sprache, als auch Indiens überhaupt
unentbehrlich sind. Er ist eigentlich ein Deutscher
aus Hoff an der Leitha, dem Grenzflusse zwischen
Ungarn und Oesterreich, und hiess in der Welt
Joh. Phil. Wesdin. Vielleicht ist noch kein Europäer
so tief in diese Sprache eingedrungen als er. Ein Verzeichniss
seiner meisten Schriften stehet in Franz Carl
Alters Miscellaneen
, S. 256. Viele der selben werde ich
in der Folge selbst anführen.

22*) Institutes of Hindu Law, or the Ordonnances of Menu.
Calcutta, 1794, 4. Deutsch von Jo. Christi.
Hüttner
. Weimar, 1797, 8.

23*) Man sehe den Auszug in der eigenen Sprache
in den Dän. Missions-Berichten, Th. 4 und den Anfang
in Paullini a S. Bartholomäo Viaggio, S. 217-219.

24*) Es ist eine zu Monphir gefundene Schenkung
eines Grundstückes auf einer Kupferplatte 33 Jahre
nach dem Tode des Königes Vikramaditya. Sie stehet
aus den Asiatik Researches in Jones Abhandl. von
Kleuker
, Th. 3, S. 171. Eben daselbst kommen noch
einige ähnliche metallene Urkunden vor, welche aber
aus spätern Zeiten sind. Da sie, so viel ich weiss, die
einzigen Sanscrit-Schriften sind, welche eine Zeit- und
Ortsbestimmung haben, so könnten sie, wenn
man sie in der gehörigen Anzahl hätte, zur Bestimmung
des Alters und der Mundart anderer Schriften
dienen. Sie sind zugleich wegen ihres gemeiniglich
langen, ganz aus der Indischen Mythologie hergenommenen
Einganges merkwürdig.

25*) Von Will. Jones in das Englische, und daraus
von Ge. Forster in das Deutsche übersetzt. Es soll
schon im ersten Jahrhundert vor Chr. geschrieben
seyn. Herder fand darin eine Menge erhabener und
feiner Vorstellungen, welche man selbst bei einem
Griechen vergebens suchen wurde. Nach Will. Jones
in der Vorrede hat Indien unter andern auch eine so
grosse Menge regelmässiger Schauspiele in seiner alten
Sprache aufzuweisen, als irgend eine gebildete Nation
in Europa.

26*) F. Paullini a S. Bartholomaeo Diss. de Latini
Sermonis origine et cum orientalibus linguis connexione
.
Rom, 1802, 2 Bog. in 4. Das meiste ist fremdartig;
nur auf dem letzten Blatte befindet sich ein Verzeichniss
von 55 Lateinischen dem Sanscrit ähnlichen Wörtern.
Eben dess. Diss. de antiquitate et affinitate linguarum
Zendicae
, Samscritanicae et Germanicae. Padua,
1798, 4. Ich bedaure, dass ich diese Schrift nicht habe
benutzen können, indem ich sie bloss aus der Neuen
Allg. Deutsch. Bibl.
, Anh. 3, 29-68. Band, Abth. 1,
S. 506 kenne. Er vergleicht darin 200 Zendische und
60 Deutsche Wörter mit dem Sanscrit.

27*) Schreiben des Lolliere in Petity Encycloped.
element
. Th. 2, B. 2, S, 623. Paullinus a S. Bartholomaeo
in Codd. Ms. Avens
. u. s. f. S. 1 folg. Eine Peguanische
Handschrift in Bali beschreibet eben derselbe
im Examen Codicum Indicorum Bibliothecae Congregat.
de Propaganda Fide
, Rom, 1792, 4, S. 41.
Die vornehmsten Religions- und Gesetzbücher in Bali
im hintern Indien heissen Kammuna und Pademol.

28*) In des la Loubere Relation du Royaume de Siam
hin und wieder. Ein kleines Verzeichniss von Wörtern
befindet sich auch in den Verhandungen der Batavischen
Genootschaft
, Th. 4.

29*) DesIvar Abel Symphona, s. XI Linguarum
orientalium discors exhibita concordia, Tamulicae videlicet,
Cranthamicae, Telugicae, Samscrutamicae, Marathicae,
Balabandisae, Canaricae, Hindostanicae, Cuncanicae.,
Guzuratticae et Peguanicae non characteristicae,
quibus ut explicativo-harmonica adjecta est Latina
, Kopenhag.
1782,8, kenne ich nur aus Marsden. Alphabeta
lndica, i. e. Granthamicum, s. Samscrudamico-Malabaricum,
Jndostanum s. Vanarense, Nagaricum
vulgare, et Talenganicum
. Rom, Propag. 1791, 8, mit
des Paulinus a S. Bartholomaeo Vorrede, betrifft bloss
die vornehmsten Schriftarten. deren hier so viel als
Mundarten sind.

30*) S. von ihnen: Carl Wilkins in Asiat. Res. Th. 1,
und Deutsch in Will. Jones Abhandl. von Kleuker,
Th. 3, S. 76, und in Forsters und Sprengels neuen Beytr.
Th. 3, S. 143; Anquetil surl'Inde, Th. 1, S. 192; Sullivans
Uebersicht
von Forster; Prof. Sprengel in Claproths Asiat.
Magaz.
, Th. 1, S. 183 und Ge. Forsters Reise
von Meiners
, Th. 1, S. 282.

31*) Des Jesuiten Thom. Estevaõ arte de lingoa Canarina,
von dem Jesuiten Diego Ribeiro und hernach
von noch vier Jesuiten verbessert, Goa, 1640, 8. führet
Hervas in Orig. S. 93 an. Vermuthlich ist es eben
dieselbe, welche ich auch unter dem Nahmen Th. S. a
Busten Grammatica linguae Canarinae
habe angefuhret
gefunden. 36 Wörter nebst den Zahlen befinden sich
auf der Tab. polygl. in dem Orient. und Occident. Sprachmeister,
S. 212; 25 nebst den Zahlen im Vocab. Petrop.
und daraus in Alters Sanscrit; 63 andere in Hervas Vocabul.
Polygl.
S. 163 folg.

32*) Man sehe die Dänischen Missions-Berichte,
Th. 3, S. 706.

33**) Historical Relation of Ceylon. London, 1681 fol.
und daraus in mehrere Sprachen übersetzt. Der neueste
Reisende von Ceylon Rob. Percival, dessen Reise
London, 1803 erschien, ist in Ansehung der Sprache
noch unbefriedigender, ungeachtet er sich drey Jahre
auf der Insel aufgehalten hatte. Gute Nachrichten von
der Insel selbst enthält ausser den Dän. Miss. Ber. l. c.
des Paulini a S. Bartholomaeo Viaggio S. 428 f.

34*) D. Joh. Gottfr. Hasse die Zigeuner im Herodot,
oder neue Aufschlüsse über die alte Zigeuner-Geschichte
aus Griechischen Schriftstellern
. Königsberg, 1803, 8.

35*) Man sehe vor andern TychsensVorlesung de
Afganorum origine et historia
, in den Götting. gel. Anz.,
1804, S. 249 folg.

36*) Lettre à Mr. A. du P. dans laquelle est compris
l'Examen de la traduction des Livres attribués à Zoroastre
,
London, 1771, und Deutsch von Hissmann in dem
Magazin der Philosophie, St. 3. Ist von Will. Jones,
aber als Widerlegung ohne Bedeutung. John Richardson
in seiner Dissertation on the language — of Eastern
nations
, sowohl vor seinem Persischen Wörterbuche,
ala auch besonders, 1777, 8; Deutsch von Frid. Federau,
Leipzig, 1779, 8. Der Baron H. Nicol. Steph.
von Bock in den Mémoires de la Société des Antiquités de
Cassel
, 1780, 4, und Deutsch zuerst in Büschings
wöchentl. Nachrichten
, 1779, S. 325, mit dessen Anmerkungen,
und darauf in seinem Magazine Th. 17,
mit des Hrn. von Bock Verteidigung. Hofr. Meiners
Commentatio I-III de Zoroastro
in den Commentat.
regiae Societatis Götting
. — Aug. Hennings in der Ost-Indischen
Litteratur-Gesch
., wo der ganze zweyte Theil
hierher gehöret.

37*) Notices et Extraits des Ms. de la Biblioth. Royale
de Paris
, Th. 1, S. 21.

38**) Das wäre denn wohl die Wiederherstellung
des Feuerdienstes, welche von einigen dem Ardeschir
Babagan zugeschrieben wird, von welcher aber Mirkond,
der zuverlässigste Persische Geschichtschreiber,
nichts weiss. Wäre sie aber auch gegründet, und
wäre sie auch mit einer Sammlung, allenfalls neuen
Recension, der Schriften Zoroasters verbunden gewesen,
so würde sich doch keine Unterschiebung oder
Erdichtung derselben daraus folgern lassen, indem
das Zend damahls schon seit mehrern Jahrhunderten
ausgestorben war, daher sich in demselben jetzt wohl
nichts mehr niederschreiben liess.

39*) Paul. a S. Barthohmao de antiquitate et affinitate
linguae Zendicae, Samscrdamicae et Germanicae
, Rom,
1798. Eine Vergleichung mehrerer Zend-Wörter mit
andern alten Sprachen befindet sich in Kleukers Anhang
zum Zend Awesta, B. 2, Th. 2, S. 12 folg.

40*) Die von Anquetil versprochene Zendische
Sprachlehre und Wörterbuch sind nicht erschienen,
daher man sich mit den in seinem Zend Awesta von
dieser und der folgenden Sprache befindlichen Nachrichten
begnügen muss. Eben daselbst befinden sich
auch zwey kleine Wörterbücher, eines über Zend und
Pehlvi, und das andere über Pehlvi und Persisch.
Man sehe auch Hrn. Prof. Wahl Geschichte der morgenländischen
Sprachen und Litteratur, S. 182, f.
wo von beyden Sprachen umständlich gehandelt wird.

41*) Nach Will. Jones sind eine Menge Wörter in
Parsi reines Sanscrit; auch sind viele Parsische Imperative
die Wurzeln von Sanscrit-Verbis. Aber darum
durfte er das Parsi nicht aus dem Sanscrit ableiten,
Beyde können ja gleichzeitige Enkelinnen einer längst
entschlafenen Mutter seyn, deren frühere Töchter
noch in den nahen einsylbigen Sprachen leben.

42**) In den biblischen Büchern Daniel, Esdra und
Esther kommen verschiedene Persische Wörter vor,
welche Bochart Phaley Bd. 1, Kap. 15 zum Theil au
dem heutigen Persischen erklärt, Marc. Zuer. Box-hornii
ep. ad Blancardum de Persicis Curtio memoratis
,
bey seinem Tacitus, auch in von Seelen Ausgabe der
Schrift Burtons, und Deutsch in den Greifswald. krit.
Nachr
. Th. 1, S. 294. Barn. Brissonius de regno Persarum,
B. 2, S. 615 folg. Will. Burton λειψανα veteris
linguae Persicae, London, 1657, 8; neu heraus gegeben
von von Seelen, Lübek, 1720, 8. Hadr. Relund
diss. de reliquiis vet. linguae Persicae
in seinen Dissertatt,
miscellaneis, Utrecht, 1706, Th. 2, S. 97-266; ejusd.
de Persicis vocabulis Talmudicis, S. 269-324. Auch
in seiner dissert. de veteri lingua Indica, eb. das. Th. 1,
S. 209-232 sind die meisten der angeführten Wörter
nicht Indisch, sondern Persisch. Anquetil du Perron
in seinem Zend-Avesta, Th. 2, S. 82, 91, der Deutschen
Übersetzung.

43*) Doch nicht so vieles, als Leibnitz glaubte,
wenn er im Otio Hannoverano S. 152 sagt: Integri
versus Persice scribi possunt, quos Germanus intelligat
.

44**) Ich habe von dieser Übereinkunft beyder
Sprachen bereits in meiner ältesten Geschichte der
Deutschen gehandelt, und daselbst die vornehmsten.
Schriftsteller angeführt, welche selbige theils entwickelt,
theils nur bemerkt haben.

45*) Von 221 Germanischen Wörtern im Neu-Persischen,
welche ich gesammelt habe, es gibt ihrer
aber mehr, habe ich deren etwa 56 auch im Zend,
und 29 in Pehlvi gefunden; freylich nur nach den
mangelhaften Wörterbüchern in Anquetil's Zend-Avesta.

46*) Schlözers Staatsanz. St. 10, S. 19. Garzoni
Grammatica Kurda
in der Vorrede.

47*) Grammatica e Vocabulario della lingua Kurda,
composta dal P. Maur. Garzoni
. Rom, 1787, 8; welcher
18 Jahr Missionar unter ihnen gewesen war.
63 Kurdische Wörter befinden sich in Hervas Vocabul.
Polygl.
, 215 aber in dem Vocabul. Petropol., und noch
richtiger in Güldenstedts Reise Th. 2, S. 545, mit so
viel Persischen verglichen.

48*) Im Spicilegio Geogr. Hebraeor. exterae, Th. 2,
8. 77-104; wo sich auch Büttners und Forsters Auflösungen
befinden.

49*) Schlözer von den Chaldäern, erst in Eichhorns
Repert
. Th. 8, S. 113, und hernach besonders, 1781, 8;
wo er sie zugleich für Kurden hielt. Michaelis antwortete
darauf in der Oriental. Bibliothek, Th. 17,
No. 264.

50*) In den Supplement. ad Lex. Hebr. S. 1367.

51*) Schlözer in der angeführten Schrift. J. C.
Fridrich über den Stammvater, das Vaterland und die
älteste Geschichte der Chaldäer in Eichhorns Biblioth
.
Th. 10, S. 425. Ausser diesen schrieb auch Prof.
Theod. Jac. Ditmar über das Vaterland der Chaldäer,
Berlin, 1786, 8; umgearbeitet Eb. 1790, 8; wo er
zwar ihren Sitz im nördlichen Mesopotamien anerkannte,
sie aber hier nicht für einheimisch hielt, sondern
sie von dem Persischen Meerbusen herleitete;
freylich nur aus Gründen, welche aus der so unsichern
Mythologie entlehnt sind.

52*) Man sehe Eichhorn in seiner Ausgabe von Simonis
Lexico, und D. Jos. Hager in Klaproths Asiat.
Magaz.
Th. 1, S. 255 f.

53*) Die Assyrische Geschichte aus den gleichzeitigen
biblischen Büchern hat Michaelis in der Vorr. vor
dem Esaias, und Übersetzung Th. 5, S. 132 f.

54*) Schlözers Staatsanzeig. St. 10, S. 19. Garzoni
Grammatica Kurda
, in der Vorr.

55*) S. Bochart Phaleg, B. 2, Kap. 2. Assemanni
Bibl. orient
., Th. 5, Band 2, S. 419. Michaelis Spicileg.
Geogr. Hebr. exterae
, Th. 2, S. 68 f. und dessen
Anmerk. zu 1 Maccab. 6, 1.

56*) Jac. Rhenferdi periculum Palmyrenum, s. Litteratura
veteris Palmyrenae indagandae et eruendae ratio et
specimen
; Franeker, 1704, 4; worin er doch nicht
glücklich war. Die übrigen Schriften führet Baumgarten
in den Anmerk. zur Welthist. Th. 2, S. 161 an.
Die Geschichte der neuern glücklichern Entzieferung
derselben findet man in der Voyage pittoresque de la Syrie
etc., Heft 4, noch besser aber in Joc. Jac. Eichhorns
Bihlioth.
, Th. 7, S. 1059. Die Ruinen selbst gab Rob.
Wood
, Lond. 1753, fol. heraus.

57*) S. auch Assemanni Biblioth. Orient. Th. 3, B. 2,
5. 552 f. 619 f. Die erste Nachricht gab Norberg in
Michaelis orient. Biblioth. Th. 15, S. 126, 143; wogegen
Niebuhr etwas erinnerte, Th. 20, S. 1; und
Norberg antwortete; eb. S. 149. Norberg de religione
et lingua Sabaorum
in den Commentatt. Götting. Th. 3.
1780. Walch observ. de Sabais, eb. Th. 4, 1781.
Tychsen im Deutschen Museum, 1784 und in von Murr
neuen Journal
, Th. 1. J. P. Bruns im Repertor. Th. 17,
S. 25, und in Paulus Memorabil. St. 3. Tychsen und
Lorsbach
in C. F. Stäudlins Beytr. zur Philos. und Gesch.
der Religion
, B. 2, S. 289, f. B. 3, S. 1; B. 5, S. 208.
Von den Nassairiern handelt O. G. Tychsen in Paulus
Memorab.
St. 4.

58*) So stehet es im Gutbier; nach der Sprachlehre
sollte es heissen Schěbakn oder Schěbaknan. Das ě ist
sehr flüchtig und kaum hörbar auszusprechen. Daher
auch die Sylbe flüchtig wie u klingen muss.

59*) S. Michaelis Spicileg. Geogr. Hebr. exterae, Th.
1, S. 278-308.

60*) Matthi. Norberg disp. de Colonia et lingua Carthaginensi.
Lund, 1787, 4.

61*) Ich glaube, ich war der erste, welcher 1782 in
dem Versuche einer Geschichte der Cultur darauf aufmerksam
machte, worauf Fulda in Paulus neuen Repertor.
Th. 3, S. 185 diesen Gegenstand, besonders in
Ansehung der dem Mose beygelegten Bücher weiter
bearbeitete. Am vollständigsten hat ihn darauf ein so
genannter Othmar in seiner trefflichen Abhandlung
über die allmählige Bildung der heiligen Schriften der
Israeliten in Heinr. Phil. Conr. Henke's Magazin für Religions-Philosophie,
Th. 2, S. 433; Th. 4, S. 1 f. und 329 ausgeführt.

62*) Car. Henr. Zeiblichii Pr. de lingua Judäorum Hebraica
temporibus Christi et Apostolorum
, Wittb. 1741, 4.
Giambernardo de Rossi della lingua propria di Cristu e degli
Ebrei nazionali della Palestina da tempi de' Maccabei
,
Parma, 1772, 4. wider des Dominici Diodati de Christo
Graece loquente
, Neapel, 1767, 8. Heinr. Frid.
Pfannkuche
über die Palästinische Landessprache in
dem Zeitalter Christi und seiner Apostel, in Eichhorns
Biblioth
. Th. 8, S. 365 f.

63*) Man sehe von diesen beyden Mundarten Pococke
specimen historiae Arabum
, S. 150; vorzüglich
aber Eichhorns schöne Vorrede vor der Deutschen
Übersetzung von Richardsons Abhandlung über Sprache
und Litteratur der Morgenländer.

64*) S. von diesen Dialecten Niebuhrs Beschreib. von
Arab. S. 83. Was Michaelis in seiner Sprachlehre von
1783, S. 251. folg. davon hat, ist wenig befriedigend.
Besser ist Eichhorn in der schon gedachten Vorrede.

65*) In Eichhorns schon gedachter Vorrede, und in
der allgem. Biblioth. der biblischen Litteratur, B. 1,
S. 686; Wahl's Magaz. für die morgenländ. Litterat. St. 1.
und Höst Beschreib. von Marocc, S. 217.

66*) Michaelis Spicileg. Geogr. Hebr. exterae, Th. 1,
S. 143, fol. Eichhorns Pr. de Cuschäis, Arnstadt,
1774, 4; zu welcher Zeit der Verfasser noch Rector in
Ordruf war.

67*) S. des Archimandriten des Alexander Nevsky-Klosters,
Eugenius, in Russischer Sprache geschriebenes
Gemählde von Grusien, Petersburg, 1802, 8; in
das Deutsche übersetzt von Fridr. Schmidt, Riga,
1804, 8.

68*) Umständlich handeln von ihnen Georgi Beschreibung
Th. 1, S. 85 folg. und Falk topograph. Beschreibung
Th. 3, S. 476 folg.

69*) Gelas. Dobner epist. apologetica, qua gentis Czechicae
origo a veteribus Zechis, Asiae populis et Ponti
Euxini Maeotidisque accolis vindicatur
. Prag, 1767, 4.

70**) S. Reineggs Beschreib. des Kaukasus, Th. 1,
S 209. Zwölf Wörter aus ihrer Sprache befinden sich
in Fabri's Magaz. B. 2, St. 7, S. 316.

71*) Die Beschreibung, welche Ammian, Procopius,
Priscus, Jornandes von den Hunnen machen,
passt ganz auf die Mongolen, und besonders auf die
Kalmücken. Die Nahmen Munzak, Athel, Denzik,
Emedzar, Uti kommen theils noch jetzt unter den
Mongolen vor, theils lassen sie sich leicht aus ihrer
Sprache erklären. Man sehe Benj. Bergmanns nomadische
Streifereyen
, Th. 1, S. 125.

72*) S. von ihnen, P. S. Pallas Sammlungen historischer
Nachrichten über die Mongolischen Völkerschaften
,
Petersburg, Th. 1, 1776, Th. 2, 1804, in 4. Benj.
Bergmanns nomadische Streifereyen unter den Kalmücken
,
Riga, 1804 , 8, vier Theilchen. Hier werden ihr Charakter
und ihre Lebensart aus eigener Ansicht sehr gut
beschrieben.

73*) S. des Jesuiten Perrenin Brief in des du Halde
Description de la Chine
, Th. 3.

74*) Soulat i A. B. C. u. s. f. der Katechismus in
Formosanischer Sprache, von Rob. Junius, Delft,
1645, 12, von 24 Seiten. Dan. Cravius 't Formulier
des Christendoms met de Verklaringen van dien in de Sideis-
Formosansche Taal
. Amsterdam, 1662, 4; ein
Auszug aus einem grössern ungedruckten Werke des
Sim. van Breen und Joh. Happart. Eben dieser Gravius
gab auch die Evangelisten Matthäus und Johannes in
eben derselben Sprache, Amsterdam, 1662, heraus.
Es scheint, dass man bey dem Abdruck dieser Schriften
den im vorigen Jahre geschehenen Verlust dieser Insel in
Holland noch nicht gewusst habe. An des untergeschobenen
Ge. Psalmanazars (N. F. B. de Rodes,) erdichteten
Description de l'Isle Formosa, 1708 wird hoffentlich
niemand mehr denken, wenn er gleich auch ein
so genanntes V. U. welches sich anfängt: Amy Pornto
dan chin orhnio vieg
, hat. Er starb 1764 zu London,
nachdem er daselbst die protestantische Religion angenommen,
viel an der alten Geschichte der allgemeinen
Welthist. gearbeitet, und noch vor seinem Tode ein
öffentlich gedrucktes Bekenntniss seines in Ansehung
der Insel Formosa begangenen Betruges abgeleget
hatte.

75*) Umständliche Nachricht von ihnen in den
Holländischen Zusätzen zu den allgem. Reisen, und
daraus in der Deutschen Übersetz. Th. 18, S. 107.
S, auch Forrest Reise, und daraus das Götting. Magaz.
1781, S. 272.

76*) Etwas von den Sprachen dieser Inseln hat Hadr.
Reland de linguis quarumdum Insularum orientalium
, in
seinen Dissertatt. miscellan. Th. 3.

77*) Will. Marsden History of Sumatra, London,
1783, 4; Deutsch, Leipzig, 1785, 8. Eben dess. Remarks
on the Sumatra language
in der Archaiologia Britann.
Th. 6, S. 124; wo er das Sumatranische mit 12
Asiatischen Sprachen vergleicht.

78*) Diese sind: Dan. Beckman's Voyage to and
from Borneo
, London, 1718, 8; Deutsch in Forsters
und Sprengels neuen Beytr. Th. 10, S. 63; beynahe die
einzige genaue Nachricht. J. C. M. Rademaker Beschreibung
von Borneo in den Verhandelingen van het
Bataviaasch Genootschap
, 1780, S. 167; Deutsch in eben
derselben Samml. S. 121.

79*) S. le Gentil Voyage Th. 3, wo überhaupt gute
Nachrichten von diesen Inseln vorkommen.

80*) Dahin gehören das Spanische matar, tödten,
im mittlern Lateine matare, das Alt-FranzösischeMathe,
das Grab, das Arab. maza, niedermachen, tödten,
unser metzeln, das Slavische messar, und Ungar.
metzöm, tödten. Beynahe sollte man glauben, dass
der Tod und das Sterben einen so tiefen Eindruck bey
den ersten Völkern gemacht, dass, als man einmahl
einen Nahmen dafür gefunden, derselbe überall beybehalten
worden.

81*) Vergleichung der Zahlwörter der Südseer mit
andern ausser Forster, in Cook's dritten Reise der Englischen
Ausg. Th. 2, am Ende, ingleichen in Hervas
Catalogo delle lingue
, S. 102, und in seiner Aritmetica.